Es gibt heute eine Vielzahl an Therapieangeboten, von der Sprachtherapie, einer Therapie gegen Konzentrationsschwierigkeiten, bis zu der Therapie für das hyperaktive oder auch ängstliche Kind. Man könnte sagen, dass es für jedes andere Verhalten eine Therapie gibt. Auch die Psychomotorik, die als eine umfassende Therapie gilt, wird als ein Wundermittel mit Breitbandwirkung oftmals angesehen, die den für das Kind schädlichen gesellschaftlichen Veränderungen eine positive Gegenwirkung parat hat (vgl. Zimmer, 2001, S.9 ff.). Das Großwerden in unserer Gesellschaft hat sich für unsere Kinder grundlegend verändert. Der Bewegungs- und Aktionsraum für unsere Kinder ist zu knapp geworden, sodass zweckfreies Spiel und schöpferische Muße zu kurz kommen. Durch die Mediatisierung kommt es zu einer Reizüberflutung und schulischer Dauerstress mit zu hohen Leistungserwartungen führen zu pathogenen Lernbelastungen – emotionale und soziale Aspekte kommen häufig zu kurz. So entstehen bei den Kindern Erregungs- und Gefühlsstauungen, deren Bedürfnisspannung so stark sind, dass die Kinder im hohen Maße abgelenkt, reizbar, überaktiv, unruhig, etc. sind. Eine kindgerechte Art zu einer ausgleichenden Persönlichkeitserziehung ist die Psychomotorik. Doch es entsteht die Frage, was ist die Psychomotorik überhaupt und schafft sie es wirklich, sozusagen als Breitbandantibiotikum jedes andere Verhalten bei Kindern zu korrigieren (vgl. Kiphard, 1980, S.7ff.)? Außerdem stehen im Zusammenhang mit der Psychomotorik eine Menge anderer Begriffe, von der psychomotorischen Erziehung hin zur Motopädagogik oder Mototherapie. Welche Inhalte bzw. Bedeutungen haben diese Begriffe? Vorliegende Ausarbeitung zeigt zunächst die Entstehungsgeschichte der Begriffe und die Abgrenzungen zu einander. Im Folgenden werden dann die Grundgedanken der Motopädagogik dargestellt, als Konzept einer ganzheitlichen Erziehung und Persönlichkeitsbildung über motorische Lernprozesse im Sinne der Psychomotorik. An einigen praktischen Umsetzungsmöglichkeiten wird das Konzept erläutert und es wird dargelegt, warum die Motopädagogik für jeden Grundschullehrer Gegenstand ist im Sportunterricht. Im letzten Teil werden die Weiterbildungsmöglichkeiten zum Motopäden/ Motologen vorgestellt.
* Aus Gründen der sprachlichen Einfachheit und der leichteren Lesbarkeit schließen alle männlichen Begriffe auch die weibliche Form mit ein.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Entstehung und Entwicklung der Motopädagogik/ psychomotorischen Erziehung
3 Begriffsklärung von Motopädagogik und Psychomotorik
4 Die Motopädagogik im Allgemeinen
4.1 Ziele der Motopädagogik
4.2 Inhalte der Motopädagogik
4.3 Prinzipien der Motopädagogik
5 Praktische Umsetzungsmöglichkeiten
6 Motopädagogik in der Sportpädagogik
7 Weiterbildungsmöglichkeiten zum Motopäden/ Motologen
8 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb.1 Aufbau des Fachgebiets Motologie
(Zimmer, 2001, S.20)
Abb.2 Handlungskompetenz als umfassende Fähigkeit
(Aktionskreis Psychomotorik e.V.,1987, S. 13)
1 Einleitung
Es gibt heute eine Vielzahl an Therapieangeboten, von der Sprachtherapie, einer Therapie gegen Konzentrationsschwierigkeiten, bis zu der Therapie für das hyperaktive oder auch ängstliche Kind. Man könnte sagen, dass es für jedes andere Verhalten eine Therapie gibt. Auch die Psychomotorik, die als eine umfassende Therapie gilt, wird als ein Wundermittel mit Breitbandwirkung oftmals angesehen, die den für das Kind schädlichen gesellschaftlichen Veränderungen eine positive Gegenwirkung parat hat (vgl. Zimmer, 2001, S.9 ff.).
