Darstellung von Geschichte ist nicht einfach Wiedergabe und Abbildung einer Vergangenheit - und dies gilt insbesondere für solche, die in TV- oder Filmproduktionen kommuniziert werden. Vielmehr wird immer eine Auswahl und eine Perspektivierung vorgenommen, und damit auch eine Deutung geliefert.
Denn selbst die sachlichste Auflistung historischer Daten setzt eine Zusammenstellung der Jahreszahlen und der dazugehörenden Ereignisse – ergo eine Auswahl – voraus.
Es scheint also, dass jegliche Geschichtsdarstellung Sinngebung beinhaltet und auch der moderne wissenschaftliche Geschichtsschreiber unweigerlich Mittel der Fiktion benötigt. Doch damit wäre die traditionelle Unterscheidung zwischen historischem Fakt und der fiktiven Erzählung dekonstruiert. Die spannende Frage lautet also: Ist eine wertneutrale Geschichtsdarstellung damit unmöglich?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Thesen des Textes
2.1. Fiktionalisierung ist unabdingbar
2.2. Personalisierung – Ein Mittel der Fiktionalisierung
2.3. Pro und contra Personalisierung
3. Personalisierung von Geschichte als Gradwanderung?
4. Die Differenz zwischen Auffassung und Darstellung von Geschichte
5. Der Bezug zum Fernsehen
5.1. Weiterführende Gedanken
6. Literaturverzeichnis
„Wenn man wenigstens wüsste, wem die Wissenschaft der Geschichte nützt und zu was das Fernsehen eigentlich taugt, wäre das Problem schon halbwegs gelöst . . .“ (Koch 1988, 3)
1. Einleitung
Im Folgenden soll ausgehend von dem Text „Personalisierung als Darstellungsprinzip“ von Wolfgang Hardtwig[1] personalisierende Geschichtsdarstellung charakterisiert werden. Dabei sind insbesondere Hardtwigs Thesen über Vorteile und Nachteile einer solchen Geschichts-Vermittlung hinsichtlich der Wirkung auf den Rezipienten, und der daraus möglicherweise entstehenden Differenz zwischen der herrschenden Auffassung und der Darstellung von Geschichte zu beleuchten. Hier sollen, allerdings am Rande, auch die Gründe, die Personalisierung in unterschiedlichen historischen Epochen und gesellschaftlichen Kontexten zu einem bevorzugten Mittel der wissenschaftlichen wie der populären Geschichtsdarstellung machen, berührt werden.
Darüber hinaus soll geklärt werden, ob Hartwigs Ausführungen auf jede Darstellung von Geschichte anwendbar sind und inwieweit der Autor in seinem Text auf das Medium Fernsehen eingeht. Hier gilt es, die anhand der Analyse der „etablierten“ Formen der Geschichtsdarstellung – wie Geschichtsbücher oder wissenschaftliche Vorlesungen – gewonnenen Erkenntnisse auf die fernseh-spezifischen Darstellungsformen (Dokumentation, Doku-Drama, Fernsehspiel) anzuwenden.
2. Thesen des Textes
2.1. Fiktionalisierung ist unabdingbar
Grundsätzlich stellt Wolfgang Hardtwig seinen Ausführungen voran,
dass geschichtliche Darstellung „nicht einfach Wiedergabe und Abbildung einer Vergangenheit“ ist (234). Vielmehr werde immer eine Auswahl
und eine Perspektivierung vorgenommen, und damit auch eine Deutung geliefert.
Folgt man der Argumentation des Autors, so ist eine wertneutrale Geschichtsdarstellung unmöglich, denn selbst die sachlichste Auflistung historischer Daten setze eine Zusammenstellung der Jahreszahlen und der dazugehörenden Ereignisse – ergo eine Auswahl – voraus.
Doch Hardtwig geht noch weiter: Nicht nur, dass jegliche Geschichtsdarstellung Sinngebung beinhalte, auch der moderne wissenschaftliche Geschichtsschreiber benötige „unweigerlich Mittel der Fiktion“ (239). Damit dekonstruiert Hardtwig die traditionelle Unterscheidung zwischen historischem Fakt und der fiktiven Erzählung. Unhaltbar, so der Autor, sei diese Trennung „überall dort, wo die Beschäftigung mit Geschichte über das bloße Sammeln von Wissen über Vergangenes hinausgeht. Also überall dort, wo die „res factae“ erzählend präsentiert oder dargestellt werden.
