Am 31. Oktober jährt sich zum 500. Mal der Tag, an dem Martin Luther die 95 Thesen an die kirchliche Leitung übermittelte und so feiert die Evangelische Kirche in Deutschland 2017 das große Reformationsjubiläum. Die berühmte erste These des Augustinermönchs ruft zur lebenslangen Buße auf: "Unser Herr und Meister Jesus Christus wollte, als er sprach: "Tut Buße" usw. (Mt 4,17), dass das ganzes Leben der Gläubigen Buße sei." Mit Luthers bußtheologischer Entdeckung nahm die Reformation ihren Anfang und aus ihr entwickelte sich Luthers bahnbrechendes Verständnis der paulinischen Lehre von der Rechtfertigung.
Ein Thema, das angesichts der politischen und theologischen Dispute des 16. Jahrhunderts lange unbeachtet blieb, ist die Verwurzelung des jungen und stets für Innovation und Modernität bekannten Martin Luther in der mittelalterlichen Mystik. Doch im Rahmen des Reformationsjubiläums werden Luther und die Mystik in der kirchenhistorischen Forschung neu entdeckt. In seiner jüngsten Veröffentlichung Die fremde Reformation. Luthers mystische Wurzeln zu Beginn des Jahres 2017 bettet der Kirchenhistoriker Volker Leppin den Reformator in seinen spätmittelalterlichen Kontext ein und stellt ihn in das Erbe der mittelalterlichen Mystik. Leppin zufolge gründet Luthers reformatorisches Gedankengut nicht zuletzt in der mystischen Bußtheologie, wie sie insbesondere in den 95 Thesen Ausdruck findet. Doch wie wird Buße in der für die evangelisch-lutherischen Kirche zentralen Bekenntnisschrift der "Confessio Augustana" verstanden und inwiefern bestimmt die spätmittelalterliche Mystik auch noch das Jahre später verfasste Bußverständnis der CA?
Um dieser Frage nachzugehen werde ich einleitend einen Überblick über den grundlegenden Zusammenhang von mittelalterlicher Mystik und reformatorischer Bußtheologie geben. Anschließend stelle ich die mystische Bußtheologie anhand der für die reformatorische Entwicklung bedeutenden Schriften dar. Im weiteren Verlauf widme ich mich der CA und ihrem bußtheologischen Verständnis und führe in einem weiteren Schritt die Bußtheologie der Mystik und die der CA zusammen. Anhand eines Vergleichs der Bußverständnisse in den meines Erachtens zentralen Themenbereichen soll die mystische Dimension der CA herausgearbeitet und deren Grenzen aufgezeigt werden. Zuletzt werde ich die in der Arbeit entdeckten Ergebnisse zusammenfassen und ihre gegenwärtige Bedeutung für das Reformationsjubiläum 2017 aufzeigen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Zusammenhang von mittelalterlicher Mystik und reformatorischer Bußtheologie
3. Das Bußverständnis in der Mystik
3.1 Historische Kontextualisierung der Predigten Taulers und der Theologia deutsch
3.2 Theologische Argumentation
3.2.1 Die Verinnerlichung der Buße
3.2.2 Das Bußsakrament
3.2.3 Die Selbsterkenntnis des Pönitenten
4. Das Bußverständnis in der Confessio Augustana
4.1 Historische Kontextualisierung der Confessio Augustana
4.2 Theologische Argumentation
4.2.1 Die Buße als Reue
4.2.2 Die Buße als Glauben
4.2.3 Die Früchte der Buße
4.2.4 Die Bußbeichte
5. Die mystische Dimension in der Confessio Augustana
5.1 Das Verhältnis von innerer Reue und Glauben
5.2 Die Bußbeichte
5.3 Die Buße als Zentralvorgang christlichen Lebens
6. Gegenwärtige Bedeutung und Fazit
Literaturverzeichnis
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