Das Großwerden in unserer Gesellschaft hat sich für unsere Kinder grundlegend verändert. Der Bewegungs- und Aktionsraum für unsere Kinder ist zu knapp geworden, sodass zweckfreies Spiel und schöpferische Muße zu kurz kommen. Durch die Mediatisierung kommt es zu einer Reizüberflutung und schulischer Dauerstress mit zu hohen Leistungserwartungen führen zu pathogenen Lernbelastungen – emotionale und soziale Aspekte kommen häufig zu kurz. So entstehen bei den Kindern Erregungs- und Gefühlsstauungen, deren Bedürfnisspannung so stark sind, dass die Kinder im hohen Maße abgelenkt, reizbar, überaktiv, unruhig, etc. sind. Eine kindgerechte Art zu einer ausgleichenden Persönlichkeitserziehung ist die Psychomotorik. Doch es entsteht die Frage, was ist die Psychomotorik überhaupt und schafft sie es wirklich, sozusagen als Breitbandantibiotikum jedes andere Verhalten bei Kindern zu korrigieren (vgl. Kiphard, 1980, S.7ff.)?
Außerdem stehen im Zusammenhang mit der Psychomotorik eine Menge anderer Begriffe, von der psychomotorischen Erziehung hin zur Motopädagogik oder Mototherapie. Welche Inhalte bzw. Bedeutungen haben diese Begriffe? Vorliegende Ausarbeitung zeigt zunächst die Entstehungsgeschichte der Begriffe und die Abgrenzungen zu einander. Im Folgenden werden dann die Grundgedanken der Motopädagogik dargestellt, als Konzept einer ganzheitlichen Erziehung und Persönlichkeitsbildung über motorische Lernprozesse im Sinne der Psychomotorik. An einigen praktischen Umsetzungsmöglichkeiten wird das Konzept erläutert und es wird dargelegt, warum die Motopädagogik für jeden Grundschullehrer Gegenstand ist im Sportunterricht. Im letzten Teil werden die Weiterbildungsmöglichkeiten zum Motopäden/ Motologen vorgestellt.
* Aus Gründen der sprachlichen Einfachheit und der leichteren Lesbarkeit schließen alle männlichen Begriffe auch die weibliche Form mit ein.
2 Entstehung und Entwicklung der Motopädagogik/ psychomotorischen Erziehung
In der Fachliteratur gibt es eine Vielfalt von Erscheinungsformen der Psychomotorik. Es wird deutlich, dass es die Psychomotorik nicht mehr gibt. Es gibt zu viele unterschiedliche Vorstellungen, die sich aus pädagogischer wie therapeutischer Sicht mit dem Medium Bewegung verbinden.
Auch Begriffe wie Psychomotorik, Motopädagogik, Bewegungserziehung stiften nicht gerade Klarheit, da sie schwer von einander abzugrenzen sind. Einen kurzen geschichtlichen Überblick der Psychomotorik zeigt die Entwicklung der Psychomotorik und die im Zusammenhang stehenden Begriffe.
Die Person E.J.Kiphard wird oft als Gründervater der deutschen Psychomotorik genannt. Er stellte in einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Gütersloh die Möglichkeiten einer psychisch wirksamen Bewegungstherapie fest. Kinder waren von sportlichen Übungen oft überfordert und er setzte an Stelle des Leistungsprinzips freies und unmerklich gelenktes Spielgeschehen. Die Kinder sollten ein fröhliches Miteinander erleben. Durch Beobachtungen bemerkte er, dass sich Gefühle und Affekte und jede Art des psychischen Erlebens bei den Kindern und Jugendlichen nach außen in ihrem Bewegungsverhalten ausdrückt (vgl. Zimmer 2001, S.15 ff.).
So wurde der Begriff der „Psychomotorik“ gewählt, „weil durch gute Übungen im leiblichen Bereich ein besonders guter und kindgemäßer Zugang zum Psychischen gelingt“ (Aktionskreis Psychomotorik ,1987 S.3).
Die Wurzeln der deutschen Psychomotorik gehen bis ins Jahr 1955 zurück. Die Rhythmikpädagogin Charlotte Pfeffer prägte damals bereits die Begriffe „Psychomotorische Erziehung“ und „Psychomotorische Heilerziehung“. Eine ganzheitliche Erziehung des Kindes war ihr sehr wichtig, ob geschädigt oder nicht.
