Die vorliegende Bachelorarbeit beschäftigt sich mit dem strukturellen Aufbau der indischen Diaspora und ihrer Gemeinschaft in Deutschland. Die Betrachtungen beinhalten unter anderem die historische Entwicklung, die indische Demografie, die deutsch-indische Beziehung und den strukturellen Aufbau der indischen Gemeinschaft in Deutschland.
In der Vertiefung der Arbeit, werden die Herausforderungen und Hürden der Menschen indischer Herkunft in den Bereichen Migration, Rassismus und Zugehörigkeit aufgezeigt und mit den Erlebnissen und Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit gegenübergestellt. Der Autor der vorliegenden Arbeit ist in Indien geboren und in Deutschland aufgewachsen. Die Vertiefungsbereiche in den Schwerpunkten beinhalten unter anderem die Auseinandersetzungen mit den Migrationshürden, die Konfrontation mit Rassismus und den Konflikten der Zugehörigkeit der Menschen indischer Herkunft.
Die Erfahrungen und Erlebnisse in den Schwerpunkten werden anhand der Menschen der ersten und der zweiten Generation indischer Herkunft in Deutschland dargestellt. Die Betrachtungsebene in der Bearbeitung der Themen wird vor allem, auf den Kindern der zweiten Generation und der Folgegeneration gelegt. Die Arbeit ist theoretisch angelegt und verfolgt das Ziel, die indische Diaspora in Deutschland in ihrem gegenwärtigen Forschungsstand aufzuzeigen und die Signifikanz der Herausforderungen und Hürden der Menschen indischer Herkunft in der deutschen Gesellschaft zu veranschaulichen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Persönliche Motivation
1.2 Problem- und Fragestellung
1.3 Zielsetzung der Arbeit
1.4 Gliederung und strukturelle Vorgehensweise
2. Die indische Diaspora in Deutschland
2.1 Definition Diaspora
2.2 Die Indische Diaspora
2.2.1 Historischer Rückblick
2.2.2 Religion und Sprache
2.2.3 Bildung und Berufe
2.2.4 Demografie
2.2.5 Deutsch-indische Beziehung
2.2.6 Indische Community
3. Herausforderungen und Hürden in Deutschland
3.1 Allgemeine Überlegung und Fragestellung
3.2 Herausforderungen in Hinblick auf Migration
3.2.1 Definition der Migration
3.2.2 Grundstein der Migration
3.2.3 Migration nach Deutschland
3.2.4 Migrationshürden
3.3 Herausforderungen und Hürden in Hinblick auf Rassismus
3.3.1 Definition Rassismus
3.3.2 Ausgrenzung und Diskriminierung
3.3.3 Erfahrungen mit Rassismus
3.3.4 Stereotype und Vorurteile
3.4 Herausforderungen und Hürden in Hinblick auf Zugehörigkeit
3.4.1 Definition Zugehörigkeit
3.4.2 Zugehörigkeitskonflikte
4. Schlusswort
4.1 Ausblick
4.2 Fazit
5. Literaturverzeichnis
Abstract
Die vorliegende Bachelorarbeit beschäftigt sich mit den strukturellen Aufbau der indischen Diaspora und ihrer Gemeinschaft in Deutschland. Die Betrachtungen beinhalten unter anderem die historische Entwicklung, die indische Demografie, die deutsch-indische Beziehung und den strukturellen Aufbau der indischen Gemeinschaft in Deutschland. In der Vertiefung der Arbeit, werden die Herausforderungen und Hürden der Menschen indischer Herkunft in den Bereichen Migration, Rassismus und Zugehörigkeit aufgezeigt und mit den Erlebnissen und Erfahrungen des Autors der vorliegenden Arbeit gegenübergestellt. Der Autor der vorliegenden Arbeit ist in Indien geboren und in Deutschland aufgewachsen. Die Vertiefungsbereiche in den Schwerpunkten beinhalten unter anderem die Auseinandersetzungen mit den Migrationshürden, die Konfrontation mit Rassismus und den Konflikten der Zugehörigkeit der Menschen indischer Herkunft. Die Erfahrungen und Erlebnisse in den Schwerpunkten werden anhand der Menschen der ersten und der zweiten Generation indischer Herkunft in Deutschland dargestellt. Die Betrachtungsebene in der Bearbeitung der Themen wird vor allem, auf den Kindern der zweiten Generation und der Folgegeneration gelegt. Die Arbeit ist theoretisch angelegt und verfolgt das Ziel, die indische Diaspora in Deutschland in ihrem gegenwärtigen Forschungsstand aufzuzeigen und die Signifikanz der Herausforderungen und Hürden der Menschen indischer Herkunft in der deutschen Gesellschaft zu veranschaulichen.
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich all jenen danken, die mich im Rahmen meiner Bachelorarbeit motiviert und begleitet haben.
Zuerst möchte ich allen Menschen danken, die diese Bachelorarbeit „Die indische Diaspora in Deutschland - Eine Auseinandersetzung mit den Herausforderungen in Hinblick auf Rassismus, Migration und Zugehörigkeit“ durch ihre kompetente und engagierte Unterstützung begleitet und zu ihrem Gelingen beigetragen haben.
Ich danke auch den Menschen der indischen Diaspora in Berlin für die interessanten Gespräche, Diskussionen und Einblicke, die ich bei verschiedenen Veranstaltungen und Vereinen gewinnen konnte und die mir wertvolle Aspekte für diese Arbeit gegeben haben.
Ganz besonders möchte ich meiner Erstgutachterin und Dozentin Prof. Dr. María do Mar Castro Varela danken, die meine Arbeit durch ihre fachliche und persönliche Unterstützung begleitet hat. Ich bedanke mich für die motivierende und inspirierende Unterstützung in allen Belangen der vorliegenden Arbeit.
Ebenfalls möchte ich mich bei meinen Verwandten und Freunden bedanken, die mir mit viel Geduld, Interesse und Hilfsbereitschaft zur Seite standen. Bedanken möchte ich mich für die zahlreichen Debatten, Gespräche und Ideen, die im hohen Maße dazu beigetragen haben, dass diese Bachelorarbeit in dieser Form vorliegt.
Mein besonderer Dank gilt meiner Familie, meinen geliebten Eltern Thankachan und Philominamma und meinen Brüdern Tom und Tim, die mir das Leben in Deutschland und meinen Werdegang bis zu meinem Studium ermöglicht und mich in all meinen Entscheidungen unterstützt haben.
Zu guter Letzt bedanke ich mich bei meiner geliebten Frau Christina, die mir über die ganze Bachelorarbeit hinweg moralische und seelische Unterstützung gegeben hat und der ich diese Bachelorarbeit widmen möchte.
1. Einleitung
Heutzutage leben wir in Deutschland in einer facettenreichen und aus verschiedenen Kulturen bestehenden Gesellschaft, die diverse Nationalitäten, Sprachen, Religionen und Ethnien verbirgt und unser Leben in allen Ebenen bereichert und vergrößert. Menschen aus der ganzen Welt versammeln sich an einem Ort um gemeinsam zu leben und Erfahrungen und Erlebnisse zu sammeln. Dieser gemeinsame Ort der Begegnung ist Deutschland. Es sind Erfahrungen und Erlebnisse, die das eigene Leben in verschiedenen Aspekten im positiven bereichern oder auch im negativen prägen können. In den Begegnungen und Konfrontationen müssen sich Menschen unterschiedlicher Herkunft in den verschiedenen Bereichen der deutschen Gesellschaft, unzähligen prägenden Herausforderungen und Hürden stellen um in der Gesellschaft respektiert und partizipieren zu können. Im alltäglichen Leben ist man in diversen Situationen und verschiedenen Entscheidungen ausgesetzt die aufzeigen, welcher Zuschreibung und Zugehörigkeit man sein eigenes Wesen definiert oder auch von der Gesellschaft von außen zugeschrieben wird. Das Hinterfragen in Hinblick auf Herkunft und Zugehörigkeit von „Migrant_innen[1] indischer Herkunft“, „Inder_in“, „Deutsch-indisch“, „Indisch-deutsch“ und „Mischlingen“ stellen eine wesentliche Auseinandersetzung der vorliegenden Arbeit dar. In diesen Situationen spielt die Herkunft eine signifikante Rolle. Eine Signifikanz, die eine Generation und dessen Folgegeneration lebenslang prägen kann.
