Problemstellung:
Ein Blick in das Grundgesetz (Artikel 3) belegt: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin." Diesen Grundsatz verdankt man der Sozialdemokratin Elisabeth Selbert, die als eine von 4 Frauen, neben 61 Männern im Parlamentarischen Rat vertreten war und diese Forderung nach schwierigen Diskussionen durchgebracht hat (vgl. Hoecker 1998, S. 65).
Die gegenwärtige Realität hingegen verrät ein anderes verzerrtes Bild der Gleichheit zwischen den Geschlechtern. Frauen haben noch nie zu den Mächtigen der Welt gezählt. Die politische und gleichsam auch die ökonomische Elite weitgehend auch heute noch eine Elite ohne Frauen.
Richtet sich der Fokus auf die Politik, so bestätigt sich dieses Bild. Dabei hat der Ausschluss von Frauen eine lange Historie. Nachdem das allgemeine Männerwahl-recht 1869 eingeführt wurde, ist den Frauen erst 50 Jahre später das gleiche staats-bürgerschaftliche Recht in der Weimarer Reichsversammlung 1919 zuerkannt worden. Während der Zeit der Nationalsozialisten fand die rechtliche Gleichstellung ein jähes Ende und wurde erst wieder nach dieser Schreckenszeit eingeführt (vgl. Hoecker 1998, S. 65). Es zeigt sich jedoch, "dass mit der rechtlichen Gleichstellung aber keineswegs zugleich eine tatsächliche Gleichberechtigung verbunden ist" (ebenda, S. 66).
Genau an diesem Punkt setzt diese Hausarbeit an und richtet das Augenmerk auf die Unterrepräsentation von Frauen in der Politik. Es sollen die Sichtweisen der Mainstream-Politikwissenschaft und die daraus erwachsene Kritik der feministischen Politikwissenschaft betrachtet und dargestellt werden und zwar vor dem Hintergrund, inwiefern sie das o.g. Phänomen erklären können. Der Grundsatz, dass die Herrschaft innerhalb von Demokratien idealerweise vom Volk ausgeht und gemäß ihren Interessen ausgeübt wird, lässt keinen Schluss zu, wie genau auch die politische Beteiligung des Volks auszusehen hat (vgl. Geißel/Penrose 2003, S. 2). Die Streitfrage, "welche Partizipationsmöglichkeiten und welches Ausmaß an politischer Mitbestimmung der BürgerInnen ideal sind, ist bis heute in der Wissenschaft und der Politik aktuell" (Geißel 2004, S. 3). Es herrscht eine Vielfalt an Standpunkten und Meinungen über die Thematik Partizipation und Geschlecht...
Gliederung:
1. Problemstellung
2. Politische Partizipation
2.1 Der Begriff der Partizipation und seine Formen
2.2 Empirische Belege der politischen Partizipation von Frauen
3. Erklärungsansätze aus mainstreamorientierter Sichtweise
4. Die feministische Sichtweise als Kritik am Mainstream
5. Kritische Bemerkungen und Schwierigkeiten zur feministischen Sichtweise
6. Fazit
7. Abbildungsverzeichnis
8. Quellenverzeichnis
1. Problemstellung:
Ein Blick in das Grundgesetz (Artikel 3) belegt: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Diesen Grundsatz verdankt man der Sozialdemokratin Elisabeth Selbert, die als eine von 4 Frauen, neben 61 Männern im Parlamentarischen Rat vertreten war und diese Forderung nach schwierigen Diskussionen durchgebracht hat (vgl. Hoecker 1998, S. 65).
Die gegenwärtige Realität hingegen verrät ein anderes verzerrtes Bild der Gleichheit zwischen den Geschlechtern. Frauen haben noch nie zu den Mächtigen der Welt gezählt. Die politische und gleichsam auch die ökonomische Elite weitgehend auch heute noch eine Elite ohne Frauen.
Richtet sich der Fokus auf die Politik, so bestätigt sich dieses Bild. Dabei hat der Ausschluss von Frauen eine lange Historie. Nachdem das allgemeine Männerwahlrecht 1869 eingeführt wurde, ist den Frauen erst 50 Jahre später das gleiche staatsbürgerschaftliche Recht in der Weimarer Reichsversammlung 1919 zuerkannt worden. Während der Zeit der Nationalsozialisten fand die rechtliche Gleichstellung ein jähes Ende und wurde erst wieder nach dieser Schreckenszeit eingeführt (vgl. Hoecker 1998, S. 65). Es zeigt sich jedoch, „dass mit der rechtlichen Gleichstellung aber keineswegs zugleich eine tatsächliche Gleichberechtigung verbunden ist“ (ebenda, S. 66).
