Im Sommer 1977 nahmen zwei Voyager Sonden der NASA je eine mit Gold beschichtete Kupferplatte, mit Bildern, Geräuschen und Grüßen vom Planeten Erde mit auf ihren Raumflug in die Tiefen des Weltalls. Dies war weder der erste, noch der letzte, aber immerhin der umfangreichste und komplexeste Versuch der extraterrestrischen Kontaktaufnahme.
Wie seine Vorgänger und auch nachfolgenden Botschaften warf und wirft diese „Schallplatte“ nicht nur für die an dem Projekt Beteiligten die Frage auf, ob denn die Nachricht irgendwann einmal empfangen (also gefunden und auch verstanden) wird. Angesichts einer Unwahrscheinlichkeit für einen Kommunikationserfolg, die nach der Drake’schen Formel offensichtlich nicht nur unendlich hoch ist, sondern dem Begriff unendlich eine neue Dimension stiftet, und der Tatsache, dass nicht einmal klar ist, was genau ein solcher Kommunikationserfolg sein sollte, erscheint es naheliegender (zumindest aus medienwissenschaftlicher Sicht) eine Reihe ganz anderer Fragen zu stellen...
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Grundsätzliches
2. Motivationen einer erfolgreichen Kommunikation
2.1 Heilserwartung
2.2 Cosmic Club
2.3 Die digitale Arche
2.4 Zwischenergebnisse
3. Medien und Inhalte
3.1 Bestandsaufnahme
3.2 Die Voyager-Botschaft
3.3 Bedeutung und Produktion
4. Reflektionen
4.1 Familiengeheimnisse
4.2 Aus Utopia, für Utopia?
5. Zusammenfassung
6. Quellenangaben
6.1 Literatur
6.2 Filme/Fernsehsendungen
„Das Fiktive ist so real wie das Faktische selbst; die Wirklichkeit ist stets
eine Mischung aus beidem.“
Matthias Kroß[1]
1. Einleitung
Im Sommer 1977 nahmen zwei Voyager-Sonden der National Aeronautics and Space Agency (NASA) je eine mit Gold beschichtete Kupferplatte, mit Bildern, Geräuschen und Grüßen vom Planeten Erde mit auf ihre Reise in die Tiefen des Weltalls.
Dies war weder der erste, noch der letzte, aber immerhin der umfangreichste und komplexeste Versuch der extraterrestrischen Kontaktaufnahme. Wie seine Vorgänger und auch die nachfolgenden Botschaften warf und wirft diese „Schallplatte“[2] nicht nur für die an dem Projekt Beteiligten die Frage auf, ob denn die Nachricht irgendwann einmal empfangen (also gefunden und auch verstanden) wird. Angesichts einer Unwahrscheinlichkeit für die Existenz einer außerirdischen, intelligenten Zivilisation, die nach der Drake’schen Formel[3] offensichtlich unendlich hoch ist, insbesondere weil ihre einzige Referenz n=1, also unsere eigene bewohnte Erde ist (Pias 2004, 84); Kommunikationsmodellen, die im Grunde alle auf der fragwürdigen Annahme basieren, dass die Fremden Radiosignale empfangen können (Sagan 1979, 4), Algorithmen beherrschen[4] oder zumindest Augen haben[5] ; und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nicht einmal klar ist, was genau der Erfolg einer solchen Kommunikation sein sollte, erscheint es naheliegender andere Fragen zu stellen. So möchte ich anhand dieser Arbeit primär folgenden Problemstellungen nachgehen:
a) Was verstehen Aktivisten und Diskursführende unter der erfolgreichen Kommunikation mit Außerirdischen in Bezug auf ihre Anliegen und Zielsetzungen?
b) Was sind die Inhalte der Botschaften, die gesendet werden, um diese Ziele zu kommunizieren?
Und schließlich:
c) Welche Schlüsse lassen sich durch die aus den beiden genannten Fragen gewonnenen Erkenntnisse in Bezug auf das Projekt der extraterrestrischen Kommunikation ziehen?
Ziel dieses Aufsatzes ist der Versuch, zu klären, wer hier eigentlich was kommuniziert; auf welche Weise, mit wem und zu welchem Zweck. Im Vordergrund steht also eine inhaltliche Auseinandersetzung.
Beweggrund für diese Art der Auseinandersetzung mit der Materie ist, dass die bereits erwähnte, extreme Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation mit Außerirdischen im krassen Gegensatz zu dem weltweit wachsenden Engagement und der ungebrochenen Faszination steht, die dieses Thema auf Laien wie Wissenschaftler ausübt.
