Handout zu einem Referat über die Nominalphrase aus dem Seminar "Wortstellung im Deutschen". Schwerpunkte sind hierbei eine grammatische Diskussion der Nominalklammer und Stellungsregularitäten in der Nominalphrase.
Inhalts
Die Nominalphrase
Gliederung
1 Grammatische Diskussion der Nominalklammer
1.1 Nominalklammer und Verbalklammer im Vergleich
1.2 Kongruenz- und Rektionsbindungen
1.3 Problem der Mehrfachbesetzung
1.4 Der sächsische Genitiv
1.5 Klammerfreie Konstruktionen
2 Stellungsregularitäten in der Nominalphrase
2.1 Elemente mit prototypischer Vorfeldstellung
2.1.1 Determinativa
2.1.2 Adjektivattribute
2.2 Elemente mit prototypischer Nachfeldstellung
2.2.1 Präpositionalphrasen
2.2.2 Adverbien
2.2.3 Relativsätze
2.2.4 Satzförmige Komplemente und Infinitive
2.2.5 Substanz- und Pluralausdrücke in Numerativkonstruktionen
2.2.6 Appositionen und Erweiterungsnomina
2.3 Elemente mit variabler Stellung
2.3.1 Genitivphrasen
3 Mehrfachbesetzungen
3.1 Determinativa
3.2 Adjektivattribute
3.2.1 Koordinierte Adjektivattribute
3.2.2 Unkoordinierte Adjektivattribute – Abfolgeregularitäten
3.3 Mehrfache nachgestellte Präpositionalattribute
4 Die Nominalklammer im gesprochenen Deutsch
4.1 Vorbemerkungen
4.2 Flexion der Nominalphrase
4.3 Wortfolge innerhalb der Nominalphrase
4.4 Vergleich mit der Wortfolge im Satz
4.5 Das Klammernde Verfahren in der immanenten Typologie des Deutschen
1. Grammatische Diskussion der Nominalklammer
Die prototypische Nominalgruppe
Beinhaltet: Artikel, Adjektivisches Attribut, Kernsubstantiv, Genitivattribut, Präpositionalattribut und satzförmiges Attribut.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Annahme einer Nominalklammer
Die Bestandteile der Nominalklammer sind prototypisch:
Der Artikel als Kopf( )das Substantiv als Kern
Links Rechts
1.1 Nominalklammer und Verbalklammer im Vergleich
Vergleichsgröße sei die Verbalklammer aus finiter und infiniter Verbform:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Finite und Infinite Verbform in der Verbalklammer sind stets adjazent, was aber bei Artikel und Substantiv nicht immer der Fall sein muss.
Die infinite Verbform ist statusregiert von der finiten Verbform, umgekehrt kann die finite Verbform regiert sein bezüglich der Wahl zwischen sein und haben im Perfekt.
Derartige Bindungen gibt es zwischen Artikel und Substantiv nicht.
1.2 Kongruenz- und Rektionsbindungen
1.2.1 Kongruenzbindung in Kasus und Numerus
→ Kongruenzbindungen zwischen Artikel und Kern schließen Adjektive mit ein – sichtbar bei schwachen Artikeln. Daher keine Klammerbildung!
(3) der blaue Himmel
(4) ein blauer Himmel
In (4) erstreckt sich die Kongruenz nicht mehr auf den Artikel, sondern auf das Adjektiv, also würde dort die Klammer beginnen.
1.2.2 Rektionsbindung im Genus
→ Diese Rektion besteht ebenso mit adjektivischem Attribut, außerdem wird sie auf das Adjektiv allein übertragen, wenn kein Artikel vorliegt.
(5) kalte Milch
Betrachtet man stark flektierende Artikel wie dieser, diese, dieses, dann zeigt sich ein Klammereffekt beim Genus am ehesten, da ein Adjektiv in dem Fall im Genus unveränderlich ist:
(6) dieser kalte Wein, diese kalte Milch, dieses kalte Bier
Streng genommen besteht eine Klammer in diesem Fall allerdings zwischen Artikel und Adjektiv, sofern eines vorhanden ist; eingeklammert werden Ergänzungen oder Adverbiale zum Adjektiv.