1960 kam es zur ersten Veröffentlichung von Kiphard und Hünnekens, ein Kinderpsychiater in der Klinik in Gütersloh (s.o), mit dem Titel „Bewegung heilt. Psychomotorische Übungsbehandlung bei entwicklungsverzögerten Kindern“.
Kiphard definiert die Psychomotorik als „eine ganzheitlich- humanistische, entwicklungs- und kindgemäße Art der Bewegungserziehung“ (Zimmer 2001, S.16).
Ziel war es, der funktional-mechanistischen Betrachtungsweise von Motorik ein neues bewegungspädagogisches Leitbild entgegen zu setzen. Vorträge, Tagungen usw. führten zu einem immer stärkeren Interesse bei der Fachwelt. 1974 entstand eine Interessengemeinschaft, ein „ Arbeitskreis spezielle Bewegungspädagogik und psychomotorische Therapie“, der zur Gründung des „Aktionskreis Psychomotorik e.V.“ führte. Pädagogen, Psychologen, Ärzte und Therapeuten schlossen sich zusammen, die sich einsetzten für eine kindgerechte Persönlichkeits- und Sozialentwicklung auf der Grundlage der Entfaltung und Förderung der kindlichen Psychomotorik.
Das Streben einer Lehrbarmachung der Psychomotorik führte dazu, dass versucht wurde, eine einheitliche Terminologie zu finden. Aus unterschiedlichen Theorieansätzen- u. a. aus der Entwicklungs- und Wahrnehmungspsychologie- wurde das Gebäude der „Motologie“ entworfen. Der Terminus „Motopädagogik“ entstand also im Zuge der Professionalisierung der Psychomotorik.
Im Zusammenhang mit der Konzeption des Fachgebiets wurde die Motologie als „Lehre von der Motorik als Grundlage der Handlungs- und Kommunikationsfähigkeit des Menschen, ihrer Entwicklung, ihrer Störungen und deren Behandlung“ (s. Abb.1) als Oberbegriff eingeführt.
Als Anwendungsbereiche gelten Motopädagogik und Mototherapie: Motopädagogik wird dabei als, „ganzheitlich orientiertes Konzept der Erziehung durch Wahrnehmung, Erleben und Bewegen“ (s. Abb.1) verstanden, Mototherapie als „bewegungsorientierte Methode zur Behandlung von Auffälligkeiten, Retardierung und Störung im psychomotorischen Leistungs- und/oder Verhaltensbereich (s. Abb.1)“ (Zimmer 2001, S.20).
Der Begriff „Motopädagogik“ bzw. der „Mototherapie“ verdrängten bzw. ersetzten zeitweise den Begriff der Psychomotorik. Die Begriffe „Motopädagogik“ bzw. der „Mototherapie“ wurden als praktische Anwendungsfelder der Motologie beschrieben (vgl. Zimmer 2001, S.17 ff.).
Folgende Abbildung 1 zeigt den Aufbau des Fachgebietes Motologie.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufbau des Fachgebietes Motologie, Zimmer 2001, S.20
Man kann sagen, dass die Motopädagogik und die Mototherapie im Sinne der Psychomotorik arbeiten. Der Begriff der Psychomotorik ist aber historisch gewachsen und international gebräuchlicher. Ein Vorteil, den der Begriff der „Psychomotorik“ im Gegensatz zur Motopädagogik hat, ist, dass der Terminus der „Psyche“ ausdrücklich hinweist auf den Anteil des Wahrnehmens, Erlebens, Fühlens und Denkens bei Bewegungshandlungen und somit die Notwendigkeit den Menschen ganzheitlich zu sehen. Laut dem Aktionskreis Psychomotorik wird der Begriff „Motopädagogik“ dem Begriff der „psychomotorischen Erziehung“ vorgezogen, da der Begriff Motorik durch den Wortstamm Moto- enthalten ist, und somit die Vielfalt der menschlichen Motorik besser ausdrücken kann als der Begriff der Psychomotorik.
Die Inhalte und Anwendungsgebiete haben sich seit der Entstehung der Psychomotorik erweitert, sodass sie nicht nur rehabilitativ sondern auch präventiv eingesetzt wird. Die Einsatzbereiche von heute sind vielfältig: In der Frühförderung und im Kindergarten, in der Grundschule und in der Sonderschule im Sportunterricht, der Einbezug psychomotorischer Inhalte in der Arbeit mit Erwachsenen und auch bei älteren Menschen („Motogeragogik“) (vgl. Zimmer 2001, S.19ff.).
