In dieser Arbeit wird zuerst den Begriff der Familie näher beleuchtet, um dann den Wandel dieser über die Jahrzehnte zu begutachten. Anschließend wird auf den Trend der Ein-Eltern-Familien eingegangen, um sich dann den Folgen einer Scheidung/Trennung für die Kinder zu widmen. Überleitend werden dann die Ansätze der Familientherapie erläutert und aufgedeckt, warum eben diese Art der Therapieform in Bezug auf Kinder ihre Grenzen aufweist. Darauf aufbauend wird eine andere (sozial-)pädagogische Alternative als die der systemischen Familientherapie für die Kinder dargelegt. Abschließen wird diese Ausarbeitung mit einem Fazit, in der der Fragestellung zu den Grenzen für die Kinder in Hinblick auf die systemische Familientherapie im Trennungs-/Scheidungsfall Rechnung getragen wird.
Knapp 50 Prozent aller geschlossenen Ehen mit Kindern werden heute wieder geschieden. Und wo die Eltern schon monatelang einen Prozess der Trennung durch Streitereien und wohlmöglich versuchter Schlichtungsgespräche hinter sich haben, ihrer verletzten Eitelkeit schon auf unterschiedlichster Art und Weise Ausdruck verliehen haben, stürzt in vielen Fällen der Moment der Trennung und die damit oftmals einhergehende Offenbarung des Auszugs eines Elternteils für die Kinder von jetzt auf gleich auf sie ein.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Wer ist eigentlich eine Familie?
3. Familie im Wandel
3.1 Generelle Tendenzen und mögliche Gründe
3.2 Ein-Eltern Familie im Fokus
4. Folgen für die Kinder im Trennungs-/Scheidungsfall
4.1 Primär- und Sekundärfolgen einer Trennung/Scheidung für die Kinder
4.2 Entlastende Funktionen für Kinder im Trennungs-/Scheidungsfall
5. Das Verständnis von „systemischer Familientherapie“
5.1 Die Bedeutung des Begriffs System
5.2 Die Familientherapie – ihre Entstehung und heutige Notwendigkeit
6. Kinder in der Beratung
6.1 Warum benötigen Kinder im Fall von Trennung/Scheidung eine andere Form der Beratung als die systemische Familientherapie?
6.2 Gruppenarbeit mit Kindern
7. Drei unterschiedliche Modelle von Kindergruppenarbeit im Trennungs-/Scheidungsfall
7.1 Das offene Modell, vorgestellt anhand des Projekts “FITUS (Familien in Trennung und Scheidung)“
7.2 Das strukturierte Modell, vorgestellt am „Freiburger Gruppeninterventionsprogramm für Kinder aus Trennungs- und Scheidungsfamilien“
7.3 Die analytisch-prozessorientierte Kindergruppe – vorgestellt am „Augsburger Modell der Trennungs- und Scheidungsberatung“
8. Diskussion
9. Fazit
10. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Ich habe mich von Deiner Mutter scheiden lassen, nicht von Dir, mein Sohn!“
Der Publizist Peter E. Schumacher (2015) beschreibt in diesen wenigen Worten das, was das Herz dieser Hausarbeit ausmacht.
Scheidungen sind heute nichts Ungewöhnliches mehr und gelten, wie im Kapitel 3 näher erläutert wird, auch nicht mehr als verrufen oder egoistisch. Dies ist vielleicht dem Fortschritt der Zeit zuzuschreiben, welche sich so schnell bewegt, dass man meinen könnte, hinter der nächsten Ecke doch noch einen/eine wohlmöglich besseren, liebevolleren, aufrichtigeren Partner/in finden zu können (vgl. Peuckert 2007, S. 39).
Was die Erwachsenen angeht, ist dem auch gar nichts kritisch anzumerken, allerdings, und genau dies soll mit dieser Arbeit sichtbar gemacht werden, ist eine Trennung/Scheidung für Kinder oftmals mit größeren und schwerwiegenderen Problemen behaftet als sich vielleicht der eine oder andere Elternteil vorher ausmalen konnte oder wollte (vgl. Largo/Czernin 2009, S. 11ff).
Knapp 50 Prozent aller geschlossenen Ehen mit Kindern werden heute wieder geschieden (vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland 2015). Und wo die Eltern schon monatelang einen Prozess der Trennung durch Streitereien und wohlmöglich versuchter Schlichtungsgespräche hinter sich haben, ihrer verletzten Eitelkeit schon auf unterschiedlichster Art und Weise Ausdruck verliehen haben, stürzt in vielen Fällen der Moment der Trennung und die damit oftmals einhergehende Offenbarung des Auszugs eines Elternteils für die Kinder von jetzt auf gleich auf sie ein (vgl. Lederle 1993, S. 240) .
