Einleitung
Die Commedia dell′arte ist eine Gattung des Theaters, die die Theaterwissenschaft vor besondere Forderungen stellt:
1. Die Commedia dell′arte arbeitet(e) ohne Text – Die Dialoge entstanden in der freien Improvisation.
2. Die Commedia dell′arte ist Körpertheater.
In diesen beiden Punkten ist das klassische Problem der Theaterwissenschaft, es mit einem Gegenstand zu tun zu haben , der nicht schon an sich, sondern erst durch der Übertragung in ein anderes Medium dauerhaft faßbar ist, in seiner deutlichsten Form zu erkennen: Commedia dell′arte treibt das Problem also noch einmal auf die Spitze, „[...] da die Leistungen dieser Kunst Eintagsfliegen waren, so dass selten das Bedürfnis bestand, solche Niederschriften zu machen oder gemachte Niederschriften aufzuheben, da man ferner damit rechnen muß, daß viele Darsteller des Lesens und Schreibens unkundig waren. Geschriebener Text ist nicht nötig, die Bewegungen werden improvisiert.“1
Es liegt also in der Natur der Commedia dell′arte, dass die Quellenlage hier sehr rar ist. Dies betrifft allerdings nicht nur den Inhalt oder den Text der Commedia dell′arte, sondern ebenso bildliche Darstellungen. Gerade in der Anfangszeit existiert kaum Bildmaterial, das sich mit der Commedia dell′arte auseinandersetzt. Hinzu kommt, dass diese Darstellungen nur selten etwas über die Realität dieser Theatergattung aussagen, sondern meist nur als „attributives Element höfischer Selbstdarstellung“2 dienten.
Aus diesem Kontext stechen zwei Quellen besonders heraus: Der Hochzeitbericht von Masimo Trojano, in dem u.a. ein Szenario festgehalten ist. Und die Narrentreppe in der Burg Trausnitz, die ein herausragend reichliches Bildmaterial liefert – und dies eindeutig in szenischem und nicht höfischem Kontext.
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1 Rauhut, S.96. Trotz oder wegen alldem ist Commedia dell′arte in hohem Maße artifiziell; da aber die Kunstfertigkeit immer direkt von Lehrer zu Schüler weitergegeben wurde, bestand auch hier keine Notwendigkeit von schriftlicher Fixierung.
2 Leik, S.250
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Trojanos „Hochzeitsbericht“
2.1. Der Rahmen der geschilderten Aufführung???
2.2. Der Inhalt
3. Die Narrentreppe
3.1 Zur Lage und Architektur der Narrentreppe
3.2. Historischer Kontext
3.3. Die bildnerischen Darstellungen der Narrentreppe
3.3.1. Die Figuren
3.3.2. Das Gesamtwerk
4. Theatergeschichtliche Bedeutung der beiden Quellen
5. Gedanken zur Darstellung des Themas im Medium Film
6. Ausblick
Literatur
1. Einleitung
Die Commedia dell'arte ist eine Gattung des Theaters, die die Theaterwissenschaft vor besondere Forderungen stellt:
1. Die Commedia dell'arte arbeitet(e) ohne Text – Die Dialoge entstanden in der freien Improvisation.
2. Die Commedia dell'arte ist Körpertheater.
In diesen beiden Punkten ist das klassische Problem der Theaterwissenschaft, es mit einem Gegenstand zu tun zu haben , der nicht schon an sich, sondern erst durch der Übertragung in euin anderes Medium duaerhaft faßbar ist, in seiner deutlichsten Form zu erkennen: Commedia dell'arte treibt das Problem also nocheinmal auf die Spitze, „[...] da die Leistungen dieser Kunst Eintagsfliegen waren, so daß selten das Bedürfnis bestand, solche Niederschriften zu machen oder gemachte Niederschriften aufzuheben, da man ferner damit rechnen muß, daß viele Darsteller des Lesens und Schreibens unkundig waren. Geschriebener Text ist nicht nötig, die Bewegungen werden improvisiert.“[1]
Es liegt also in der Natur der Commedia dell'arte, dass die Quellenlage hier sehr rar ist. Dies betrifft allerdings nicht nur den Inhalt oder den Text der Commedia dell'arte, sondern ebenso bildliche Darstellungen. Gerade in der Anfangszeit existiert kaum Bildmaterial, das sich mit der Commedia dell'arte auseinandersetzt. Hinzu kommt, dass diese Darstellungen nur selten etwas über die Realität dieser Theatergattung aussagen, sondern meist nur als „attributives Element höfischer Selbstdarstellung“[2] dienten.
Aus diesem Kontext stechen zwei Quellen besonders heraus: Der Hochzeitbericht von Masimo Trojano, in dem u.a. ein Szenario festgehalten ist. Und die Narrentreppe in der Burg Trausnitz, die ein herausragend reichliches Bildmaterial liefert – und dies eindeutig in szenischem und nicht höfischem Kontext.
