Eines der größten Probleme, mit dem Sigmund Freud während seiner gesamten Forschungstätigkeit konfrontiert wurde, war das der Angst. Immer wieder stellte er sich dieser Problematik, und schon deshalb erweist es sich als schwierig, all die Spuren, die sie in seinen Werken hinterlassen hat, mit ihren vielen Verästelungen und gelegentlichen scharfen Kehren aufzuzeigen. Eine weitere Schwierigkeit liegt in der Art und Weise, wie Freud sich um die Klärung des Wesens der Angst bemühte. Da er versuchte, sich von den verschiedenen Seiten in immer neuen oder korrigierten Ansätzen dem Angstproblem zu nähern, fällt es schwer eine systematische Darstellung seiner Gedankengänge zu geben. So taucht ein Gedankengang, der abgeschlossen scheint, an anderer Stelle erneut wieder auf, um nun, eventuell in abgewandelter Form, einen anderen Verlauf zu nehmen. Oder er bestreitet in einem Absatz eine These, die er im nächsten Satz wieder aufnimmt, als hätte er sie nie verworfen. Ein Grund für diese Haltung dürfte wohl die Tatsache sein, daß er sich über die Probleme klar werden wollte. Wegen dieser Eigenart Freuds sah ich mich berechtigt, kritische Anmerkungen an Ort und Stelle einzufügen. Ich bin mir bewußt, daß der Ablauf dadurch manchmal gehemmt wird, dies erscheint mir jedoch weniger gravierend als eine am Ende angefügte, nicht mehr im direkten Zusammenhang stehende Kritik. Um den Umfang der vorliegenden Arbeit einzugrenzen, wird bewußt auf die Darstellung der Freudschen Abhandlungen über die hysterischen und phobischen Ängste verzichtet. Jedoch werden die Erkenntnisse, die er aus diesen Studien gewonnen hat, soweit erforderlich, berücksichtigt. Aus demselben Grunde werden auch die psychoanalytischen Grundbegriffe wie „Es“, „Ich“, „Über-Ich“, „Verdrängung“ u.a. als bekannt vorausgesetzt und im Hinblick auf ihre Aussagen im Zusammenhang mit dem Begriff der Angst abgegrenzt.
So kann die vorliegende Arbeit nur ein Versuch sein, „die Angst bei Freud“ umfassend darzustellen und zu würdigen. Unter Berücksichtigung der systematischen Zusammenhänge wurde versucht, in chronologischer Folge, die einzelnen Stationen, Ansätze und Einflüsse Freuds, auf dem Wege, eine einheitliche Angsttheorie zu gewinnen, aufzuzeigen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- A) Freuds Bild vom Menschen
- B) Das Phänomen der Angst
- I. Der Begriff der Angst
- II. Das Wesen der Angst
- C) Das Verhältnis von Angst und Sexualität
- I. Symptome und Ätiologie der Angstneurose
- II. Angst aus verdrängter Libido
- III. Verdrängung der Libido aus Angst
- IV. Die kindliche Angst
- D) Neurotische Angst - Realangst
- I. Die neurotische Angst
- II. Realangst
- III. Verbindung von Realangst und neurotischer Angst
- IV. Angst und Schuld
- I. Die Gewissensangst
- II. Die Todesangst
- E) Angst und Gefahrsituationen
- I. Die Gefahrsituation in den einzelnen Entwicklungsstadien
- II. Trennungsangst
- III. Die Bedeutung der Gefahrsituation für die Angst
- F) Die Geburtsangst
- G) Schluß
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende wissenschaftliche Hausarbeit befasst sich mit der Angst in Freuds Werk. Sie verfolgt das Ziel, Freuds Ansätze zur Angsttheorie umfassend darzustellen und zu würdigen, indem sie die einzelnen Stationen, Ansätze und Einflüsse Freuds in chronologischer Folge analysiert. Die Arbeit konzentriert sich auf die Entwicklung von Freuds Angsttheorie im Laufe seiner Forschungstätigkeit, wobei die unterschiedlichen Perspektiven und die Evolution seiner Gedanken im Vordergrund stehen.