Leben in einer Zwischenwelt
„Es gibt auch andere Fragen, die die erste Generation der Inder heute beschäftigen: War es richtig, vor Jahren die eigene Heimat zu verlassen? Wird man die Kraft haben, die Vereinsamung und Vernachlässigung im fortgeschrittenen Alter zu verkraften? Werden die Kinder hier die gleichen Chancen wie die Einheimischen haben, im Beruf und in der Gesellschaft voranzukommen? Diese und ähnliche Fragen haben ihre Gültigkeit nicht nur für Inder, sondern auch für andere ethnische Gruppen, die hier leben. Auswandern ist eigentlich von sich weggehen. Können wir das? Nicht einfach. Meistens landen wir in eine Zwischenwelt. Deshalb werden wir manchmal von einem lawinenartigen Heimweh überwältigt. Trauer umhüllt uns. Aber so ist das Leben der Migranten. Sie sind immer unterwegs, ihre Heimat tragen sie mit sich“ (Punnamparambil 2014, S. 54)
1.1 Persönliche Motivation
Wir sind immer unterwegs und tragen unsere Heimat mit uns (vgl. Punnamparambil 2014, S. 54). Die Heimat die Menschen im Ausland aus Indien mit sich tragen ist ihre Heimat Indien. Deutschland und Indien sind zwei unterschiedliche Länder, welche in den Bereichen der Kultur, der Sprache, der Religionen und den politischen und gesellschaftlichen Ebenen, unterschiedliche Vorstellungen und Betrachtungen aufweisen. Die differenzierten Perspektiven und Vorstellungen beschreiben dabei Vielfältigkeit und Diversität, welche einerseits große Freiheiten und Spielräume bieten und andererseits auch in Orientierungslosigkeit und Ziellosigkeit münden können. Kinder von Migrant_innen die in Deutschland aufwachsen stellen sich oft den Fragen, welchen unterschiedlichen Perspektiven und Zuschreibungen sie sich zuordnen wollen, oder bewusst und unbewusst zugeordnet werden. Die Erlebnisse und Erfahrungen, welche Menschen indischer Herkunft in vielen Bereichen der deutschen Gesellschaft gemacht haben, spiegelten nicht die eigenen Ideale, Wünsche und Vorstellungen wieder.
Die Motivation des Autors der vorliegenden Arbeit liegt darin, eine gegenwärtige Darstellung der indischen Diaspora in Deutschland in ihrem Aufbau und ihrer Struktur zu beschreiben. Dabei sollen die verschiedenen Bereiche der indischen Diaspora und ihrer Mitglieder veranschaulicht werden, um eine öffentliche Transparenz für die Menschen in der deutschen Gesellschaft und der indischen Diaspora in Deutschland zu ermöglichen. Die Auseinandersetzungen in den Schwerpunkten, der Migration, der Konfrontation mit Rassismus und den Konflikten in den Fragen der Zugehörigkeit, beschreiben wichtige persönliche Themenbereiche des Autors der vorliegenden Arbeit und der Kinder der Zweiten Generation indischer Herkunft. Als Kind migrierter Eltern indischer Herkunft, möchte der Autor der vorliegenden Arbeit die negativen Erlebnisse und Erfahrungen im Aufwachsen in der deutschen Gesellschaft darstellen und die Erlebnisse und Erfahrungen der Menschen indischer Herkunft herausfinden und veranschaulichen. Das Aufwachsen in der deutschen Gesellschaft stellte vielen Kinder der Zweiten Generation eine große Herausforderungen dar. Der Autor der vorliegenden Arbeit möchte seinen persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen mit den Kindern der Zweiten Generation und der Folgegeneration teilen und weitergeben. Die Themenfelder sollen diejenigen ansprechen und erhören, die im Aufwachsen in der deutschen Gesellschaft mit ähnlichen Herausforderungen und Hürden gestellt waren und in der heutigen Zeit sich nach wie vor stellen müssen.
1.2 Problem- und Fragestellung
In der vorliegenden Arbeit wird die Problematik in den Herausforderungen und Hürden von Menschen indischer Herkunft in der deutschen Gesellschaft näher betrachtet. Die Vertiefung der Bachelorarbeit wird in den Auseinandersetzungen der Menschen indischer Herkunft in Hinblick auf Rassismus, Migration und der Zugehörigkeit gesetzt. Der Autor der vorliegenden Arbeit möchte die Herausforderungen und Hürden der Ersten Generation von Menschen indischer Herkunft und den Kindern, die in der deutschen Gesellschaft aufwachsen, an den genannten Aspekten näher beschreiben und darstellen. Unter Berücksichtigung der genannten Aspekte wird in der Arbeit folgenden Fragestellungen nachgegangen:
1. Wie ist die indische Diaspora in Deutschland strukturiert und aufgebaut?
2. Welche Erfahrungen haben Menschen indischer Herkunft in Deutschland in Hinblick auf Migration, Rassismus und Zugehörigkeit gemacht?
3. Welchen Erfahrungen und Erlebnissen, in Hinblick auf Ausgrenzung und Diskriminierung waren Menschen indischer Herkunft ausgesetzt und wie werden diese beschrieben?
4. Welchen Herausforderungen und Hürden in den Bereichen der Schulausbildung, der Öffentlichkeit, oder der beruflichen Karriere müssen sich Menschen der Zweiten Generation und der Folgegeneration stellen?
5. Wie erlebt man in der heutigen Zeit als Mensch indischer Herkunft den alltäglichen Rassismus?
1.3 Zielsetzung der Arbeit
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die diversen Herausforderungen der Menschen indischer Herkunft in der deutschen Gesellschaft mit Hinblick auf Rassismus, Migration und Zugehörigkeit näher zu betrachten und darzustellen. Die Veranschaulichung der Themenfelder in den Vertiefungen, soll durch die subjektive Betrachtung und den persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen des Autors der vorliegenden Arbeit und den Menschen indischer Herkunft in Deutschland veranschaulicht werden. Dabei werden verschiedene Aspekte der Migration, der Erfahrung mit Rassismus und den Fragen der Zugehörigkeit von Migrant_innen indischer Herkunft aufgezeigt um nachzuvollziehen, welche Bedeutung die Auseinandersetzung der Migrant_innen in ihrem Leben gespielt hat und im alltäglichen Leben in Deutschland gegenwärtig noch spielt.
1.4 Gliederung und strukturelle Vorgehensweise
Der Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Veranschaulichung der gegenwärtigen indischen Diaspora ihrem aktuellen Forschungsstand in Deutschland. Die Schwerpunkte werden auf den Herausforderungen der Menschen indischer Herkunft in Hinblick auf Rassismus, Migration und Zugehörigkeit gelegt. Der theoretische Teil wird im ersten Kapitel durch die Beschreibung der indischen Diaspora in Deutschland aufgebaut und als grundlegender Rahmen für die Auseinandersetzungen der Schwerpunkte im zweiten Kapitel gesetzt. Das zweite Kapitel stellt die Auseinander-setzungen in den Schwerpunkten der vorliegenden Arbeit dar. Das zweite Kapitel, die Herausforderungen und Hürden in Deutschland, ist in drei Vertiefungsbereiche aufgeteilt. Das dritte Kapitel beinhaltet das Schlusswort und den persönlichen Fazit des Autors. Die vorliegende Arbeit wird in folgende Kapitel unterteilt:
Im ersten Kapitel wird der gegenwärtige Aufbau und Struktur der indischen Diaspora in Deutschland veranschaulicht. In diesem Kapitel wird der grundlegende Rahmen für die Bearbeitung der Herausforderungen und Hürden in Deutschland der Menschen indischer Herkunft gesetzt. Die Themenbereiche der indischen Diaspora in Deutschland beinhalten unter anderem die historische Entwicklung, die Demografie, die Deutsch-indische Beziehung und die Struktur der indische Community in Deutschland.
Im zweiten Kapitel wird der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit näher betrachtet, welche die Herausforderungen und Hürden der „Ersten Generation“ und „Zweiten Generation“[2] der Menschen indischer Herkunft in Hinblick auf Migration, Rassismus und Zugehörigkeit aufzeigen. Die Themen der Herausforderungen und Hürden werden mit den subjektiven Erfahrungen und Erlebnissen des Autors der vorliegenden Arbeit verglichen und mit den Erfahrungen und Erlebnissen der Menschen indischer Herkunft zusammenführt und veranschaulicht.
Das dritte Kapitel beinhaltet das Schlusswort der vorliegenden Arbeit. Der Schlussteil gliedert sich in den Punkten mit einem Ausblick der Bezugnahme zur Profession der Sozialen Arbeit und dem persönlichen Fazit des Autors. Darauf folgt das Literaturverzeichnis.
2. Die indische Diaspora in Deutschland
Im Folgenden wird die indische Diaspora in verschiedenen strukturellen Ebenen und Bereichen untersucht und dargestellt. Dabei wird die Definition der Diaspora erklärt und in Relation zur indischen Diaspora in der globalen Sicht und in Deutschland dargestellt.
