In dieser Arbeit soll es darum gehen, wie ein Schüler mit sportlichem Interesse für Ballsportarten ein Vorhaben zur Bewegung und Musik im Sportunterricht wahrnimmt. Was lernt dieser Schüler im Sportunterricht aufgrund des Vorhabens im motorischen, kognitiven und sozial-emotionalen Bereich? Wie kann die Motivation des Schülers eingeschätzt werden? Wie erlebt und beschreibt er seine subjektiven Erfahrungen mit dem Sich-Bewegen zur Musik im Vergleich zu objektiven Beobachtungen? Erkennt er seinen individuellen Lernerfolg? Verändert sich seine Einstellung / seine Gefühlslage während des Unterrichtsvorhabens?
Zunächst werden dafür der wissenschaftliche Hintergrund, die Gründe für die Kombination von Bewegung und Musik, der Begriff der rhythmisch-musikalischen Bewegungserziehung und der Motivationsbegriff im Sportunterricht vertieft. Anschließend wird das methodische Design dieser Fallstudie beschrieben, das die Methode des Bewegungstagebuchs, des Interviews, sowie der Videographie beinhaltet und der Fall dargestellt. Den Schwerpunkt der Arbeit bildet die qualitative Analyse der Videosequenzen, des Tagebuchs und des Interviews und die daraus resultierenden Ergebnisse und Schlussfolgerungen im Fazit.
Die veränderten Lebensverhältnisse von Kindern bilden den Ansatzpunkt für den Sportunterricht. In dieser Arbeit soll es darum gehen, wie ein Schüler mit sportlichem Interesse für Ballsportarten ein Vorhaben zur Bewegung und Musik im Sportunterricht wahrnimmt. Was lernt dieser Schüler im Sportunterricht aufgrund des Vorhabens im motorischen, kognitiven und sozial-emotionalen Bereich? Wie kann die Motivation des Schülers eingeschätzt werden? Wie erlebt und beschreibt er seine subjektiven Erfahrungen mit dem Sich-Bewegen zur Musik im Vergleich zu objektiven Beobachtungen? Erkennt er seinen individuellen Lernerfolg? Verändert sich seine Einstellung / seine Gefühlslage während des Unterrichtsvorhabens?
Inhaltsverzeichnis
1 Kombination von Bewegung und Musik
1.1 Gründe für die Kombination von Bewegung und Musik im Sportunterricht
1.2 Rhythmisch-musikalische Bewegungserziehung
1.3 Motivation im Sportunterricht
2 Methodik der Unterrichtsforschung
2.1 Die Fallstudie im sportpädagogischen Kontext
2.2 Das Tagebuch
2.3 Das Interview
2.4 Videografie und Beobachtung
3 Falldarstellung
3.1 Beschreibung des Schülers
3.2 Beschreibung des Unterrichtsvorhabens
3.2.1 Stunde 1
3.2.2 Stunde 6
3.2.3 Stunde 9
3.2.4 Stunde 10
4 Qualitative Analyse des Verhaltens und der Aussagen
4.1 Qualitative Analyse der Videosequenzen
4.1.1 Interpretation Stunde 1
4.1.2 Interpretation Stunde 6
4.1.3 Interpretation Stunde 9
4.1.4 Interpretation Stunde 10
4.1.5 Zusammenfassung
4.2 Qualitative Analyse des Tagebuchs
4.2.1 Tagebucheintrag Stunde 1
4.2.2 Tagebucheintrag Stunde 6
4.2.3 Tagebucheintrag Stunde 9
4.2.4 Tagebucheintrag Stunde 10
4.2.5 Zusammenfassung Tagebucheinträge
4.3 Qualitative Analyse des Interviews
4.3.1 Interpretation Interview
4.3.2 Zusammenfassung Interview
4.4 Zusammenstellung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Fazit
Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhang 1
Anhang 2
Anhang 3
Anhang: Erläuterungen zu dem Sporttagebuch:
Einleitung
Die ersten Lebensjahre unserer Kinder sind schon seit langer Zeit großen Veränderungen ausgesetzt. Neben den unterschiedlichsten Formen von Familienkonstellationen und einer bereits vorschulischen institutionalisierten Erziehung, befindet sich besonders die Bewegungserziehung im Wandel. In dieser veränderten Kindheit stehen sich zwei Extreme gegenüber: auf der einen Seite verbringen Kinder ihre Freizeit vor oder mit digitalen Medien wie dem Computer, dem Fernseher, Handy oder Spielkonsolen; auf der anderen Seite wird Sport überwiegend in institutionalisierten Räumen betrieben. Diese Versportung beschreibt die Flucht in Sportvereine in denen angeleitetes Sportmachen betrieben wird. Gerade die in Deutschland großen Sportarten wie Fußball oder Handball ziehen Kinder und besonders Jungen an. Für eine kreative Bewegungserziehung bleibt hier kaum Platz, Zeit oder Motivation. Sollte nicht aber gerade Kindern der Raum gegeben werden, sich kreativ mit ihrer Umwelt auseinanderzusetzen? Welche Vorteile bringt eine kreative Bewegungserziehung mit sich?
Die veränderten Lebensverhältnisse von Kindern bilden den Ansatzpunkt für den Sportunterricht. Gerade in der Grundschule kann Kreativität noch im frühen Kindesalter gefördert werden und ein Bewusstsein für kreative Bewegungsgestaltung geschaffen werden. In dieser Arbeit soll es darum gehen, wie ein Schüler mit sportlichem Interesse für Ballsportarten ein Vorhaben zur Bewegung und Musik im Sportunterricht wahrnimmt. Was lernt dieser Schüler im Sportunterricht aufgrund des Vorhabens im motorischen, kognitiven und sozial-emotionalen Bereich? Wie kann die Motivation des Schülers eingeschätzt werden? Wie erlebt und beschreibt er seine subjektiven Erfahrungen mit dem Sich-Bewegen zur Musik im Vergleich zu objektiven Beobachtungen? Erkennt er seinen individuellen Lernerfolg? Verändert sich seine Einstellung / seine Gefühlslage während des Unterrichtsvorhabens?
