„Geht die Nebensatzstellung im Deutschen verloren?“ Diese Frage stellt sich innerhalb der Sprachwissenschaft immer häufiger. Anlass zur Besorgnis gibt es offensichtlich, denn folgendes Phänomen tritt in der gesprochenen Sprache und in Textgattungen wie E-Mails, Chats oder Interview auf: Die Verbletztstellung wird oftmals missachtet, vor allem in Nebensätzen, die durch Konjunktionen eingeleitet werden. So finden beispielsweise Sätze wie: „Er ist schon gegangen, weil er hatte einen wichtigen Termin“ in alltäglichen Gesprächen in der Regel Akzeptanz. Dieser scheinbare Sprachverfall führt zu einer regen Auseinandersetzung in der Sprachwissenschaft. Der genaue Ursprung der Konstruktion ist dabei sehr schwierig zu bestimmen.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einem Teilgebiet dieser Forschung: In vielen Fällen findet nicht nur eine Veränderung der Syntax statt (beziehungsweise Sprecher ersetzen Nebensätze durch Hauptsätze), mit ihr verändert sich auch die Rolle beziehungsweise die Funktion der entsprechenden Konjunktion. Sie verliert ihre Charakteristika als Konjunktion und übernimmt immer mehr eine diskursstrukturierende Rolle als sogenannter Diskursmarker. Dies kann besonders gut am Beispiel von „weil“ beobachtet werden. Daher dient diese Subjunktion für die folgende Studie als Forschungsgegenstand.
Es findet also ein Sprachwandel statt, den es näher zu untersuchen und zu definieren gilt. Die vorliegende Arbeit geht deshalb der Frage nach, um welche Art von Sprachwandel es sich bei der beschriebenen Entwicklung handelt. Konkret formuliert: Kann die Entwicklung der Subjunktion „weil“ zum Diskursmarker als Grammatikalisierungsprozess verstanden werden?
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Grammatikalisierung
- 2.1 Nach Lehmann
- 2.2 Nach Traugott
- 3. Die Entwicklung von weil
- 3.1 Weil mit Verbletztstellung
- 3.2 Weil mit Verbzweitstellung
- 3.3 Weil als Diskursmarker
- 4. Weil als Diskursmarker - ein Fall von Grammatikalisierung?
- 4.1 Methode
- 4.2 Analyse
- 4.2.1 Nach Lehmann
- 4.2.2 Nach Traugott
- 5. Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Entwicklung der Konjunktion „weil“ vom Nebensatzkonnektor zum Diskursmarker. Ziel ist es, zu klären, ob dieser Wandel als Grammatikalisierungsprozess im Sinne von Lehmann und Traugott interpretiert werden kann. Die Analyse basiert auf Korpusdaten des FOLK-Korpus.
- Grammatikalisierungsprozesse im Deutschen
- Entwicklung der Konjunktion „weil“
- Veränderung der Syntax und Funktion von „weil“
- Anwendung der Grammatikalisierungstheorien von Lehmann und Traugott
- Analyse von Sprachdaten aus dem FOLK-Korpus
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der Grammatikalisierung von „weil“ in den Kontext des größeren sprachwissenschaftlichen Diskurses über den vermeintlichen Verlust der Nebensatzstellung im Deutschen. Sie führt das Phänomen der Verbletztstellung in Nebensätzen ein und benennt die Relevanz der Untersuchung von „weil“ als Fallbeispiel. Die Arbeit skizziert den Forschungsansatz, der die Grammatikalisierungstheorien von Lehmann und Traugott auf die Entwicklung von „weil“ anwendet, und beschreibt die Methodik, die auf dem FOLK-Korpus basiert.
2. Grammatikalisierung: Dieses Kapitel legt die theoretischen Grundlagen der Arbeit dar, indem es zwei einflussreiche Modelle der Grammatikalisierung vorstellt: das von Christian Lehmann mit seinen Parametern zur Bestimmung des Autonomiegrades eines sprachlichen Zeichens und das Modell von Elizabeth Traugott. Beide Modelle bieten unterschiedliche, aber ergänzende Perspektiven auf den Grammatikalisierungsprozess und dienen als Analyseinstrumente für die nachfolgende Untersuchung von „weil“.