In der folgenden Arbeit werde ich zuerst den Begriff der Familie näher beleuchten, um dann den Wandel dieser über die Jahrzehnte zu begutachten. Anschließend werde ich auf den Trend der Ein-Eltern-Familien eingehen, um mich dann den Folgen einer Scheidung/Trennung für die Kinder zu widmen. Überleitend erläutere ich dann die Ansätze der Familientherapie und werde aufdecken, warum eben diese Art der Therapieform in Bezug auf Kinder ihre Grenzen aufweist und werde darauf aufbauend eine andere (sozial-)pädagogische Alternative als die der systemischen Familientherapie für die Kinder dar legen. Abschließen werde ich diese Ausarbeitung mit einem Fazit, in der ich der Fragestellung zu den Grenzen für die Kinder in Hinblick auf die systemische Familientherapie im Trennungs-/Scheidungsfall Rechnung tragen werde.
Vorab möchte ich anmerken, dass ich die Begriffe Trennung und Scheidung in unterschiedlicher Ausdrucksweise benutzen werden, welches ausdrücklich der besseren und verständlicheren Leseart zu Gute kommt. Außerdem weise ich ausdrücklich daraufhin, dass ich genderspezifisch die Pluralform Kinder und die neutrale Form Kind stets benutze, welches das männliche und das weibliche Geschlecht des Kindes mit einbezieht. Dasselbe gilt für die Pluralform Pädagogen und die neutrale Form Gruppenleiter.
2. Wer ist eigentlich eine Familie?
Was genau bedeutet nun der Begriff „Familie“? Was steht hinter der Aussage von vielen Ehen mit Kindern: „Wir sind eine Familie!“.
Laut Diefenbach gibt es einen bedeutsamen Unterschied zwischen der Definition von Familie in der Alltagssprache und der Definition von Familie im juristischen Sinne. In der Alltagssprache gehören meist alle Personen, die durch Verwandtschaft, Ehe und Verschwägerung miteinander verbunden sind zur Familie. Es gebe daher keine klare Trennung von Familie und Verwandtschaft (vgl. Diefenbach 2000, S. 169). Im juristischen Sinne dagegen stellt ein Ehepaar nur dann eine Familie dar, wenn es mindestens ein Kind hat, wobei das Kind nicht leiblich sein muss, sondern auch adoptiert sein kann. Auch müssten die Eltern nicht verheiratet sein, um eine Familie zu bilden. Großeltern beispielsweise und alle anderen Personen, die entweder blutsverwandt oder verschwägert zu den Familienmitgliedern sind, gehörten juristisch gesehen nicht zur Familie, sondern bilden die Verwandtschaft beziehungsweise sind Verschwägerte (vgl. Diefenbach 2000, S. 170).
Auch Böhnisch (2010, S. 339) sieht als zentrales Kennzeichen der Familie „die Zusammengehörigkeit von zwei oder mehreren aufeinander bezogenen Generationen, die zueinander in einer Eltern-Kind-Beziehung stehen“ und steht bei der Mindestgröße im Konsens zu Peuckert (vgl. 2007, S. 36), der mindestens ein Kind und ein Elternteil zusammen als Familie ansieht. Generell ist es schwierig, neben den Mitgliedern einer Familie ihre genauen Charakteristiken zu definieren. Vor allem emotionale Komponenten wie „Vertrautheit, Verständnis, Rücksichtnahme“ (Diefenbach 2000, S. 170), „Solidarität und persönliche Verbundenheit“ (Peuckert 2007, S. 36) scheinen sie zu charakterisieren, wobei gerade das Zusammenleben von Eltern und Kindern eines der zentralen Kennzeichen zu sein scheint (vgl. Diefenbach 2000, S. 171).
