Das chronologische und das biologische Alter
Für das sportliche Training im Kindes- und Jugendalter stehen vor allen Dingen die Toleranzgrenzen der biologischen Systeme im Vordergrund, da sie in dieser Phase sehr störanfällig gegenüber Belastungen sind. Diese Toleranzgrenzen sind oft schwer definierbar, weil sie vielen verschiedenen Faktoren unterliegen. Für die meisten Trainer stellt das chronologische Alter, also die Lebensdauer eines Individuums zu einem konkreten Zeitpunkt seines Lebens, das entscheidende Kriterium für die Ausarbeitung von Trainingsprogrammen dar, obwohl man an ihm den individuellen Entwicklungsstand eines Kindes oder Jugendlichen nicht quantifizieren kann. So kann der Beginn der Pubertät so erheblich variieren, daß im beispielhaften Vergleich von zwei sechzehnjährigen Jungen der eine die Pubertät bereits abgeschlossen hat, während der andere sich noch an deren Beginn befindet. Gleiche Belastungsanforderungen würden zwangsläufig zu Über- oder Unterforderung führen. Vielmehr muß man sich also an dem biologischen Alter, d.h. dem Entwicklungsstand und der Funktionstüchtigkeit des Organismus der Durchschnittsbevölkerung in dem entsprechenden kalendarischen bzw. chronologischen Alter, orientieren (vgl. Martin 1991, S.295). Erst aus diesem tatsächlichen Entwicklungsstand sind Ableitungen zum Zustand verschiedener Systeme und Funktionen des Körpers möglich, da die funktionelle und strukturelle Prägung der Organe und Systeme des Körpers einem typischen Ablauf folgt (vgl. Fröhner 1993, S. 24). Die Beschleunigung des Wachstums und der Entwicklungsvorgänge gegenüber dem Durchschnitt nennt man Akzeleration, die Hemmung Retardation. Folgende Merkmale können dazu herangezogen werden, das biologische Alter und die Entwicklungsdynamik beurteilen zu können:
• Körperhöhe, Wachstumsgeschwindigkeit
• Klinischer Reifestand
• Stand der Verknöcherung des Skeletts (Knochenalter)
• Zahnstatus (vgl. Fröhner 1993, S. 25)
Inhaltsverzeichnis
1. Besonderheiten der Entwicklung Heranwachsender
1.1 Das chronologische und das biologische Alter
1.2 Der Körperbau
1.2.1 Die Körperhöhe
1.2.2 Die Körpermasse
1.2.3 Die Körperform
1.3 Der Knochen
1.4 Der Stütz – und Bewegungsapparat
1.5 Das Gehirn
1.6 Die nervalen Funktionen
2. Zusammenfassung der Entwicklungsmerkmale, die für die Belastbarkeit des Stütz- und Bewegungs- apparates von besonderer Bedeutung sind
3. Die Bedeutung der Koordinativen Fähigkeiten und ihre Entwicklung
4. Die Bedeutung physischer Leistungsfaktoren
4.1 Der Bewegungsschatz
5. Methoden und Inhalte der Schulung
5.1 Schulung der Koordinativen Fähigkeiten im Kindes und Jugendalter
6. Literatur
1. Besonderheiten der Entwicklung Heranwachsender
1.1 Das chronologische und das biologische Alter
Für das sportliche Training im Kindes- und Jugendalter stehen vor allen Dingen die Toleranzgrenzen der biologischen Systeme im Vordergrund, da sie in dieser Phase sehr störanfällig gegenüber Belastungen sind. Diese Toleranzgrenzen sind oft schwer definierbar, weil sie vielen verschiedenen Faktoren unterliegen. Für die meisten Trainer stellt das chronologische Alter, also die Lebensdauer eines Individuums zu einem konkreten Zeitpunkt seines Lebens, das entscheidende Kriterium für die Ausarbeitung von Trainingsprogrammen dar, obwohl man an ihm den individuellen Entwicklungsstand eines Kindes oder Jugendlichen nicht quantifizieren kann. So kann der Beginn der Pubertät so erheblich variieren, daß im beispielhaften Vergleich von zwei sechzehnjährigen Jungen der eine die Pubertät bereits abgeschlossen hat, während der andere sich noch an deren Beginn befindet. Gleiche Belastungsanforderungen würden zwangsläufig zu Über- oder Unterforderung führen. Vielmehr muß man sich also an dem biologischen Alter, d.h. dem Entwicklungsstand und der Funktionstüchtigkeit des Organismus der Durchschnittsbevölkerung in dem entsprechenden kalendarischen bzw. chronologischen Alter, orientieren (vgl. Martin 1991, S.295). Erst aus diesem tatsächlichen Entwicklungsstand sind Ableitungen zum Zustand verschiedener Systeme und Funktionen des Körpers möglich, da die funktionelle und strukturelle Prägung der Organe und Systeme des Körpers einem typischen Ablauf folgt (vgl. Fröhner 1993, S. 24). Die Beschleunigung des Wachstums und der Entwicklungsvorgänge gegenüber dem Durchschnitt nennt man Akzeleration, die Hemmung Retardation.