Genau an diesem Punkt setzt diese Hausarbeit an und richtet das Augenmerk auf die Unterrepräsentation von Frauen in der Politik. Es sollen die Sichtweisen der Mainstream-Politikwissenschaft und die daraus erwachsene Kritik der feministischen Politikwissenschaft betrachtet und dargestellt werden und zwar vor dem Hintergrund, inwiefern sie das o.g. Phänomen erklären können. Der Grundsatz, dass die Herrschaft innerhalb von Demokratien idealerweise vom Volk ausgeht und gemäß ihren Interessen ausgeübt wird, lässt keinen Schluss zu, wie genau auch die politische Beteiligung des Volks auszusehen hat (vgl. Geißel/Penrose 2003, S. 2). Die Streitfrage, „welche Partizipationsmöglichkeiten und welches Ausmaß an politischer Mitbestimmung der BürgerInnen ideal sind, ist bis heute in der Wissenschaft und der Politik aktuell“ (Geißel 2004, S. 3). Es herrscht eine Vielfalt an Standpunkten und Meinungen über die Thematik Partizipation und Geschlecht. Das Spektrum erstreckt sich von der Meinung, dass Gleichheit zwischen den Geschlechtern weitgehend besteht bzw. sich über die nächsten Jahre einstellen wird und somit kein Handlungsbedarf besteht, bis zu dem Standpunkt, dass die heutige Demokratie mit der Unterrepräsentation von Frauen als defizitär gilt (vgl. Geißel/Penrose 2003, S. 2).
Zunächst erscheint es sinnvoll den Partizipationsbegriff zu thematisieren, um einen Bezugsrahmen herzustellen und zu beleuchten, was damit gemeint ist und welche Formen der Beteiligung es gibt (Kapitel 2.1). In Kapitel 2.2 wird dann bezugnehmend auf Hoecker (1995, 1998) die empirische Lage zur Situation der Frauenbeteiligung dargestellt. Es werden empirische Belege für den konventionellen und den unkonventionellen Bereich vorgelegt. Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass lediglich ein Überblick an dieser Stelle dargeboten werden soll, der den Anspruch auf Vollständigkeit nicht erfüllen kann und soll.
Im Anschluss daran folgen Erklärungsansätze zunächst aus Sicht der Mainstream-Politikwissenschaft (Kapitel 3), bevor in Kapitel 4 die Kritik der feministischen Politikwissenschaft am mainstream und den daraus resultierenden Argumenten zur Unterrepräsentation von Frauen aufgegriffen wird. Es muss vorweggenommen werden, dass oft Kausalitäten zwischen den einzelnen Kritikpunkten des Feminismus vorliegen, so dass evtl. Überschneidungen vorkommen können. Eine klare Trennschärfe der Argumente und Kritikpunkte lässt sich folglich nicht immer eindeutig herstellen. Im anschließenden Kapitel 5 werden dann einige kritische Bemerkungen und Schwierigkeiten thematisiert, die mit der feministischen Sichtweise einhergehen.
Kapitel 6 bildet den Abschluss der Arbeit, indem zentrale Aspekte hinsichtlich der fokussierten Fragestellung dargestellt werden.
2. Politische Partizipation:
2.1 Der Begriff der Partizipation und seine Formen:
Der Begriff der Partizipation, ganz allgemein, meint die „Beteiligung i. S. von Teilnahme wie Teilhabe, wobei (unterschiedlichen Demokratiemodellen bzw. Politikformen folgend) ein instrumentelles und ein normatives Verständnis politischer Partizipation unterschieden werden kann“ (Schultze 2002, S. 363).
Unter dem instrumentellen/zweckrationalen Partizipationsbegriff sind alle politischen Beteiligungsformen zu verstehen, die Bürger individuell und/oder kollektiv, freiwillig mit anderen unternehmen und darauf abzielen, auf direkte oder indirekte Weise, eine Beeinflussung der politischen Entscheidungen herbeizuführen.