Der Fokus wird auf die in Deutschland lebenden Menschen indischer Herkunft und die Kinder der Zweiten Generation gelegt. Zur Vereinfachung der Bearbeitung der vorliegenden Arbeit werden die Bezeichnungen der indischen Community[3] in Deutschland und die Bezeichnungen der Autor_innen der literarischen Nachweise der vorliegenden Arbeit verwendet. Die Positionierung in den Bezeichnungen und Benennungen der Menschen indischer Herkunft in den folgenden Themen wird durch die subjektive Betrachtung des Autors der vorliegenden Arbeit und der Betrachtung der Autor_innen der literarischen Nachweise ausgewählt. Die Autor_innen beschreiben den Umgang mit den Begriffen und Bezeichnungen wie folgt:
„Dem ‚Kind einen Namen zu geben‘ und uns gegen den Gebrauch von Begriffen wie ‚Migranten‘ oder ‚Diaspora‘ […] zu entscheiden, hat einen Grund. Dieser liegt in der Betonung der Vielfalt von Wegen und Beziehungen, die sich die Menschen [...] ausgesucht haben und noch aussuchen, und die nicht auf einen‚ verfestigten Zustand der Migration‘ zu reduzieren sind, auch wenn dieser sicherlich für alle mehr oder weniger zentral ist. […] Denn hinter den Benennen steckt oft der Versuch der Naturalisierung, also Suggestion bestimmter ‚Essenzen‘ und ‚Charakteristika‘, die das ‚Wesen‘ auszumachen scheinen. Gleichsam werden diese Stereotypisierungen jedoch auch von den Akteuren […] selber angeeignet und verwendet, um sich in eine bestimmte Tradition, ein bestimmtes Verhältnis zu stellen und sich repräsentiert beziehungsweise repräsentativ zu fühlen.“ (Brosius, Goel 2006, S. 11)
Die Bezeichnungen und Begriffe der indischen Community werden im zweiten Kapitel durch Definitionsannäherungen, durch den Autor und den Autor_innen der literarischen Nachweise der vorliegenden Arbeit, näher beschrieben und grob dargestellt (siehe 3. Herausforderungen und Hürden in Deutschland)
2.1 Definition Diaspora
Unter dem Begriff der Diaspora, welches sich aus dem griechischen Verb „diaspeirein“, zerstreuen ableitet, versteht man eine Gruppe von Menschen die sich in einer fremden Welt einer neuen Kultur und Gesellschaft, fern ihrer eigenen Kultur und Gesellschaft und ihres Heimatlandes aufhalten und leben (vgl. Gottschlich 2012, S. 28). Diese Gruppe von Menschen empfindet das neue Gastland als fremd und teilt in ihrer eigenen Gruppe die Erinnerungen, Vorstellungen und Visionen ihres Herkunftslandes beschrieben (vgl. Safran 1991 zit. in Brosius, Goel 2006, S. 53). Menschen dieser Gruppe fühlen sich dabei von der vorherrschenden Gesellschaft im Gastland nicht toleriert und wahrgenommen und beschreiben die Hoffnung der baldigen Rückkehr in die eigene Heimat So wird der Bezug zur eigenen Herkunft und Heimat als das Ideale und Wahre gesehen (vgl. ebenda). Im Folgenden wird in der vorliegenden Arbeit der Begriff der indischen Diaspora unter der Berücksichtigung der Selbstbeschreibung der indischen Community verwendet. Die Selbstbeschreibung durch die Definition der „Diaspora“ wird in wissenschaftlichen Literaturen zur Bezeichnung der Gemeinschaft und der indischen Regierung als offizielle und anerkannte Kategorie verwendet und gebraucht (vgl. Gottschlich 2012, S. 53). Man unterscheidet dabei im Wesentlichen die Bezeichnungen der „Non-Resident Indians“ welche Inder_innen mit indischer Staatsbürgerschaft auszeichnet, die außerhalb ihres Heimatlandes Indiens leben und den indischen Pass besitzen. In der zweiten Kategorie die „Person of Indian Origin“ welche Inder_innen indischer Abstammung beschreiben, die eine andere Staatsbürgerschaft besitzen als der Indischen Staatszugehörigkeit (vgl. ebenda).
2.2 Die Indische Diaspora
Die indische Diaspora hat in der globalen Sicht an großer Bedeutung und Signifikanz gewonnen. Menschen indischer Herkunft ziehen in die Welt hinaus um ein neues Leben anzufangen und sich neuen Herausforderungen und Aufgaben zu stellen. Die Motive der Emigration aus Indien in die globale Landschaft teilen sich in verschiedene Epochen der Geschichte und differenzierte individuelle und kollektive Beweggründe ein. Die Gründe basieren auf diversen Faktoren, wie der politischen, religiösen, wirtschaftlichen und den persönlich definierten Motiven der Emigration. Die Aspekte der Emigration aus Indien werden in den folgenden Kapiteln der vorliegenden Arbeit näher beschrieben und dargestellt. Im Folgenden wird eine grobe Veranschaulichung der indischen Diaspora und ihrer globalen Bedeutung aufgezeigt.
Die Anzahl der Menschen die ausgewandert sind und im Ausland leben beläuft sich aktuell schätzungsweise auf 100 Millionen Menschen (vgl. Punnamparambil 2014, S. 42). Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine eindeutige Summe durch Faktoren wie der Staatsbürgerschaft und dem länderspezifischen Aufenthaltssituation und dem Aufenthaltsstaus in Hinblick auf Arbeitnehmer_innen, Student_innen oder auch temporären Aufenthaltsgenehmigungen nicht definierbar ist. In den Recherchen der Nachweise und Quellen der vorliegenden Arbeit konnten keine offiziellen Angaben zu den im Ausland lebenden Menschen indischer Herkunft erschlossen werden, da verschiedene Literatur- und Quellennachweise unterschiedliche Faktoren berücksichtigen, welche eine exakte Anzahl undefinierbar machen. Unter der Berücksichtigung der Literaturnachweise wird im Folgenden eine grobe Schätzung der im Ausland lebenden Menschen indischer Herkunft dargestellt. In den Vereinigten Staaten von Amerika leben schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen indischer Herkunft (vgl. Punnamparambil 2014, S. 42). Darauf folgen die im Ausland lebenden Inder_innen in Südafrika und Großbritannien mit jeweils 1 Millionen Menschen indischer Herkunft (vgl. ebenda). In den Golfstaaten leben schätzungsweise 2,8 Millionen Menschen indischer Herkunft (vgl. Punnamparambil 2014, S. 43). Die im Ausland lebenden Inder_innen machen auch einen erheblichen Teil der Bevölkerung in diversen Staaten und Inselstaaten aus. Um die 50 % der Bevölkerung des südamerikanischen Staates Surinam, 60 % der malaysianischen Bevölkerung und jeweils 38 % und 36 % von Trinidad und Tobago und Mauritius, entsprechen der indischen Abstammung (vgl. ebenda).
Um eine Gegenüberstellung der unpräzisen Schätzungen der Bevölkerung indischer Abstammung mit den unterschiedlichen Aufenthaltsfaktoren außerhalb Indiens aufzuzeigen, wird im Folgenden eine länderspezifische tabellarische Auflistung der im Ausland lebenden Inder_innen durch die Erhebung des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten veranschaulicht. Die modifizierte Tabelle wird auf 12 Länder und Staaten beschränkt und dient zur Gegenüberstellung und Veranschaulichung der unterschiedlichen Datenerhebungskriterien in den Nachweisen der vorliegenden Arbeit. Die Tabelle stellt einen übersetzten Auszug der Datenerhebung des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten Indiens dar, die unter der Bezeichnung „Population of Overseas Indians“, die im Ausland lebenden Inder_innen verschiedener Länder und Staaten auflistet und folgend tabellarisch darstellt:
Population der im Ausland lebenden Inder_innen
(Population of Overseas Indians – Ministry of External Affairs India)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: in Anlehnung an Ministry of External Affairs India, Government of India, Modifizierte Darstellung, “Population of Overseas Indians”, 2016
Laut der Datenerhebung vom Ministerium für auswärtige Angelegenheiten Indiens leben schätzungsweise 13.008.012 Non-resident Indians, 17.835.407 Person of Indian Origin, außerhalb von Indien die eine Gesamtsumme von 30.843.419 außerhalb lebenden Inder_innen[4] darstellen (vgl. o. V. Ministry for External Affairs, 2016). Die Majorität der im Ausland lebenden Inder_innen befindet sich in den Vereinigten Staaten von Amerika, Saudi Arabien, Malaysia, die Vereinigten Arabischen Emirate, Myanmar und in dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirlands (vgl. ebenda). In Deutschland leben laut der Datenerhebung im Jahr 2016 ca. 76.093 NRIs, 67.029 PIOs und in der Summe 143.122 Overseas Indians (vgl. ebenda).
Der aktuelle Stand der indischen Diaspora in der Bevölkerungszahl in Deutschland ist nicht eindeutig abzuschätzen, da variable Kategorisierungen vom gegenwärtigen Status des Aufenthaltes und der Niederlassung berücksichtigt werden müssen. Eine der Schätzungen vom Statistischen Bundesamt, welche nur indische Staatsangehörige mit Aufenthalt in Deutschland zählt, beläuft sich im Jahr 2011 auf 53.386 Personen indischer Herkunft (vgl. Goel et al. 2012, S. 13). Es ist signifikant zu erwähnen, dass indische Staatsangehörige die in Indien geboren sind, Migrant_innen indischer Herkunft mit differenzierter Staatsangehörigkeit und Kinder von Migrant_innen indischer Herkunft in den Kategorisierungen nicht aufgenommen werden (vgl. ebenda). Dies beruht auf der Begründung, dass Menschen indischer Herkunft in Deutschland oder in Indien geboren sind und in Deutschland leben und in keiner dieser Kategorien definiert werden wollen oder sich bewusst definieren (vgl. ebenda). Die unterschiedlichen Nachweise der Datenerhebung zeigen auf, dass Schätzungen in der Anzahl der im Ausland lebenden Inder_innen oder Menschen indischer Herkunft, variable Erhebungskriterien und Statusfaktoren berücksichtigen. Der aktuelle Stand der Bevölkerungsgröße der indischen Diaspora in Deutschland ist nicht explizit definierbar und kann nur durch Schätzungsangaben beschrieben werden.