Darüber hinaus weisen diese beiden Quellen eine weitere Besonderheit auf: Eine inhaltliche Bezüglichkeit bietet sich besonders an, da sie zeitlich sehr dicht aufeinander entstanden und dabei von einer Persönlichkeit der Zeit, Wilhelm V. von Bayern, in Auftrag gegeben wurden.
Ein letztes Argument, das diese Quellen für diese Arbeit besonders interessant macht, liegt in der Funktion dieser Arbeit, eine filmische Umsetzung der Thematik „Frühe Quellen der Commedia dell'arte“ vorzubereiten: Da der Hochzeitsbericht allein Text und die Narrentreppe allein Bildmaterial liefert, besteht – schließlich wegen ihrer inhaltlichen Verbundenheit – die Möglichkeit, einer gegenseitigen Ergänzung, etwa in der Form, dass zu Bildern der Narrentreppe Textpassagen des Hochzeitsberichts gelesen werden könnten.
Die Arbeit baut sich wie folgt auf: Im zweiten Kapitel wird die ältere der beiden Hauptquellen beschrieben, nämlich der Hochzeitsbericht von 1568. Es wird versucht hier einen ersten Überblick zu schaffen. Ähnlich wird im dritten Kapitel bezüglich der Narrentreppe verfahren.
Das vierte Kapitel sucht nach Erkenntnismöglichkeiten, die die Theatergeschichte aus diesen beiden Quellen zieht bzw. ziehen kann; gleichzeitig werden hier erste Ideen für das folgende Kapitel entstehen.
Das fünfte und letzte Kapitel sucht nach ersten Impulsen für eine filmische Realisierung der Thematik. Ohne schon ein Szenario zu entwerfen, soll erkundet werden, welche inhaltlichen Möglichkeiten sich aus dieser Arbeit und darüber hinaus ergeben.
2. Trojanos „Hochzeitsbericht“
„Abends wurde in Anwesenheit der erlauchtesten Damen eine Stegreifkomödie all’italiana gezeigt; und wenn die meisten von ihnen auch nicht verstanden, was gesprochen wurde, war die Komödie doch so hervorragend gespielt und die Rolle des Venezianers Magnifico von Messer Olando di Lasso so zierlich dargestellt, ebenso auch die Rolle seines Zanni, daß alle Anwesenden sich buchstäblich vor Lachen wälzten.“[3]
Der Hochzeitsbericht wurde von Massimo Trojano – Musiker und Dichter am Hofe Wilhelm V. verfasst. Er berichtet von der Aufführung einer „Commedia all’improviso all’Italiana“[4] während der Hochzeitsfeierlichkeiten des späteren Herzog Wilhelm V. von Bayern mit Renate von Lothringen im Jahr 1568.
Trojano hat ihn in Dialogform verfasst, gehalten von zwei wahrscheinlich fiktionalen Männern, deren Bedeutung nicht weiter nachgegangen werden muss.
Dieser Dialog enthält zwei theatergeschichtlich bedeutsame Teile:
- Beschreibungen und Aussagen rund um die Aufführung
- Ein Szenario des gespielten Stückes (im weiteren „Hochzeitskomödie“ genannt).
2.1. Der Rahmen der geschilderten Aufführung
Die Vorbereitung der Kommödie haben nicht mehr als einen Tag gedauert: Am Vorabend des 22.2.1568 beauftragte Wilhelm den Orlando di Lasso mit der Aufführung einer Kommödie. Trojano selbst scheint ihn bei den Vorbereitungen unterstützt zu haben.
Auch als Schauspieler wirkten beide in der Kommödie mit; Di Lasso als Pantalone und Trojano in drei Rollen als Bauer (Vortrag des Prologs), Polidoro (Liebhaber) und Spanischer Edelmann (Capitano); insgesamt spielten sieben männliche Schauspieler acht männliche und zwei weibliche Figuren.[5]
Die Vorstellung unterteilt sich in drei Akte und dauerte etwa drei Stunden.[6] Untergliedert wurde das Spiel von musikalischen Einlagen.[7]
[...]
[1] Rauhut, S.96. Trotz oder wegen alldem ist Commedia dell'arte in hohem Maße artifiziell; da aber die Kunstfertigkeit immer direkt von Lehrer zu Schüler weitergegeben wurde, bestand auch hier keine Notwendigkeit von schriftlicher Fixierung.
[2] Leik, S.250
[3] Trojano in Esrig 1985, S.27
[4] Mehnert, S.10
[5] Rauhut, S.97
[6] Esrig 1988, S.35; allerdings belegt Esrig nicht, wie er zu der Annahme über die Dauer der Vorstellung kommt.
[7] Genaueres zur Musik: Rauhut, S.105
- Citation du texte
- Jörn Killinger (Auteur), 2005, Frühe Quellen der Commedia dell'arte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41966
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