Zunächst werden dafür der wissenschaftliche Hintergrund, die Gründe für die Kombination von Bewegung und Musik, der Begriff der rhythmisch-musikalischen Bewegungserziehung und der Motivationsbegriff im Sportunterricht vertieft. Anschließend wird das methodische Design dieser Fallstudie beschrieben, das die Methode des Bewegungstagebuchs, des Interviews, sowie der Videographie beinhaltet und der Fall dargestellt.
Den Schwerpunkt der Arbeit bildet die qualitative Analyse der Videosequenzen, des Tagebuchs und des Interviews und die daraus resultierenden Ergebnisse und Schlussfolgerungen im Fazit.
1 Kombination von Bewegung und Musik
Bewegung, in diesem Sinne das Tanzen, und Musik sind seit ewigen Zeiten Bestandteil aller Völker und Kulturen. Tanzen wird als körperliche Ausdrucksweise gesehen, eine sich stets weiterentwickelnde und in keinem starren Zustand verharrende Form der kreativen Bewegung zur Musik. Durch das spielerisch oder künstlerisch rhythmische Bewegen, soll „Musik oder Geräusche körperlich interpretiert werden“ (Gulden & Scheer, 2011, S. 7). In dieser Arbeit soll die Kombination von Bewegung und Musik nicht als Erlernen geschlossener Tanzstile, sondern vielmehr als eine kreative Bewegungsgestaltung in Verbindung mit Musik oder Rhythmen verstanden werden. Palm-Scheel (1976, S.13) sieht tänzerisches Bewegen als eine harmonische Verbindung von Bewegung und Musik und versteht tänzerisches Bewegungslernen nicht als eine Aneignung von Fertigkeiten, sondern als Realisierung kreativ-kommunikativen Tanzens in Verbindung mit Kenntnissen über dieses Tanzen (vgl. ebd., S.14).
Die engen Beziehungen zwischen Bewegung und Musik werden allerdings nicht nur durch das Tanzen deutlich. Sowohl Bewegung, als auch Musik lassen sich in „rhythmische Grundvariablen“ gliedern: zeitlich, dynamisch und formal. Durch variable Nutzung des Bewegungstempos werden Bewegungen zeitlich-rhythmisch gegliedert, sowie der zeitliche Faktor auch in der Musik durch das Tempo bestimmt wird. Die Dynamik wird in der Bewegung durch verschiedene Komponenten wie Krafteinsatz, Intensität oder muskuläre Spannung erzeugt, in der Musik zeichnet sich sie sich durch Klang- und Tonstärke aus. Die Form einer Bewegung kann gradlinig, kurvig, rund oder eckig sein. Die Form der Musik wird durch eine variable Verarbeitung gewonnen: sie kann gekürzt, wiederholt, (un-) rhythmisiert oder erweitert werden (vgl. Falk, 1979, S.33). Diese Beziehungen beschränken sich jedoch nicht nur auf den Rhythmus. Der Körper agiert in der Bewegung als Gegenstück zum Instrument in der Musik, er ist das Instrument mit dem gespielt, dargestellt bzw. getanzt wird (vgl. Neuber, 2000, S. 81).
An diesen Auffassungen über die Kombination von Bewegung und Musik wird deutlich, dass durch das Bewegen zur Musik etwas nach außen kommuniziert werden kann. Dies geschieht nicht nur durch festgelegte Tanzformen, sondern auch durch alltägliche und sportliche Bewegungen, die in Verbindung mit Musik verändert, bzw. gestaltet werden können.
1.1 Gründe für die Kombination von Bewegung und Musik im Sportunterricht
In dieser theoretischen Einführung soll es darum gehen, welche Vorteile ein kreatives Bewegungslernen durch die Kombination von Bewegung und Musik im Sportunterricht mit sich bringt. Hierzu wird nicht nur auf den psycho-motorischen Bereich, sondern auch auf kognitive und soziale Lernziele eingegangen.
Als Basis für die Begründung der Verwendung von Bewegung und Musik im Sportunterricht, hier speziell in der Grundschule, sollten die unterschiedlichen Lernbereiche gesehen werden, die durch das kreative Bewegungslernen mit Musik angesprochen werden. Palm-Scheel (1976, S.15) unterscheidet zwischen dem individuellen und dem sozialen Lernbereich, die wiederum verschiedene Lernkategorien aufweisen.
Tab.1. Lernziele (vgl. Palm-Scheel, 1976)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Für den individuellen Bereich geht es zunächst einmal um motorische Fähigkeiten: das Lernen von gymnastischen und tänzerischen Bewegungen, die Erprobung dieser mit Hilfe der Gestaltungskriterien und das begleitete Lernen (Lernkategorie 1,2 & 3). In der 4. Lernkategorie, dem Lernen von verstehen und urteilen, wird der kognitive Bereich angesprochen, in dem die Schülerinnen und Schüler[1] die verschiedenen Abläufe in der Bewegungsgestaltung in ihren Dimensionen kognitiv verarbeiten sollen. Eindeutig zum sozialen Lernbereich werden auch die 5. und 6. Lernkategorie zugeordnet. In diesen wird die Fähigkeit ausgedrückt, sich durch rhythmisch-musikalisches Bewegungslernen kommunikativ zu verhalten und durch kooperative Verhaltensweisen zusammenzuwirken. Auch Gulden und Scheer (2011, S.7) verweisen auf die integrative Wirkung, die Tanzen haben kann, da es sich um eine interkulturelle Freizeitbeschäftigung handelt, die keine sozialen Barrieren aufweist. Um ein kreativ-kommunikatives Tanzen zu ermöglichen, muss den SuS ausreichend Raum, Zeit und Gelegenheit zum Ausprobieren und Experimentieren vorbehalten werden. Diese Lernziele sollen keine Vollständigkeit aufweisen, sondern nur eine Orientierung geben (vgl. Palm-Scheel, 1976, S.15). Sie sind offensichtlich, gerade unter dem motorischen Aspekt, auf den Bereich Tanz ausgerichtet. Durch kreatives Bewegungslernen werden tanzspezifische Bewegungen erlernt und mit Hilfe der Gestaltungskriterien verändert.
