Das Thesenpapier formuliert Thesen über die moderne Kulturkritik in Rousseaus zweitem Diskurs
1. Teil des Diskurses: Rekonstruktion des Naturzustandes
2. Teil: Entwurf der Geschichte des Kulturprozesses, in der „das Recht an die Stelle der Gewalt trat und damit die Natur dem Gesetz unterworfen wurde“.
Rousseau beansprucht keinen Wahrheitsgehalt, sondern macht „hypothetische und bedingte Überlegungen“ über den Naturzustand und den Ursprung der menschlichen Ungleichheiten, indem er religiös begründete Ungleichheit und vage evolutionsbiologischen Kenntnisse seiner Zeit ignoriert.
Die Motivation seine Abhandlung zu schreiben, sei die Suche nach Antworten auf ihm gestellte Fragen sowie die Ausübung von Kritik an realen gegenwärtigen Ungerechtigkeiten.
Definition des Naturmenschen= Mensch ohne „übernatürliche[...] Gaben“ und „künstliche[...] Fähigkeiten“3; „vorteilhafteste[...] ausgestattet[e]“ Tier, weil er sich den Tieren eigentümliche Instinkte aneignete
Literarische Formen der Kultur- und Modernekritik (Modul 7) WiSe 16/17
03.11.2016
Referenten: Alexandra-Maria Romanovna Priesterath
Der Urahne der modernen Kulturkritik und die Imagination des rousseauschen Naturzustands in seinem zweiten Diskurs
1. Teil des Diskurses: Rekonstruktion des Naturzustandes
2. Teil: Entwurf der Geschichte des Kulturprozesses, in der „das Recht an die Stelle der Gewalt trat und damit die Natur dem Gesetz unterworfen wurde“.[1]
Rousseau beansprucht keinen Wahrheitsgehalt, sondern macht „hypothetische und bedingte Überlegungen“[2] über den Naturzustand und den Ursprung der menschlichen Ungleichheiten, indem er religiös begründete Ungleichheit und vage evolutionsbiologischen Kenntnisse seiner Zeit ignoriert.
Die Motivation seine Abhandlung zu schreiben, sei die Suche nach Antworten auf ihm gestellte Fragen sowie die Ausübung von Kritik an realen gegenwärtigen Ungerechtigkeiten.[3]
Definition des Naturmenschen= Mensch ohne „übernatürliche[...] Gaben“[4] und „künstliche[...] Fähigkeiten“3; „vorteilhafteste[...] ausgestattet[e]“[5] Tier, weil er sich den Tieren eigentümliche Instinkte aneignete
Gattungsunterscheidend zu den Tieren haben Menschen erstens Handlungsfreiheit, d.h. Abweichung von den natürlichen Instinkten: „Der Wille [spricht noch], wenn sie Natur schweigt.“[6] Zweitens besitzt der Mensch die „ Fähigkeit, sich zu vervollkommnen “[7], die die „Quelle allen Unglücks“[8] sei und ihn zum „Tyrannen seiner selbst und der Natur“[7] mache. [9] [10] [11] [12] [13]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Rousseau nimmt eine unwahrscheinliche Notwendigkeit der Veränderung zur zivilisierten Welt durch Umweltveränderungen an.
Er unterscheidet zwei Arten von Ungleichheit[14]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigentum sei willkürlich im kollektiven Einverständnis festgelegt und deshalb illegitim.[15] Es gebe kein Unrecht, wo es kein Eigentum gibt. Die Zerstörung des Gleichgewichts zwischen den Erträgen der Arbeit, habe die natürliche Ungleichheit etabliert.[16]
Regierungen sowie Rechtssysteme werden abgelehnt, weil sie nur neue Machtstrukturen produzierten und die natürliche Freiheit zerstörten. Alle Legitimationsmodelle werden abgelehnt (Eroberungsrecht, natürliche Akzeptanz des Rechts des Stärkeren, väterliche Autorität, religiös-motivierte Unterdrückung).[17]
Der vermeintliche Fortschritt sei in Wirklichkeit der Verfall der menschlichen Gattung.[18] Der Ackerbau und die Metallbearbeitung werden von Rousseau als die bedeutendsten Erfindungen für den irreversiblen Zivilisationsprozess angesehen.[19]
Rousseau versteht die Gleichheit-Ungleichheit-Beziehung als einen natürlichen zirkulären Prozess: Die letzte Stufe der Ungleichheit sei die zukünftige unglückliche Gleichheit durch das alleinige Recht des Stärkeren. So wie Gewalt den zivilisierten Zustand etablierte, stellt Gewalt die natürliche Ordnung wieder her. Naturzustand I unterscheide sich vom Naturzustand II allein durch die Reinheit des ersteren. Der Naturzustand II sei das Ergebnis eines „Unmaßes an Verderbnis“.[20]
Fazit: „[D]ie Ungleichheit, die im Naturzustand fast gleich Null ist, [bezieht] ihre Kraft und ihr Wachstum aus der Entwicklung unserer Fähigkeiten und den Fortschritten des menschlichen Geistes und [wird] schließlich durch die Einführung des Eigentums und der Gesetzes dauerhaft und rechtmäßig.“[21]
[...]
[1] Jean-Jacques Rousseau [1755]: Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen. Übersetzt und hrsg. v. Philipp Rippel. Stuttgart 1998, S. 31-46 u. 74-93 u. 110-114, hier S. 32.
[2] ebd., S. 33.
[3] vgl. Durand: Politische Begriffe, S. 42f.
[4] Rousseau: Ungleichheit, S. 35.
[5] ebd., S. 36.
[6] ebd., S. 44.
[7] ebd., S. 45.
[8] ebd., S. 46.
[9] ebd., S. 76.
[10] vgl. Béatrice Durand: Politische Grundbegriffe: die Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen und die Abhandlung über die politische Ökonomie. In: Grundwissen Philosophie. Rousseau. Hrsg. v. Béatrice Durand. Stuttgart 2007, S. 31-47, hier S. 34.
[11] vgl. ebd., S. 37.
[12] vgl. ebd., S. 86.
[13] Rousseau: Ungleichheit, S. 40.
[14] vgl. ebd., S. 31.
[15] vgl. ebd. S. 74.
[16] vgl. ebd., S. 87-90.
[17] vgl. Durand: Politische Grundbegriffe, S. 40f.
[18] vgl. Rousseau:Ungleichheit, S. 83.
[19] vgl. ebd., S. 84ff.
[20] ebd., S. 110.
[21] ebd., S. 113.
- Citation du texte
- Alexandra Priesterath (Auteur), 2016, Der Urahne der modernen Kulturkritik und die Imagination des rousseauschen Naturzustands in seinem zweiten Diskurs, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/418940
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