Bilderbuch – das erste visuell-literarische Medium der frühen Kindheit
Bilderbücher stellen durch ihre einfachen Strukturen und die geringe mediale Komplexität oft die erste Literaturform für Kinder dar und sind vermutlich in jedem Haushalt mit kleinen Kindern zu finden und begleiten diese teilweise bis ins Schulalter. Dennoch wird dem Bilderbuch als Medium zu wenig Beachtung geschenkt, denn trotz ihrer vielfältigen künstlerisch-ästhetischen Aspekte der Gestaltung liegt der Anspruch der Bilderbücher nicht nur bei der Vermittlung von ästhetischer Bildung, sondern Bilderbücher tragen erzieherische, lenkende und disziplinierende Aspekte. Grundlage hierfür sind die Kenntnisse in der Kinderpsychologie, die zu der Erkenntnis führten, dass Kinder „schutzbedürftige und zu lenkende wahrnehmende Wesen“1 seien. Im Folgenden soll daher eine kurze Betrachtung des Bilderbuches als Medium und dessen Einflüsse stattfinden.
Zu unterscheiden ist das Bilderbuch von Büchern mit Illustrationen dadurch, dass die untrennbare Wechselbeziehung von Wort und Bild bei dem Bilderbuch die Basis bildet. Erst durch die Symbiose von Wort und Bild entsteht ein komplexes Gebilde mit narrativem Charakter. Hingegen tragen die Illustrationen in Büchern nur einen kommentierenden beziehungsweise erläuternden oder gestalterischen Aspekt. Die Beziehung zwischen Bild und Text in einem Bilderbuch ist nach THIELE nur schwer darzustellen, wie die Dominanz des Bildes über den meist nur kurzen Text. Die Strukturen orientieren sich an dem Alter des Kindes und dessen narratives Bewusstsein und sollen somit auf die formalen Charakteristika des Bilderbuches einwirken.
Eine Problematik bei der Untersuchung von Comics, Bilderbüchern und illustrierte Büchern ist die Rolle der Bilder in dem jeweiligem Medium. In einem illustrierten Buch wird die Illustration als informierende, belehrende oder gestaltende Zugabe eingefügt, ist damit dem Text untergeordnet. Dies aber entspricht nicht den Anforderungen, die das Bild in einem Bilderbuch oder Comic erfüllen muss. In einem Bilderbuch macht die Verbindung von Text und Bild im narrativem Kontext erst die eigentliche Erzählung aus. Bild und Text können in unterschiedlichen narrativen Strukturen verlaufen und somit auf ihre Weise die Geschichten erzählen und Spannungen erzeugen, ähnlich dem Comic.
Inhaltsverzeichnis
1. Bilderbuch – das erste visuell-literarische Medium der frühen Kindheit
2. Comics – Schundliteratur oder vielfältiges Medium?
3. Bilderbuch und Comic im Unterricht:
Literatur:
1. Bilderbuch – das erste visuell-literarische Medium der frühen Kindheit
Bilderbücher stellen durch ihre einfachen Strukturen und die geringe mediale Komplexität oft die erste Literaturform für Kinder dar und sind vermutlich in jedem Haushalt mit kleinen Kindern zu finden und begleiten diese teilweise bis ins Schulalter. Dennoch wird dem Bilderbuch als Medium zu wenig Beachtung geschenkt, denn trotz ihrer vielfältigen künstlerisch-ästhetischen Aspekte der Gestaltung liegt der Anspruch der Bilderbücher nicht nur bei der Vermittlung von ästhetischer Bildung, sondern Bilderbücher tragen erzieherische, lenkende und disziplinierende Aspekte. Grundlage hierfür sind die Kenntnisse in der Kinderpsychologie, die zu der Erkenntnis führten, dass Kinder „schutzbedürftige und zu lenkende wahrnehmende Wesen“[1] seien. Im Folgenden soll daher eine kurze Betrachtung des Bilderbuches als Medium und dessen Einflüsse stattfinden.
Zu unterscheiden ist das Bilderbuch von Büchern mit Illustrationen dadurch, dass die untrennbare Wechselbeziehung von Wort und Bild bei dem Bilderbuch die Basis bildet. Erst durch die Symbiose von Wort und Bild entsteht ein komplexes Gebilde mit narrativem Charakter. Hingegen tragen die Illustrationen in Büchern nur einen kommentierenden beziehungsweise erläuternden oder gestalterischen Aspekt. Die Beziehung zwischen Bild und Text in einem Bilderbuch ist nach THIELE nur schwer darzustellen, wie die Dominanz des Bildes über den meist nur kurzen Text. Die Strukturen orientieren sich an dem Alter des Kindes und dessen narratives Bewusstsein und sollen somit auf die formalen Charakteristika des Bilderbuches einwirken.
Eine Problematik bei der Untersuchung von Comics, Bilderbüchern und illustrierte Büchern ist die Rolle der Bilder in dem jeweiligem Medium. In einem illustrierten Buch wird die Illustration als informierende, belehrende oder gestaltende Zugabe eingefügt, ist damit dem Text untergeordnet. Dies aber entspricht nicht den Anforderungen, die das Bild in einem Bilderbuch oder Comic erfüllen muss. In einem Bilderbuch macht die Verbindung von Text und Bild im narrativem Kontext erst die eigentliche Erzählung aus. Bild und Text können in unterschiedlichen narrativen Strukturen verlaufen und somit auf ihre Weise die Geschichten erzählen und Spannungen erzeugen, ähnlich dem Comic.