3. Familie im Wandel
3.1 Generelle Tendenzen und mögliche Gründe
Die Familienform der Kernfamilie wird in manchen Darstellungen auch als „Normalfamilie“ bezeichnet, da sie in der Vergangenheit das häufigste Erscheinungsbild einer Familie war und auch heutzutage in Deutschland noch immer ist. Laut dem Statistischen Bundesamt waren 2013 mit gut 74 Prozent fast dreiviertel aller Familien Kernfamilien und sind damit noch deutlich in der Mehrheit. Die abnehmende Tendenz ist jedoch unverkennbar, da 1996 die Quote der Kernfamilien noch bei gut 81 Prozent lag (vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland 2014). Der Anteil der Ein-Eltern-Familien hat sich dagegen von rund 14 Prozent auf rund 20 Prozent und der Anteil der nichtehelichen Lebensgemeinschaften von rund 5 Prozent auf 9,5 Prozent erhöht, während sich der Anteil der Familien in Deutschland insgesamt von 57 Prozent im Jahre 1996 auf 49 Prozent im Jahre 2012 verringert hat (vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland 2014). Auch die sinkende Anzahl von Eheschließungen – im Jahre 2014 waren es gut 386.000, während 1950 noch über 750.00 Paare getraut wurden – unterstreicht dieses Ergebnis (vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland 2015).
In Deutschland findet seit den letzten Jahrzehnten eine Pluralisierung der Lebensformen statt, wobei der Sektor der nichtfamilialen Lebensformen z.B. Single-Haushalte, kinderlose Ehepaare etc. gewachsen ist und weiter wächst. Im Gegensatz dazu hat sich die Zusammensetzung von Familien jedoch vereinfacht. Am häufigsten gibt es Familien mit einem oder zwei Kindern, die Anteile von Familien mit vielen Kindern und von Mehrgenerationenfamilien ist in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen (vgl. Nave-Herz 2009, S. 29). Wie lassen sich diese Veränderungen erklären?
Tillmann und Meyer (vgl. 2003, S. 381) erklären diesen Wandel neben der allgemeinen Wohlstandssteigerung im Laufe der Jahre auch mit der Veränderung der Rolle der Frau, die zu dieser Pluralisierung der Lebensformen mit beigetragen hat. Das Bildungsniveau der Frauen ist in den letzten Jahrzehnten erheblich gestiegen und auch als Mutter ist ein Großteil von ihnen in Deutschland weiter berufstätig (vgl. Tillmann & Meyer 2003, S. 381). Die Ehe ist gerade für die Frau keine Notwendigkeit mehr zur finanziellen Absicherung. Sie hat viel an Bedeutung verloren und ist zusammen mit der Elternschaft zu „einer Option unter anderen geworden“ (Peuckert 2007, S. 37). Durch die Berufs- und Karriereorientierung vieler Frauen hat sich das durchschnittliche Alter der Frau bei der Geburt des ersten Kindes auch auf 29,6 Jahre verschoben und 15 Prozent der Frauen zwischen 20 und 39 Jahren wünschen sich überhaupt keine Kinder, bei den Männern sind es sogar 36 Prozent (vgl. Peuckert 2007, S. 37). Und dennoch hat sich der Anteil der Ein-Eltern-Familien in den letzten Jahrzehnten erhöht. Warum das so ist und die wohlmöglichen Gründe dessen wird im folgenden Unterpunkt 3.2 näher erläutert.
3.2 Ein-Eltern Familie im Fokus
Die stetige Zunahme an Ein-Eltern-Familien lässt sich vor allem durch die Zunahme von ledigen Müttern erklären (vgl. Peuckert 2007, S. 42). Zudem ist generell ein Anstieg der aufgelösten Ehen durch Scheidung seit den 60ern zu verzeichnen (vgl. Janas 2005, S. 140).
Die Gründe dafür sind, wie auch in Punkt 3.1 bereits erläutert, einerseits in den gesellschaftlichen Veränderungen, insbesondere in der Wandlung der Rolle der Frau zu sehen, die gerade aus ökonomischer Sicht meist nicht mehr von ihrem Mann abhängig ist. Auf der anderen Seite hat sich aber auch die gesellschaftliche Sichtweise auf Trennung und Scheidung verändert, sodass beides nicht mehr unbedingt mit negativ moralischen Vorstellungen behaftet ist (vgl. Janas 2005, S. 117). Gerade die Vorurteile gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften und ledigen Müttern haben in den letzten Jahren abgenommen und sind heutzutage fast gar nicht mehr vorhanden, wozu auch neue gesetzliche Regelungen[1] in den 70ern beigetragen haben, die den Status nichtehelicher Kinder verbesserten (vgl. Nave-Herz 2009, S. 98).