Deshalb gilt es herauszufinden, ob nicht zutiefst irdische Problematiken in dieses kosmische Unterfangen hineinspielen – was zu belegen wäre.
1.1 Grundsätzliches
Hinsichtlich des weiteren Vorgehens möchte ich zumindest auf zwei wichtige Abgrenzungsprobleme hinweisen: Zum einen sollte berücksichtigt werden, dass die mit den Abkürzungen SETI (Search for extraterrestrial intelligence) und CETI (Communication with extraterrestrial intelligence) bezeichneten Agenden sich von Ansatz und Zielsetzung häufiger gleichen als unterscheiden. Denn da sich die Hauptaktivität von SETI (IAA 2005, 1) bisher auf das Abhören des Weltraums nach extraterrestrischen Funksignalen oder die Sendung solcher Wellen ins All beschränkt, würden diese Signale - selbst wenn sie nur rythmisch wiederkehrende Impulse wären – gleichzeitig auch eine Botschaft darstellen[6]. Wenn im Folgenden also der Begriff CETI benutzt wird, so schließt dies bis zu einem gewissen Grad auch SETI ein und umgekehrt, es sein denn die Unterscheidung wird explizit hervorgehoben.
Zum anderen wird angesichts der relevanten Texte deutlich, dass sich Science und Fiction, also einerseits beispielsweise wissenschaftliche Expertisen der NASA oder Arbeiten von Linguisten und andererseits ScienceFiction-Filme, Romane und Hörspiele derart auf einander beziehen und gegenseitig befruchten, dass es kaum möglich ist, hier eine eindeutige Grenze zu ziehen. Evident wird dies unter anderem durch den Sachverhalt, dass ScienceFiction-Autoren regelmäßig zu wissenschaftlichen Tagungen hinzugezogen werden, rennomierte Forscher sich dazu bekennen, von der TV-ScienceFiction-Serie StarTrek inspiriert zu sein[7] und Kinofilme, Serien und Romane sich ihrerseits darum bemühen, neueste Theorien und Gedankenexperimente in ihren Narrationen umzusetzen.
Trotzdem scheint es nicht ratsam, deshalb alle Quellen dem ScienceFiction zuzuordnen, da signifikante Unterschiede zum Beispiel in der Konzeption von Aliens bestehen. So kündet der Tenor fast aller wissenschaftlich abgefassten Meinungen von einem freundlich gesinnten Außerirdischen, während ein guter Teil der fiktionalen Literatur, der Filme, etc. in Extraterrestrischem eine Bedrohung sieht. Festzuhalten ist aber, dass das ScienceFiction-Genre eine maßgebliche Ressource für den CETI-Diskurs darstellt, oder wie es in Anthony Judges The psychological Dimension of Dialogue (2000, 1) begründet wird: „The best exploration of communication szenarios and options is that of science fiction. That is where most thinking on the matter has been invested.“
2. Motivationen einer erfolgreichen Kommunikation
Wie bereits angedeutet erscheinen die Motivationen, die zum Versuch der intergalaktischen Kontaktaufnahme führen, sehr heterogen, um nicht zu sagen diffus. Der überwiegende Teil der geäußerten Meinungen spiegelt jedoch zumindest eines wider: den Glauben, dass sich die Menschheit in einem unaufhaltsamen Strudel der Selbstzerstörung befindet, aus dem sie sich selbst nicht befreien kann. Konfrontiert mit immer neuen „‘gegenwärtigen Problemen’ (...), die um 1971 Überpopulation, Atomkrieg und Ressourcenknappheit heißen“ (Pias 2004, 85), und aktuell beispielsweise um Umweltverschmutzung und globalem Terrorismus ergänzt werden könnten, ergeben sich für die Erde wahlweise drei Optionen, die im Folgenden skizziert werden sollen.
2.1 Heilserwartung
Rechtzeitig vor dem Untergang wird die Menscheit von einer allmächtig wirkenden, überlegenen Intelligenz errettet. Auf für unsere Begriffe wundersame Art werden wir von allen Problemen erlöst und erfahren Vergebung und Läuterung.
Diese Version, die stark religiöse Bezüge hat, ist häufig in ScienceFiction-Filmen zu finden, wo sie jedoch meist nicht bis zum Ende durchgespielt wird, sondern lediglich das heilgeschichtliche Potential der kosmischen Besucher andeuten.