2.2.1 Historischer Rückblick
Menschen indischer Herkunft haben unterschiedliche Beweggründe und Motive gehabt, ihre eigene Heimat Indien zu verlassen. In Hinblick auf den Auswanderungsgründen und Motiven der Menschen indischer Herkunft spielen diverse individuelle Faktoren eine signifikante Rolle. Aus der globalen Perspektive befinden sich Menschen indischer Herkunft aufgrund der individuellen historisch fundierten Emigrationsbewegungen in verschiedenen Destinationsländer der Erde. Um die historische Entwicklung der indischen Diaspora in Deutschland näher zu betrachten, wird im Folgenden ein grober Rückblick der historischen Phasen der indischen Emigration dargestellt. Eine ausführliche Darstellung der globalen indischen Diaspora wird nicht aufgezeigt, da diese den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschreiten würde. Im zweiten Kapitel der vorliegenden Arbeit wird der Grundstein der Migration der indischen Diaspora näher betrachtet (siehe 3.2.2 Grundstein der Migration). Die ersten frühen Inder_innen der Emigrationsgeschichte kamen durch verschiedene geographische Wege nach Deutschland. Diese Wege verliefen durch die Routen der afrikanischen Länder, oder durch die Seewege der Länder der Vereinten Arabischen Emirate (vgl. Punnamparambil 2014, S. 46). Sie waren aus wirtschaftlichen Gründen, wie beispielsweise Handel zu betreiben und ihre Routen zu erweitern, oder auch aus religiösen Beweggründen ausgewandert (vgl. ebenda). In Folge der britischen Kolonialzeit kamen eine große Anzahl von Inder_innen als Arbeitskräfte durch den asiatischen und europäischen Raum nach Deutschland, um in den verschiedenen Bereichen der Agrarwirtschaft und der Montanindustrie als kostengünstige Vertragsarbeiter_innen ihren Dienst zu leisten (vgl. ebenda). Die indische Migration nach Deutschland erfolgte in epochalen Phasen und unterschiedlichen Migrationsbewegungen, die im Folgenden chronologisch grob dargestellt werden.
In der ersten Phase der Emigration kamen in der Zeit von 1950 bis 1960 nach Deutschland vorwiegend männliche Praktikant_innen, Student_innen und qualifizierte Berufstätige, um zu studieren und eine neue Arbeitsstelle aufzunehmen (vgl. Goel et al. 2012, S. 13). Die qualifizierten Berufstätigen und Studierenden indischer Herkunft kamen aus der gebildeten Mittelschicht Indiens und nahmen den Weg nach Europa auf, um neue Studienplätze und lukrative Arbeitsstellen zu erhalten (vgl. Goel et al. 2012, S. 14). Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, im geteilten Deutschland zwischen 1957 und 1990, suchten vorwiegend junge männliche Student_innen und Berufstätige einen Praktikumsplatz oder eine Studienplatz in der DDR und BRD (vgl. ebenda). Die jungen Student_innen und Berufstätige kamen aus unterschiedlichsten Regionen Indiens, gehörten verschiedenen Religionsgemeinschaften an und kommunizierten in verschiedenen Sprachen Indiens (vgl. Goel et al. 2012, S. 14). In der zweiten Emigrationsphase in den Jahren 1960 und 1970, konnten indische Krankenschwestern, Krankenschwesterschülerinnen und Ordensschwestern nach Deutschland einreisen. Die Anwerbung in den Bereichen des Gesundheitswesens durch christliche Pflegeheime, Altenwohnheime und Krankenhäuser ermöglichte den jungen Frauen neue Arbeitsstellen. (vgl. Goel et al. 2012, S. 13). Nach der Einarbeitung und Integration in die deutsche Gesellschaft, nahm auch in der dritten Phase der Familiennachzug der in Deutschland lebenden Migrant_innen indischer Herkunft die Reise nach Deutschland auf (vgl. ebenda). Ab 1980 kamen in der vierten Phase die der Religionsgemeinschaft des Sikhismus angehörigen Sikhs aus dem Bundesstaat Punjab nach Deutschland (vgl. ebenda). Die überwiegende Anzahl der emigrierten Inder_innen seit dem Jahr 2000, weisen die in den wirtschaftlichen und technologischen Sektoren tätigen indischen Arbeitnehmer_innen auf (vgl. ebenda). In der fünften Phase der Emigration kamen weiterhin Akademiker_innen, Student_innen und IT-Fachkräfte, die im Ingenieurwesen oder in der Informatikbranche tätig sind nach Deutschland, welche die größte und signifikanteste Zuwanderung der Menschen indischer Herkunft beschreibt. (vgl. ebenda)
2.2.2 Religion und Sprache
Das Land Indien besitzt eine Vielfalt an Sprachen und Dialekte und ist weltweit bekannt in ihrer Fülle an verschiedenen Glaubensrichtungen und Lebensphilosophien. Die diversen Religionsarten und Religionszugehörigkeiten im indischen Subkontinent sind in den regionalen Gebieten und Territorien Indiens unterschiedlich ausgeprägt. Um ein Vergleich der Religionszugehörigkeiten und Sprachen der Menschen indischer Herkunft in Deutschland aufzuzeigen, werden im Folgenden die diversen Religionsarten und Sprachen anhand der indischen Bevölkerung in Indien beschrieben.
Die größte und signifikante Glaubensrichtung Indiens beschreibt der Hinduismus. 80,5 % der indischen Bevölkerungen gehören der Religionsgemeinschaft des Hinduismus an, die in ganz Indien verbreitet ist (vgl. Schulze Palstring 2015, S. 124). Darauf folgt die zweitgrößte Religion Indiens und die zweitgrößte Religion der Welt mit den Angehörigen der Religionsgemeinschaft des Islams. Zum Islam gehören 13,4 % der indischen Bevölkerung und dieser ist konzentriert in den Staaten Jammu und Kashmir, Assam, Westbengalen, Kerala und Uttar Pradesh auffindbar (vgl. ebenda). Zu den Religionen des Christentums und der Religionsgemeinschaft der Sikh-Religion folgen jeweils 2,3 % und 1,9 % der indischen Bevölkerung in Indien. Die Angehörigen des Christentums findet man in den Bundesstaaten Nagaland, Mizoram, Meghalaya, Manipur, Goa und Kerala. Die Angehörigen der Sikh-Religion leben im nordindischen Punjab[5] (vgl. ebenda). Die in Indien gegründete Religion und Lehrtradition des Buddhismus stellt die viertgrößte Weltreligion dar, zu dem 0,8 % der indischen Bevölkerung angehörig fühlen. Die Anhänger_innen des Buddhismus bilden sich aus den burmanischen Stammesvölkern Himalayas und den konvertierten Dalits[6] zusammen, welche in den indischen Bundesstaaten Sikkim, Arunachal Pradesh, Mizoram und Maharasthra konzentriert auffindbar ist (vgl. ebenda). Die letzte in Indien beheimatete Religion ist der Jainismus, deren Anhänger_innen einen Anteil von 0,4 % der indischen Bevölkerung ausmachen. Der Jainismus entstand aus einer Reformationsbewegung des Hinduismus und ist in den Bundesstaaten Maharasthra, Rajasthan, Gujarat, Madhya Pradesh und Karnataka auffindbar (vgl. ebenda). Um die 0,6 % der indischen Bevölkerung gehören sonstigen Religionsarten und Glaubensrichtungen an (vgl. ebenda). Durch die enorme Einreise von Student_innen und Arbeitnehmer_innen der oberen Mittelschicht Indiens, welche auch die kastenhöheren Personen des Kastensystems Indiens ausmachten, gehören die meisten Menschen der indischen Gemeinschaft in Deutschland der hinduistischen Glaubensgemeinschaft an (vgl. Punnamparambil 2014, S. 49). Die Einreise nach Deutschland ermöglichte bessere Karrierechancen und höhere Bildungs- und Qualifikationschancen (vgl. ebenda). Die Mehrheit der Menschen aus dem Bundes-staat Kerala, die vorwiegend weibliche Krankenschwestern und Ordensschwestern repräsentieren, entstammen aus christlichen Großfamilien und christlichen Institutionen der unter Mittelschicht Keralas (vgl. ebenda). Die Pflegekräfte und Ordensschwestern gehören verschiedenen Strömungen der christlichen Kirchen an, die beispielsweise zu den christlich-katholischen Gemeinschaften angehören oder auch zu den christlich-orthodoxen Glaubensgemeinschaften sich hinzuzählen (vgl. ebenda). Das Land Indien und ihre Menschen spiegeln die Vielfältigkeit verschiedener Religionsgemeinschaften und Religionsbewegungen in der indischen Gemeinschaft Deutschland wieder. Demnach befinden sich in der indischen Diaspora eine große Mehrheit an hinduistischen Anhänger_innen, christlichen Glaubensmitgliedern, Sikh-Angehörige und Glaubensanhänger_innen des Islams. Die Mitglieder der indischen Diaspora gehören auch anderen Religionsgemeinschaften an, welche von der Größe und Anzahl durch die unregelmäßige Ein- und Auswanderung nicht definierbar ist (vgl. ebenda).