Die Verwendung von Bewegung und Musik im Sportunterricht hat allerdings auch Vorteile, die nicht direkt die tänzerischen Fähigkeiten betreffen. Betrachtet man die Bewegung zur Musik allgemeiner in Verbindung mit Rhythmus, wird sie zu einem wichtigen Aspekt zum Erlernen motorischer Fertigkeiten. Rieder, Balschbach und Payer (1991) nahmen in ihrer Studie zum „Lernen durch Rhythmus“ die Grunderkenntnis auf, dass ein gewisser Zusammenhang zwischen der Antizipation und dem Neulernen von Bewegungen besteht. Dies führte zu der Idee, „dass eine musikalische Vorgabe einer bestimmten Ablaufstruktur von Bewegungen das Lernen dieser Bewegung erleichter[t] und beschleunig[t]“ (ebd., S.2). Der konkrete Vorteil von musikalisch unterstütztem Bewegungslernen liegt darin, dass die Zeitstruktur des Bewegungsablaufs durch das Rhythmusgefühl unterstützt wird. Es lassen sich viele Sportbeispiele finden, bei denen ein gewisses Rhythmusgefühl von Vorteil ist, sei es der Anlauf beim Hoch-, Weit-, Dreisprung oder dem Speerwurf aus der Leichtathletik oder auch aus Ballsportarten wie dem Korbleger beim Basketball oder dem Sprungwurf im Handball, bei dem es auf die richtige Schrittfolge zum Absprung ankommt. Das Erkennen und Bewusstwerden von metrisch-rhythmischen Zusammenhängen verbessert zudem die motorischen Fertigkeiten; Schüler die eine gute Rhythmusfähigkeit aufweisen, zeigen auch gute bis sehr gute Leistungen, nach Meinel und Schnabel (1987). Nach Meinel und Schnabel (1987) ist die Erfassung eines Bewegungsrhythmus für das Erlernen motorischer Fähigkeiten und Fertigkeiten von entscheidender Bedeutung (vgl. Rieder et al., 1991, S.14-16).
1.2 Rhythmisch-musikalische Bewegungserziehung
Unter einer rhythmisch-musikalischen Bewegungserziehung im Sportunterricht ist ein ganzheitlicher Ansatz gemeint, der die Verknüpfung von Bewegung und Musik beinhaltet. Hauptziel ist die Förderung des rhythmischen Sich-Bewegens zur Musik und somit die Weiterentwicklung der individuellen rhythmisch-musikalischen Bewegungsqualität eines einzelnen SuS. Im Unterricht steht das gemeinsame rhythmische Bewegen, aber auch das kreative individuelle Bewegen zur Musik im Mittelpunkt und kann bspw. mithilfe von Gestaltungsaufgaben umgesetzt werden. Die rhythmisch-musikalische Bewegungserziehung wird bspw. nach Reuter (2010, S. 15) in der Sportpädagogik mit Argumenten zur ästhetischen Erziehung und aus lerntheoretisch-methodischer Sicht vertreten.
Nach Glathe und Krause-Wichert (1981, S. 6) ist die „rhythmisch-musikalische Erziehung - auch Rhythmische Erziehung oder „Rhythmik“ genannt - […] eine Erziehung durch Bewegung mit dem Medium Musik“. Durch diese Formulierung unterscheidet sie sich einmal von der klassischen Bewegungserziehung, in deren Fokus die Entwicklung motorischer Fähigkeiten steht, sowie von der Musikerziehung, die auf Fähigkeiten im Bereich des Musizierens abzielt. Die rhythmisch-musikalische Bewegungserziehung nach Glathe und Krause-Wichert konzentriert sich auf die Ausbildung kognitiver, affektiver und motorischer Fähigkeiten, die den zuvor erwähnten ganzheitlichen Ansatz beschreiben. Durch ihre Betrachtung des „Einzelnen als Teil seiner Umgebung“ werden die „sinnlichen Wahrnehmungen, über die der Mensch den Kontakt zu seiner Umwelt herstellt, besonders entwickelt“ (vgl. ebd., S. 8). Durch diese Betrachtung der Wahrnehmung der menschlichen Umgebung über seine sinnlichen Fähigkeiten Hören, Sehen, Tasten, Schmecken und Riechen im Zusammenwirken mit Raum, Zeit und Kraft ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten der Bewegungsgestaltung. Dadurch werden Lernprozesse gleichermaßen im kognitiven, affektiven und motorischen Bereich angesprochen.
