"Erziehungs- und Bildungstheorien gehören zum Kernbereich pädagogischer Reflexion. Diese Theorien versuchen, die Zielperspektiven und Voraussetzungen gelingender Erziehungs- und Bildungsprozesse systematisch zu entwickeln." (Baumgart, S.11)
Die Einführung in die Pädagogik, wie sie im ersten Semester eines erziehungswissenschaftlich orientierten Studiums behandelt wird, bereitet vielen Studienanfängern große Schwierigkeiten. Die richtige Auswahl der studienbegleitenden Materialien wird von den Mitarbeitern des entsprechenden Lehrgebietes getroffen und soll den Studenten den Einstieg in dieses Thema erleichtern.
Häufig kann ein Vergleich von Büchern eine zusätzliche Hilfe darstellen. In dieser Hausarbeit sollen der Studienbrief "Systematische Pädagogik I" von Karl-Heinz Dickopp und das im Rahmen eines Reformprojektes des Landes Nordrhein-Westfalen geschriebene Buch "Erziehungs- und Bildungstheorien" von Franzjörg Baumgart miteinander verglichen werden.
Beide Autoren haben verschiedene Wege gewählt dieses Thema zu bearbeiten.
In seinem Studienbrief "Systematische Pädagogik I" vertritt Dickopp einen prinzipienwissenschaftlichen Ansatz und entwickelt ein "grammatikalisches Gerüst" der Pädagogik, indem er die Normen- und Zielfrage theoriefähig beantwortet. Hierzu bezieht er sich auf eine personal-transzendentale Pädagogik.
Mittels vieler Graphiken und Reflexionsanregungen regt Dickopp den Leser zum Nachdenken an und bringt ihn so dazu das bisher Gelesene Revue passieren zu lassen.
Baumgart hingegen versucht in seinem Werk "Erziehungs- und Bildungstheorien" die Einführung in die Pädagogik historisch zu erschließen. Hierzu präsentiert er Quellen aus den verschiedenen Epochen und lässt deren Vertreter selber zu Wort kommen.
Mit Hilfe von Fragen zu den entsprechenden Quellen bietet diese Einführung in die Erziehungs- und Bildungstheorien die Möglichkeit die diversen Texte eigenständig zu interpretieren. Es handelt sich also hierbei um ein selbstinstruierendes Programm.
Nach einer Zusammenfassung der beiden Werke soll eine vergleichende Rezension Aufschluss darüber geben, welches Werk sich für die Einführung in die Pädagogik besser eignet bzw. inwiefern beide Werke diese Aufgabe erfüllen.
Inhalt
1. Einleitung
2. Karl-Heinz Dickopps "Systematische Pädagogik I"
2.1. Die anthropologischen Grundlagen der Pädagogik
2.2. Die wissenschaftstheoretischen Grundlagen der Pädagogik
2.3. Die methodischen Grundformen der Pädagogik
2.4. Die pädagogische Theoriebildung
2.5. Das Projekt einer personal-transzendentalen Pädagogik
3. Franzjörg Baumgarts "Erziehungs- und Bildungstheorien"
3.1. Die Pädagogik der Aufklärung
3.2. Der Neuhumanismus
3.3. Die Reformpädagogik
3.4. Das Erziehungsprogramm des Nationalsozialismus
3.5. Zum erziehungs- und bildungstheoretischen Diskurs in der Bundesrepublik
4. Vergleichende Rezension
1. Einleitung
"Erziehungs- und Bildungstheorien gehören zum Kernbereich pädagogischer Reflexion. Diese Theorien versuchen, die Zielperspektiven und Voraussetzungen gelingender Erziehungs- und Bildungsprozesse systematisch zu entwickeln." (Baumgart, S.11)
Die Einführung in die Pädagogik, wie sie im ersten Semester eines erziehungswissenschaftlich orientierten Studiums behandelt wird, bereitet vielen Studienanfängern große Schwierigkeiten. Die richtige Auswahl der studienbegleitenden Materialien wird von den Mitarbeitern des entsprechenden Lehrgebietes getroffen und soll den Studenten den Einstieg in dieses Thema erleichtern.
Häufig kann ein Vergleich von Büchern eine zusätzliche Hilfe darstellen. In dieser Hausarbeit sollen der Studienbrief "Systematische Pädagogik I" von Karl-Heinz Dickopp und das im Rahmen eines Reformprojektes des Landes Nordrhein-Westfalen geschriebene Buch "Erziehungs- und Bildungstheorien" von Franzjörg Baumgart miteinander verglichen werden.
Beide Autoren haben verschiedene Wege gewählt dieses Thema zu bearbeiten.
In seinem Studienbrief "Systematische Pädagogik I" vertritt Dickopp einen prinzipienwissenschaftlichen Ansatz und entwickelt ein "grammatikalisches Gerüst" der Pädagogik, indem er die Normen- und Zielfrage theoriefähig beantwortet. Hierzu bezieht er sich auf eine personal-transzendentale Pädagogik.