Die Sprachen die in Deutschland von der indischen Diaspora gesprochen werden, leiten sich von der in Indien regionalspezifischen vorherrschenden Sprachvielfalt ab. Indien ist ein Land der Mehrsprachigkeit, welche in einer großen Anzahl an Sprachen sich in der Diaspora in Deutschland widerspiegelt. Die Amtssprachen Indiens stellen die Sprachen Hindi und Englisch da, welche auch in der indischen Verfassung mit 21 weiteren anerkannten indischen Sprachen verankert sind (vgl. Schulze Palstring 2015, S. 124). Mit etwa 422 Millionen Sprecher_innen ist die Sprache Hindi die meistgesprochene Sprache Indiens und wird von 42,5 % der Inder_innen der indischen Bevölkerung gesprochen (vgl. ebenda). Danach folgen die von der Indischen Bevölkerung gesprochenen Sprachen, Bengali mit 8.4 %, Telugu um die 7,5 %, die Sprache Marathi mit 7,2 % und Tamil und Urdu mit jeweils 6,1 % und 5,2 % (vgl. ebenda). Zu den weiteren gesprochenen Sprachen der indischen Bevölkerung in Indien gehören mit 4,6 % Gujarati, 3,8 % Kannada, jeweils 3,3 % Malayalam und Oriya und die Sprache Punjabi mit 2,9 %. Eine geringe Anzahl der Inder_innen sprechen die Sprachen Assamesisch und Maithili, die jeweils von 1,3 % und 1,2 % der indischen Bevölkerung gesprochen werden (vgl. ebenda). Etwa 2,5 % der indischen Bevölkerung in Indien sprechen sonstige Sprachen (vgl. ebenda).
2.2.3 Bildung und Berufe
Um einen Überblick der verschieden Bildungskategorien und Berufe von Migrant_innen indischer Herkunft zu ermöglichen, wird zunächst eine grobe Darstellung der Qualifikationen und Berufsgruppen aufgezeigt. In der Recherche der vorliegenden Arbeit konnten keine aktuellen Studien und Nachweise zu den Berufspositionen der Menschen der indischen Diaspora gefunden werden. Die Berufspositionen werden an der Emigrationsbewegung der Inder_innen der Ersten Generation grob dargestellt und beschrieben.
Eines der wichtigsten Gründe für Student_innen, Akademiker_innen und Arbeitnehmer_innen das eigene Land Indien zu verlassen, stellte die Möglichkeit der Verbesserung der eigenen Lebensumstände durch eine profitable Arbeit im Ausland und die Erweiterung der Bildung durch höhere Qualifikationen- und Bildungschancen dar (vgl. Punnamparambil 2014, S. 49). Das deutsche Studium und die akademische Qualifikation haben aus internationaler Sicht ein hohes Ansehen, welche den Student_innen einen lukrativen Job in Deutschland, als auch in der Heimat Indien, ermöglicht (vgl. ebenda). Auch nach der Beendigung des Studiums und der Arbeitsstelle in Deutschland, ermöglicht die hoch anerkannte Qualifikation vielen Inder_innen die wieder nach Indien zurückgehen, finanzielle Absicherung und lukrative Berufspositionen im Staatsdienst oder auch in der Industriebranche (vgl. ebenda). Durch die gezielten Ausbildungsformen und Studieninhalte für spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten, arbeiten eine beträchtliche Anzahl von Inder_innen in den Bereichen der Ingenieurbranche, Informatikbranche, Maschinenbau und im Gesundheitswesen. Die „Greencard-Initiative“, die in den Jahren 2000 bis 2004 durch die Bundesregierung beschlossen wurde, kamen 3.926 IT-Fachkräfte nach Deutschland, die in den Sektoren der Informationstechnik eine Arbeitselle in Deutschland gefunden haben (vgl. Schulze Palstring 2015, S. 133). Um die 6.000 Krankenschwester und Pflegehelfer_innen arbeiten in den verschiedenen Bereichen im Gesundheitssektor, die durch die Anwerbung der katholischen Kirche durch den in Deutschland vorherrschenden Pflegenotstand in den 70er Jahren nach Deutschland kamen (vgl. Schulze Palstring 2015, S. 125). Die Krankenschwestern und Pflegehelfer_innen wurden von der katholischen Kirche in Altenheimen, Krankenhäuser und Pflegeheimen eingesetzt (vgl. ebenda) Es gibt auch eine geringe Anzahl an katholischen Priestern aus Indien in Deutschland, die in Pfarreien und seelsorgerischen Einrichtungen tätig sind (vgl. Punnamparambil 2014, S. 49). In Deutschland sind über 70 % der indischen Bevölkerung mit Migrationshintergrund als Angestellte oder Arbeiter_innen beschäftigt (vgl. Schulze Palstring 2015, S. 125).
Die Mehrheit der Menschen mit indischen Migrationshintergrund besitzt über-durchschnittlich hohe Schulabschlüsse, hochqualifizierte und dienstleistungsorientierte Berufsstellen und dem gegenüber der Gesamtbevölkerung Deutschlands kennzeichnenden überdurchschnittlichen Anteil an Hilfsarbeiterkräften in den Bereichen des Gesundheitswesens (vgl. Schulze Palstring 2015e, S. 135). Menschen indischer Herkunft sind unter den Führungskräften, Bürokräften, Bediener_innen von Anlagen und Maschinen und Montageberufen unterdurchschnittlich vertreten und aufzufinden (vgl. ebenda). Die Kinder der Eltern der Ersten Generation die in Deutschland aufgewachsen sind, haben einen akademischen Werdegang und promovierten, oder absolvierten unterschiedliche Ausbildungsformen in Deutschland und sind in verschiedenen Berufszweigen tätig. Zu den exakten Berufspositionen der Kinder der Eltern der Ersten Generation indischer Herkunft sind keine aktuellen Daten und Studien bekannt.
2.2.4 Demografie
Die indische Diaspora in Deutschland hat sich im Laufe der Zeit kontinuierlich verändert und weiterentwickelt. Durch die regionale Verteilung der indischen Gemeinschaften in Deutschland entstanden in Ortschaften und Städten kleine Gemeindegruppen und Vereine, welche die indische Kultur in Deutschland aufrechterhalten. Die demografiesche Verteilung der indischen Community in Deutschland lässt sich nicht exakt definieren, da auch unter anderem Faktoren wie Arbeitsstelle, Familiensitz oder auch der temporärer Aufenthalt für eine signifikante Rolle spielen. Die indische Gemeinschaft besteht aus indischen Staatsbürger_innen und deutschen Staatsbürger_innen indischer Abstammung. Im Jahr 2011 umfasste die gesamte indische Bevölkerung mit indischen Migrationshintergrund die in Deutschland leben um die 68.920 Personen (vgl. Schulze Palstring 2015, S. 128). Der Zensus im Jahr 2011, welcher durch das Statistische Bundesamt durchgeführt wurde, beinhaltete alle Personen mit eigenen Migrationshintergrund, Personen ohne eigene Migrations-hintergrund und auch neu zugewanderte Personen mit Migrationshintergrund (vgl. ebenda). In der Datenerhebung werden demnach auch Menschen indischer Herkunft mit eigener Migrationserfahrung und deutsche Staatsangehörige mit indischer Abstammung berücksichtigt. Dies gilt auch für Menschen indischer Herkunft die in Deutschland geboren wurden (vgl. ebenda).
Die Datenerhebung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund durch den Zensus 2011 sagt aus, dass etwa 64,7 % der Bevölkerung mit indischem Migrationshintergrund eigene Migrationserfahrungen haben (vgl. ebenda). Demnach sind 35,3 % der Menschen indischer Herkunft in Deutschland geboren, die auch mehrheitlich die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Die Kinder der Eltern der Ersten Generation, welche zu den Menschen der Zweiten Generation definiert werden, besitzen demnach in der Mehrheit die deutsche Staatsbürgerschaft (vgl. ebenda). Die Erhebung zeigt auf, dass in der gesamten Population der indischen Diaspora in Deutschland, die männlichen Mitglieder einen höheren Anteil an eigenen Migrationserfahrungen aufweisen, als die weiblichen Mitglieder der indischen Diaspora. Dies begründet auf der Tatsache, dass die verschiedenen Migrationsbewegungen der globale indische Diaspora, vorwiegend männliche Personen indischer Herkunft darstellen (vgl. Schulze Palstring 2015, S. 129). Um einen Vergleich zum aktuellen Stand der indischen Bevölkerung und ihrer Größe zu veranschaulichen, werden im Folgenden die Auswertungen der Ergebnisse des Ausländerregisters für das Jahr 2015 zur Ermittlung der Bevölkerung und der Erwerbstätigkeit der ausländischen Bevölkerung des Statistischen Bundesamtes, durch tabellarisch Auszüge aufgelistet. Die Auszüge sind spezifisch der indischen Staatsangehörigkeit zugeordnet.