3. Die Entwicklung von weil: Dieses Kapitel beschreibt die Entwicklung der Konjunktion „weil“ von ihrer traditionellen Funktion als Subjunktion mit Verbletztstellung über die Variante mit Verbzweitstellung bis hin zu ihrer Verwendung als Diskursmarker. Es beleuchtet die syntaktischen und semantischen Veränderungen, die mit dieser Entwicklung einhergehen und bereitet den Weg zur Analyse im Hauptteil der Arbeit.
4. Weil als Diskursmarker - ein Fall von Grammatikalisierung?: Der Hauptteil der Arbeit konzentriert sich auf die Beantwortung der zentralen Forschungsfrage. Anhand von konkreten Sprachbeispielen aus dem FOLK-Korpus wird untersucht, wie häufig „weil“ mit Verbletztstellung, Verbzweitstellung und als Diskursmarker vorkommt. Die Analyse bewertet diese Fälle nach den Kriterien von Lehmann und Traugott, um zu beurteilen, ob die Entwicklung als Grammatikalisierungsprozess interpretiert werden kann.
Schlüsselwörter
Grammatikalisierung, Diskursmarker, Konjunktion „weil“, Verbzweitstellung, Verbletztstellung, Sprachwandel, Nebensatz, Hauptsatz, Lehmann, Traugott, FOLK-Korpus, gesprochenes Deutsch.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Grammatikalisierung von "weil"
Was ist das Thema dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Entwicklung der Konjunktion „weil“ im Deutschen. Sie konzentriert sich insbesondere auf den Wandel von „weil“ von einem Nebensatzkonnektor zu einem Diskursmarker und analysiert, ob dieser Wandel als Grammatikalisierungsprozess im Sinne von Lehmann und Traugott betrachtet werden kann.
Welche Methoden werden angewendet?
Die Arbeit basiert auf Korpusdaten des FOLK-Korpus. Sie wendet die Grammatikalisierungstheorien von Christian Lehmann und Elizabeth Traugott an, um die Entwicklung von „weil“ zu analysieren. Die Analyse berücksichtigt syntaktische und semantische Veränderungen von „weil“ in verschiedenen Kontexten (Verbletztstellung, Verbzweitstellung, Diskursmarker).
Welche Aspekte der Grammatikalisierung werden behandelt?
Die Arbeit beschreibt die Grammatikalisierungstheorien von Lehmann und Traugott im Detail. Lehmanns Modell konzentriert sich auf den Autonomiegrad sprachlicher Zeichen, während Traugotts Modell weitere Aspekte des Grammatikalisierungsprozesses beleuchtet. Beide Modelle dienen als analytische Werkzeuge für die Untersuchung von „weil“.
Wie wird die Entwicklung von "weil" beschrieben?
Die Arbeit verfolgt die Entwicklung von „weil“ in drei Stufen: (1) traditionelle Verwendung als Subjunktion mit Verbletztstellung in Nebensätzen, (2) Variante mit Verbzweitstellung, (3) Verwendung als Diskursmarker. Für jede Stufe werden syntaktische und semantische Veränderungen untersucht.
Welche Rolle spielt das FOLK-Korpus?
Das FOLK-Korpus liefert die empirischen Daten für die Analyse. Die Arbeit untersucht die Häufigkeit von „weil“ mit Verbletztstellung, Verbzweitstellung und als Diskursmarker im Korpus, um die Entwicklung zu quantifizieren und zu belegen.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit analysiert, ob die Entwicklung von „weil“ als Grammatikalisierungsprozess im Sinne von Lehmann und Traugott interpretiert werden kann. Die Ergebnisse der Korpusanalyse und die Anwendung der theoretischen Modelle führen zu einer Schlussfolgerung über den Grad der Grammatikalisierung dieses sprachlichen Wandels.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Grammatikalisierung, Diskursmarker, Konjunktion „weil“, Verbzweitstellung, Verbletztstellung, Sprachwandel, Nebensatz, Hauptsatz, Lehmann, Traugott, FOLK-Korpus, gesprochenes Deutsch.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit enthält eine Einleitung, ein Kapitel zur Grammatikalisierungstheorie (Lehmann und Traugott), ein Kapitel zur Entwicklung von „weil“, ein Kapitel zur Analyse von „weil“ als Diskursmarker und eine Zusammenfassung mit Ausblick.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Linguisten, Sprachwissenschaftler und alle, die sich für Grammatikalisierungsprozesse, Sprachwandel und die Entwicklung der deutschen Sprache interessieren.
- Citation du texte
- Simona Dunsche (Auteur), 2017, Von der Subjunktion zum Diskursmarker. Ein Fall von Grammatikalisierung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/423517