Glathe und Krause-Wichert (1981, S. 9) haben, basierend auf diesem ganzheitlichen Ansatz, Lernziele für die rhythmisch-musikalische Bewegungserziehung entwickelt:
- „Sensibilisierung der Sinne
- Schulung der Konzentrationsfähigkeit
- Erfahren der Grundelemente der Musik
- Vertrautwerden mit den Elementarbewegungen
- Schulung der Bewegungsgeschicklichkeit (Groß- und Kleinmotorik, Reaktion, Koordination)
- Förderung der Eigenpersönlichkeit
- Förderung des sozialen Verhaltens
- Anregung zur Kreativität
- Begriffsbildung“
(Glathe und Krause-Wichert, 1981, S. 9)
In diesem Sinne verfolgt die rhythmisch-musikalische Bewegungserziehung neben den affektiven und kognitiven Lernzielen auch das Ziel, rhythmisch-musikalische Bewegungsqualität zu verbessern, das heißt, die SuS zu einer optimalen Verknüpfung von Bewegungsmerkmalen zur Musik hinzuführen. Zu den Bewegungsqualitäten gehören neben dem Rhythmus auch Bewegungsfluss, Dynamik oder Bewegungsharmonie. Diese spiegeln sich nicht nur bei tänzerischen Bewegungen, sondern auch in anderen Bewegungsformen, z.B. aus der Leichtathletik, wider. Eine rhythmische Bewegungsschulung sollte so gestaltet sein, dass es den SuS bestimmte Situationen, wie bspw. eine offen gehaltene Bewegungsanregung, bereitstellt, die das Bewegungsverhalten der SuS herausfordert. Daher eignet sich eine offene musikalisch-rhythmische Bewegungserziehung hier vor einem geschlossenen Konzept, damit die SuS nicht auf bestimmte Techniken oder Stile festgelegt werden. Sie sollten ein Körper- und Bewegungsbewusstsein erlangen, das es ihnen ermöglicht, sich in unterschiedlichen Situationen künstlerisch-gestaltend zur Musik auszudrücken (vgl. Bünner und Röthig, 1971, S.85). Den SuS sollen Aufgaben gestellt werden, die sie mithilfe von Bewegung selbstständig lösen können und die in ihrem subjektiven Empfinden richtig sind (vgl. Glathe et. al., S. 6). Rhythmisch-musikalische Bewegungserziehung mit dem Ziel, rhythmisch-musikalische Bewegungsqualität zu verbessern, heißt, den SuS eine optimale Synthese aus bewegungsschulenden und gestalterischen Aufgaben zu ermöglichen.
1.3 Motivation im Sportunterricht
Eine zentrale Rolle zum Erreichen der Lernziele spielt die individuelle Motivation der SuS. Motivation beschreibt das Streben des Menschen nach Zielen oder Wunschobjekten. Sie bezeichnet keinen dauerhaften Zustand, sondern ist zeitlich begrenzt und entsteht „aus dem Zusammenspiel zwischen Eigenschaften der Person, Zielen und Erfordernissen sowie den Anreizen, die bei Erreichung des Zieles winken und der Situation“ (Kirchler und Walenta, 2010, S.10). Die drei wichtigsten Komponenten, die Motivation beschreiben, sind Aktivierung, Richtung und Ausdauer. Aktivierung meint die Antriebskraft, Handlungen im Bezug auf das Ziel auszuführen. Die Richtung beschreibt das individuell ausgewählte Ziel. Ausdauer bezieht sich auf die Aspekte, die die Durchführung des Verhaltens bis zum Erreichen des Ziels aufrechterhalten (vgl. ebd., S. 11).
Die Gründe für motiviertes Handeln können zum einen in verschiedenen Aspekten der Gratifikation liegen: finanzielle Vergütung, Karrierechancen, Anerkennung. Hier spricht man von einer extrinsischen Motivation, also ein von außen motiviertes Handeln. Zum anderen kann aber auch der Weg das Ziel sein, in dem die Handlung selbst als Belohnung erlebt wird. Dies Verhalten ist von innen her motiviert und beschreibt die intrinsische Motivation.
„Extrinsisch motiviertes Verhalten erfolgt, weil die Realisierung eines Handlungsziels gratifiziert wird. Intrinsische Motivation resultiert aus der Ausführung der Handlung selbst“ (Kirchler und Walenta, 2010, S. 12).
Bezogen auf den Sportunterricht beschreiben Zensuren und die damit verbundenen Folgen (Belohnung durch die Eltern, Zeugnisdurchschnitt, etc.) oder auch das Erlernen motorischer Fähigkeiten und Fertigkeiten die extrinsische Motivation. Allerdings sollten SuS besonders im Sportunterricht intrinsisch motiviert sein, da schulischer Sportunterricht Spaß und Freude an Bewegung vermitteln soll. Sie sollen sich aus eigener Freude an der Bewegung zum sportlichen Handeln motivieren und so die extrinsisch motivierten Ziele erreichen. Um diese intrinsische Motivation der SuS zu erreichen, sollte der Lehrplan so angepasst sein, dass Sportlehrer ihn so umsetzen können, dass die individuellen Bedürfnisse ihrer SuS berücksichtigt werden können. Sollten die Inhalte eines Sportunterrichts so gewählt werden, dass sich die SuS nicht intrinsisch motivieren können am Sportunterricht aktiv teilzunehmen, könnten (wenn auch nur für einen begrenzten Zeitraum, nämlich den der Unterrichtseinheit) auch die extrinsischen Faktoren durch die SuS ignoriert werden. Viele SuS betreiben Sport in Vereinen, bzw. haben eine Lieblingssportart, die sie selbstverständlich am liebsten im Unterricht durchführen würden. Durch die Auswahl einer für sie nicht passenden Sportart kann das Interesse vieler SuS nicht geweckt und sie damit auch nicht motiviert werden.
Brettschneider und Kramer (1978, S. 48ff.) befragten 3668 SuS zur ihren Lieblingssportarten im Sportunterricht. Besonders auffällig ist die große Diskrepanz zwischen der Beliebtheit des Tanzens bei Mädchen und Jungen. Während 35,5% der Jungen angeben, Tanzen ungern im Sportunterricht zu betreiben, sind es bei den Mädchen gerade einmal 4,5%. Um nun auch Jungen für das Tanzen zu motivieren, ist der überlegte Einsatz der Lehrkraft gefragt: Wie muss das Unterrichtsvorhaben gestaltet werden, um eine, im Bezug auf Motivation zum Tanzen, heterogene Klasse gleichermaßen zu motivieren?