Auszug der ausländischen Bevölkerung aus Indien in den Jahren 2014 und 2015 nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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Abbildung 1: Ausländische Bevölkerung 2008 bis 2015 in Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, angelehnt an das Statistische Bundesamt (Hrsg.), 2016
Im Vergleich zwischen den Jahren 2014 und 2015 befanden sich insgesamt 76.093 und im Folgejahr 86.324 indische Staatsangehörige in Deutschland. Dabei ist in beiden Jahren zu erkennen, dass die Anzahl an männlichen indischen Staatsangehörigen in Deutschland höher ist. Diese machen jeweils 49.142 im Jahr 2014 und 55.657 im Jahr 2015 aus. Der Anteil an weiblichen Staatsangehörigen aus Indien ist deutlich geringer und beträgt 26.951 im Jahr 2014 und 30.667 im Jahr 2015.
Auszüge der ausländischen Bevölkerung aus Indien am 31.12.12.015 nach Staatsangehörigkeit und Altersgruppe
Auszug 1: unter 5 bis 20 Jahren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Ausländische Bevölkerung am 31.12.2015 in Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, angelehnt an das Statistische Bundesamt (Hrsg.), 2016
Auszug 2: 20 bis 65 Jahren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Ausländische Bevölkerung am 31.12.2015 in Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, angelehnt an das Statistische Bundesamt (Hrsg.), 2016
Auszug 3: 65 und mehr Jahren
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Ausländische Bevölkerung am 31.12.2015, in Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, angelehnt an das Statistische Bundesamt (Hrsg.), 2016
Aus den Abbildungen ist zu entnehmen, dass eine dominierende Anzahl an männlichen und weiblichen indischen Staatsangehörigen im Alter zwischen 25 bis 35 Jahren und 35 bis 35 Jahren in Deutschland sich aufhalten. In der Bundesrepublik Deutschland befinden sich im Jahr 2015 im Alter von 25 bis 35 Jahren 25.179 männliche und 13.720 weibliche indische Staatsangehörige. Im Alter von 35 bis 45 Jahren 11.709 männliche und 5.975 weibliche Personen mit indischer Staats-angehörigkeit. Die Auswertung stellt dar, das die Altersgruppen von 20 bis 45 Jahren die Majorität der indischen Bevölkerung in Deutschland ausmachen, wobei im Alter von 25 bis 35 Jahren mit insgesamt 38.899 Personen im Vergleich zu den anderen Altersgruppen dominant ausgeprägt ist. So gibt es auch einen abnehmenden Anteil an 45 bis 55 Jährigen von 5.863 Personen und 55 bis 65 Jährigen von 2.794 Personen indischer Staatsangehörigkeit. Zu den älteren Menschen von 65 bis 75 Jahren indischer Staatsangehörigkeit in Deutschland gehören 1.190 Personen im Jahr 2015 an. Ab den 75 Lebensjahren und älter befindet sich im Jahr 2015 nur noch eine verschwindende Zahl von älteren Menschen indischer Staatsangehörigkeit in Deutschland. Eine signifikante große Gruppe von Personen indischer Staats-angehörigkeit zeigen die Kinder im Kleinkindalter bis zur Pubertät auf. Signifikant ist auch die Anzahl der Kleinkinder und Heranwachsende, welche unter 5 bis 10 Jährigen Kindern, eine Gesamtanzahl von 7.665 Personen ausmachen. Ausschlaggebend auch das Alter von 20-25 Jahren mit 9.074 Personen indischer Staatsangehörigkeit im Jahr 2015.
2.2.5 Deutsch-indische Beziehung
Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Indien war die bilaterale Beziehung aus historischer Sicht in diversen Bereichen der Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und der Dichtung stark, kooperativ und freundschaftlich begründet. Im Folgenden wird im groben die historische Entwicklung der deutsch-indischen Beziehung bis zum aktuellen Stand dargestellt.
Das mystische und faszinierende Indien zog viele intellektuelle Persönlichkeiten[7] der Geisteswissenschaften, der Linguistik oder auch der Dichtung aus verschiedenen historischen Epochen an. Die Faszination in den Facetten und Kontrasten Indiens war für zahlreiche Philosophen, Akademiker, Gelehrte und Schriftsteller eine Quelle der Fantasie und Inspiration (vgl. Punnamparambil 2014, S. 190). Das Bild Indiens als „Märchenland“ (Punnamparambil 2014, S. 190) wurde durch Erzählungen und Märchen von Reichtümern, unendlichen Bodenschätzen, Spiritualität, Exotik, monotheistischen Vergötterung und Kulturreichtum in der globalen Sicht stark geprägt (vgl. Punnamparambil 2014, S. 191). So besaß Indien in der Vergangenheit in verschiedenen Epochen der Geschichte ein großes Ansehen von intellektuellen und künstlerischen Persönlichkeiten Deutschlands. Die Faszination der indischen Kultur führte dazu, dass beispielsweise im Jahre 1808 durch die Gebrüder Friedrich und August von Schlegel über die Publikation des Werkes „Über Sprache und Weisheit der Inder“, die „Deutsche Indologie“ gegründet wurde (vgl. Punnamparambil 2014, S. 190).
Ein weiterer Aspekt der deutsch-indischen Beziehung und der Begeisterung über Indien wurde durch das starke Interesse in der Linguistik und Dichtung von bekannten Autoren, Dichtern und Philosophen, wie Bertolt Brecht, Heinrich Heine oder auch Johann Gottfried Herder gefördert und gestärkt (vgl. ebenda). Durch die Erzählung der indischen Dichtung von „Siddhartha“, der die Geschichte von einem jungen Brahmanen der Findung der spirituellen Erleuchtung erzählt, erlangt Hermann Hesse eine hohe Bekanntheit in der deutschen Dichtung und in der deutschen Gesellschaft (vgl. ebenda). Die Begeisterung von Indien wurde weiterhin durch indische Persönlichkeiten, wie den indischen Politiker und Widerstandskämpfer Jawaharlal Nehru oder auch den Anführer der indischen Unabhängigkeitsbewegung Subhash Chandra Bose ausgebaut und verfestigt (vgl. ebenda). Der indische Dichter und Philosoph Rabindranath Tagore, der durch seine Werke in den verschiedenen Bereichen der Kultur, Kunst und Literatur nicht nur Indien faszinierte und inspirierte, stellte eines der größten literarischen und künstlerischen Persönlichkeiten Indiens dar. 1913 erhielt Rabindranath Tagore den Nobelpreis für Literatur und war der erste Nobel-preisträger Asiens (vgl. Punnamparambil 2014, S. 114). Eines seiner musikalischen Meisterwerke begründet die heutige Nationalhymne Indiens (vgl. ebenda). Die wohl möglich bekannteste Persönlichkeit Indiens stellt der Revolutionär und Widerstandskämpfer Mohandas Karamchand Gandhi dar. Der Asket und Pazifist erlangt weltweites Ansehen im Kampf für den Frieden und für seinen gewaltfreien Widerstand gegen die britische Kolonialmacht. Gandhi erntet weltweit großes Ansehen und Respekt und steht für den Willen und die Stärke Indiens. Der durch den indischen Volk gegeben Namen des Widerstandskämpfer „Mahatma Gandhi“, welches große Seele bedeutet, ist in der ganzen Welt bekannt und respektiert (vgl. Punnamparambil 2014, S. 191). Die deutsch-indische Beziehung war demnach durch die Faszination der Kultur, der indischen Traditionen und Riten, religiösen Anschauungen und den historischen Ereignissen in Indien geprägt. Das Interesse der bilateralen Beziehung war nicht nur einseitig aus deutscher Seite begründet, sondern zeigt sich auch in der Begeisterung der Inder_innen in den verschiedenen Bereichen Deutschlands (vgl. ebenda). Die Inder_innen zeigten großes Interesse und Begeisterung in den Aspekten der Leistungen und Errungenschaften des deutschen Volkes, wie beispielsweise in den technologischen Bereichen, den musikalischen Werken und Kompositionen und den philosophischen Denkansätzen deutscher Persönlichkeiten (vgl. ebenda). Der voran-schreitende Fortschritt und die wachsende Wirtschaft in den beiden Ländern durch die Globalisierung und Digitalisierung, erweiterten die Möglichkeiten des Informations-austausches und der Zusammenarbeit zwischen Indien und Deutschland (vgl. ebenda). Dies ermöglichte globales Denken und kooperatives Handeln und förderte die Zusammenarbeit von Unternehmen, Universitäten und Vereinen in der deutsch-indischen Beziehung (vgl. ebenda). Die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Indien wurde durch Kooperationen der indischen Gemeinschaft in Deutschland und der indischen Regierung fortlaufend aufrechterhalten und gestärkt. Die Beteiligung dabei als Partnerland, Sponsor oder Veranstaltungsgeber bildeten weiterhin Grundbausteine und Säulen der deutsch-indischen Beziehung in Deutschland (vgl. ebenda). Einige dieser Beteiligungen zeigt die Zusammenarbeit als Partnerland an der Hannover-Messe 1984, als Schwerpunktland der Buchmesse in Frankfurt im Jahr 1986 und der Zusammenarbeit in der deutschen Industrieschau „TECHNOGERMA“ in Neu-Delhi im Jahre 1990 auf (vgl. Punnamparambil 2014, S. 192).
