Das Hauptziel dieser Arbeit ist es, die mit der Umstellung auf IFRS 16 verbundenen Auswirkungen auf Leasingnehmer aufzuzeigen, analysieren und kritisch zu würdigen – mit Fokus auf europäischen Einzelhandelsunternehmen. In diesem Zusammenhang gibt es einige Unterziele.
Es soll erörtert werden, ob die Einführung des IFRS 16 die Schwächen des IAS 17 beseitigen kann. Dabei gilt es insbesondere herauszufinden, inwieweit eine möglichst vollständige bilanzielle Darstellung der Leasingverhältnisse stattfindet und wie Ausnahmeregelungen dem entgegenstehen. Es soll ermittelt werden wie sich Positionen des Jahresabschlusses aufgrund der Umstellung verändern. Hierbei gilt es herauszufinden und zu diskutieren was die Gründe für die Änderungen sind, wie diese zu beurteilen sind und welche Folgen für Unternehmen dadurch entstehen. Es soll verglichen werden ob die Ergebnisse der Studie sich mit theoretischen Erkenntnissen und anderen Studien decken und welche Gründe mögliche Abweichungen haben können. Es sollen organisatorische Herausforderungen aufgezeigt und entsprechende Handlungsempfehlungen geben werden.
Im Januar 2016 veröffentlichte das IASB mit dem IFRS 16 eine neue Rechnungslegungsvorschrift zur Leasingbilanzierung, welche den seit 30 Jahren angewendeten Standard IAS 17 für Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2019 ersetzen wird.
Auf ca. 3,3 Billionen US-Dollar schätzt das IASB die Leasingverpflichtungen der nach IFRS oder US-GAAP bilanzierenden Unternehmen – weniger als 15% hiervon sind in den Bilanzen der Unternehmen zu finden. Angesichts dessen scheint es wenig verwunderlich, dass die bisherige Behandlung von Leasingverhältnissen nach IAS 17 in der Fachwelt zur Diskussion steht. Im Zentrum der Kritik steht hierbei der sogenannte „all-or-nothing-approach“. Weiter wird die mangelnde Transparenz operativer Leasingverhältnisse und die Missachtungen von Bilanzierungsgrundsätzen beklagt.
Reformvorschläge zum IAS 17 gibt es aufgrund dieser Kritik schon lange.
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnisse
Abkürzungsverzeichnis
Symbol
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Stand der Forschung
1.3 Ziel der Arbeit
1.4 Aufbau der Arbeit
2 Leasingverhältnisse nach IAS
2.1 Anwendungsbereich
2.2 Klassifizierung
2.3 Ansatz und Bewertung von Finanzierungs-Leasingverhältnissen
2.4 Operating-Leasingverhältnisse
2.5 Kritische Würdigung des IAS
3 Leasingverhältnisse nach IFRS
3.1 Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS
3.1.1 Ersetzende Standards
3.1.2 Anwendungsbereich
3.1.3 Ansatzwahlrechte
3.1.4 Identifizierung eines Leasingverhältnisses
3.1.5 Ansatz- und Bewertungsvorschriften
3.1.6 Sale-and-Leaseback-Transaktionen
3.2 Auswirkung der Umstellung auf IFRS
3.2.1 Auswirkung auf den Jahresabschluss
3.2.2 Auswirkung auf Kennzahlen
3.2.3 Weitere Auswirkungen und Handlungsempfehlungen
3.3 Kritische Würdigung des IFRS
4 Auswirkungen auf Einzelhandelsunternehmen in Europa
4.1 Untersuchungsdesign
4.2 Vorstellung der Unternehmen
4.3 Informationen zu Leasingverhältnissen
4.3.1 Carrefour
4.3.2 Tesco
4.3.3 Metro
4.3.4 Auchan
4.4 Neudarstellung wesentlicher Jahresabschlusspositionen und Kennzahlen
4.4.1 Carrefour
4.4.2 Tesco
4.4.3 Metro
4.4.4 Auchan
4.5 Analyse der Ergebnisse
4.6 Kritische Würdigung der Untersuchung
5 Thesenförmige Zusammenfassung
6 Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Prozentualer Anteil der Unternehmen mit außerbilanziellen Leasingverhältnissen im Jahresabschluss 3
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Außerbilanzielle Leasingverhältnisse nach Branchen
Tabelle 2: Empirische Studien zu Bilanzierungs- und Ergebniswirkungen operativer Leasingverhältnisse
Tabelle 3 Kapitalflussrechnung nach IAS 17 und IFRS 16 im Vergleich
Tabelle 4 Auswirkung des IFRS 16 auf EBITDA und Umsatzrendite
Tabelle 5 Auswirkungen von IFRS auf Kennzahlen
Tabelle 6 Größte Einzelhandelsunternehmen in Europa
Tabelle 7 Übersicht wesentlicher Daten aus dem Jahresabschluss 2016
Tabelle 8 Operating-Leasingverhältnisse Carrefour
Tabelle 9 Übersicht Leasingverhältnisse Tesco
Tabelle 10 Leasingverhältnisse Metro
Tabelle 11 Leasingverhältnisse bei Auchan
Tabelle 12 Übersicht Neudarstellung nach IFRS 16 Carrefour
Tabelle 13 Übersicht Neudarstellung nach IFRS 16 Tesco
Tabelle 14 Übersicht Neudarstellung nach IFRS 16 Metro
Tabelle 15 Übersicht Neudarstellung IFRS 16 Auchan
Tabelle 16 Vergleich Operating-Leasingverhältnisse
Tabelle 17 Übersicht der Veränderungen durch die Umstellung nach IFRS 16
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Im Januar 2016 veröffentlichte das IASB mit dem IFRS 16 eine neue Rechnungslegungsvorschrift zur Leasingbilanzierung, welche den seit 30 Jahren angewendeten Standard IAS 17 für Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2019 ersetzen wird.