2 Methodik der Unterrichtsforschung
Um Unterricht weiterzuentwickeln bedarf es wissenschaftlich basierter Unterrichtsforschung. Der Begriff Unterrichtsforschung beschreibt grundsätzlich die Erforschung von Unterricht mithilfe von wissenschaftlichen Methoden. Diese Methoden lassen sich in qualitative und quantitative Methoden unterscheiden. Da es sich hier um eine qualitative Fallanalyse handelt, soll im Folgenden nur auf die hier angewandten qualitativen Methoden der Unterrichtsforschung eingegangen werden.
2.1 Die Fallstudie im sportpädagogischen Kontext
Im Folgenden soll kurz erläutert werden, was unter Fallstudie zu verstehen ist, welche Zielsetzungen sie verfolgt und auf welche Bereiche der Sportpädagogik sie anzuwenden ist.
Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine empirische Einzelfallstudie, auch Fallstudie genannt, bei der eine einzelne Person untersucht wird. Die Fallstudie ist eine stark qualitative Methode der empirischen Sozialforschung (vgl. Häder 2006, S. 350). Michael Häder (2006) beschreibt die Fallstudie wie folgt:
„Die Einzelfallstudie ist […] keine besondere Technik. Sie ist vielmehr eine bestimmte Art, das Forschungsmaterial so zu ordnen, dass der einheitliche Charakter des untersuchten sozialen Gegenstandes erhalten bleibt. Anders ausgedrückt ist die Einzelfallstudie ein Ansatz, bei dem jede soziale Einheit als ein Ganzes angesehen wird“ (S. 348f.).
Betrachtet man die empirische Sozialforschung, so haben Fallstudien vor allem die Funktion, unklare Sachverhalte zu erkunden und zu einer Hypothesenbildung zu gelangen. Mithilfe eines konkreten Falles ist es möglich, Erkenntnisse über (wissenschaftliche) Vermutungen zu gewinnen.
Es ist anzumerken, dass, auch wenn sich die Fallstudie in diesem speziellen Fall auf den Grundschulsportunterricht bezieht, sie auch allgemein in unterrichtlichen Zusammenhängen eingesetzt werden kann. Die Betrachtung von Fällen aus dem Schulalltag findet besondere Beachtung in der Lehrerausbildung. In den vielen Praktika, die heute zum festen Bestandteil der Lehrerausbildung in NRW gehören, lassen sich für Lehramtsanwärter die unterschiedlichsten Situationen im Schulalltag beobachten. Dabei kann es um Interaktionsprozesse zwischen Lehrer und Schüler, um Unterrichtsprozesse im Bezug auf den Lehrer oder einen Schüler oder auch um die eigenen Erfahrungen gehen, die man als Praktikant in der Schule erlebt hat.
Die kasuistische[2] Arbeit im sportpädagogischen Kontext kann in diesem Sinne zunächst einmal als eine systematische Auseinandersetzung mit Vorfällen aus dem Sportunterricht beschrieben werden. Zum Gegenstand sportpädagogischer Unterrichtsforschung werden „alle zentralen Merkmalsbereiche des sportlichen Verhaltens (motorische, kognitive, sozial-affektive)“ (vgl. Kayser, 1983, S. 19).
Schelle (2011, S.87) beschreibt zusammenfassend, dass es bei der Arbeit mit Fällen (hier: in der Lehrerausbildung) darum geht:
„(a) Schul- und Unterrichtspraxis (Empirie) methodengeleitet im Medium des Theoretischen zu verstehen, zu interpretieren und zu reflektieren, (b) Perspektivenvielfalt zu steigern und vor allem Interaktionssensibilität zu entwickeln, auch um im späteren Schulalltag pädagogisch handlungsfähig bleiben zu können, sowie (c) Handlungsperspektiven für die spätere berufliche Praxis zu entwickeln“.
Diese Aspekte lassen sich allerdings auch auf die allgemeine Fallarbeit im Schul- und damit auch sportpädagogischen Kontext beziehen. Durch die nähere Betrachtung einer bestimmten, auffälligen oder auch alltäglichen Begebenheit aus dem Sportunterricht, wird ein bestimmter Gegenstand zum Fallbeispiel gemacht, das es gilt theorie- und methodengeleitet zu betrachten, zu interpretieren und zu reflektieren. Gerade die Reflexion sollte hier besondere Beachtung bekommen, denn in ihr stecken die Erkenntnisse, die für einen sich weiterentwickelnden Unterricht von Bedeutung sind.
In dieser Fallanalyse sind der „Gegenstand“ der Schüler und seine motorischen, kognitiven und sozial-affektiven Fähigkeiten. Seine Handlungen und Aussagen im Bezug zum Sportunterricht werden mit Hilfe der in 2.2, 2.3 und 2.4 beschriebenen Forschungsinstrumente untersucht, analysiert und reflektiert.
2.2 Das Tagebuch
Das Tagebuch gilt, durch die reflexive Funktion in Lern- und Forschungsprozessen, als traditionelles Lern- und Forschungsinstrument in der Pädagogik. Es dient vor allem als Dokument der Selbstbeobachtung und gibt bestimmte Erfahrungen und/oder kritische Auseinandersetzung mit eben diesen wieder. Tagebücher von Jugendlichen werden häufig „als Datenquelle zur Begründung einer Systematisierung von Entwicklungsabläufen in der Adoleszenz oder zur Überprüfung entwicklungspsychologischer Theorien verwendet“ (Friebertshäuser und Prengel, 2013, S. 693).