Dieser Kernaussage, dass der Darstellung von historischen Ereignissen sowohl Sinngebung als auch Fiktionalisierung innewohne, fügt Hardtwig
jedoch einen Erklärungsversuch bei: So eröffne die personalisierende Darstellung (Personalisierung als Variante der Fiktionalisierung) „die Chance, die Ergebnisse einer bis ins Unendliche ausdifferenzierten und in Teildisziplinen spezialisierten Einzelforschung an einem überschaubaren Gegenstand zusammenzufassen (...)“ (235).
Hardtwig stellt somit fest, dass man bei der geschichtlichen Darstellung weder auf Fiktionalisierung verzichten könne, noch dass ein Verzicht auf Fiktionalisierung (wenn dieser denn möglich wäre) einer Darstellung an sich zuträglich sei.
2.2. Personalisierung – Ein Mittel der Fiktionalisierung
Bevor nun die Personalisierung näher untersucht werden soll, ist es erforderlich die Systematik der fiktionalisierten Geschichtsdarstellung allgemein zu analysieren. Hardtwig beruft sich dabei auf Johann Gustav Droysen, der in diesem Zusammenhang von drei „unabdingbaren Formen des Fiktiven“ (239) spricht. Droysen zufolge erzeugt Geschichtserzählung die Illusion eines „vollständigen Verlaufs“. Dabei werde die geschlossene Abfolge der Ereignisse vorgegaukelt, und über mögliche Lücken im erzählten Geschehen hinweg getäuscht. Zweitens stellt Droysen die Illusion fest, die erzählten Ereignisse hätten einen Anfang sowie ein Ende. Außerdem neigen Geschichtserzählungen oft dazu Objektivität vorzugeben. Ein objektives Bild der Vergangenheit zu zeichnen sei aber schlichtweg unmöglich, da dieses nur in „perspektivischer Sicht von der Gegenwart her eingefangen werden“ kann (239).
Da der Gegenstand der personalisierenden Darstellung naturgemäß überschaubar und geschlossen ist (das Leben eines oder mehrerer Menschen oder eine Episode daraus) unterliege Personalisierung, so Hardtwig, „in besonderem Maße diesen Formen der Fiktionalisierung“. Hinzu kommen noch zwei Auffälligkeiten: In älteren Geschichtsdarstellungen werden Persönlichkeiten oft als alleinige Schöpfer von Entwicklungen dargestellt. Die Anfänge dieser Entwicklung werden dieser Person zugeschrieben um dann „die Grenze zwischen dem Alten und dem Neuen in wirklichkeitsverfälschender Schärfe“ (240) zu ziehen.
Als zweite Auffälligkeit bezeichnet Hardtwig, dass dem Geschichtsverlauf oftmals eine teleologische Ordnung unterstellt werde. Also ein Ereignis im idealen Moment auftreten zu lassen, ganz so als wäre es vorherbestimmt.
2.3. Pro und contra Personalisierung
Nachdem deutlich wurde, dass Hartdwig Fiktionalisierung und damit Personalisierung als ein notwendiges Mittel von Geschichtsdarstellung – fast schon als Voraussetzung dafür – versteht, und nachdem die Muster geschildert wurden, die Personalisierung meist nach sich zieht, soll nun herausgefunden werden, worin der Autor die Vor- und Nachteile einer solchen Darstellung sieht.
Insbesondere auf dem Gebiet der Didaktik sieht Hardtwig in der Personalisierung die größten Chancen aber auch die größten Risiken.
So attestiert der Autor dieser Darstellungsform geradezu ein Universal-Instrument zu sein, mit dessen Hilfe es dem Rezipienten ebenso ermöglicht wird „sich der Fremdheit historischer Wirklichkeiten anzunähern“ und damit „elementares Interesse“ (234) zu entwickeln, wie andererseits „in besonderem Maße die Veränderbarkeit“ (235) der Vergangenheit vor Augen geführt zu bekommen. Diesen durchweg positiven Eigenschaften der Personalisierung stellt Hardtwig jedoch einige Kritikpunkte gegenüber.
[...]
[1] Hardtwig, Wolfgang: Personalisierung als Darstellungsprinzip. In: Geschichte im Fernsehen. Hrsg. von Guido Knopp und Siegfried Quandt. Darmstadt 1988, S. 234 – 241.
- Citation du texte
- M.A. Florian Rosenbauer (Auteur), 2002, Personalisierende Darstellung von Geschichte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41770
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