Die jüngsten Entwicklungen auf den globalen Finanzmärkten haben deutlich gezeigt, dass die bisherigen Modelle der Kapitalmarktforschung nur begrenzt in der Lage sind, Anomalien von Wertpapierkursbewegungen zu erklären. Alan Greenspan warnte am 26. Februar 1997 vor dem amerikanischen Kongress vor einer „irrationalen Jubelstimmung“ und deutete bereits zu diesem Zeitpunkt auf Fehlallokationen auf den Aktienmärkten hin, wobei markpsychologische Phä-nomene immer wieder im Fokus seiner Rede standen.
Der Zusammenbruch des Neuen Marktes in Deutschland war für die Finanz-wissenschaft von besonderer Bedeutung, da klassische Finanzmarkttheorien unzureichende Erklärungen lieferten. Da menschliches Handeln Marktergeb-nisse determiniert, mussten wirtschaftspsychologische Erkenntnisse mehr in die Finanzmarkttheorie eingebunden werden.
Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren in der finanzwissenschaftli-chen Forschung verhaltentheoretische Ansätze herangezogen, die eine Abkehr von den neoklassischen Annahmen bedeuteten. Diese neue Forschungsrich-tung, genannt „Behavioral Finance“, untersucht Finanzmarktreaktionen mit Hilfe einer Synthese von ökonomischen und psychologischen Erklärungsansät-zen. Damit verknüpft sie insbesondere das Individualverhalten mit dem Markt-geschehen.
Die vorliegende Untersuchung stellt zunächst einige Unterschiede zwischen der neoklassischen Finanzierungstheorie und der Behavioral Finance dar. Da-bei wird insbesondere auf das Rationalitätsverständnis und die Unterschiede in den Entscheidungsprozessen eingegangen. In Kapitel II werden anschließend die psychologischen Effekte vorgestellt, die eine Erklärung für irrationales Verhalten auf Finanzmärkten liefern, bevor in Kapitel III die Theorien auf die konkreten Ereignisse am Neuen Markt hin untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
I. Notwendigkeit der Berücksichtigung verhaltenstheoretischer Ansätze in der Finanzierungstheorie
II. Neoklassische Finanzierungstheorie vs. verhaltenstheoretischer Ansatz
A. Der Rationalitätsbegriff
B. Entscheidungsprozesse auf Finanzmärkten
III. Theoretische Analyse der Behavioral Finance-Effekte
A. Systematisierung der Behavioral Finance-Effekte anhand des menschlichen Informationsverarbeitungsprozesses
1. Informationswahrnehmunganomalien
a) selektive Wahrnehmung
b) Verfügbarkeitsheuristik
2. Informationsverarbeitunganomalien
a) Relatives Bewertungsschema
b) Dispositionseffekt, sunk-costs und mentale Konten
3. Entscheidungsanomalien
a) Overconfidence-Modell
b) Effekte des menschlichen Kontrollbedürfnisses
c) Herdeneffekte
B. Aussagefähigkeit der Theorien in Hinblick auf die Ereignisse am Neuen Markt
IV. Herausforderungen für die zukünftige Kapitalmarktforschung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Klassischer und kognitiver Entscheidungsprozess
Abbildung 2: Hypothetische Wertefunktion der Prospect Theory
Abbildung 3: Wertefunktion anhand des Ausgangsbeispieles
Abbildung 4: Entwicklung des NEMAX und Entwicklung der Aktionärszahlen in Deutschland
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Unterschiede zwischen der neoklassischen Finanzierungstheorie und der Behavioral Finance
I. Einleitung und Gang der Untersuchung
Notwendigkeit der Berücksichtigung verhaltenstheoretischer Ansätze in der Finanzierungstheorie
Die jüngsten Entwicklungen auf den globalen Finanzmärkten haben deutlich gezeigt, dass die bisherigen Modelle der Kapitalmarktforschung nur begrenzt in der Lage sind, Anomalien von Wertpapierkursbewegungen zu erklären. Alan Greenspan warnte am 26. Februar 1997 vor dem amerikanischen Kongress vor einer „irrationalen Jubelstimmung“ und deutete bereits zu diesem Zeitpunkt auf Fehlallokationen auf den Aktienmärkten hin, wobei markpsychologische Phänomene immer wieder im Fokus seiner Rede standen.[1]
Der Zusammenbruch des Neuen Marktes in Deutschland war für die Finanzwissenschaft von besonderer Bedeutung, da klassische Finanzmarkttheorien unzureichende Erklärungen lieferten. Da menschliches Handeln Marktergebnisse determiniert, mussten wirtschaftspsychologische Erkenntnisse mehr in die Finanzmarkttheorie eingebunden werden.
Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren in der finanzwissenschaftlichen Forschung verhaltentheoretische Ansätze herangezogen, die eine Abkehr von den neoklassischen Annahmen bedeuteten. Diese neue Forschungsrichtung, genannt „Behavioral Finance“, untersucht Finanzmarktreaktionen mit Hilfe einer Synthese von ökonomischen und psychologischen Erklärungsansätzen. Damit verknüpft sie insbesondere das Individualverhalten mit dem Marktgeschehen.[2]
Die vorliegende Untersuchung stellt zunächst einige Unterschiede zwischen der neoklassischen Finanzierungstheorie und der Behavioral Finance dar. Dabei wird insbesondere auf das Rationalitätsverständnis und die Unterschiede in den Entscheidungsprozessen eingegangen. In Kapitel II werden anschließend die psychologischen Effekte vorgestellt, die eine Erklärung für irrationales Verhalten auf Finanzmärkten liefern, bevor in Kapitel III die Theorien auf die konkreten Ereignisse am Neuen Markt hin untersucht werden.