(7) die hier im Augenblick wichtige Frage
Nimmt man eine Klammer zwischen Artikel und Substantiv an, ist sie in der Regel leer.
1.3 Problem der Mehrfachbesetzung
Die Position des Artikels kann doppelt besetzt sein. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Klammereffekt nicht konstitutiv ist für die Struktur der Ngr ist.
(8) mancher solcher untauglicher Versuch
1.4 Der sächsische Genitiv
→ Im Kasus vom Kern regiert, Position im Satz aber variabel: Kann Position des Artikels einnehmen, oder Distanzstellung
→ Bei Distanzstellung: Artikel vorn, starke Flektion des Adjektivs
(9) Pauls größtes Vergnügen
In diesem Fall sind die Merkmale der klammeröffnenden Position (Stellung, Flektion) nicht mehr eindeutig verteilt.
1.5 Klammerfreie Konstruktionen
Ein Satz ist frei von einer Verbalklammer, wenn eine einfache Verbform an zweiter Stelle steht.
Die einfache Verbform enthält den Verbstamm und ist finit.
Ist eine Verbalklammer vorhanden, ist die Finitheit vom Verbstamm getrennt und auf das Hilfsverb übertragen:
(10) Paula sieht Egon
(11) Paula hat Egon gesehen
In der Nominalgruppe, wie bereits erläutert, nimmt der Artikel die klammeröffnende Position ein, die das Hilfsverb in Satz (11) hat. Eine klammerfreie Nominalgruppe liegt demnach vor, wenn kein Artikel vorhanden ist.
(12) die kalte Milch
(13) kalte Milch
→ Kein Unterschied im Kern zwischen (12) und (13).
Es existieren verschiedene Klammereffekte in der Nominalgruppe. Insgesamt hat die Nominalklammer aber nicht den Status, den die Verbalklammer im Satz hat.
2. Stellungsregularitäten in der Nominalphrase
Aufgrund der Unklarheiten bezüglich der Klammerbildung - und der Einfachheit halber - wird im Folgenden auf ein modifiziertes Modell zurückgegriffen.
Beschreibung der Nominalphrase in Anlehnung an die Beschreibung der Satzgliedstellung nach Zifonun:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abfolgeschema
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Erklärungen: nomen invarians (14), nomen varians (15)
(14) Helga Meier
(15) Kollegen Müller
Pränominaler Genitiv: Der Artikel zum Kopfnomen bleibt weg.
(16) Helmuts neues Pferd
2.1 Elemente mit prototypischer Vorfeldstellung
2.1.1 Determinativa
Sie treten außer bei Namen, Substanz- und Plural- Nominalphrasen in jeder NP auf und stehen vor dem Substantiv.
(17) Die alten Ägypter
(17a) Eine haarige Angelegenheit
Ausnahme: Possessivdeterminative können unflektiert im Nachfeld erscheinen.
(18) Kindlein mein
(19) Vater unser
2.1.2 Adjektivattribute
Modifizierende Adjektive stehen vor dem Substantiv und werden im Normalfall flektiert. Sie korrespondieren in Genus, Kasus und Numerus mit dem Substantiv. Je nach Artikel schwache (20) oder starke Flektion (21).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Feste Wendungen
(23b) Gut Ding will Weile haben
- Adjektive vor Personennamen
(23c) Jung Siegfried
Ausnahme 2: Unflektierte Adjektive, die im Nachfeld stehen können
- Überreste alten Sprachgebrauchs
(24) Schau doch nur, geliebter Schorsch, dies Gemäuer alt und morsch
- eingeleitete Adjektivphrasen, die oft ein Vergleichselement aufweisen z.B. eine durch wie eingeleitete Phrase oder einen dass -Satz
(24a) Es war eine Baupleite, so katastrophal wie nie zuvor…
- Durch Kommata abgetrennte appositive Erweiterungen
(24b) Es war ein Sonntag, hell und klar, ein Sonntag wirklich wunderbar
- Adjektive in Markenbezeichnungen
(24c) Super bleifrei
2.2 Elemente mit prototypischer Nachfeldstellung
Nach Zifonun stehen prototypisch im Nachfeld: Präpositionalphrasen, Adverbien, Relativsätze, satzförmige Komplemente und Infinitive, Substanz- und Pluralausdrücke in Numerativkonstruktionen sowie Appositionen und Erweiterungsnomina.