Mittels vieler Graphiken und Reflexionsanregungen regt Dickopp den Leser zum Nachdenken an und bringt ihn so dazu das bisher Gelesene Revue passieren zu lassen.
Baumgart hingegen versucht in seinem Werk "Erziehungs- und Bildungstheorien" die Einführung in die Pädagogik historisch zu erschließen. Hierzu präsentiert er Quellen aus den verschiedenen Epochen und lässt deren Vertreter selber zu Wort kommen.
Mit Hilfe von Fragen zu den entsprechenden Quellen bietet diese Einführung in die Erziehungs- und Bildungstheorien die Möglichkeit die diversen Texte eigenständig zu interpretieren. Es handelt sich also hierbei um ein selbstinstruierendes Programm.
Nach einer Zusammenfassung der beiden Werke soll eine vergleichende Rezension Aufschluss darüber geben, welches Werk sich für die Einführung in die Pädagogik besser eignet bzw. inwiefern beide Werke diese Aufgabe erfüllen.
2. Karl-Heinz Dickopps "Systematische Pädagogik I"
Die Grundlage bzw. die Begründung von Bildung und Erziehung stellt für Karl-Heinz Dickopp folgende Aussage dar: Der Mensch wird als biologisches Wesen geboren und muss erst zum kulturellen gesellschaftlichen Wesen erzogen werden (Dickopp, S.94). Die Erziehung regt den Menschen zu selbständigem Denken an (Dickopp, S.94) und versetzt ihn in die Lage sittlich-moralisch zu urteilen (Dickopp, S.77).
Dies kann jedoch nur durch eine personal-transzendentale Pädagogik erreicht werden. In seinem Studienbrief "Systematische Pädagogik I" entwickelt Dickopp diese Bildungs- und Erziehungstheorie Schritt für Schritt.
Im ersten Kapitel gibt Dickopp einen Überblick über den Inhalt dieses Studienbriefes und geht kurz auf grundlegende Begriffe wie zum Beispiel den Gegenstandsbereich der Pädagogik, den Spielraum der Pädagogik usw. ein (Dickopp, S.5-16).
2.1. Die anthropologischen Grundlagen der Pädagogik
Die "Anthropologie thematisiert das Menschliche" (Dickopp, S.5). Hierbei muss man jedoch zwischen einem grundlegenden (konstitutiven) und einem schöpferischen (konstruktiven) Bezug unterscheiden, da sowohl Erziehung und Bildung für die Menschwerdung notwendig sind als auch die kulturelle und körperliche Entwicklung (Dickopp S.5).
Demnach ist die Anthropologie entscheidend für die Pädagogik. Je nachdem welcher der beiden Ansätze gewählt wird, ändert sich die Entwicklung des Heranwachsenden. Erst durch seine Mitmenschen, das heißt durch die Gesellschaft, und die Erziehung wird der Mensch zu einer selbständig denkenden und handelnden Persönlichkeit (Dickopp, S.5-6).
Da die Anthropologie die Basis einer Bildungs- und Erziehungstheorie darstellt, spricht man an dieser Stelle auch von einer pädagogischen Anthropologie. Ihre Aufgabe ist es sich "dezidiert mit dem pädagogischen Denk- und Handlungsbereich" zu befassen (Dickopp, S.8), wodurch das Individuum "mitgestaltet" wird (Dickopp, S.8-9). Aus diesem Grunde ist die pädagogische Anthropologie darauf ausgerichtet, dass der Erzieher tätig werden muss (Dickopp, S.9).
Die Erziehung zu Autonomie und Selbstermächtigung soll den Selbsterziehungsprozess des Heranwachsenden fördern. Jedoch ergibt sich hieraus eine ethische Problematik des erzieherischen Einwirkens. Man muss sich die Frage stellen inwieweit das Individuum in seiner "Freiheit", "Autonomie" und "Integrität" beeinflusst wird, die es vielleicht sonst, ohne den Einfluss des Erziehers oder der Umwelt im Allgemeinen, selber entwickelt hätte (Dickopp, S.11). Erziehung stellt immer einen Eingriff in "die organisch-natürliche Verfasstheit des Menschen" dar (Dickopp, S.12).
Karl-Heinz Dickopp ist der Ansicht, dass bei einem Individuum bereits gewisse Merkmale vorhanden sein müssen, die als Richtlinien für ein konkretes Verhalten dienen sollen. Diese apriorischen Werte sollen in den Erziehungsprozess mit einfließen. Dickopp spricht hier vom "Gesollten" (Dickopp, S.73), welches in der Bildung vom Denkenden thematisiert wird. "Das Gesollte ist jeweils dasjenige, was im erzieherischen Handeln realisiert werden kann und für diese Realisierung Orientierung bereit stellt" (Dickopp, S.73).