Auf ca. 3,3 Billionen US-Dollar schätzt das IASB die Leasingverpflichtungen der nach IFRS oder US-GAAP bilanzierenden Unternehmen – weniger als 15% hiervon sind in den Bilanzen der Unternehmen zu finden.1 Angesichts dessen scheint es wenig verwunderlich, dass die bisherige Behandlung von Leasingverhältnissen nach IAS 17 in der Fachwelt zur Diskussion steht. Im Zentrum der Kritik steht hierbei der sogenannte „all-or-nothing-approach“. Hierunter versteht man, dass als Finanzierungsleasing klassifizierte Leasingverhältnisse voll in die Bilanz aufgenommen werden während Leasingverhältnisse welche als operatives Leasing klassifiziert werden überhaupt nicht in der Bilanz erfasst werden. In diesem Zusammenhang werden speziell die Ermessensspielräume des IAS 17 als zu groß empfunden. Weiter wird die mangelnde Transparenz operativer Leasingverhältnisse und die Missachtungen von Bilanzierungsgrundsätzen beklagt.2 Reformvorschläge zum IAS 17 gibt es aufgrund dieser Kritik schon lange. 1996 veröffentlichte die G4+1-Gruppe, ein Zusammenschluss verschiedener Standardsetzungsgremien, das nach dem Hauptautor benannte McGregor-Papier, welches eine Diskussionsgrundlage zu einer möglichen Neuregelung der Leasingbilanzierung darstellen sollte.3
2003 legte das IASB das Leasingprojekt in Kooperation mit dem ASB4 als langfristiges Forschungsprojekt an. Parallel zum Bestreben des IASB erkannte auch das FASB5, u.a. aufgrund einer Forderung der SEC6, die Notwendigkeit einer Reform der Leasingbilanzierung. 2006 kam die Leasingreform schließlich als Konvergenzprojekt des IASB und des FASB auf deren aktive Agenda und 2009 wurde ein erstes Diskussionspapier veröffentlicht, in welchem der right-of-use-approach dargestellt wird. 2010 wurde ein weiterer Standardentwurf veröffentlicht, der u.a. aufgrund neuer Ermessensspielräume und erhöhter Bilanzierungskomplexität in der Kritik stand. Im drei Jahre später veröffentlichten ED 2013 wurden die Kritikpunkte teilweise adressiert. Zu einer einheitlichen Regelung von IASB und FASB kam es zwar nicht, am Ziel der Reform der Leasingbilanzierung hielten jedoch beide fest. Ohne weitere Entwurfsfassungen beendete das IASB 2016 mit der Veröffentlichung des IFRS 16 den zehnjährigen Entstehungsprozess des neuen Leasingstandards.7 Mit der Veröffentlichung des Standards im EU-Amtsblatt durch die Europäische Kommission am neunten November 2017 ist auch das Indossierungsverfahren abgeschlossen und der IFRS 16 wird damit offiziell geltendes EU-Recht.8
Tabelle 1: Außerbilanzielle Leasingverhältnisse nach Branchen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an IASB(2016b) S.16
Tabelle 1 zeigt welchen Anteil die Barwerte zukünftiger außerbilanzieller Leasingverpflichtungen am Gesamtvermögen von Unternehmen verschiedener Branchen haben. Die Daten sind einer Studie des IASB, der sog. Effects Analysis, entnommen welche nach IFRS oder US-GAAP bilanzierende börsennotierte Unternehmen weltweit untersucht hat. Der Einzelhandel weist hierbei mit einem Anteil von 21,4% nach der Luftfahrt den zweithöchsten Wert auf.
Abbildung 1: Unternehmen mit außerbilanziellen Leasingverhältnissen nach Regionen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an IASB(2016b) S.16
Abbildung 1 zeigt den Anteil der Unternehmen, welche außerbilanzielle Leasingverhältnisse in ihrem Jahresabschluss angeben. In Europa hat demnach fast jedes zweite Unternehmen außerbilanzielle Leasingverpflichtungen im Anhang angegeben. Die Daten sind wie auch bei Tabelle 1 der Effects Analysis des IASB entnommen und basieren auf nach IFRS oder US-GAAP bilanzierenden Unternehmen. Die Gesamtsummer der Barwerte zukünftiger Leasingverpflichtungen der hierbei untersuchten Unternehmen beträgt 2,18 Billionen USD.9
Die Darstellungen in Tabelle 1 und Abbildung 1 bezeugen die hohe Bedeutung der Umstellung auf IFRS 16 für europäische Einzelhandelsunternehmen.
1.2 Stand der Forschung
Tabelle 2: Empirische Studien zu Bilanzierungs- und Ergebniswirkungen operativer Leasingverhältnisse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an Fülbier, Fehr (2013) S. 228-236
Tabelle 2 stellt eine Übersicht von empirischen Studien zur Leasingbilanzierung dar. Die Übersicht beinhaltet ausschließlich Simulationsstudien mit einer Forschungsfrage zu Bilanz- und Ergebniswirkungen von operativen Leasingverhältnissen beim Leasingnehmer, welche im Zeitraum von 2007 bis 2011 veröffentlicht wurden. Alle in Tabelle 3 genannten Simulationen sind nach dem Modell der „constructive capitalization“ aufgebaut, bei welchem operative Leasingverhältnisse nach den Regeln des Finanzierungsleasings behandelt werden.10 Die dargestellten Forschungserkenntnisse weisen weitestgehend keine Widersprüche auf. Fast alle genannten Autoren kommen zur Erkenntnis, dass eine bilanzielle Berücksichtigung von operativen Leasingverhältnissen sich wesentlich auf Bilanzstrukturkennzahlen auswirkt (u.a.; Kilpatrick, Wilburn; Pferdehirt; Fülbier; Beckman, Jervis), lediglich bei einer Studie wird dies nur als teilweise wesentlich bezeichnet (Griesberg, Vöglte). Insbesondere die Auswirkungen auf den Verschuldungsgrad werden von einigen Autoren genannt (Grossman, Grossman; Griesberg, Vögtle; Lückerath-Rovers, de Bos). Einigkeit besteht auch darin, dass die Auswirkungen auf Kapitalrentabilitätskennzahlen nur gering sind (u.a. Fülbier; Pferdehirt; Beckman, Jervis) bzw. dass es keine Auswirkungen auf diese gibt (Mulford, Gram; Lückerath-Rovers, de Bos).