Distanzstellung: Bei Elementen mit prototypischer Nachfeldstellung kann die NP aufgespalten werden; dann liegt Distanzstellung vor (Gegenteil von Kontaktstellung; zwei inhaltlich zusammenhängende Satzteile oder zwei Teile eines Satzteils sind durch ihre Stellung voneinander getrennt). Hier ein Beispiel bei Zahladjektiven:
(25) Helmut besitzt zwei Saxophone. (Kontaktstellung)
(26) Saxophone besitzt Helmut zwei. (Distanzstellung)
2.2.1 Präpositionalphrasen
Präpositionale Komplemente:
(27) Interesse an der Grammatik
(28) Zu diesem Problem gibt es verschiedene Meinungen. (Distanzstellung)
Ist das Kernsubstantiv Teil eines Nominalisierungsverbgefüges (29), ist Distanzstellung möglich; bei Komplementen von Vollverben (30) oder Kopulaverben (31) nicht.
(29) Mit der Universität stehen wir in Verbindungen.
(30) * Vor ihrer kaiserlichen Majestät erlernt er Respekt.
(31) * Vor ihrer kaiserlichen Majestät ist/bleibt/wird der schuldige Respekt wichtig.
Präpositionale Supplemente:
(32) ein Bursche von unendlichem Humor
Lokale und temporale PP können vor dem Substantiv stehend eine restriktive Interpretation erzwingen (33). Bei Voranstellung liegt stets ein weiter Skopus über die NP vor (34), bei Nachstellung kann der Skopus sowohl eng (35) als auch weit (36) sein.
(33) In Mannheim die Aufführung war ein Erfolg.
(34) in Mannheim [die Diskussion über das Theater]
(35) die Diskussion über das [Theater in Mannheim ]
(36) die [Diskussion über das Theater in Mannheim ]
Distanzstellung von präpositionalen Supplementen ist nicht möglich (38); von -Phrasen können eine Ausnahme bilden (39).
(38) *Von unendlichem Humor kenne ich einen Burschen.
(39) Von Kujau hängen einige Bilder in der Galerie.
2.2.2 Adverbien
Adverbien stehen i.d.R. hinter dem Kernsubstantiv (40), können aber davor stehend eine restriktive Interpretation erzwingen (41). Bei Voranstellung (insbesondere im Mündlichen vorhanden) erhält man hier ebenfalls einen weiten Skopus (42), bei Nachstellung ist der Skopus variabler (43).
(40) Das Konzert gestern war gut.
(41) Dort die Aufführung war ein Triumpf.
(42) heute [die Diskussion über die Rolle des Schiedsrichters]
(43) die Diskussion über die Rolle des Schiedsrichters heute
2.2.3 Relativsätze
Relativsätze stehen im Nachfeld; Distanzsellung ist möglich (45).
(44) Schillers Räuber, die in Mannheim aufgeführt wurden
(45) Sie hat das Buch geschenkt, das er schon lange lesen wollte.
2.2.4 Satzförmige Komplemente und Infinitive
Auch satzförmige Komplemente (46) und Infinitive (47) stehen im Nachfeld.
(46) die Meinung des Ministers, dass der Etat ausgeglichen sei
(47) die Befürchtung, einem Trugschluss aufgesessen zu sein
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