In dieser Arbeit wird das Tagebuch verwendet, um die Aussagen und Handlungen des SuS zur rhythmisch-musikalischen Bewegungserziehung zu beobachten und zu interpretieren. Die Erzählweise in einem Tagebuch ist normalerweise sehr offen gehalten und kann zu jeder Zeit erfolgen. Die typischen Inhalte sind Erzählungen von bestimmten Ereignissen, Beobachtungen oder Prozessen, die auch im Nachhinein nach Belieben erweitert und kommentiert werden können. Durch die chronologische Aufzeichnung der subjektiven Erlebnisse durch den SuS können Entwicklungen und Veränderungen verfolgt und interpretiert, sowie (un-) wichtige Erkenntnisse erschlossen werden. Der Autor, in diesem Falle der SuS, agiert nicht nur als Beobachter, sondern zusätzlich als aktive Persönlichkeit in den von ihm beschriebenen Ereignissen. Durch seine Einschätzung von wichtigen und unwichtigen Ereignissen, sowie Kommentaren und Wertungen, können außerdem Rückschlüsse auf die persönlichen Empfindungen des SuS gezogen werden (vgl. Friebertshäuser und Prengel, 2013, S. 694). Sie vergleichen das Tagebuch mit einem „Ventil“, das zur kritischen Auseinandersetzung mit den erlebten Ereignissen genutzt werden kann.
Diese Nutzung beschränkt sich allerdings nicht nur auf den Autor, sondern kann auch durch einen Dritten erfolgen. Durch Weitergabe an kritische Dritte können „Selbstverständlichkeiten, unüberprüfbare Plausibilitäten und Routinen alltagspraktischen Handelns“ (Friebertshäuser und Prengel, 2013, S.695) reflexiv bearbeitet werden und somit zu Interpretationsmöglichkeiten führen. Das im Tagebuch beschriebene subjektive Erleben wird also objektiv betrachtet, bearbeitet und gedeutet bzw. interpretiert. Es dient als Instrument zur reflexiven Auseinandersetzung mit dem persönlichen oder auch unpersönlichen Handeln und Denken.
Es wird von Friebertshäuser und Prengel (2013) allerdings auch daraufhin hingewiesen, dass das Tagebuchschreiben „per se kein Garant für Erkenntnisgewinn oder für ergiebige Praxisforschung“ ist. Es besteht die Gefahr, dass gerade die subjektiv negativ empfundenen Ereignisse, den Autor zu Übertreibungen verleiten und die Erzählungen kaum noch realistisch eingeschätzt und interpretiert werden können.
2.3 Das Interview
Ein Interview ist eine Art der Befragung, dessen Ziel es ist, Informationen über eine Person, einen Sachverhalt oder über eine persönliche Meinung zu erfahren. Interviews sind daher in allen denkbaren Situationen anwendbar, etwa im Sport, der Politik, in qualitativen Meinungsumfragen und natürlich zu Forschungszwecken. Die gängigste Form eines Interviews besteht aus einem Interviewer und einem Interviewten. Der Interviewer verfolgt das Ziel, mit Hilfe von vorher wohl überlegten und sortierten Fragen, die persönlichen Gedanken des Interviewten zu ermitteln. Für diese Arbeit liegt der besondere Wert des qualitativen Interviews darin, dass es dem Interviewer ermöglicht, mit Hilfe der Aussagen des Interviewten, sinnvolle Zusammenhänge zwischen dem nach außen erkennbaren Verhalten (hier: im Sportunterricht) und den vom Schüler getätigten Aussagen zu diesem Verhalten zu erkennen.
In dem Interview, das in dieser Arbeit analysiert wird, kommt es zu einer ganz besonderen Konstellation des Interviews, nämlich zwischen einem Erwachsenen und einem Kind, ja sogar zwischen einer Lehrkraft und einem Schüler. Dieses Beziehungsverhältnis konstatiert eine besondere Beachtung der Bedingungen, unter denen dieses Interview stattfindet, so wie der Interpretation und Analyse der Aussagen. Burkhard Fuhs (vgl. Heinzel, 2000, S. 89-90) weist auf mögliche Probleme von Interviews mit Kindern hin und worauf besonders geachtet werden sollte. Eines dieser Probleme ergibt sich bereits aus der Art und Weise dieser Forschungsmethode: die Kommunikation. Während Erwachsene sich bei Interviews normalerweise, auf einer Kommunikationsebene mit etwa den gleichen sprachlichen Kompetenzen begegnen, sind gute sprachliche Kompetenzen von Kindern nicht vorausgesetzt. Je nach Alter und Entwicklungsstand ist ihre Sprache für Erwachsene oft nicht verständlich oder wirkt niedlich und komisch. Ihre sprachlichen Kompetenzen können sich auch nach Geschlecht oder sozialem Status unterscheiden. Aufgrund dieser begrenzten sprachlichen Kompetenzen, muss dem Interviewer bewusst sein, dass sich ihr Gegenüber auf unterschiedliche Art und Weise versucht auszudrücken und ihm durch eine kindgerechte Form des Interviews entgegenkommen (ebd.). Als weiteres Problem nennt Fuhs den „Zweifel am Wahrheitsgehalt von kindlichen Aussagen“ (Heinzel, 2000, S.90), der vor allem durch die Manipulierbarkeit von Kindern entsteht. Das Experimentieren mit Lügen, die Neigung zu Übertreibungen und leicht zu erreichende Verunsicherung seien einige Gründe dafür. Diese können bei Kindern durch verwirrende Fragen oder starke Emotionen erreicht werden. (vgl. ebd.). Für das Interview in dieser Arbeit kann auch die Beziehung zwischen Interviewer und Interviewtem besonders von Bedeutung sein. Das Lehrer-Schüler-Verhältnis kann die Aussagen des Schülers in besonderem Maße beeinflussen. Besteht kein Vertrauensverhältnis zwischen dem Schüler und seinem Lehrer, könnten bestimmte Informationen ausgelassen oder sogar verändert werden.
Aus den aufgezeigten Problemen und Anforderungen an qualitative Interviews mit Kindern ergibt sich, dass es einer besonderen Gestaltung und Vorbereitung der Interviewsituation mit Kindern bedarf, die auf eine altersgerechte Kommunikation und angemessene Behandlung der Kinder ausgelegt ist. Um sie und ihre im Interview getätigten Aussagen zu verstehen und nachzuvollziehen, bedarf es einer Akzeptanz ihrer Lebenswelt, mit der aus Lehrersicht im Interview respektvoll umgegangen werden muss.