Im normativen Partizipationsverständnis geht es nicht nur „um Einflussnahme und Interessendurchsetzung, sondern um Selbstverwirklichung im Prozess des direkt-demokratischen Zusammenhandelns und um politisch-soziale Teilhabe in möglichst vielen Bereichen der Gesellschaft“ (ebenda, S. 363). Es steht also nicht nur der Mittel zum Zweck im Vordergrund, sondern auch das Ziel und der Wert an sich (vgl. ebenda).
Noch bis in die 70er Jahre ist politische Partizipation „in erster Linie als eine Teilnahme der BürgerInnen an politischen Willensbildungs- wie Entscheidungsprozessen im Rahmen institutionalisierter Beteiligungsformen wie Wahlen und Parteien definiert“ (Geißel 2004, S. 5) worden. Innerhalb heutiger, moderner Industriegesellschaften hingegen und der vorhandenen Verflochtenheit von politischen und gesellschaftlichen Sachverhalten, „kann fast jedes Handeln, auch innerhalb eines explizit nicht-politisch abgegrenzten Umfeldes, politische Dimensionen im Sinne von politischer Bedeutsamkeit annehmen“ (Kaase 1992, S. 146). Dieser weit gefasste politische Partizipationsbegriff erfasst somit fast jedes soziale Handeln von Menschen und trägt zu keiner präzisen Definitionsklärung bei. Aus diesem Grund, fasst man nur solche Handlungen darunter zusammen, die bewusst und motivational verknüpft sind mit der Erreichung eines politischen Ziels (vgl. Hoecker 1995, S.17). Handlungen, „die lediglich in ihren Konsequenzen, nicht aber in ihren Intentionen politisch sind“ (Geißel 2004, S. 5) werden ausgeklammert.
Unter politischer Partizipation versteht man dann letztlich diejenigen Handlungen, die „die Bürger freiwillig mit dem Ziel vornehmen, Entscheidungen auf den verschiedenen Ebenen des politischen Systems zu beeinflussen“ (Kaase 1992, S. 146).
Die Facetten politischer Partizipation sind vielfältig und haben sich über die Jahre schrittweise erweitert. Sie reichen bisher u.a. von der Beteiligung an Wahlen, Parteimitgliedschaften, Wahrnehmung von Mandaten, Friedensdemonstrationen, Sit-Ins, Bürgerinitiativen, Unterschriftensammlungen bis hin zu Studentenprotesten und Unterschriftensammlungen. Die Entwicklung dieses Facettenreichtums ist jedoch bisher nicht gänzlich erschöpft, so dass noch weitere Möglichkeiten der Erweiterung bestehen (vgl. Kornelius/Roth 2004, S. 27-28). In Abhängigkeit der Form politischer Partizipation werden auch unterschiedliche Anforderungen an den Bürger gestellt, die sich hinsichtlich Komplexität, dem Aufwand und den Kosten aber auch in der Intensität und der Betroffenheit äußern (vgl. Schultze 2002, S. 363-364).
Die Partizipationsforschung hat angesichts der großen Vielfalt an Partizipationsformen über den zeitlichen Verlauf mehrere Taxonomien hervorgebracht, um eine Systematisierung herzustellen (vgl. Kaase 2003, S. 496).
Wie in Abb. 1 ersichtlich wird, unterscheidet die Partizipationsforschung grundsätzlich „zwischen ‚verfassten’ (konventionellen) und ‚unverfassten’ (unkonventionellen) Dimensionen der Beteiligung: Verfasste Beteiligung besitzt einen politisch- institutionellen Rahmen (Gesetze, Verordnungen) (…), unverfasste Beteiligung – legal oder illegal – findet ohne institutionellen Rahmen statt“ (Kornelius/Roth 2004, S. 27). Dabei ist die Unterscheidung von verfasster und unverfasster Partizipation weitgehend identisch mit der Dimension konventionell und unkonventionell (vgl. Geißel/Penrose 2003, S. 4).