Folgende Merkmale können dazu herangezogen werden, das biologische Alter und die Entwicklungsdynamik beurteilen zu können:
- Körperhöhe, Wachstumsgeschwindigkeit
- Klinischer Reifestand
- Stand der Verknöcherung des Skeletts (Knochenalter)
- Zahnstatus
(vgl. Fröhner 1993, S. 25)
1.2 Der Körperbau
1.2.1 Die Körperhöhe
Kenntnisse über das normale Wachstum der Körperhöhe sind unabdingbare Voraussetzungen, um auf Störungen im Organismus des Heranwachsenden, Überbelastungen und krankhafte Zustände zu schließen. Im Kindesalter bis hin zur Pubertät ist die Größe bei beiden Geschlechtern annähernd identisch. Der kontinuierliche Abfall der Wachstumsgeschwindigkeit wird im Alter von ca. sieben Jahren unterbrochen, wonach das Wachstum dann bis zum Anfang der Pubertät, die bei den Jungen im Durchschnitt von 12,5 und bei den Mädchen im Alter von ca. 10,5 Jahren beginnt, auf einem relativ niedrigen konstanten Niveau erfolgt. In der Pubertät erfahren beide Geschlechter einen Wachtumsschub. Einflüsse auf die Entwicklung in Bezug auf Wachstum und Differenzierung haben folgende Faktoren:
- Genetische Anlage
- Gesundheitliche Störungen (insbesondere in der frühkindlichen Entwicklung)
- Physische (sportliche) Belastung
- Soziale Faktoren
- Psychische Beanspruchung
- Ernährung
- Umweltfaktoren
(vgl. Fröhner 1993, S. 27f)
Es gibt folgende normabweichende funktionelle Wachstumsvarianten, die für die Belastbarkeit und Trainierbarkeit Bedeutung haben können:
1. die konstitutionelle Verlangsamung von Wachstum, Knochenreife und Pubertät
2. der konstitutionelle Minderwuchs/Kleinwuchs ohne Beeinträchtigung der Kno
chenreife und der Pubertät
3. die konstitutionelle Beschleunigung von Wachstum, Knochenreife und Pubertät
4. der konstitutionelle Großwuchs ohne Beeinträchtigung der Knochenreife und
der Pubertät
(vgl. Fröhner 1993, S. 32)
Diese Daten sind wichtige Anhaltspunkte zur Beurteilung des Organismus, da sich die Funktionssysteme und Organe zeitlich relativ konstant zu den Merkmalen Reife und Wachstum ausbilden.
1.2.2 Die Körpermasse
Die Körpermasse entwickelt sich ähnlicher Dynamik wie die Höhe. Mit Beginn der Pubertät gibt es bei beiden Geschlechtern eine Körpermassenzunahme, die bei den Mädchen folglich zwei Jahre früher beginnt als bei den Jungen. Das führt dazu, daß physiologisch betrachtet, 13- 14jährige Mädchen schwerer sind als Jungen. Die Erwachsenenkörpermasse wird mit endgültigem Abschluß des Körperhöhenwachtums erreicht, d.h. bei den Mädchen mit 15-16 Jahren und bei den Jungen mit 18-19 Jahren.
In der gesamten Entwicklungsphase besteht ein enger Zusammenhang zwischen Körperhöhe und –masse, so daß eine Stagnation der Massenentwicklung im präpuberalen oder puberalen Bereich entweder auf Mangelernährung oder krankhafte Störungen hinweist, wovon beides eine Beeinträchtigung der Entwicklung andere Funktionssysteme erwarten läßt.