2.4 Videografie und Beobachtung
Es eignet sich wohl kaum eine andere Methode zur Analyse von Schülerverhalten im Sportunterricht besser, als die Videografie. Sie dient dazu, den Unterricht aus einem oder mehreren Winkeln aufzuzeichnen, sodass er wiederholt abrufbar ist und damit Ereignisse und Situationen mehrfach zu beobachten sind. Die Videoanalyse wird bereits im Sport als Kinematographie verwendet, um z.B. bestimmte Bewegungen in bewegten Bildern für eine Bewegungsanalyse festzuhalten. Im Sportunterricht kann die Videografie beispielsweise dazu verwendet werden, Störungen, Schüler- / Lehrerverhalten, bestimmte Bewegungen oder auch Choreographien festzuhalten. Die Absicht, die hinter der Aufzeichnung steckt, kann ebenfalls unterschiedliche Gründe haben. Diese reichen von Sozial- oder Kindheitsforschungszwecken, über Bewertungsabsichten bis hin zu Aufnahmen von z.B. tänzerischen Einlagen für die Schüler selbst.
In dieser Arbeit hat die Verwendung der Videografie von mehreren Unterrichtsstunden die Absicht, das Verhalten eines bestimmten Schülers zu beobachten. Die Beobachtungsmethode der Lehrkraft ist zunächst einmal eine teilnehmende Beobachtung, da sie sich in die zu beobachtende Situation einbringt und in ihr interagiert. Die Notwendigkeit dieser Methode resultiert aus der Annahme, dass Grundschulkinder zwar in der Gesellschaft von Erwachsenen, aber in ihrer eigenen Kultur leben. Um die Komplexität dieser Kultur zu verstehen, muss man sie aus der Perspektive der Grundschulkinder erfahren (vgl. Heinzel, 2000, S.147). Friederike Heinzel führt weiter aus, dass die Verhaltensweise des Kindes stark vom Setting abhängt, in dem es beobachtet wird. Sie nennt als Beispiel eine Mutter, die mit ihrem Kind zu Forschungszwecken in ein Labor gebracht wird. Dort werden sie in einem Raum durch eine Glasscheibe in verschiedenen Situationen beobachtet. Ein auftretendes Problem ist, dass sich Mutter und Kind bewusst sind, dass sie beobachtet werden und sich nicht so verhalten wie in ihrer gewohnten räumlichen und sozialen Umgebung. Bei dieser naturwissenschaftlichen Methode des Beobachtens wird außerdem, durch die räumliche Trennung, auf bestimmte Wahrnehmungsformen verzichtet. Der Beobachtende beschränkt sich nur auf seine audio-visuelle Wahrnehmung, während man bei der teilnehmenden Beobachtung auch Gefühle, Sympathie und Antipathie einfließen lässt (ebd., S. 148f.).
Nach Topsch (2002, S. 32) ist vor einer wissenschaftlichen Beobachtung zu klären, wer wen oder was beobachtet und unter welchen Bedingungen und in welchen zeitlichen Strukturen diese Beobachtung stattfindet. Als grundlegende Merkmale einer wissenschaftlichen Beobachtung nennt Topsch: „Zielgerichtetheit, Planmäßigkeit, methodische Reflexion und […] die Deskription der Beobachtung“ (ebd.). Die Deskription kann formlos, teilformalisiert, formalisiert, aber auch in Tabellenform realisiert werden. Ziele der Beobachtung im Unterricht können Unterrichtsprozesse (z.B. zeitliche Abläufe) oder Lehrer- (z.B. Körpersprache oder Variation der Unterrichtsmethoden) und Schülerhandlungen (z.B. Mitarbeit oder Kooperationsverhalten) sein (ebd. S. 34ff.)
Topsch (2002, S.41f.) nennt 8 Schritte zur Unterrichtsbeobachtung:
1. Beobachtungsbereich festlegen
2. Unstrukturierte Beobachtung durchführen
3. Einengung auf eine bestimmte Ausdrucksform vornehmen (Verhaltenskategorie)
4. Aufschlüsselung der gewählten Kategorie in konkrete Verhaltensformen […]
5. Ggf. Einengung auf bestimmte Schülerinnen und Schüler
6. Deskriptionsform festlegen. Wertungen vermeiden.
7. Auswertung vornehmen
8. Schlussfolgerungen / Konsequenzen für späteren […] Unterricht bedenken
Diese 8 Schritte sind zwar auf Lehramtsanwärter ausgelegt, eignen sich aber auch als grobe Richtlinie für eine allgemeine Hinführung zum Beobachten von Unterricht. Die Beobachtung bildet einen großen Teil der qualitativen Fallanalyse und muss folglich präzise vorbereitet und durchgeführt werden. Je nachdem, wen oder was man beobachten möchte, sind manche Methoden mehr oder weniger dafür geeignet.
3 Falldarstellung
3.1 Beschreibung des Schülers
Die folgenden Aussagen über den Schüler sind frei nach Aussage der Sportlehrkraft getroffen worden. Der Name des Schülers, dessen Verhalten und Aussagen in diesem Fallbeispiel analysiert werden, ist N.[3]. N. ist ein 10-jähriger[4] Grundschüler, der eine städtische Grundschule besucht, dessen Einzugsgebiet als heterogen zu beschreiben ist. Er ist ein schüchterner, zurückhaltender, aber in der Klasse gut integrierter Schüler, der aus behüteten Familienverhältnissen stammt. Seine motorischen Fähigkeiten sind auf einem altersgemäßen Stand, und seine Schulnoten im Fach Sport sind nach Aussage der Lehrkraft im „guten Bereich“. Besonders interessant ist seine Affinität zu Ballsportarten, insbesondere dem Handball.