Andererseits können die gestiegenen Scheidungszahlen ebenfalls auf eine Zunahme von instabilen Beziehungen durch „gestiegene Ansprüche an die Qualität der Partnerbeziehung“ (Peuckert 2007, S. 39) zurückgeführt werden. Gestiegene emotionale Bedürfnisse und Forderungen an eine Beziehung, unerfüllte Erwartungen und das Auseinanderleben der Partner sorgen häufiger für eine Trennung und spielen mittlerweile eine bedeutsamere Rolle als beispielsweise finanzielle Probleme oder Untreue. Diese führen schneller zu Spannungen, sodass es häufiger zu Trennungen kommt (vgl. Peuckert 2007, S. 39). Des Weiteren sei die „intergenerationale Scheidungstradierung“ (Peuckert 2007, S. 39) von Bedeutung, die besagt, dass die Chance, sich selbst von seinem Partner scheiden zu lassen, für diejenigen steigt, die selber in der Kindheit eine Scheidung der Eltern miterlebt hätten. Dieser Effekt wird in der Forschung auch als „Transmissionseffekt“ bezeichnet (vgl. Rentschler 2012, S. 118).
Diese und weitere Folgen einer Trennung/Scheidung für die Kinder werde ich im nächsten Kapitel erläutern, sowie der Frage nachgehen, ob und wie es zu langfristigen Folgeerscheinungen bei den Kindern kommt und welche entlastenden Funktionen diesen im Falle einer elterlichen Trennung/Scheidung zu Gute kommen können.
4. Folgen für die Kinder im Trennungs-/Scheidungsfall
4.1 Primär- und Sekundärfolgen einer Trennung/Scheidung für die Kinder
In ihrer Arbeit über das Wechselmodell der Betreuung von Trennungs- und Scheidungskinder berichtet Sünderhauf (vgl. 2013, S. 218f) unter anderem auch von den Folgen, die eine Trennung und Scheidung auf die Kinder haben können. Sie bezieht sich in ihrer Ausarbeitung auf die Metaanalysen von Amato und Keith aus den 90igern. Sie unterteilen die Folgen einer Trennung in Primär- und Sekundärfolgen, wonach die Primärfolgen die unmittelbaren, erkennbaren Umstände direkt im Anschluss an eine Trennung und Scheidung sind. Hierunter fallen nicht nur der Verlust eines Elternteils, sondern auch der mit der Trennung oftmals einhergehende ökonomische Abstieg, zusätzliche, weitere Konflikte der Eltern, wie auch die psychische Verfassung des nun zumeist alleinerziehenden Elternteils unter dem die Kinder leiden (vgl. Sünderhauf 2013, S. 218f). Auch Unger (vgl. 2010, S. 250) erfasste in seiner qualitativ angelegten Studie, in der er rückblickend die Trennung der Eltern von heutigen Erwachsenen erfasst hat, dass oben genannten Primärfolgen in der Vergangenheit der Kinder oftmals zu Wut und Ärger geführt haben. Gerade aber auch die, nach Sünderhauf (vgl. 2013, S. 219) in Anlehnung an Amato und Keith benannten Sekundärfolgen, wie Umzug, möglicher Verlust weiterer Beziehungen zu Familienmitgliedern und Peers, wie auch die Gründung einer Zweitfamilie, die nach vollzogener Trennung auf die Kinder zukommen können, beschreiben etwa ein Viertel der Evaluierten in der Studie von Unger (vgl. 2010, S. 264-270) als große Belastung, oftmals einhergehend mit ausgeprägter Verlustangst. Die damaligen Reaktionen der Kinder reichten nach den eigenen Aussagen der Evaluierten von Traurigkeit, Wut und Hilflosigkeit über Alpträume, Ängstlichkeit und mangelndes Selbstbewusstsein und fehlender Selbstwert (vgl. Unger 2010, S. 273f). Auch berichteten einige, dass sie sich im Umgang mit Gleichaltrigen nicht mehr richtig verstanden gefühlt hätten, da diese die Änderung der Familienkonstruktion nicht vollends nachvollziehen hätten können (vgl. ebd., S. 276f). Ein weiterer Aspekt resultierend aus einer Trennung/Scheidung seien bei den Kindern das Absinken der schulischen Leistungen gewesen (vgl. ebd., S. 278).