II. Neoklassische Finanzierungstheorie vs. Verhaltenstheoretischer Ansatz
Neoklassische Finanzierungstheorie vs. verhaltenstheoretischer Ansatz
A. Der Rationalitätsbegriff
Ausgangspunkt einer Analyse von Anlegerverhalten soll das Individuum sein, welches Investitionsentscheidungen unter Unsicherheit trifft.[3] Die Modellierung des Verhaltens auf Finanzmärkten wird in der klassischen Finanzierungstheorie auf der Grundlage der normativen Erwartungsnutzentheorie gebildet. Sie liefert eine Antwort auf die Frage, wie eine Entscheidung getroffen werden muss, damit sie – im Sinne bestimmter Regeln – rational ist. Das Bernoulli-Prinzip, das von NEUMANN und MORGENSTERN weitergeführt wurde, bedient sich einer Synthese eines Anforderungskataloges rationaler Entscheidungen und der Grenznutzentheorie nach dem zweiten Gossenschen Gesetz.[4] Damit wird immer eine Entscheidung getroffen, die gemäß der zu Grunde liegender Rationalitätsaxiome den Erwartungsnutzen maximiert.[5]
In der Finanzwissenschaft hatte diese Richtung der Entscheidungstheorie einen großen Einfluss auf die Portfolio Selection Theory von MARKOWITZ.[6] Dabei gestaltet ein Investor sein Anlagenportfolio in einer Weise, dass die Rendite des Portfolios bei gegebenem Risiko maximal oder das Risiko bei einer bestimmten Rendite minimal ist. Das Bernoulli-Prinzip wurde auf das Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenPrinzip vereinfacht.
Ansatzpunkt der Behavioral Finance ist das Rationalitätsverständnis der neoklassischen Finanzierungstheorie. Die bisherige subjektive Formalrationalität lässt subjektiv wahrgenommene Informationsinhalte zu, der Entscheider verhält sich jedoch gemäß einer spezifischen Entscheidungslogik. Diese Logik beruht auf den rationalen Kriterien der Zukunftsorientierung, Transitivität, Invarianz und der Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen.[7]
II. Neoklassische Finanzierungstheorie vs. Verhaltenstheoretischer Ansatz
Gemäß diesem Verständnis eines „Homo Oeconomicus“ und einer der Neoklassischen Finanzierungstheorie zugrunde liegenden Situation vollkommener Märkte gilt das „Gesetz des einen Preises“. Irrationalitäten werden aufgrund von Arbitragemöglichkeiten vom Markt absorbiert.[8] Die Behavioral Finance Theorie geht von einem begrenzt rational handelnden Investor aus, und stellt die Hypothese auf, dass systematische Verhaltensanomalien zu divergierenden Marktergebnissen führt. Die nachfolgende Tabelle zeigt einen komprimierten Überblick über gewichtige Unterschiede in den Annahmen dieser zwei Forschungsrichtungen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Unterschiede zwischen der neoklassischen Finanzierungstheorie und der
Behavioral Finance[9]
II. Neoklassische Finanzierungstheorie vs. verhaltenstheoretischer Ansatz
B. Entscheidungsprozesse auf Finanzmärkten
Der individuelle Entscheidungsprozess gestaltet sich aus der Sicht des Behavioral Finance-Ansatzes anders als es bei der neoklassischen Finanzierungstheorie der Fall ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1:klassischer und kognitiver Entscheidungsprozess[10]
Die Behavioral Finanace-Theorie geht von dem menschlichen Informationsverarbeitungsprozess aus, an deren Anfang ein Stimulus in Form von Informationen steht. Die Wahrnehmung der Informationen selbst kann als automatischer, spontaner oder intentionaler Prozess ablaufen, wobei auf Finanzmärkten die spontane und intentionale Wahrnehmung im Vordergrund steht.[11] Im Fokus der Informationsselektion steht die Kategorisierung der dargebotenen externen Stimuli. Dabei tendiert das menschliche Gehirn zu einer Vereinfachung der wahrgenommen Informationen. Die eigentliche Kreativität der kognitiven Informationsverarbeitung liegt in der Schlussfolgerung, welche letztendlich eine Entscheidung herbeiführt.[12] Dabei müssen Informationen verglichen und bewertet werden. Die Bewertung stellt daher einen zentralen Punkt dar, da sie die Grundlage für die finale Entscheidung bildet.
[...]
[1] Vgl. Jünemann/Schellenberger (1997), S.562.
[2] Vgl. Behavioral Finance Group (2000), S. 311.
[3] Vgl. Kahnemann/Riepe (1998), S.52.
[4] Vgl. Unser (1999), S. 16 f.
[5] Vgl. Hein (2002), S. 110.
[6] Für eine ausführliche Darstellung siehe Auckenthaler (1994), S. 153 ff.
[7] Vgl. Eisenführ/Weber (2003), S. 7 ff.
[8] Vgl. Glaser/Nöth/Weber (2003), S. 2f.
[9] Quelle: In Anlehnung an Müller (2003), S. 94.
[10] Quelle: eigene Darstellung.
[11] Vgl. Kiehling (2001), S. 47.
[12] Vgl. Müller (2003), S. 112.
- Arbeit zitieren
- Jens Grunendahl (Autor:in), 2005, Behavioral Finance - Verknüpfung von finanzwirt-schaftlichen und verhaltenstheoretischen Ansätzen zur Erklärung von Anlegeverhalten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41392
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