3.2 Beschreibung des Unterrichtsvorhabens
In diesem Kapitel soll es um einen Überblick des Unterrichtsvorhabens zu Bewegung und Musik im Sportunterricht gehen. Dieses Vorhaben legte den Fokus auf die Gestaltung und die kriteriengeleitete Entwicklung von Bewegungsmöglichkeiten zur Musik mithilfe von Bällen in einer 4. Klasse (16 Mädchen/11 Jungen). Zur Bewertung und Präsentation wurde am Ende des Unterrichtsvorhabens in Kleingruppen eine BallKoRobics®-Kür entwickelt und präsentiert. In der folgenden Tab.1. werden die Unterrichtsthemen des gesamten Vorhabens festgehalten, für diese Arbeit relevant sind jedoch nur die in den Punkten 3.2.1-3.2.4 kurz beschriebenen Unterrichtsstunden. Die genauen Stundenverlaufspläne sind dem Anhang zu entnehmen.
Tab.2. Überblick über das Unterrichtsvorhaben
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Unterrichtsvorhaben entwickelt sich von unterschiedlichen Bewegungsmöglichkeiten mit Ball zur Musik, über festgelegte Aerobicschritte, Gestaltungskriterien wie Raum/Form und der Entwicklung von Gestaltungskriterien, bis zu einer Choreographie in Kleingruppen.
3.2.1 Stunde 1
Das Thema der ersten Stunde heißt: „Wir führen vorbereitende Spiel- und Übungsformen mit Ball und zur Musik durch“. Dabei geht es darum, sich mit dem Medium Ball und dem Medium Musik im Bezug auf Bewegung auseinanderzusetzen und erste Erfahrungen zu machen und zu reflektieren. Den SuS werden in einem Theorieteil zunächst grundlegende Begriffe wie „Rhythmus“ und „synchron“ erklärt und das Ziel des Unterrichtsvorhabens erläutert. Anschließend werden verschiedene Spielformen mit und ohne Ball durchgeführt, um die SuS an einen vorgegebenen Rhythmus einer Musik zu gewöhnen. Nach einer kurzen Reflexionsphase wird das Sporttagebuch vorgestellt und erläutert. Die SuS bekommen die Aufgabe selbstständig Fragen zum Unterrichtsvorhaben zu beantworten. Diese sollen teilweise ausformuliert, teilweise nur durch Ankreuzen eines traurigen oder eines lachenden Smiley beantwortet werden.
3.2.2 Stunde 6
In der 6. Stunde des Unterrichtsvorhabens geht es bereits darum unterschiedliche Aufstellungsformen zu entwickeln und zu erproben. Zu diesem Zeitpunkt werden bereits grundlegende Bewegungsmöglichkeiten und bestimmte Aerobicschritte beherrscht. Nachdem zunächst verschiedene Aufstellungsformen in Kleingruppen ausgedacht, erprobt und festgehalten bzw. vorgestellt wurden, soll diskutiert werden, warum es sinnvoll ist den Raum bei gestalterischen Choreographien oder Aufführungen auszunutzen. Als Abschluss findet nach der Reflexion noch eine kleine Rhythmusschulung statt.
3.2.3 Stunde 9
Zu diesem Zeitpunkt sind auch Raumrichtungen bekannt, sowie bestimmte Gestaltungskriterien gemeinsam entwickelt worden. Das Thema dieser Stunde ist die Entwicklung einer „eigene[n] BallKoRobics®-Kür unter Berücksichtigung der erarbeiteten Gestaltungskriterien“. Dazu werden, nach einer gemeinsamen Aufwärmphase, die Gestaltungskriterien, Aufstellungsformen und Raumrichtungen wiederholt. Anschließend folgt die Erarbeitungsphase der SuS, in der sie sich in ihren Kleingruppen auf eine Choreographie einigen und diese erproben sollen. Durch eine Zwischenreflexion wird den SuS die Möglichkeit gegeben Tipps zu erhalten und diese anschließend in einer zweiten Arbeitsphase umzusetzen. In einer Abschlusspräsentation werden den Gruppen kritische Rückmeldungen gegeben.
3.2.4 Stunde 10
In dieser Stunde geht es erneut darum, die Kür zu festigen und gegebenenfalls zu überarbeiten. Dazu wird in der thematischen Einstimmung durch gezielte Fragen die Arbeitsphase vorbereitet und strukturiert. Die Kür wird von den einzelnen Gruppen nun erneut geübt, in einer Zwischenreflexion durch Mitschüler positiv, wie auch negativ kritisiert und anschließend, basierend auf diesen Anregungen, weiterentwickelt. Am Ende werden einzelne Gruppen ihre fertige Kür bereits präsentieren, bevor es in der nächsten Stunde zur eigentlichen Präsentation kommt.
4 Qualitative Analyse des Verhaltens und der Aussagen
Im Fokus dieser Arbeit steht die qualitative Analyse der Materialien zum Verhalten und zu den Aussagen des Schülers N.. Es folgen die qualitativen Analysen der Videosequenzen aus dem Sportunterricht, des Tagebuchs und des Interviews mit einer anschließenden Zusammenfassung der Ergebnisse. Es soll zunächst mit den Videosequenzen der vier ausgewählten Stunden begonnen werden, da anschließend N. Aussagen (Interview) und Bewertungen (Tagebuch) mit diesen in Bezug gesetzt werden können. Die Analyse der Daten ist bewusst in der genannten Reihenfolge ausgewählt worden. Mögliche Aussagen und Gefühle zu Sachverhalten aus dem Unterricht sollen die Beobachtung nicht im Voraus beeinflussen.
[...]
[1] Ab hier kurz: SuS
[2] Kasuistik: Betrachtung von Einzelfällen in einem bestimmten Fachgebiet
[3] Name geändert
[4] Zum Zeitpunkt des Unterrichtsvorhabens
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