Als besonders betroffene Branchen werden Einzelhandel (Pferdehirt; Fülbier; Bryan), Dienstleistung (Pferdehirt, Bryan), Mode (Fülbier) und Transport (Bryan) genannt – dies steht weitgehend in Einklang mit der in Kapitel 1.1 erwähnten Effects Analysis des IASB. Branchenspezifische Studien gibt es hierbei zum Einzelhandel von US-Unternehmen (Mulford, Gram) sowie zu US-Bauunternehmen (Beckman, Jervis).
Darüber hinaus gibt es zu dieser Thematik auch aktueller Studien. Da eine lückenlose Darstellung wohl kaum möglich ist, sollten nachfolgend genannte Studien lediglich als Beispiele dienen. Neben der bereits erwähnten Effects Analysis des IASB sind die Auswirkungen des IFRS 16 Gegenstand einiger weiterer branchen- und regionenübergreifender Studien mit hoher Stichprobengröße, wie z.B. von Deloitte und Europe Economics.11 Stockinger untersuchte 2015 Unternehmen des ATX und des DAX Unternehmen hinsichtlich potenzieller Auswirkungen der Reform der Leasingbilanzierung ohne sich dabei auf eine Branche zu fokussieren.12 Regionen- und Branchenspezifische Studien über die Auswirkungen der IFRS 16 Umstellung gibt es z.B. im Bereich der Luftfahrtindustrie (mit regionalem Fokus auf Europa13 und der Türkei14 ), des Einzelhandels in der Türkei15 oder über Konstruktionsunternehmen in Finnland16.
Nach bestem Wissen konnte keine Studie zu den Auswirkungen der Umstellung des IFRS 16 mit einer Fokussierung auf den Einzelhandel in Europa gefunden werden – Grund genug sich dieser Forschungslücke anzunehmen.
1.3 Ziel der Arbeit
Das Hauptziel dieser Arbeit ist es, die mit der Umstellung auf IFRS 16 verbundenen Auswirkungen auf Leasingnehmer aufzuzeigen, analysieren und kritisch zu Würdigen – mit Fokus auf europäischen Einzelhandelsunternehmen. In diesem Zusammenhang gibt es einige Unterziele.
Es soll erörtert werden, ob die Einführung des IFRS 16 die Schwächen des IAS 17 beseitigen kann. Dabei gilt es insbesondere herauszufinden, inwieweit eine möglichst vollständige bilanzielle Darstellung der Leasingverhältnisse stattfindet und wie Ausnahmeregelungen dem entgegenstehen.
Es soll ermittelt werden wie sich Positionen des Jahresabschlusses aufgrund der Umstellung verändern. Hierbei gilt es herauszufinden und zu diskutieren was die Gründe für die Änderungen sind, wie diese zu beurteilen sind und welche Folgen für Unternehmen dadurch entstehen.
Es soll verglichen werden ob die Ergebnisse der Studie sich mit theoretischen Erkenntnissen und anderen Studien decken und welche Gründe mögliche Abweichungen haben können.
Es sollen organisatorische Herausforderungen aufgezeigt und entsprechende Handlungsempfehlungen geben werden.
1.4 Aufbau der Arbeit
Zu Beginn der Arbeit wird kurz auf die bisherige Behandlung von Leasingverhältnissen nach IAS 17 eingegangen, damit später die Unterschiede zum neuen Standard deutlich werden können. Anschließend wird die Bilanzierung nach IFRS 16 erläutert und die erwarteten Auswirkungen auf Basis von theoretischen Erkenntnissen und den Ergebnissen anderer Studien dargelegt. Hierbei werden auch Auswirkungen administrativer und organisatorischer Art thematisiert und Handlungsempfehlungen für Unternehmen gegeben. Der Standard wir dabei auch kritisch gewürdigt, hierbei werden insbesondere die Unterschiede zur Vorgängerregelung thematisiert. Den Schwerpunkt der Arbeit stellt die Simulation der IFRS 16 Umstellung am Beispiel von vier der bedeutendsten Einzelhandelsunternehmen in Europa dar. Die Ergebnisse der Studie werden anschließend analysiert und kritisch gewürdigt
Im letzten Teil der Arbeit wird im Rahmen einer thesenförmigen Zusammenfassung abschließend ein Fazit gezogen. Die Behandlung von Leasingverhältnissen beim Leasingnehmer sowie die Auswirkungen auf die Kapitalflussrechnung werden in dieser Arbeit nur eine untergeordnete Rolle haben, da diese kaum vom neuen Standard beeinträchtigt werden. In der Studie werden diese Auswirkungen nicht behandelt.
2 Leasingverhältnisse nach IAS 17
2.1 Anwendungsbereich
Der IAS 17 ist grundsätzlich auf alle Leasingverhältnisse anzuwenden. Ausgenommen sind Lizenzvereinbarungen sowie Leasingverhältnisse in Bezug auf die Verarbeitung und Entdeckung von Mineralien, Öl, Erdgas und ähnlicher nicht regenerativer Ressourcen. Auf folgende Leasingverhältnisse ist der Standard nicht als Bewertungsgrundlage anzuwenden:
- auf vom Leasingnehmer als Finanzinvestition gehaltene Immobilien, welche vom Leasinggeber im Rahmen eines Operating-Leasingverhältnisses gehalten werden,
- auf vom Leasingnehmer gehaltene Immobilien die als Finanzinvestition bilanziert werden und
- auf biologische Vermögenswerte nach IAS 41, welche vom Leasingnehmer in Form eines Finanzierungs-Leasingverhältnisses gehalten oder vom Leasinggeber in Form eines Operating-Leasingverhältnisses vermietet werden.17
2.2 Klassifizierung
Die Voraussetzung zur Klassifizierung eines Leasingverhältnisses als Finanzierungs-Leasingverhältnis ist die Übertragung der Chancen und Risiken („Risk-and-Reward“-Ansatz), welche wesentlich mit dem Eigentum verbundenen sind. Erfolgt keine Übertragung der Chancen und Risiken ist ein Leasingverhältnis als Operating-Leasingverhältnis einzustufen.18 Nachfolgen sind Beispiele und Indikatoren für Situationen aufgelistet, die für gewöhnlich zu einer Klassifizierung als Finanzierungs-Leasingverhältnis führen können:
- Es erfolgt eine Eigentumsübertragung des Vermögenswerts auf den Leasingnehmer am Ende der Laufzeit.