Konventionelle Beteiligung bezieht sich auf alle Beteiligungsformen, „die mit hoher Legitimitätsgeltung auf institutionalisierte Elemente des politischen Prozesses, insbesondere auf Wahlen bezogen sind“ und unkonventionelle Beteiligung bezeichnet alle Formen, „die auf institutionell nicht verfasste unmittelbare Einflussnahme auf den politischen Prozess abstellen“ (Kaase 1992, S. 148). Fuchs erwähnt kritisch, dass die Grenzen zwischen konventionell und unkonventionell verschiebbar sind, „denn eine unkonventionelle Form der Beteiligung, oft genug angewendet, wird ein Teil eines konventionellen Handlungsrepertoires“ (Fuchs 2000, S. 255). Es gilt weiterhin bei der Differenzierung legal/illegal zu bedenken, dass im Laufe der Zeit sich eine Veränderung der Legalitätszuordnung vollziehen kann, die in einer engen Verknüpfung mit dem Verlauf des politischen Prozess steht (vgl. Kaase 1992, S. 147).
Uehlinger (1988) unterscheidet 5 Typen politischer Partizipation: die Staatsbürgerrolle, problemspezifische Partizipation, parteiorientierte Partizipation, ziviler Ungehorsam und politische Gewalt (vgl. Uehlinger 1988, S. 129-131). Dabei stellen diese 5 Typen „verschiedene Strategien und Wege [dar], um auf Entscheidungen des politischen Systems direkt oder indirekt einen Einfluss auszuüben“ (ebenda, S. 130). Die Zuordnung zu den Dimensionen lässt sich in Abb. 1 erkennen.
Generell aber gilt, dass die politische Partizipation u.a. als ein kommunikativer Handlungsprozess verstanden werden kann, da der sprachliche Verständigungsprozess konstituierend für die politische Partizipation ist (vgl. Trinkle 1997, S. 49).
2.2 Empirische Belege der politischen Partizipation von Frauen:
Richtet sich der Blick auf die empirische Datenlage zur politischen Beteiligung von Frauen, so ist es ersichtlich, dass sich im Laufe der Zeit einige Veränderungen vollzogen haben. Dies trifft auf den konventionellen und gleichsam auch auf den unkonventionellen Bereich der Beteiligung zu.
Bei den Wahlen, als eine der einfachsten und allgemeinsten Partizipationsformen und zugleich „das wichtigste Verfahren zur Legitimierung politischer Herrschaft“ (Fuchs 2000, S. 257) zeigt sich, dass Frauen im Verlauf der durchgeführten Bundestagswahlen von 1953 – 1994 durchgängig eine niedrigere Wahlbeteiligung als Männer aufweisen (Abb. 2). Dabei ist auffallend, dass die Differenz zwischen den Geschlechtern geschmolzen ist. Während im Jahre 1953 der Abstand noch 3.1 Prozentpunkte betrug, verringerte er sich im Jahre 1976 auf 0.8 Prozentpunkte. In den darauf folgenden Wahlen stieg der Abstand wieder ein wenig an (vgl. Hoecker 1995, S. 48).
Abb. 3 befasst sich mit der Parteimitgliedschaft von Frauen im Jahr 1996. Nachdem bis Ende der 60er-Jahre von den Parteien eine geringere Attraktivität ausging, hat sich dies in den 70er-Jahren im Zuge des allgemeinen Politisierungstrends innerhalb der Bevölkerung etwas verändert. Die parteilichen Unterschiede lassen sich u.a. auf die Frauenförderungsmaßnahmen der jeweiligen Parteien zurückführen. Im absoluten Vergleich liegen SPD (226.003 Mitglieder Ende 1996) und CDU (160.653 Mitglieder Ende 1996) mit ihren weiblichen Mitgliedern an der Spitze der Rangliste. Im relativen Vergleich hingegen sind die Gewinner die PDS (42,6 % Ende 1996) und die Grünen (37,00 % Ende 1996). Der Männeranteil überwiegt trotzdem in allen Parteien, wenn auch in einem unterschiedlichen Ausmaß (vgl. Hoecker 1998, S. 66-68).
Betrachtet man die Frauenlage in den Parlamenten, so zeigen sich doch erhebliche Unterschiede, wenn man die Kommunal-, Länder- und Bundesebene prüft. Grundsätzlich lässt sich an dieser Stelle schon festhalten, dass aufgrund der innerparteilichen Frauenförderungsmaßnahmen und der Erweiterung des Parteienspektrums um die PDS und die Grünen der Frauenanteil unter den Abgeordneten angestiegen ist.
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- Citation du texte
- Jens Grauenhorst (Auteur), 2005, Die Unterrepräsentation von Frauen in der Politik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42476
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