Unabhängig davon, so führt Rentschler (vgl. 2012, S. 117) weiter auf, spielt das Alter der Kinder eine entscheidende Rolle in der Verarbeitung der Trennung/Scheidung. Mayer (vgl. 2013, S. 21f) hat im Rahmen ihrer Dissertation, die sich mit der Wirkung von Kindergruppen im Trennung- und Scheidungsfall befasst hat, die unterschiedlichen Altersstufen und ihre entsprechende Entwicklungsstufen vorab voneinander abgegrenzt. Damit hat deutlich gemacht, dass die Altersspanne von 6-12 Jahren durch die Verstärkung der Empathiefähigkeit der Kinder und auch das Eintreten in die Vorpubertät, eine zusätzlich stark belastende Zeit für die Kinder zur Verarbeitung einer Trennung/Scheidung zu sein scheint (vgl. Mayer 2013, S. 21f).
4.2 Entlastende Funktionen für Kinder im Trennungs-/Scheidungsfall
Dass eine Trennung oder Scheidung aber nicht immer mit gleich schwerwiegenden negativen Folgen behaftet sein muss, führt unter anderem Rentschler (vgl. 2012, S. 116). auf, die fünf Indikatoren zusammen gestellt hat, unter welchen Bedingungen Kinder eine Trennung und Scheidung weniger traumatisch durchleben. Hierunter zählt sie unter anderem, den Zeitraum, wie lange die Streitigkeiten der Eltern andauern, wie gut der alleinerziehende Elternteil mit der neuen Situation zurechtkommt und welche Belastungen wie Schulwechsel, sowie der Verlust von Freundschaften mit der Trennung noch einhergehen (vgl. Rentschler 2012, S. 116). Auch Dümmler (vgl. 1996, S. 111) beschreibt in ihrer Arbeit, dass das eigene, familiäre Klima, aber auch der Kontakt zu Kindern, die ähnliches erlebt haben, förderlich für die Verarbeitung einer Trennung und Scheidung sind. Nach Lederle (1993, S. 245) dürfe „das soziale Netz der Familie [...] dabei gar nicht hoch genug eingeschätzt werden“, welches wiederum Mayer (vgl. 2013, S. 239ff) durch ihre Forschungsarbeit „Trennungs- und Scheidungskindergruppen in der Erziehungs- und Familienberatung“ nachweislich belegen konnte. Lederle (vgl. 1993, S. 244ff) formuliert in seinem Aufsatz über „Schwerpunkte der Trennungs- und Scheidungsberatung. Was brauchen Kinder – was brauchen Eltern?“ sehr klar, dass die Kinder vorrangig lernen und verstehen müssen, dass sie weiterhin von beiden Elternteile geliebt werden und sie nicht Schuld an der Trennung sind. Damit wird ihnen die Angst genommen, dass Beziehungen nicht funktionieren können und ihnen somit wieder Vertrauen und Zuversicht in eben diese geschenkt (vgl. Lederle 1993, S. 244ff). Eltern indessen sind in Zeiten der Trennung in einer „innerlich als auch äußerlich extrem angespannten und bewegten Lage“ (ebd., S. 247) und das Gefühl der Überforderung schleicht sich damit schnell einher (vgl. ebd., S. 247). Dies macht unter anderem der unterschiedliche Verarbeitungszustand der Trennung aus, sowie die jeweiligen Gefühlszustände, in denen sich die Partner befinden (vgl. ebd., S. 247). Dümmler (vgl. 1996, S. 112) unterstützt dahingehend seine Aussage, als das sie schreibt, dass das Familienklima eine weitere Einflussvariable für die Verarbeitung der Trennung/Scheidung für die Kinder ist und formuliert weiter aus, dass das Verhalten der Eltern, die „nur eingeschränkt funktionstüchtig [sind], sich [...] negativ auf die kindlichen Anpassungsversuche“ (Dümmler 1996, S. 112) auswirken kann.
So wichtig es auf der einen Seite ist, in dieser angespannten Lage eine klare Trennung zwischen der Paar- und Elternebene für die Kinder zu schaffen (vgl. Lederle 1993, S. 248), so wichtig ist es auch, ihre Belange mit in den Trennungs- und Scheidungsprozess mit einzubeziehen und nicht außen vor zu lassen (vgl. ebd., S. 254). Gerade für diesen Teilaspekt der Trennung/Scheidung betont der Autor nochmal die Wichtigkeit von beratender Tätigkeit, um die jeweiligen Interessen der Parteien zu erörtern und gegebenenfalls bei der Umsetzung Hilfestellung leisten zu können (vgl. ebd., S. 254f).