- Der Leasingnehmer verfügt über eine Kaufoption auf den Vermögenswert, welche zum Ausübungszeitpunkt deutlich niedriger ist als der beizulegende Zeitwert des Vermögenswerts.
- Die Laufzeit des Leasingverhältnisses umfasst den überwiegenden Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer.
- Der Barwert der Mindestleasingzahlungen entspricht min. dem beizulegenden Zeitwert des Leasinggegenstandes.
- Es liegt eine spezielle Beschaffenheit des Leasinggegenstandes vor, sodass dieser nur vom Leasingnehmer genutzt werden kann.
- Bei einem Auflösungsrecht seitens des Leasingnehmers werden Verluste bezüglich der Auflösung vom Leasingnehmer getragen.
- Der Leasingnehmer hat Gewinne und Verluste zu tragen die durch Schwankungen des beizulegenden Zeitwertes des Restwertes entstanden sind.
- Der Leasingnehmer verfügt über eine Mietverlängerungsoption mit einer wesentlich günstigeren als der marktüblichen Miete.19
2.3 Ansatz und Bewertung von Finanzierungs-Leasingverhältnissen
Der Leasingnehmer hat zu Laufzeitbeginn eines Finanzierungsleasingverhältnisses dieses als Vermögenswert und Schuld in der Bilanz anzusetzen. Der Ansatz erfolgt in Höhe des niedrigeren Betrages aus beizulegendem Zeitwert und Barwert der Mindestleasingzahlungen. Der Zinssatz für die Diskontierung ist entweder der dem Leasingverhältnis zugrundeliegende Zinssatz oder der Grenzfremdkapitalzinssatz des Unternehmens.20
Die Mindestleasingzahlungen sind in Finanzierungskosten und Tilgung aufzuteilen. Erstere sind dabei so zu verteilen, dass ein über die Perioden gleichbleibender Zinssatz auf die übrige Schuld entsteht. Für diese Berechnung sind jedoch auch Näherungsverfahren zur Vereinfachung erlaubt.21 Sofern eine Eigentumsübergabe zum Laufzeitende nicht hinreichend sicher ist, so ist der Vermögenswert auf den kürzeren Zeitraum aus Laufzeit und Nutzungsdauer abzuschreiben.22
2.4 Operating-Leasingverhältnisse
Da bei einem Operating-Leasingverhältnis sowohl das juristische als auch das wirtschaftliche Eigentum beim Leasinggeber verbleibt, hat auch nur dieser es in der Bilanz auszuweisen.23 In der GuV sind jedoch die Leasingzahlungen linear über die Laufzeit als Aufwand zu erfassen – vorausgesetzt keine andere Grundlage entspricht eher dem Nutzenverlauf des Leasingnehmers.24 Darüber hinaus muss der Leasingnehmer, neben den Vorschriften des IFRS 7, einige Angaben machen:
- Die Summe der künftigen Mindestleasingzahlungen aus unkündbaren Verträgen für die Perioden bis zu einem Jahr, langer als ein und bis zu fünf Jahren sowie länger als fünf Jahre.
- Die Summe der künftigen Mindestleasingzahlungen aus unkündbaren Untermietverhältnissen zum Abschlussstichtag
- In der Berichtsperiode als Aufwand erfasste Zahlungen aus Leasing- und Untermietverhältnissen – nach Mindestleasing-, Eventualmietzahlungen und Zahlungen aus Untermietverhältnissen getrennt.
- Allgemeine Beschreibungen wesentlicher Leasingvereinbarungen.25
2.5 Kritische Würdigung des IAS 17
Bereits in der Einleitung dieser Arbeit wurde der „all-or-nothing-approach“ und die als zu groß empfundenen Ermessensspielräumen des IAS 17 als Kritikpunkte genannt. An dieser Stelle wird der IAS 17 kritisch gewürdigt, damit in folgenden Kapiteln eine Diskutiert werden kann ob und inwieweit der IFRS 16 eine mögliche Verbesserung zum IAS 17 darstellt.
Ein Hauptziel der IFRS ist die Bereitstellung von Informationen für Investoren und andere Rechnungslegungsadressaten. Hierbei soll eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Darstellung von Vermögens- und Finanzlage erfolgen.26 Durch die Regelungen des IAS 17 ist es u.U. jedoch möglich, dass Unternehmen welche Anlagevermögen erwerben unter sonst gleichen Bedingungen eine völlig andere Bilanzstruktur aufweisen können, als Unternehmen die diese Anlagen leasen. Insbesondere bei Operating-Leasingverhältnissen – welche gar nicht in der Bilanz auftauchen – ist dies der Fall.
Da im Anhang anzugebenden Informationen bezüglich Operating-Leasingverhältnissen weisen große Beschränkungen auf. So sind z.B. nur sehr grobe Einteilungen der Perioden in welchen zukünftig zu leistende Zahlungen erfolgen verpflichtend anzugeben und es besteht auch keine Pflicht zu Angaben über die Anzahl oder den Wert von Vermögensgegenständen. Durch den Mangel an Information besteht dadurch die Möglichkeit abweichender Interpretationen der Operating-Leasingverhältnisse.27
Ferner liefern die Regelungen Möglichkeiten für Bilanzpolitik. Da die Kriterien für die Klassifizierung von Leasingverhältnissen – und damit ob das Leasingverhältnis in der Bilanz abgebildet werden muss oder nicht – nach IAS 17 eher offen sind besteht für Unternehmen ein gewisser Spielraum hinsichtlich der Vertragsgestaltung. Auch da die Regelungen qualitativ formuliert sind d.h. keine konkreten Grenzwerte aufweisen lässt die Regelung Raum für Interpretation.28
Doch die mit der Klassifizierung verbundene Möglichkeit, ähnliche wirtschaftliche Sachverhalte unterschiedlich darzustellen ist nicht die einzige Problematik der Bilanzierung nach IAS 17. Auch beim Finanzierungsleasing wird ein Leasinggegenstand meist nicht mit dem gleichen Wert in die Bilanz aufgenommen, welcher dem Marktwert des Vermögensgegenstandes entspricht.29
Ein weiterer zentraler Kritikpunkt ist die Inkonsistenz zwischen der Bilanzierung nach IAS 17 und dem Rahmenkonzept. So kann die oben genannte Klassifizierung dem Wesentlichkeits- und Vollständigkeitsgrundsatz sowie dem substance-over-form-Prinzip widersprechen dergestalt, dass Sachverhalte mit wesentlichem Einfluss nicht in der Bilanz erscheinen.30
Ein Vorteil, welcher der „all-or-nothing-approach“ mit sich bringt liegt darin, dass es keine Bewertungsschwierigkeiten gibt welche ein teilweiser Bilanzansatz zu Folge hätte. In diesem Zusammenhang kann man den „all-or-nothing-approach“ wie auch die einfache Klassifizierung hinsichtlich der Praktikabilität positiv bewerten.31
3 Leasingverhältnisse nach IFRS 16
3.1 Bilanzierung von Leasingverhältnissen nach IFRS 16
3.1.1 Ersetzende Standards
Neben IAS 17 ersetzt der neue Standard zur Leasingbilanzierung auch folgende Interpretationen:
- IFRIC 4 – Feststellung, ob eine Vereinbarung ein Leasingverhältnis enthält.