- Die Entwicklung von Freuds Angsttheorie im Laufe seiner Karriere
- Die Beziehung zwischen Angst und Libido
- Die Unterscheidung zwischen neurotischer Angst und Realangst
- Die Rolle des Über-Ichs in der Entstehung von Schuldgefühlen und Angst
- Die Bedeutung des Geburtsakts als mögliches Trauma und Vorbild für spätere Angsterlebnisse
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Freuds Bild vom Menschen als biologisch und wissenschaftlich determiniert dar. Die Angst wird als Ausdruck einer generellen Hysterie betrachtet, die in der Natur des Menschen begründet ist. Freuds Interesse für das Phänomen der Angst gliedert sich in eine psychologische und eine physiologische Betrachtungsweise.
Das Kapitel „Das Phänomen der Angst" beleuchtet Freuds Auseinandersetzung mit dem Begriff der Angst. Er unterscheidet zwischen Angst als Zustand und Furcht als Reaktion auf ein Objekt. Freud sieht die Angst als ein Rätsel, dessen Lösung Licht über das Seelenleben ergießen könnte.
Das Kapitel „Das Verhältnis von Angst und Sexualität" analysiert Freuds erste ausführliche Behandlung des Angstproblems in seinem Artikel „Über die Berechtigung, von der Neurasthenie einen bestimmten Symptomenkomplex als Angstneurose abzutrennen". Er stellt fest, dass die Angstneurose durch eine Reihe von Schädlichkeiten und Einflüssen aus dem Sexualleben verursacht wird. Freud entwickelt seine erste Angsttheorie, die „toxische" oder „Intoxikationstheorie", die die Angst als umgewandelte Libido betrachtet.
Das Kapitel „Verdrängung der Libido aus Angst" beschreibt Freuds Revision seiner ersten Angsttheorie. Er stellt fest, dass die Angst nicht aus der verdrängten Libido entsteht, sondern umgekehrt, die Libido von der Angst verdrängt wird. Die Angstquelle ist die drohende Kastration, eine äußere Gefahr, die damit verbundene Angst somit „Realangst".
Das Kapitel „Neurotische Angst - Realangst" analysiert Freuds Unterscheidung zwischen neurotischer Angst und Realangst. Die neurotische Angst ist charakterisiert durch eine allgemeine Ängstlichkeit, die sich an passende Vorstellungsinhalte anhängt. Die Realangst ist eine Reaktion auf die Wahrnehmung einer äußeren Gefahr. Freud sucht nach der Verbindung zwischen beiden Angstformen und stellt fest, dass die neurotische Angst einen Fluchtversuch des Ichs vor dem Anspruch der Libido darstellt.
Das Kapitel „Angst und Gefahrsituationen" behandelt Freuds Theorie, dass jedem Entwicklungsalter eine bestimmte Angstbedingung, also Gefahrsituation, zugeordnet ist. Die Angst vor Liebesverlust, die Gewissensangst und die soziale Angst entwickeln sich aus der Kastrationsangst. Freud untersucht die Trennungsangst als Ausdruck des Vermissens der geliebten Person und die „Signaltheorie" der Angst, die die Angst als ein Signal für eine drohende Gefahr betrachtet.
Das Kapitel „Die Geburtsangst" analysiert Freuds Auseinandersetzung mit der Theorie von Otto Rank, der das Geburtstrauma als Quelle aller späteren Angsterlebnisse betrachtet. Freud hält Ranks Theorie zwar für interessant, aber nicht für ausreichend bewiesen. Er sieht den Geburtsakt als Vorbild für das „traumatische Moment", das die Angst auslöst.
Der Schluss fasst Freuds verschiedene Angsttheorien zusammen. Er stellt fest, dass die Angst als etwas Traumatisches aufgefasst wird und die Gefahr in innere und äußere Gefahren differenziert wird. Freuds Bemühungen um eine einheitliche Angsttheorie bleiben jedoch unvollendet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Angst in Freuds Werk, die Entwicklung seiner Angsttheorie, die Beziehung zwischen Angst und Libido, die Unterscheidung zwischen neurotischer Angst und Realangst, die Rolle des Über-Ichs in der Entstehung von Schuldgefühlen und Angst, die Bedeutung des Geburtsakts als mögliches Trauma und Vorbild für spätere Angsterlebnisse, sowie die Analyse von Freuds verschiedenen Ansätzen zur Angsttheorie in chronologischer Folge.
- Quote paper
- Bernd Kagerhuber (Author), 1974, Die Angst bei Freud, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4241
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.