An dieser Stelle wird gleichzeitig deutlich gemacht, dass Theorien ein "Anschaulich-Machen" dessen sind, was sinnlich nicht erfassbar ist (Dickopp, S.51). Somit sind Theorien keine Gegebenheiten, sondern Gedankenkonstrukte, die reflexiv vermittelt worden sind. Die "Ordnungszusammenhänge" werden also vom Denkenden in der Bildung selbst produziert (Dickopp, S.51-52).
Die Anthropologie ist grundlegend für jede pädagogische Theoriebildung (Dickopp, S.49), da bei jedem Menschen die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse anders strukturiert sind und dies Auswirkungen auf das Ziel der Autonomie und Selbstermächtigung hat. Somit kann nie von einer allgemeingültigen Theorie gesprochen werden (Dickopp, S.49-50).
Die universalistische Anthropologie geht hingegen davon aus, "daß es jenseits aller menschlichen Unterschiedlichkeiten etwas gibt, das für alle Menschen in gleicher Weise zutreffend ist und für sie und damit auch für jeden einzelnen Geltung hat" (Dickopp, S.126). Es gibt also Aussagen, die sowohl allgemeine als auch individuelle Bedeutung besitzen. Dickopp zieht hieraus die Konsequenz, dass eine universalistische Anthropologie einen "Konstruktionsrahmen für jede konkrete pädagogische Erörterung" darstellen sollte (Dickopp, S.130).
Die Aufgabe der Bildung ist es nun das erzieherische Handeln in die richtige Bahn zu lenken (Dickopp, S.65). Es ist also die Aufgabe der Erziehung die Absichten und Zielsetzungen, die in der Bildung herausgearbeitet wurden, zu realisieren. Somit ist Bildung nur sinnvoll, wenn sie in der Erziehung auch umgesetzt wird. "Erziehungstheorie ist Handlungstheorie" (Dickopp, S.9).
2.2. Die wissenschaftstheoretischen Grundlagen der Pädagogik
Die wissenschaftstheoretische Fragestellung stellt den zweiten Bereich dar, den Dickopp in seinem Studienbrief aufgreift. Hierbei bedient sich die Pädagogik verschiedener Wissenschaftsgebiete wie zum Beispiel der Philosophie, der Biologie, der Soziologie, der Theologie oder der Psychologie, um die Legitimation einer Wissenschaft zu erhalten. Vor allen Dingen die Philosophie hat eine starke Auswirkung auf die Pädagogik, da sie den Menschen aus anthropologischer Sicht im Ganzen betrachtet (Dickopp, S.8-12).
Die pädagogische Anthropologie hingegen "beschränkt sich […] auf […] das Menschliche, das durch Erziehung und Bildung hervorgebracht bzw. mitgestaltet wird" (Dickopp, S.8). Somit bezieht sie sich immer auf das Handeln des Erziehers. Die Reflexion ist ein entscheidender Bestandteil dieses handelnden Eingreifens in den menschlichen Werdeprozess (Dickopp, S.8).
Diese Bildungsphilosophie, die sich auf die Erziehungspraxis bezieht, ist von prinzipieller Natur, das heißt sie orientiert sich an den Leitlinien des allgemeinen Menschen. Da der Mensch durch theologische, religiöse oder weltanschauliche Zusammenhänge geprägt wird, sind somit auch Auswirkungen auf die Bildungsvorstellungen unvermeidbar. Die Aufgabe bzw. die Herausforderung der Pädagogik besteht nun darin die Individualität und die Besonderheit des Menschen unter Einbeziehung philosophischer und theologischer Gedankengänge hervorzuheben (Dickopp, S.9-10).
Hieraus ergibt sich folgende Konsequenz: Pädagogisches Handeln kann immer nur ein indirektes Handeln sein, da die Selbstverwirklichung, die Mündigkeit, die Verantwortungsfähigkeit und die Autonomie die Ziele der Pädagogik darstellen. Weiterhin steht die Förderung des Selbsterziehungsprozesses im Mittelpunkt (Dickopp, S.11).
Es ist weder möglich die Pädagogik rein den Naturwissenschaften zuzuordnen, da sich diese auf einen messbaren Bereich beziehen und durch das "Ursache-Wirkungs-Prinzip", das so genannte "Kausalgesetz", definiert sind (Dickopp S.13), noch den Prinzipienwissenschaften, da "es vor und hinter allem Seienden so etwas wie einen das Seiende selbst begründenden Grund gibt" (Dickopp, S.13). Somit kann man hier auch von transzendental-wissenschaftlichen Idealwissenschaften sprechen (Dickopp, S.13).
Heutzutage zählt man die Pädagogik zu einem neuen Wissenschaftsbereich, der im 19. Jahrhundert entstanden ist: die Geisteswissenschaften. Dieser Bereich umfasst sowohl kulturelle Traditionen als auch gesellschaftliche Aspekte (Dickopp, S.13).
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- Arbeit zitieren
- Nicole Herzog (Autor:in), 2005, Vergleichende Rezension von Karl-Heinz Dickopps Systematische Pädagogik I und Franzjörg Baumgarts Erziehungs- und Bildungstheorien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41401
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