- SIC-15 – Operating-Leasingverhältnisse – Anreize.
- SIC-27 – Beurteilung des wirtschaftlichen Gehalts von Transaktionen in der rechtlichen Form von Leasingverhältnissen.32
3.1.2 Anwendungsbereich
Der Anwendungsbereich des IFRS 16 betrifft grundsätzlich sämtliche Leasingverhältnisse. Ausnahmen sind folgende:
- Leasingverhältnisse zur Entdeckung und Nutzung von Mineralien, Öl, Erdgas und ähnlichen nicht regenerativen Ressourcen.
- Vom Leasingnehmer gehaltene Leasingverhältnisse bei biologischen Vermögenswerten im Anwendungsbereich des IAS 41 Landwirtschaft.
- Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen (IFRIC 12 Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen)
- Von einem Leasinggeber vergebene Lizenzen zur Nutzung geistigen Eigentums im Anwendungsbereich des IFRS 15.
- Gehaltene Rechte durch Lizenzvereinbarungen im Anwendungsbereich des IAS 38 Immaterielle Vermögenswerte.33
3.1.3 Ansatzwahlrechte
Für kurzfristige und geringwertige Leasingverhältnisse verfügt der Leasingnehmer über ein Ansatzwahlrecht.34 Als geringer Wert gelten hierbei Vermögensgegenstände, deren Neuwert 5.000 US$ nicht übersteigt.35 Als kurzfristig gelten Leasingverhältnisse mit einer Laufzeit von zwölf Monaten oder weniger ab Bereitstellungsdatum.36 Sofern der Leasingnehmer beschließt von einem dieser Ansatzwahlrechte Gebrauch zu machen, so sind die damit verbundenen Leasingzahlungen linear über die Laufzeit des Leasingverhältnisses Aufwand zu erfassen. Alternativ kann dies jedoch auch auf einer anderen systematischen Grundlage als Aufwand erfasst werden.37
3.1.4 Identifizierung eines Leasingverhältnisses
Unternehmen haben bei Vertragsbeginn, sowie bei Änderungen von Vertragsbedingungen, zu beurteilen ob der Vertrag ein Leasingverhältnis begründet oder beinhaltet. Dies ist gegeben sofern ein Vertrag gegen Entgelt zur Nutzung eines identifizierten Vermögenswerts für einen bestimmten Zeitraum berechtigt.38
Die Nutzungsberechtigung ist hierbei gegeben, wenn der Leasingnehmer über den gesamten Verwendungszeitraum im Wesentlichen den gesamten wirtschaftlichen Nutzen aus der Verwendung des identifizierten Vermögenswerts zieht und über die Nutzung entscheiden kann.39 Als identifiziert gilt ein Vermögenswert, wenn dieser im Vertrag ausdrücklich spezifiziert ist oder allein durch die Nutzungsüberlassung zu einem bestimmten Zeitpunkt.40
Ein identifizierter Vermögenswert kann auch ein Kapazitätsanteil eines Vermögenswerts sein. Hierbei ist die physische Unterscheidbarkeit wesentliche Voraussetzung. Ist diese nicht gegeben, so gilt ein Kapazitätsanteil eines Vermögenswerts nur dann als identifiziert, sofern er den wesentlichen Anteil darstellt und der Leasingnehmer dadurch das Recht erlangt im Wesentlichen den gesamten wirtschaftlichen Nutzen aus der Verwendung des Vermögenswerts zu ziehen.41
Ferner liegt bei substanziellen Substitutionsrechten keine Nutzungsberechtigung vor. Ein Substitutionsrecht ist substanziell, sofern der Lieferant folgende Berichtigungen hat:
- Er kann während des gesamten Verwendungszeitraums einen Vermögenswert mit einer alternative ersetzten.
- Er kann aus der Ausübung dieses Rechts einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen.42
3.1.5 Ansatz- und Bewertungsvorschriften
3.1.5.1 Ansatz
Am Bereitstellungsdatum des Leasingverhältnisses hat der Leasingnehmer einen Vermögenswert für das Nutzungsrecht sowie eine Leasingverbindlichkeit zu erfassen.43
3.1.5.2 Bewertung der Leasingverbindlichkeit
3.1.5.2.1 Erstbewertung der Leasingverbindlichkeit
Die Leasingverbindlichkeit wird zum Barwert noch nicht geleisteter Leasingzahlungen bewertet. Die Berechnung des Barwerts erfolgt hierbei durch den zugrundeliegenden Zinssatz des Leasingverhältnisses oder, sofern dieser nicht zu ermitteln ist, mit dem Grenzfremdkapitalzinssatz des Unternehmens.44
Die hier genannten Leasingzahlungen umfassen dabei die Folgenden:
- Feste Zahlungen (auch de facto feste) abzüglich etwaiger Leasinganreize.
- An einen Index oder Zinssatz gekoppelte variable Zahlungen.
- Wegen Restwertgarantien zu entrichtende Beträge.
- Den Ausübungspreis einer Kaufoption (sofern die Ausübung dieser hinreichend sicher ist).