Bild-Text-Korrespondenz:
Parallelität: das Bild zeigt das im Text Beschriebene und führt es über Details, wie Farben, räumliche Darstellung etc. fort.
Der geflochtene Zopf: Bild und Text wechseln sich bei der Erzählung der Geschichte ab, ergänzen sich und führen sie so nacheinander fort.
Kontrapunktische Beziehung: bei dieser Form der Bild-Text-Korrespondenz erzählen Text und Bild vom Verlauf her eine ähnliche Geschichte, doch der Text impliziert andere Assoziationen beim Rezipienten als sie durch die Bildmittel dargestellt werden. (zum Beispiel Nikolaus Heidelbachs Prinz Alfred; reicher Prinz (Phantasie), armes Schlüsselkind (Realität) im Bild erkennbar).[2]
Während die Texte die Zeitstrukturen erfassen und Differenzen überbrücken, kann das Bild bestimmte Szenen darstellen, die hervorstechende Momente der Narration beschreiben. Dennoch gibt es auch im Bilderbuch die Möglichkeit Rückblenden einzufügen, um zum Beispiel Erinnerungen darzustellen, die trotzdem in Verbindung mit der aktuellen Zeit stehen.
Die Geschichte des Bilderbuches beginnt mit der Illustration von Gebrauchsliteratur im 19. Jahrhundert, die schließlich durch die Spezialisierung auf die unterschiedlichen Adressaten zur Berufsspezialisierung der Grafiker führte. Diese widmeten sich unterschiedlichen Motiven und Adressaten, wodurch die Kinderbücher hervorgebracht wurden. Oscar Pletsch war einer der Vorreiter der Bilderbücher für Kinder, der sich vor allem einer harmonischen und friedlichen Darstellung des Kinderlebens in ländlicher Gegend im Gegensatz zum nervösen Stadtleben der Industrialisierung zuwandte. Mit dieser Vermeidung des reellen Lebensraumes der Kinder als Thema seiner Bilderbücher trugen diese schon im 19. Jahrhundert einen pädagogischen beschützenden Aspekt und teilten die Bilderbücher in zwei wesentliche Typologien ein, die je nach Realitätsbezug phantastische oder realistische Erzählungen beinhalteten und weiter beinhalten. Die realistischen Bilderbücher befassen sich mit Tabuthemen oder die Behandlung von Konflikten und werden daher als Problembilderbücher bezeichnet. Die phantastischen Bilderbücher weisen vielfach eine Vermischung beider Typologien auf, nehmen daher realitätsbezogene und phantastisch-fiktionale Elemente in sich auf. Bilderbücher wie Mal- oder Spielbilderbücher stellen Sondertypen dar.[3]
Die Darstellungsweise der Illustrationen der Bilderbücher orientieren sich zudem an den Bedürfnissen des Adressaten. Ab dem 20. Jahrhundert wanden sich die Kinderbilderbücher an die von der Reformpädagogik geforderten Verbindung von Kunst und Leben des Kindes, wobei auf die Eindeutigkeit und Klarheit der Bilder Wert gelegt wurde. Eine klare Darstellung und Strukturierung soll dem Betrachter und speziell dem Kind zur differenzierteren Aufnahme von Details und Zeichen verhelfen.[4] Diese Verbindung wurde durch das Verständnis der Erwachsenen über die Bedürfnisse der Kinder vollzogen und es erfolgten besonders künstliche Bilderwelten, die nicht unbedingt den Anforderungen des Kindes angepasst waren und sind. „Im Einzelfall sind es vermutlich ganz andere, unbewusste, subjektive, situative Momente, die Interesse und Faszination für das Kind ausmachen“[5] stellt THIELE als Vermutung auf, da das Interesse der Kinder vor allem an den bildnerischen Elementen der Bilderbücher noch nicht wissenschaftlich bestätigt wurde. Weil die Funktionen (siehe unten) der Bilderbücher und deren Auswirkungen auf die Psyche der Kinder bis zum Ende des 20. Jahrhunderts noch keine empirische Untersuchung erfahren hatten, orientierten sich die Kinderbilderbücher weitestgehend an den durch die Erwachsenen vermuteten Erfahrungswelten und Bedürfnisse der Kinder.
Im 20. Jahrhundert wurden die künstlichen Bilderwelten der Reformpädagogen durch den Kunststil der Pop-Art verändert, die Gestaltung von Gegenständen und Motiven wurde alltagsbezogener und verloren somit auch das Klischee von der Harmonie des ländlichen Lebens. Kunststile fanden oft dann Einklang in die Bilderbücher, wenn die bildende Kunst sich als umfassendes ästhetisches Prinzip verstand und damit auch die Kinder- und Jugendliteratur erfasste. Dennoch erfolgte eine Übertragung von Stilepochen in die Illustrationen der Bilderbücher eher rückblickend und wurde häufig durch englischsprachige Illustratoren popularisiert.[6]
[...]
[1] Vgl.: Thiele, J., S. 228.
[2] Vgl.: Thiele, J., S. 230-233.
[3] Vgl.: Thiele, J., S. 237.
[4] Vgl.: Thiele, J., S. 239.
[5] Vgl.: Thiele, J., S. 239.
[6] Vgl.: Thiele, J., S. 236.
- Arbeit zitieren
- Christine Schröder (Autor:in), 2005, Bilderbücher und Comics als literarische Medien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42193
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