Eine weitere signifikante Rolle bei der Förderung der deutsch-indischen Beziehung und Zusammenarbeit spielte der im Jahr 1953 in Deutschland gegründete Verein der Deutsch-Indischen Gesellschaft mit dem Hauptsitz in Stuttgart. Die DIG[8] ist eine unabhängige Zivilvereinigung und fördert diverse Aktivitäten, Veranstaltungen und den Austausch beider Länder in der deutsch-indischen Beziehung (vgl. ebenda). Zu den weiteren Aufgabenbereichen der DIG gehören unter anderem die Förderung im Bereich der wissenschaftlichen und akademischen Landeskunde zwischen Deutsch-land und Indien, die Unterstützung und Förderung von indischen Studierenden an deutschen Hochschulen und die Verbesserung der deutsch-indischen Beziehung bei sozialen Projekten in Indien (vgl. ebenda). Die deutsch-indische Beziehung wird weiterhin durch regelmäßige Diskussionen und Veranstaltungen über politische und wirtschaftliche Themen, wie interkulturelle Toleranz und fördernde Jugendarbeit, durch die Mitglieder der Deutsch-Indischen Gesellschaft in Deutschland aufrechterhalten. (vgl. Schulze Palstring 2015, S. 166). Die „Indo-German Chamber of Commerce“ übersetzt die Deutsch-Indische Handelskammer, wurde drei Jahre nach der DIG im Jahr 1956 gegründet. Diese fördert die Entwicklung in den Geschäftsbeziehungen in den Bereichen der Geschäftspartnersuche, Markteintritte und Veranstaltungs-management zwischen Indien und Deutschland. Die IGCC[9] stellt einen signifikanten Knotenpunkt der wirtschaftlichen Informationsübermittlung und der Hilfestellung für die indische Geschäftswelt in Deutschland dar (vgl. ebenda). Die deutsch-indische Handelskammer setzt dabei ihren Fokus auf die Entwicklung und Förderung von Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Indien. Der internationale Informationsaustausch wird durch die Niederlassung der IHK in Düsseldorf und den 17 weiteren Niederlassungen bundesweit gefördert und aufrechterhalten(vgl. ebenda). Diese stehen in starker Verbindung mit den Handelskammern in Mumbai, Delhi, Kolkatta, Chennai, Bangalore, Pune und diversen anderen Knotenpunkten weltweit (vgl. ebenda). Im Jahre 1984 wurde der Dachverband der Malayalee-Vereinigungen der „Union of German Malayalee Associations“ [10] mit dem Sitz in Bonn im Bundesland Nordrhein-Westfalen gegründet. Die Gründung des Vereins diente zur Vernetzung und Förderung der deutsch-indischen Beziehung von Menschen aus Kerala, wie beispielsweise die aus dem Bundesstaat Kerala stammenden indischen Krankenschwestern und den Familiennachzug (vgl. ebenda). Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Indien wird weiterhin auch durch NROs[11], Initiativgruppen, Vereinen und der indischen Botschaft in Berlin gefördert und aufrechterhalten. Die Konsulate in Hamburg, Frankfurt am Main und München unterstützen die Zusammen-arbeit mit Veranstaltungen und Diskussionen und regelmäßigen Treffen der städtespezifischen Diaspora der jeweiligen Bundesländer in Deutschland (vgl. Punnamparambil 2014, S. 192).
2.2.6 Indische Community
Die indische Community repräsentiert den Zusammenhalt und das bundesweite Fundament der indischen Diaspora in Deutschland. Im Folgenden wird der strukturelle Aufbau der indischen Community und ihrer Mitglieder in Deutschland näher betrachtet und dargestellt. Der größte und signifikanteste Verein ist die Deutsch- Indische Gesellschaft , welche 1953 in Stuttgart gegründet wurde. Sie besitzt mehr als 30 Zweigstellen in Deutschland und organisiert und entwickelt für die indische Community diverse religiösen, wirtschaftlichen und politische Veranstaltungen. Die DIG publiziert viermal im Jahr Newsletters und Zeitschriften, welches als wichtige Informationsquelle für die Mitglieder der indischen Community und der deutsch-indischen Beziehung dienen (vgl. Punnamparambil 2014, S. 50). Die Organisationen und Vereine dienen dabei als wichtiges Instrument des Informationsaustausches und der Gemeinde-stärkung. Sie stellen eine Vielfalt an Informationen zur Verfügung und basieren auf das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. Die Vereine und Gruppen helfen bei verschiedenen Problemlagen und Schwierigkeiten in der deutschen Gesellschaft, wie beispielsweise bei bürokratischen Formularen, rechtlichen Angelegenheiten und finanziellen Unterstützungen.
Weiterhin bestehen in Deutschland diverse virtuelle soziale Netzwerke, durch jene die indische Community untereinander in Verbindung steht. Es existieren dabei Netzwerke in den jeweiligen Städten der Bundesländer, die als Orientierungshilfe oder auch als Unterstützungsapparat bei verschiedenen Angelegenheiten der indischen Community dienen und helfen (vgl. Schulze Palstring 2015, S. 166). Diese werden durch soziale Netzwerke wie Facebook und in Form von öffentlichen Blogs betrieben (vgl. ebenda). Die Netzwerke dienen auch für den Austausch von geschäftliche Interessen und internationalen Kontakten für Spezialisten, Fachkräfte und Politiker indischer Herkunft. Die Netzwerke helfen Menschen in der Vorbereitungsphase und der Anfangsphase des Aufenthaltes in Deutschland und bei der Vernetzung der indischen Gemeinschaft mit den in Deutschland lebenden Inder_innen und den Zugereisten (vgl. ebenda). Zu den wichtigsten virtuellen Netzwerken und Informationsplattformen gehören unter anderem „Theindernet“ [12], „connectingindians“ [13], oder auch „germanymantra“ [14], die noch online betrieben werden oder aktuell schon ausgeschaltet sind (vgl. ebenda). Die indische Gemeinschaft unterstützt die Neuankömmlinge bei bürokratischen Angelegenheiten und Regelungen, wie bei Formularen von Versicherungen und Steuererklärungen und bei den Herausforderungen der Sprache und Kultur der deutschen Gesellschaft.
Die indische Community unterteilt sich auch in Untergruppierungen, wie zum Beispiel in Gruppen der religiösen Zugehörigkeit, der indisch-regionalen Herkunft, der Sprache und auch dem beruflichen Status. Demnach gibt es unterschiedliche „indische Communities“ in Deutschland, die nach diesen Aspekten zusammenkommen und in der deutschen Gesellschaft agieren und teilnehmen. Die spezifischen indischen Communities unterteilen sich beispielsweise in hinduistischen, christlichen und muslimischen Gemeinschaften, oder auch in Gemeinschaften der regionalen Herkunft aus Indien. Die Communities der regionalen Herkunft Indiens, bilden sich beispielsweise aus den Gemeinschaften der Menschen aus Rajasthan, Kerala, Tamil Nadu und West Bengalen zusammen. Da Indien die Heimat von diversen Religionen und Kulturen ist, spiegeln sich die Gruppierungen der indischen Community auch in der Bundesrepublik Deutschland wider. Die eigenständigen Gruppen in der Community treffen sich bei regelmäßigen Festen und Veranstaltungen um aktuelle Informationen über Ereignisse in der Politik, Wirtschaft, Kultur und der Familie auszutauschen. Durch die indische Botschaft und Generalkonsulate in Deutschland werden kontinuierlich verschiedene Veranstaltungen und Dienstleistungen für Personengruppen aus Indien organisiert und angeboten. Diese beinhalten Angebote zur Förderung und Gestaltung der indischen Kultur und Tradition, wie Sprach-, Musik- und Tanzunterricht und Veranstaltungen für gesellschaftspolitischen und interkulturellen Austausch zwischen Deutschland und Indien.