- Strafzahlungen im Rahmen einer Kündigungsoption (sofern berücksichtigt wird diese wahrzunehmen).45
3.1.5.2.2 Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit
Nach Bereitstellungsdatum hat der Leasingnehmer den Buchwert der Leasingverbindlichkeit um den zugehörigen Zinsaufwand zu erhöhen und um die geleisteten Leasingzahlungen zu verringern. Ferner hat der Leasingnehmer die Leasingverpflichtung unter bestimmten Umständen neu zu bewerten:46
- Bei Änderung der Laufzeit des Leasingverhältnisses.
- Bei Änderung der Beurteilung einer Kaufoption.
- Bei Änderung von Zahlungen im Rahmen einer Restwertgarantie.
- Bei durch Indexänderungen bedingte Änderungen an daran gekoppelte Leasingzahlungen (sofern dadurch eine Veränderung des Cashflows eintritt)
3.1.5.2.3 Erstbewertung des Nutzungsrechts
Das Nutzungsrecht wird zu Anschaffungskosten bewertet, welche folgende umfassen:47
- Einen Betrag in Höhe der Leasingverbindlichkeit.
- Sämtliche zur Bereitstellung geleisteten Leasingzahlungen abzgl. erhaltener Leasinganreize.
- Sämtliche zu Beginn entstandene direkte Kosten.
- Geschätzte Kosten für Demontage u.Ä., wenn hierbei eine Verpflichtung besteht.48
3.1.5.2.4 Folgebewertung des Nutzungsrechts
Nach Bereitstellungsdatum hat der Leasingnehmer dieses Nutzungsrecht nach dem Anschaffungskostenmodell zu bewerten, sofern nicht einer der folgenden Bewertungsmodelle für die jeweiligen Vermögenswerte verwendet wird:
- Zeitmodell des IAS 40 für als Finanzinvestition gehaltene Immobilien
- Neubewertungsmodel des IAS 16 bei Sachanlagen49
Beim Anschaffungskostenmodell hat der Leasingnehmer das Nutzungsrecht zu Anschaffungskosten zu bewerten und zwar abzüglich aller Abschreibungen und Wertminderungsaufwendungen sowie berichtigt um Neubewertungen der Leasingverbindlichkeit.50
3.1.6 Sale-and-Leaseback-Transaktionen
Bei einer Sale-and-Leasback-Transaktion – der Leasingnehmer verkauft hierbei einen Vermögenswert und least diesen anschließend zurück – hat der Leasingnehmer den Übertragungsvertrag und das Leasingverhältnis zu bilanzieren.51 Sofern diese Übertragung die Anforderungen des IFRS 15 zur Bilanzierung eines Vermögenswerts als Verkauf erfüllt, hat der Leasingnehmer das Nutzungsrecht durch das Leasingverhältnis mit dem Anteil des früheren Buchwerts anzusetzen der sich auf das zurückbehaltene Nutzungsrecht bezieht. Der Leasingnehmer hat somit nur Gewinne und Verluste zu erfassen, welche sich auf übertragene Rechte des Leasinggebers bzw. Käufers beziehen.52 Stimmt der beizulegende Zeitwert der Gegenleistung aus dem Verkauf nicht mit dem des Vermögenswerts überein oder sind die Leasingzahlungen nicht marktüblich, so ist die Differenz als Vorauszahlung auf die Leasingzahlungen (bei schlechteren als den marktüblichen Konditionen) oder als zusätzliche Finanzierung des Leasinggebers an den Leasingnehmer (bei besseren Konditionen) zu bilanzieren.53
3.2 Auswirkung der Umstellung auf IFRS 16
3.2.1 Auswirkung auf den Jahresabschluss
3.2.1.1 Auswirkung auf die Bilanz
IFRS 16 liefert nur wenige Ansatzwahlrechte wodurch fast alle Leasingverhältnisse erfasst werden. Für Unternehmen mit derzeit signifikanten außerbilanziellen Leasingverpflichtungen wird dies dementsprechend bedeutende Auswirkungen auf die Bilanz haben. Durch die Aktivierung des Nutzungsrechts – auch für Leasingverhältnisse welche nach IAS 17 als Operating-Leasingverhältnisse eingestuft und damit nicht bilanziert werden mussten – erhöht sich einerseits das Vermögen auf der Aktivseite der Bilanz und durch die Erfassung der zugehörigen Leasingverbindlichkeiten das Fremdkapital auf der Passivseite der Bilanz. Demnach steigt durch die Anwendung von IFRS 16 die Bilanzsumme eines Unternehmens und zwar umso deutlicher je mehr außerbilanzielle Leasingverpflichtungen ein Unternehmen nach IAS 17 hat. Der Anstieg des Vermögens und der Verbindlichkeiten ist jedoch die signifikanteste Auswirkung des IFRS 16 auf die Bilanz.54
Hierbei ist zu erwähnen, dass diese Auswirkungen Unternehmen mit geringen Schulden unter sonst gleichen Bedingungen relativ stärker betreffen als Unternehmen welche bereits eine hohe Verschuldung aufweisen.55
3.2.1.2 Auswirkung auf die GuV
Die Umstellung auf IFRS 16 wird auch Auswirkungen auf die Ergebnisrechnung haben. Im Gegensatz zu der Auswirkung auf die Bilanz wird die Auswirkung auf die GuV jedoch wohl nicht besonders signifikant sein.56
Während nach IAS 17 der Aufwand von Operating-Leasingverhältnissen grundsätzlich in Höhe der geleisteten Zahlungen linear erfasst wird erfolgt nach IFRS 16 – wie bisher nach IAS 17 bei Finanzierungsleasingverhältnissen – eine Aufteilung in Zinsaufwand und Abschreibungen. Während hierbei die Abschreibungen in der Regel linear erfolgen, die Zinsaufwendungen jedoch nach der Effektivzinsmethode ermittelt und über die Laufzeit des Leasingverhältnisses abnehmen, führt dies insgesamt zu einem degressiven Aufwandsverlauf. D.h. dass die Aufwendungen in der ersten Periode des Leasingverhältnisses am höchsten sind und dann stetig abnehmen. Dies ist u.a. der Fall, da bei einem konstanten Zinssatz die Zinsausgaben aufgrund der Tilgung der Leasingverbindlichkeit kleiner werden. Über die gesamten Perioden der Leasinglaufzeit gesehen ändert sich der der Aufwand dabei nicht.57
3.2.1.3 Auswirkung auf die Kapitalflussrechnung
Die Änderung eines Rechnungslegungsstandards kann selbstverständlich nicht dazu führen, dass in einem Unternehmen mehr oder weniger liquide Mittel zu- oder abfließen. Auf das Ergebnis der Kapitalflussrechnung wird die Umstellung auf IFRS 16 demnach keinen Einfluss haben – jedoch durchaus auf die Zusammensetzung der Kapitalflussrechnung. Die Umstellung auf IFRS 16 führt daher zu einer Verschiebung des operativen- in den Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit (sowie zum Free Cashflow in Höhe der Zinszahlungen). Der Hauptgrund hierfür ist, dass die Tilgung der Leasingverbindlichkeiten stets im Cashflow aus der Finanzierungstätigkeit berücksichtigt wird.58
Tabelle 3 verdeutlicht dies anhand einem Beispiel wie ein Leasingverhältnis mit einer Leasingzahlung in Höhe von 10 Geldeinheiten nach IAS 17 und IFRS 16 in einer Kapitalflussrechnung abgebildet werden könnte und warum es zu einer Erhöhung von Free Cashflow und operativen Cashflow kommt bzw. zu einer Verringerung des Cashflows aus der Finanzierungstätigkeit (auch Zinszahlungen spielen hierbei eine Rolle).