3 Begriffsklärung von Motopädagogik und Psychomotorik
Die folgende Zusammenfassung verdeutlicht noch einmal die gängige Abgrenzung der Begriffe zueinander.
- „Psychomotorik: Sie ist eine ganzheitlich- humanistische, entwicklungs- und kindgemäße Art der Bewegungserziehung.
- Motopädagogik: Das Konzept einer ganzheitlichen Erziehung und Persönlichkeitsbildung über motorische Lernprozesse.
- Ziele der Motopädagogik werden durch die Psychomotorik als methodisches Prinzip erreicht.“
(http://people.freenet.de/grundschulsport/entstehung_motopaed.html ; Zugriff am 14.06.2005)
4 Die Motopädagogik im Allgemeinen
Im Folgenden werden die Ziele, Inhalte und Prinzipien der Motopädagogik genauer beleuchtet.
4.1 Ziele der Motopädagogik
Für die Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit ist die Entwicklung der Motorik von großer Bedeutung. Motorische Handlungen befähigen den Menschen dazu, sich mit der sozialen und materialen Umwelt auseinanderzusetzen. Handeln zu können ist die Voraussetzung eines Menschen, sich mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen, auf sie einzuwirken und in ihr wirken zu können. Sie stellt die Basis dar zur selbstständigen Gestaltung des Lebens. Handlungskompetenz zu erzielen ist eine bedeutende pädagogische Aufgabe, welche auch die Motopädagogik vermitteln möchte. Die Motopädagogik regt die Menschen dazu an, sich handelnd mit der Umwelt auseinanderzusetzen. Dies versucht sie zu erreichen, indem sie vielfältige Wahrnehmungs- und Bewegungsmuster vermittelt, um den Menschen zum Handeln zu befähigen (vgl. Aktionskreis Psychomotorik e.V. 1987, S. 13).
Die Motopädagogik sieht den Menschen als Ganzes und unter dieser Voraussetzung steht die Förderung der gesamten Persönlichkeit im Vordergrund. Zimmer (2002) beschreibt das Ziel der Motopädagogik wiefolgt:
Ziel psychomotorischer Förderung ist es, die Eigentätigkeit des Kindes zu fördern, es zum selbstständigen Handeln anzuregen, durch Erfahrungen in der Gruppe zu einer Erweiterung seiner Handlungskompetenz und Kommunikationsfähigkeit beizutragen (Zimmer 2002, S. 22).
Um die zu erreichen, muss die Motopädagogik Fähigkeiten bzw. Kompetenzen vermitteln. Diese drei Kompetenzbereiche sind die Ich-Kompetenz, die Sach-Kompetenz und die Sozial-Kompetenz.
Die Ich-Kompetenz zu erreichen bedeutet, sich und seinen Körper wahrzunehmen, erleben, zu verstehen und mit seinem Körper umzugehen. Die Sach-Kompetenz zu erzielen heißt, die materiale Umwelt wahrzunehmen, Informationen über sie erlebend und verstehend zu verarbeiten und in und mit ihr umzugehen. Die Sozial-Kompetenz zu erwerben bedeutet, die soziale Umwelt wahrzunehmen, sie zu erleben, zu verstehen und in und mit ihr umzugehen (vgl. Aktionskreis Psychomotorik e.V. 1987, S. 14).
Das folgende Schaubild verdeutlicht, dass die Handlungskompetenz zu erzielen oberste Priorität besitzt und diese zu erreichen das Ergebnis der Fähigkeiten, mit sich, der materialen und sozialen Umwelt umzugehen, darstellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Handlungskompetenz als umfassende Fähigkeit, Aktionskreis Psychomotorik e.V. 1987, S. 13
4.2 Inhalte der Motopädagogik
Die drei zuvor genannten auszubildenden Kompetenzen ergeben die drei Inhalte der Motopädagogik: Körpererfahrung, Materialerfahrung, Sozialerfahrung. Diese drei Lernbereiche werden folgend erläutert.
Die Lernbereiche zur Körpererfahrung, Materialerfahrung und Sozialerfahrung lassen sich nicht scharf trennen, da es Überschneidungsbereiche und Abhängigkeiten voneinander gibt.
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- Quote paper
- Frank Stefer (Author), 2005, Motopädagogik. Psychomotorische Erziehung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42231
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