In Deutschland werden durch diverse Institutionen und Vereine der indischen Community, kulturelle Rituale und Andachten regelmäßig praktiziert und Feste und Veranstaltungen für verschiedene Anlässe organisiert. Beispielsweise wird durch die hinduistische Gemeinschaft der Sri Nagapooshini Amman Tempel in Frankfurt am Main betrieben. In dieser werden täglich Poojas [15] für die hinduistische Andacht zur Verehrung der Götter von einem Tempelpriester verrichtet (vgl. Brosius, Goel 2006, S. 27). Weiterhin finden jährlich verschiedene Rituale, Feste und Zeremonien statt, die Gläubige aus der ganzen Region zusammenführen, um die eigene Religion und Kultur in Deutschland zu erleben und zu erhalten (vgl. ebenda). Weitere Tempelbauten, religiöse Einrichtungen und Räumlichkeiten befinden sich deutschlandweit in verschiedenen Regionen, wie der hinduistische Sri Kamadchi Ampal Tempel in Uentrop oder auch der Sri Ganesha Hindu Tempel in Berlin. Diese Orte des Treffens und Begegnungen von Personen indischer Abstammung oder auch in Deutschland geborenen Kindern der Zweiten Generation, erschaffen generationsübergreifende Austauschmöglichkeiten von Erfahrungen und Werten und den Erhalt der indischen Wurzeln in der Gesellschaft Deutschlands. Personen der Ersten Generation, die diverse Erfahrungen und Werte der jeweiligen städtespezifischen Kultur und Tradition aus Indien in Deutschland erschaffen, ermöglichen einerseits die Erhaltung der eigenen Kultur und dem Kulturverständnis Indiens, anderseits beschreiben sie für Kinder der Zweiten Generation die Schwierigkeit, der kulturellen Adaption in Deutschland und der eigenen Rekonstruktion in die neue Lebenswelt in der deutschen Gesellschaft. Um die Herausforderungen der Menschen indischer Abstammung und der Folgegenerationen in Deutschland näher zu betrachten, wird im Folgenden die Vertiefung der vorliegenden Arbeit bearbeitet.
3. Herausforderungen und Hürden in Deutschland
In diesem Kapitel der Arbeit werden die Aspekte der Herausforderungen und Hürden in Hinblick auf Rassismus, Migration und Zugehörigkeit näher betrachtet. Die subjektive Betrachtung und Erfahrung des Autors der vorliegenden Arbeit, wird mit den Erfahrungen der Menschen indischer Herkunft und in Deutschland geborene Menschen indischer Abstammung, in den genannten Schwerpunkten gegenüber-gestellt und veranschaulicht. Der Fokus wird gezielt auf Migrant_innen indischer Herkunft der Ersten Generation und der Zweiten Generation der indischen Diaspora in Deutschland gelegt. Der epochale Zeitraum der folgenden Aspekte zu den Themen Rassismus, Migration und Zugehörigkeit wird ab dem Jahr 1950 bis zur gegenwärtigen Zeit gelegt. Eine umfangreichere historische Betrachtung der indischen Diaspora würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschreiten.
Im Folgenden wird die Komplexität der Kategorisierungen, Begriffe, Benennungen und Bezeichnungen der Zugehörigkeit von Menschen indischer Abstammung grob durch einige Beispiele veranschaulicht. Die Begriffe und Bezeichnungen werden von den Mitgliedern der indischen Diaspora genutzt und verwendet. Unter den Selbst-bezeichnungen der indischen Diaspora gehören unter anderem, „Zweite Generation-Inder_innen“, „Inder_innen“, „Deutsch-Inder_innen, „Halb-Inder_innen“, „Indo-german_innen“, sowie „Desis“[16] und diverse andere spezifische Bezeichnungen. Die Bezeichnungen der Community stellen einerseits eine Relation zur indischen Abstammung dar, anderseits den Bezug der Menschen indischer Abstammung, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind und ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben (vgl. Goel et al. 2012, S. 16). Da eine eindeutige, klassifizierende und wissenschaftliche Definition für alle Bezeichnungen nicht gegeben ist, wird eine subjektive Definitionsannäherung durch den Autor der vorliegenden Arbeit und den Definitionen der Autor_innen der literarischen Nachweise der vorliegendem Arbeit, beschrieben und grob durch folgende Beispiele veranschaulicht und dargestellt (vgl. Brosius, Goel 2006, S. 11).
Definitionsannäherung:
Inder_innen: Einwohnerbezeichnung der Menschen in Indien[17]. Die Bezeichnung kann sowohl, die Menschen indischer Herkunft in Deutschland mit dem Status „Person of Indian Origin“, „Non-resident Indian“, oder den Zusatz des „Overseas Citizenship of India“[18] beinhalten, als auch Menschen im Besitz der indischen oder deutschen Staatsangehörigkeit beschreiben. Die Bezeichnung ist nicht in einer alleinstehenden Kategorie und zu einer spezifischen Menschengruppe indischer Herkunft definierbar, da sie als allgemeine Bezeichnung für verschiedene Menschengruppen der Ersten und der Zweiten Generation indischer Abstammung verwendet wird. Der Begriff „Inder_innen“ steht in Relation zum ursprünglichen Bezug zu Indien. Im relativen Sinn kann der Begriff „Inder_innen“ für Menschen mit indische Staatsbürgerschaft angewandt werden, da diese die rechtliche Definition des Begriffs darstellt (vgl. Brosius, Goel 2006, S. 127). Die Bezeichnung „Inder_in“ wird in verschiedener Weise innerhalb der indischen Community und der deutschen Gesellschaft benutzt und angewandt und steht immer im Kontext der individuellen Person, Gruppe oder Gesellschaft (vgl. ebenda).
Migrant_in indischer Abstammung: Person die aus Indien nach Deutschland migriert ist. Die Bezeichnung beschreibt eine Migrant_in[19] und die Abstammung der jeweiligen Person. Die Staatsangehörigkeit und der Aufenthaltsstaus wird durch die Bezeichnung nicht definiert.
Erste Generation: Menschen der Ersten Generation der indischen Diaspora in Deutschland. Diese beinhalten Menschen aus Indien, welche in den Jahren 1950 und 1960 als Studierende, Praktikant_innen und Berufstätige in die Bundesrepublik Deutschland kamen (vgl. Goel et al. 2012, S. 13). Zu den gehören auch die indischen Krankenschwestern aus Kerala[20] aus den 1960er und 1970er Jahren und der Familiennachzug der in der BRD lebenden Migrant_innen aus Indien. Folgend auch die Zuwanderung der Sikhs ab dem Jahr 1980 nach Deutschland (vgl. ebenda). Die Erste Generation beschreibt Menschen indischer Abstammung, die länger als 30 oder 40 Jahre in Deutschland leben und in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben. Sie bilden das Fundament und die Erste Generation der Menschen der indischen Diaspora in Deutschland.
[...]
[1] Die Leerstelle des „Gender_Gap“ soll die schriftsprachliche Darstellung derjenigen Personen-gruppen ermöglichen, die sich den binären Geschlechtergruppen Mann oder Frau nicht zu-ordnen lassen. In der vorliegenden Arbeit dient die Leerstelle als Freiraum für neue Identitäts-konstruktionen jenseits der herkömmlichen Zweigeschlechtlichkeit.
[2] Die Bezeichnungen der „Ersten Generation“ und der „Zweiten Generation“ der Menschen indischer Herkunft werden bewusst zur Differenzierung und dem Verständnis der unter-schiedlichen Generationen in der vorliegenden Arbeit groß geschrieben.
[3] Duden-Online 2017, Gemeinschaft, Gruppe von Menschen, die ein gemeinsames Ziel ver-folgen, gemeinsame Interessen pflegen, sich gemeinsamen Wertvorstellungen verpflichtet fühlen. Der Begriff wird in Bezug auf die indische Community verwendet.
[4] Gesamtsumme der 208 Staaten und Länder der Erhebung: „Population of Overseas Indians“
[5] Punjab wurde nach der indischen Unabhängigkeit im Jahr 1947 in die Provinz „Punjab“
in Pakistan und dem indischen Bundesstaat „Punjab“ aufgeteilt.
[6] Pons-Online 2017, Unberührbaren, Nachfahren der indischen Ureinwohner
[7] Die Aufzählung berücksichtigt bewusst keine weiblichen Persönlichkeiten und andere Geschlechter, da die Anzahl der männlichen Persönlichkeiten und Geisteswissenschaftler in den wissenschaftlichen Bereichen in dieser Zeit dominierte.
[8] DIG, Deutsch- Indische Gesellschaft e.V.
[9] IGCC, Indo-German Chamber of Commerce , Deutsch-Indische Handelskammer
[10] UGMA, Union of German Malayalee Associations, Union der Malayalee Verbände
[11] Duden-Online 2017, NROs, Nichtregierungsorganisationen, in unter-
schiedlichen Politikbereichen tätige nicht staatliche Organisation
[12] Indien Netzwerk e.V. 2000
[13] Webseite nicht mehr verfügbar (05.05.2017)
[14] Jain, Surendra 2010
[15] Pooja, Hinduistische Andacht zur Verehrung der Götter
[16] Desis, Bezeichnung aus der altindische Sprache Sanskrit Desh für “Nation“ oder “Mutterland“
[17] Duden-Online 2017, Inder_in, die Bezeichnung einer Person die in Indien lebt oder indischer Abstammung ist
[18] OCI, Overseas Citizenship of India, Zusatzzertifikat der indischer Herkunft
[19] Duden-Online 2017, jemand, der in ein anderes Land, in eine andere Gegend, an
einen anderen Ort abwandert
[20] Kerala, Bundesstaat in Südwesten von Indien
- Quote paper
- Thobias Pulimoottil (Author), 2017, Die indische Diaspora in Deutschland. Eine Auseinandersetzung mit den Herausforderungen in Hinblick auf Rassismus, Migration und Zugehörigkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/420958
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