Tabelle 3 Kapitalflussrechnung nach IAS 17 und IFRS 16 im Vergleich
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Duhr (2016) S. 9
3.2.2 Auswirkung auf Kennzahlen
Veränderungen von Bilanz und GuV führen entsprechend auch zur Veränderungen von Kennzahlen welche sich auf Positionen aus diesen beziehen. Da sich auf der Passivseite der Bilanz lediglich das Fremdkapital durch die bilanzielle Erfassung von Leasingverbindlichkeiten aus nach IAS 17 als Operating-Leasing eingestuften Leasingverhältnissen erhöht, sinkt die EK-Quote und dementsprechend steigt der Verschuldungsgrad.59 Bei einer Mehrperiodenbetrachtung ist eine fortschreitende Verringerung der EK-Quote unter sonst gleichen Bedingungen zu erwarten, dies ist auf den bereits beschriebenen Umstand zurückzuführen, dass der Buchwert des Nutzungsrechts sich grundsätzlich schneller reduziert als der der Leasingverbindlichkeit. Vergleichbar ist dies mit dem Effekt bei der Finanzierung eines erworbenen Vermögenswerts. Die Reduktion des Eigenkapitalanteils wird bei Erstanwendung erwartet und bleibt danach konstant sowie das Leasingportfolio konstant bleibt. Dieser Effekt ist stärker je länger das Leasingverhältnis ist und wie hoch Diskontierungszinssatz ist.60
Bei Operating-Leasingverhältnissen nach IAS 17 Leasingzahlungen linear über die Laufzeit als Aufwand erfasst. Nach IFRS 16 werden hingegen die Abschreibungen des Nutzungsrechts sowie Zinsaufwendungen als Aufwand erfasst. Dies führt dazu, dass sich unter sonst gleichen Bedingungen das EBIT steigt, da die Abschreibungen des Nutzungsrechts geringer sind als die Leasingraten und da die Zinsaufwendungen nicht eingerechnet werden. Noch deutlicher ist dies beim EBITDA, da hier neben den Zinsaufwendungen auch die Abschreibungen nicht eingerechnet werden.61
Tabelle 4 Auswirkung des IFRS 16 auf EBITDA und Umsatzrendite
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an IASB (2016b) S. 47
Tabelle 4 zeigt die Auswirkungen von IFRS 16 auf Umsatzrendite (vor Steuern und Zinsen) und EBITDA nach Branchen. Die Veränderung der Umsatzrendite ist hierbei lediglich durch den Gewinn vor Steuern und Zinsen zurückzuführen, da der Umsatz nicht durch einen Rechnungslegungsstandard beeinflusst wird. Sowohl beim EBITDA als auch bei der Umsatzrendite weisen alle Branchen eine deutliche Steigerung auf. Hier zeigt sich wieder, dass der Einzelhandel eine der Branchen ist, bei welchen die Auswirkungen des IFRS 16 am deutlichsten sind. Beim EBITDA ist diese Steigerung sowohl absolut als auch relativ im Einzelhandel am stärksten ausgeprägt, bei der Umsatzrendite relativ bei der Luftfahrt und absolut bei Medienunternehmen.
Eine Änderung ergibt sich auch auf Kennzahlen welche auf dem gewichteten Kapitalkostensatz WACC basieren, da sich dieser aufgrund einer Steigerung der Verschuldungsquote ändern kann. Weiter ändert sich durch die Aktivierung des Nutzungsrechts auch das eingesetzte Kapital was damit auch Auswirkungen für die Berechnung des ROCE hat.62 Diese und weitere Kennzahlen die bisher nicht explizit genannt wurden sind in Tabelle 5 dargestellt.
Tabelle 5 Auswirkungen von IFRS auf Kennzahlen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an IASB (2016b) S. 53 f.