1.2.3 Die Körperform
Trotz des Zusammenhangs zwischen Körperhöhe und – masse kommt es durch Veränderungen von Körperproportionen zu periodischen Veränderungen der Körperform. So entwickelt sich im 5.-7- Lebensjahr, im ersten Gestaltswandel also, aus der rundlich Kleinkindform das schlankere Schulkind, bei dem die Armlänge im Bezug zur Körperhöhe zunimmt. Im zweiten Gestaltwandel während der Pubertät vergrößern sich die Körper- und Teilkörperlängen weiter zugunsten der Extremitäten, und charakteristische Ausprägungen von Kopf- und Gesichtform fallen in diese Zeit. Da die Längen-änderungen schon vor Beginn der Pubertät mit dem Fußwachstum eingeleitet werden, ist dieses ein nutzbares Zeichen für die Beurteilung der Entwicklung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Besonders starke Längenzunahmen führen wegen der veränderten nervalen Steuerung oft zu Störungen der Belastbarkeit, was sich beim sportlichen Training bemerkbar macht (vgl.: Fröhner 1993, S. 36f).
Abb. 1: Entwicklungsstufenmodell nach Grimm und Kirchmair (Martin 1991, S. 294)
1.3 Der Knochen
Das Wachstum und die Reife der Knochen hängen eng mit dem Körperhöhenwachstum und der biologischen Reife zusammen. Wesentliche Knochen des Stütz- und Bewegungsapparates sind knorpelig angelegt, und im Laufe der Entwicklung treten in diesen knorpeligen Anlagen an Größe zunehmende Knochenkerne auf. Längenwachstum ist nur solange möglich, wie noch Knorpelfugen bestehen, die der reife Knochen nicht mehr aufweist. Dieser ist durch den hohen Mineralienanteil dafür aber viel fester und belastbarer. Während des „Zeitraums der erheblich zunehmenden Reife“(Fröhner 1993, S. 38), der für den Großteil der Knochen in der Pubertät liegt, ist der Knochen wegen der erheblichen Reifegeschwindigkeit gegenüber Belastung besonders anfällig. Sowohl Beeinträchtigungen des Stoffwechsels als auch mechanische Über- und Unterforderung können in dieser Zeit zu krankhaften Veränderungen an Knochenpartien führen. Für das sportliche Training bedeutet das, daß weder das Maximum noch das Minimum angestrebt werden soll, sondern stets nur das Optimum, da es sonst zu erheblichen Beeinträchtigungen der Entwicklung kommen kann (vgl. Fröhner, S. 38-41).
1.4 Der Stütz- und Bewegungsapparat
Der Stütz- und Bewegungsapparat ist ein komplexes System, das besonders im Sport stark beansprucht wird, weil Knorpel, Bandapparat und Gelenkkapseln die Belastungen passiv verarbeiten müssen.
Da die komplexen Funktionen des Stütz- und Bewegungssystems erst im Zusammenspiel mit den aktiven Teilsystemen (nervales System, Muskulatur, Knochen, etc.) möglich werden, muß man auf die Entwicklungsbesonderheiten dieser Systeme achten, um beim sportlichen Training das Ziel der harmonischen Entwicklung des Stütz- und Bewegungsapparates zu erreichen. Die Störung eines Teilsystems kann zur Beeinträchtigung weiterer Teilsysteme führen, was schließlich die Gefährdung der Gesundheit zur Folge haben kann. Ferner muß man besonders im störanfälligen kindlichen und jugendlichen Entwicklungsalter darauf achten, daß die Belastungsreize im sportlichen Training adäquat sind (vgl. Fröhner 1993, S. 42f).
1.5 Das Gehirn
In den ersten vier Lebensjahren nimmt das Gehirngewicht am stärksten zu, so daß es bei einem/einer Vierjährigen bereits ca. 80% des Hirngewichts eines Erwachsenen beträgt. Mit der Gewichtszunahme korreliert die Vermehrung und Differenzierung der verschiedenen Hirnzellen. Das Wachstum endet bei beiden Geschlechtern mit 19-20 Jahren.
Die äußere Form der Hirnrinde ist im 5./6. Lebensjahr fast identisch mit der des Erwachsenen, und auch der Zellreichtum und die Zellform ist vergleichbar. Der geringere Reifegrad äußert sich lediglich in weniger Zwischenzellsubstanz und geringerer Zellgröße. Dies hat zur Folge, daß die Koordination von Teilbewegungen zu komplexen Bewegungen noch mangelhaft ist. Auch die feine Struktur der Hirnrinde ist noch weit von der eines Erwachsenen entfernt. „Von den sensiblen Rindenfeldern sind die Areale für den optischen und Tastsinn schon differenziert ausgebildet, geringer die für den Hörsinn“ (Fröhner 1993, S. 44).
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- Jan Streckfuß (Autor), M. Vahldieck (Autor), 1999, Die Bedeutung der motorischen und kognitiven Entwicklung im Jugendalter, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42163
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