Dass dieser Gesichtspunkt von enormer Tragweite ist, hat auch der Gesetzgeber verstanden und durch das Kinder- und Jugendhilferecht (KHJG) ein Recht auf professionelle Hilfe über die zum Beispiel Inanspruchnahme von Erziehungs- und Familienberatung ins Leben gerufen (vgl. Sozialgesetzbuch 2012, §28). Zudem hat der Gesetzgeber unter Berufung, „dass das Eltern-Kind-Verhältnis ein komplexes Beziehungssystem darstellt, in dem sowohl die Mutter als auch der Vater für das Kind (fortdauernd!) wichtige Rollen spielen“ (Wabnitz 2014, S. 107, Hervorhebung im Text), die Verteilung des Sorgerechts geregelt, welches einen Großteil für die weitere, gemeinsame Erziehung spielt (vgl. Wabnitz 2014, S. 107).
Bezugnehmend auf die Erziehungs- und Familienberatung werde ich im folgenden Kapitel auf die systemische Familientherapie weiter eingehen Nach einer Erläuterung der systemische Familientherapie und ihren Ansätze werde ich aus meinem anschließenden Zusammenfassung heraus in Punkt 6 der Fragestellung der Hausarbeit nach den Grenzen für die Kinder in dieser Therapieform nachgehen, um dann im weiteren Verlauf Modelle von pädagogischer Gruppenarbeit mit Kindern im Trennungs-/Scheidungsfall zu erläutern.
5. Das Verständnis von „systemischer Familientherapie“
Nach Herwig-Lempp (2002, S. 162, Hervorhebung im Text)gibt es „weder die Familientherapie noch die systemische Therapie“. Er sieht die Stärke dieser Therapie in der Offenheit, Veränderbarkeit und Vielfalt seiner Ausprägungen (vgl. Herwig-Lempp. 2002, S. 162). Damit unterstreicht er die Ansicht von Virginia Satir (vgl. Satir/Baldwin 1988, S. 151), eine der Vorreiterinnen innerhalb der Familientherapie, die den Menschen als ein Individuum betrachtet, welches stets nach Veränderung und Wachstum strebe. In stetiger gemeinsamer Abhängigkeit innerhalb der Weiterentwicklung im Familienkonstrukt, unterstreicht auch sie das Ziel von Familientherapie darin, diese als ein Ganzes zu sehen und nicht einzelne abgelöste Familienparteien für sich (vgl. Satir/Baldwin 1988, S. 141).
Um der Begrifflichkeit auf die Spur zu kommen, erscheint es demnach sinnvoll, vorerst zu erläutern, was ein System ist und wie dieser Begriff innerhalb der Familientherapie benutzt wird.
5.1 Die Bedeutung des Begriffs System
Brunner bezieht sich bei seiner Formulierung auf das griechische Ursprungsmorphem ‚to systema’ (vgl. Brunner 2004, S. 665), welches wiederum in seiner Wortbedeutung „aus mehreren Teilen zusammengesetzte und gegliederte Ganze“ widerspiegelt (Brunner 2004, S. 665). Herwig-Lempp (vgl. 2002, S. 181) geht indes einen Schritt weiter und sagt, dass die Bedeutung von ‚systemisch’ in seiner Reinheit nicht konkret festlegbar ist, da „ wir es sind, die Systeme zusammenstellen – und das wir sie ebenso gut auch anders zusammen stellen könnten“ (Herwig-Lempp 2002, S. 181, Hervorhebung im Text). Gemeinhin haben beide, dass das System als ein Ganzes zu betrachten ist und somit nicht einzelne Personen fokussiert betrachtet werden, sondern stets das Zusammenspiel mit den anderen Systemmitgliedern. So beruft sich Brunner auch explizit auf „das aristotelische Prinzip, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile“ (Brunner 2004, S. 656). Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass das System Familie als ein Ganzes zu sehen ist, seine Mitglieder nicht abgetrennt von diesem sind und somit jeder Einzelne stets im Zusammenhang mit den Anderen stehen.
[...]
[1] Am 1. Juli 1970 trat das Gesetz über die rechtliche Neustellung von nichtehelichen Kinder (Nichtehelichengesetz) in Kraft. Der Rahmen dieser Hausarbeit lässt eine weitere Erläuterung über die gesetzlichen Änderungen nicht zu. Das Artikelgesetz ist im BGB (Familienrecht) vollständig einsehbar.
- Citar trabajo
- Kirsty Wegener (Autor), 2015, Hilft die systematische Familientherapie den Kindern?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/414064
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