Bei einer Beurteilung der Auswirkungen auf Kennzahlen sollte jedoch stets beachtet werden, dass sich durch die Einführung eines neuen Standards die effektive Finanzlage eines Unternehmens nicht ändert und das Unternehmen wirtschaftlich genauso dasteht wie zuvor.63
3.2.3 Weitere Auswirkungen und Handlungsempfehlungen
Neben den Auswirkungen auf Bilanz, GuV, Kaitalflussrechnung und Kennzahlen stellt die Umstellung natürlich auch administrative Auswirkungen. So auch hinsichtlich des organisatorischen und IT-technischen Aufgabengebietes von Unternehmen. Die Umstellung wird sich z.B. auf buchungstechnische Aspekte auswirken und in diesem Zusammenhang wird auch eine Anpassung des ERP-Systems erfordern. Weiter werden bzgl. der Behandlung von nach IAS 17 als Operating-Leasingverhältnissen klassifizierten Leasingverhältnissen weitaus mehr Informationen nötig sein, als nach diesem Standard im Anhang angegeben werden muss. Die dadurch benötigte Vertragsinventur und Auswertung sämtlicher Verträge kann sehr aufwändig werden und neue Arbeitsschritte und Prozesse von Unternehmen erfordern.64
Ein weiteres Problem der Umstellung könnten leistungsorientierte Vergütungssysteme darstellen welche an von der IFRS 16 Umstellung betroffene Ergebnisgrößen gekoppelt sind. Hierbei sind bspw. das EBITDA oder Cashflow-Kennzahlen (z.B. den operativen- oder den Free Cashflow, bei welchen es durch die Umstellung zu Verschiebungen kommt) zu nennen.65
Ferner könnten die im Zuge der IFRS 16 Umstellung erfolgende Erhöhung der Schulden zu negativen Auswirkungen hinsichtlich der Einhaltung von Klauseln in Kreditvereinbarungen – sogenannte Covenants – führen. Eine solche Klausel könnte beispielweise eine bestimmte Eigenkapitalquote sein, die nicht unterschritten werden sollte. Sofern diese Klauseln lediglich aufgrund der Rechnungslegungsänderung nicht weiter eingehalten werden können, sollten Unternehmen diesbezüglich Vereinbarungen mit den jeweiligen Kreditinstituten treffen. Es kann in der Praxis auch durchaus der Fall sein, dass solche Klauseln bereits außerbilanzielle Leasingverpflichtungen berücksichtigen, oder so ausgelegt sind, dass diese zu den Rechnungslegungsstandards zum Zeitpunkt der Ausführung gelten.66
[...]
1 Vgl. IASB (2017) URL
2 Vgl. Linden (2009) S. 51 f.; Pferdehirt (2007), S. V; Tesche (2013) S. IV
3 Vgl. Sabel (2006) S. 103 f.; Scharenberg (2009) S. 231-233
4 Das ASB ist der Vorgänger der Standardisierungsbehörde FRC aus dem Vereinigten Königreich.
5 Das FASB ist das Gremium, welches die US-GAAP definiert.
6 Das SEC ist die Börsenaufsichtsbehörde der USA.
7 Vgl. Fülbier und Scharf (2017) S. 147-149
8 Vgl. DRSC (2017)
9 Vgl. IASB (2016a), S.16
10 Vgl. Fülbier und Fehr (2013) S. 226
11 Vgl. Deloitte (2017a); Europe Economics (2017)
12 Vgl. Stockinger (2015) Masterthesis
13 Vgl. Köhler (2016)
14 Vgl. Öztürka und Sercemelib (2016)
15 Vgl. Sari et al. (2016)
16 Vgl. Elmäki (2016)
17 Vgl. IAS 17.2
18 Vgl. IAS 17.4 & IAS 17.8
19 Vgl. IAS 17.10 und IAS 17.11
20 Vgl. IAS 17.20
21 Vgl. IAS 17.25 und IAS 17.26
22 Vgl. IAS 17.27
23 Vgl. Peters (2009) S. 67
24 Vgl. IAS 17.33 und IAS 17.34
25 Vgl. IAS 17.35
26 Vgl. Born (2007) S. 87
27 Vgl. Engels u. Dreesen (2015) S. 192
28 Vgl. Hartmann-Wendels (2010) S. 41
29 Vgl. Pferdehirt (2007) S. 114 f.
30 Vgl. McGregor (1996) S. 13
31 Vgl. Linden (2009) S. 52 f.
32 Vgl. Deloitte (2016)
33 Vgl. IFRS 16.3
34 Vgl. IFRS 16.5
35 Vgl. IFRS 16.BC100
36 Vgl. IFRS 16 Anhang A: Definitionen („Kurzfristiges Leasingverhältnis“)
37 Vgl. IFRS 16.6
38 Vgl. IFRS 16.9 und 16.11
39 Vgl. IFRS 16.B9 und B10
40 Vgl. IFRS 16.B13
41 Vgl. IFRS 16.B20
42 Vgl. IFRS 16.B14
43 Vgl. IFRS 16.22
44 Vgl. IFRS 16.26
45 Vgl. IFRS 16.27
46 Vgl. IFRS 16.36 i.V.m. IFRS 16.39-42 und IFRS 16.20 f.
47 Vgl. IFRS 16.23
48 Vgl. IFRS 16.24; IFRS 16.25
49 Vgl. IFRS 16.29 i.V.m. IFRS 16.34 und IFRS 16.35
50 Vgl. IFRS 16.30
51 Vgl. IFRS 16.98
52 Vgl. IFRS 16.100
53 Vgl. IFRS 16.101
54 Vgl. Schnabl et al. (2017) S. 37; Berger und Nardmann (2016) S. 428; IASB (2016a) S. 42
55 Vgl. Europe Economics (2017) S. 32
56 Vgl. IASB (2016a) S. 43
57 Vgl. Schnabl et al. (2017) S. 37; Berger und Nardmann (2016) S. 428; EY (2017) S.24; Europe Economics (2017) S.33; IASB (2016a) S.43 f.
58 Vgl. Berger und Nardmann (2016) S. 428; EY (2017) S.24; Gruber und Hartmann-Wendels (2016) S. 52
59 Vgl. Berger und Nardmann (2016) S. 428; Gruber und Hartmann-Wendels (2016) S. 52
60 Vgl. IASB (2016a) S. 43
61 Vgl. Berger und Nardmann (2016) S. 428; EY (2017) S. 24; Gruber und Hartmann-Wendels (2016) S. 52; IASB (2016a) S.46 f.
62 Vgl. Duhr (2016) S. 10
63 Vgl. Duhr (2016) S. 9
64 Vgl. Berger und Nardmann (2016) S. 428; Bauer und Vogler (2016) S. 15; EY (2016) S.14 f.
65 Vgl. Berger und Nardmann (2016) S. 428; Duhr (2016) S. 9; Eckl et al. (2016) S. 727
66 Vgl. Berger und Nardmann (2016) S. 429; IASB(2016b) S. 59; Eckl et al. (2016) S. 727; Gruber und Hartmann-Wendels (2016) S. 52
- Quote paper
- Anonymous,, 2018, Umstellung der Leasingbilanzierung nach IFRS 16. Auswirkungen auf europäische Einzelhandelsunternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/418701
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