In Steven Spielbergs E.T. (1982) beispielsweise wird der Außerirdische wie eine Jesus-Figur beschrieben: „He heals wounds, revivifies dead flowers“, und schließlich: „he dies and is then resurrected“ (Ruppersberg 1990, 35/36).
Close Encounters (1977) spielt mit dem Motiv von „highly advanced aliens eager to do good“, die in ihrer Darstellung nach Ruppersberg (1990, 37) zweifelsfrei als „deities of traditional Religion“ zu identifizieren sind, nicht zuletzt auch weil sie in der zumindest christlichen Tradition stehen, sich der Aussätzigen und Bedürftigen der Gesellschaft anzunehmen[8].
Stanley Kubricks 2001 (1968) geht sogar noch weiter und ordnet auch Schöpfung bzw. Evolution einer außerirdischen Allmacht zu, was seine Entsprechung in der Überzeugung einiger CETI-Anhänger findet, die unser Leben als „Gabe (...) von außerirdischen Besuchern“ (Pias 2004, 85) sehen.
Aus einer historischen Perspektive könnte man diese neo-religiösen Fantasien als spätfolge der Aufklärung deuten. So bezeichnet Mark Rose diese Denkweise als „response to the cultural shock created by the discovery of humanity’s marginal position in the cosmos“ (1981, 37). Gerade dieser Schock hatte auf lange Sicht viele Menschen ihres Glaubens beraubt, Spiritualität und Wissenschaft entzweit. Im ScienceFiction, so Rose, fände sich eine Art Ersatz-Religion, die als „mediator between the spiritual and the materialistic (...) the human and non-human“ fungiert, und dessen Wunder „telepathy, teleportation, telekinesis, faster-than-light travel and matter transmission“ heißen (1981, 47).
2.2 Cosmic Club
Diese Option ähnelt der ersten, jedoch sind die externen Retter keine „Götter“ sondern höher entwickelten Lebensformen, die uns trotz (oder gerade wegen?) unserer desolaten Lage für würdig erachten, in eine kosmische Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Erlösung bringt hier nicht das Wunder, sondern Technologie-, Wissens- und Ideologietransfer oder tatkräftige Sofortmaßnahmen (humanitäre Hilfe?).
[...]
[1] (2004, 117)
[2] Tatsächlich soll die Kupferplatte von dem Außerirdischen wie eine Schallplatte abgespielt werden. In einem der Scheibe beigefügten Zubehör-Kasten befindet sich der Bauplan und die technischen Spezifikationen des erforderlichen Plattenspielers, sowie ein Tonabnehmer. (Vgl. Sagan, Carl (1980): Signale der Erde. München)
[3] Die Anzahl der kommunizierenden Zivilisationen N in unserer Galaxie ist das Produkt folgender Formel:
N = R* fp ne fl fi fc L. Die sieben Faktoren setzen sich folgendermaßen zusammen: Die Sternentstehungsrate zur Zeit als unser Sonnensystem entstand (R*), der Anteil von Sternen mit Planeten (fp), die Anzahl von Planeten pro Stern, auf denen Leben möglich ist (ne), der Anteil von Planeten in ne, in denen sich auch Leben gebildet hat (fl), der Anteil von fl, wo sich intelligentes Leben gebildet hat (fi), der Anteil von fi, der kommunizieren kann (fc), die Lebensdauer einer kommunizierenden Zivilisation (L)
[4] Die kosmische Sprache Lincos setzt diese Fähigkeit voraus. (Vgl. Bassi 2005, 2)
[5] Für die meisten Wissenschaftler stellen Bilder die beste Verständigungsform dar. Ulrich Walter: „Aliens müssen Augen haben.“ (Spiegel, 24. 7. 2001)
[6] Vgl. Marshall McLuhan (1968) The Medium is the Message
[7] „[StarTrek is] the only science fiction series crafted with such respect for real science and intelligent
writing. That’s why it’s the only science fiction series that many scientists watch regularly – like me.“ (Batchelor 1993, 5)
[8] Als im übertragenenen Sinn bedürftig und aussätzig dürfen hier „disgruntled and depressed middle-class humans“ (Ruppersberg 1990, 34) angesehen werden.
- Citar trabajo
- M.A. Florian Rosenbauer (Autor), 2005, Kontakt. Zur Medientheorie der extraterrestrischen Kommunikation, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41763
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