Im Folgenden sollen die vier Tatbestandsmerkmale genauer erläutert werden und unteranderem anhand von Fällen des Bundesgerichtshofs die Problematik der Auslegung der Norm näher beleuchtet werden. Dieses beinhaltet außerdem, dass die Rechtsprechung sich nicht immer einig ist, in wieweit ein bestehender Haftpflichtversicherungsschutz des Handelnden unter dem Tatbestandsmerkmal der Billigkeit zu berücksichtigen ist.
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung
II. Ausschluss der Haftung gemäß §§ 827, 828
a) Unter 7 Jahren
b) Zwischen 7 und 10 Jahren
c) Über 7 (im motorisierten Straßenverkehr über 10) und unter
Jahren
III. Keine Ersatzpflicht eines Dritten ( § 832 )
IV. Billigkeit
C. Regelung der Beweislast
D. Rechtsfolgen
E. Verjährung
F. Überleitung
G. Streitgegenstand des § 829
I. Der Fall Lokführer
II. Analyse
1. Einleitende Rahmenbedingungen des Falls
2. Rechtliche Einordnung und Problemstellung
3. Entscheidungen des Bundesgerichtshofes
a) Verhältnisse der Beteiligten
b) Einbeziehung einer Haftpflichtversicherung
aa) Trennungsprinzip in der Haftpflichtversicherung
c) Zwischenfazit: Verhältnisse der Beteiligten und Einbeziehung einer Haftpflichtversicherung
III. Fallabschluss
H. Fazit und Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Gutachten
A. Einleitung
Der § 829 des BGB1 regelt die sogenannte Ersatzpflicht aus Billigkeitsgründen und stellt somit eine Ausnahme der Ver- schuldensgrundsätze nach § 276 BGB dar. Die damit verbun- dene Ersatzpflicht umfasst die Problematik, dass ein Schädi- ger nach den §§ 823 bis 826 BGB für eine deliktsrechtliche Haftung gemäß §§ 827, 828 BGB nicht infrage kommt, er aber unter engen Voraussetzungen dennoch der Ersatzpflicht des verursachten Schadens nachkommen soll2. Dabei ist zu beachten, dass die Haftung grundsätzlich nicht ausgeschlos- sen ist und deliktsrechtliche Handlung das Bestehen individu- eller Verantwortlichkeit des Schädigers voraussetzt. Der aus einer unerlaubten Handlung entstandene Schaden ist somit vom Schädiger zu ersetzten. Allerdings ist dies nur der Fall, wenn kein aufsichtspflichtiger Dritter für den Schaden auf- kommen kann3. Zusätzlich kann nur in dem Umfang ersetzt werden, welcher dem Schädiger erlaubt, weiterhin seinen ge- setzlichen Unterhaltspflichten nachzukommen und ihm nicht die Mittel entzogen werden, die er braucht, um seinen eige- nen Unterhalt angemessen zu bestreiten.4
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Billigkeitshaftung nach § 829 BGB beinhalten zum Ersten, ob überhaupt der Tatbestand einer unerlaubten Handlung vorliegt. Wie bereits erwähnt muss die Haftung des Schädigers aufgrund der §§ 827 oder 828 ausgeschlossen sein und es darf kein realisier- barer Anspruch des Geschädigten gegen einen aufsichtspflichtigen Dritten vorliegen.
Im Folgenden sollen die vier Tatbestandsmerkmale genauer erläutert werden und unteranderem anhand von Fällen des Bundesgerichtshofs5 die Problematik der Auslegung der Norm näher beleuchtet werden. Dieses beinhaltet außerdem, dass die Rechtsprechung sich nicht immer einig ist, in wie- weit ein bestehender Haftpflichtversicherungsschutz des Han- delnden unter dem Tatbestandsmerkmal der Billigkeit zu be- rücksichtigen ist.6
B. Tatbestandsmerkmale des § 829 BGB
I. Tatbestand der unerlaubten Handlung nach § 823
Aufgrund des Verweises auf die §§ 823 ff. BGB muss der Tatbestand einer deliktsrechtlichen Handlung vorliegen. Der objektive Tatbestand bezeichnet eine deliktische Handlung nach den §§ 823-826. Das heißt der Schädiger begeht eine Rechtsgutsverletzung an dem Geschädigten, wie z.B. an den Schutzgütern Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit, aber auch Eigentum7, welches gemäß dem § 823 I dem des Sa- chenrechts entspricht. Der Schädiger muss außerdem die Rechtsgutsverletzung zu verschulden haben, um den Tatbe- stand zu erfüllen.8
Definition von 823 und fußnoten
II. Ausschluss der Haftung gemäß §§ 827, 828
Die Billigkeitshaftung des § 829 kann erst greifen, wenn eine fehlende Deliktsfähigkeit aufgrund von Ausschluss und Minderung der Verantwortlichkeit nach § 827 oder wegen Minderjährigkeit nach § 828 vorliegt.
1. Ausschluss und Minderung der Verantwortlichkeit § 827
Grundsätzlich und unabhängig vom Alter sind Personen ver- schuldensunfähig, die bewusstlos sind, oder eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit haben, wodurch die freie Wil- lensbestimmung ausgeschlossen wird. Die Ausnahme bildet der S. 2, wonach dem Schädiger Fahrlässigkeit zur Last fällt, wenn er durch geistige Getränke oder sonstige Mittel den o.g. Zustand herbeigeführt hat, es sei denn, dies geschah ohne Verschulden.9
2. Minderjährigkeit § 828
Bei Kindern und Jugendlichen richtet sich die Verschuldens- fähigkeit grundsätzlich nach dem Alter und dem Gefahrenbe- reich, d.h. innerhalb oder außerhalb des motorisierten Stra- ßenverkehrs.10 Beim Alter ist zwischen drei Altersgruppen zu unterscheiden.
a) Unter 7 Jahren
Nach § 828 Abs. 1 sind Kinder vor Vollendung des 7. Lebensjahres gänzlich Verschuldensunfähig.11
b) Zwischen 7 und 10 Jahren
Gemäß dem § 828 Abs. 2 können Kinder, die zwischen 7 und 10 Jahren alt sind, nicht für einen Schaden, der im Umfeld des motorisierten Straßenverkehrs entstanden ist, verantwortlich gemacht werden. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass Kinder dieses Alters mit Gefahrensituationen im motorisierten Verkehr regelmäßig überfordert sein dürfen. Vor allem bei der Beurteilung von Geschwindigkeiten und Entfernungen ergeben sich elementare Schwierigkeiten.12
c) Über 7 (im motorisierten Straßenverkehr über 10) und unter 18 Jahren
Minderjährige, die das 7. (im motorisierten Straßenverkehr das 10.) Lebensjahr, aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, können Verschuldensunfähig sein, wenn sie bei der Be- gehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsichtsfähigkeit besit- zen.13 Wer jedoch die geistige Entwicklung erreicht hat und erkennen kann, dass seine Handlung unrechtmäßig ist, sowie erkennt, dass er für die Folgen seines Tuns in irgendeiner Weise einstehen muss, der besitzt die erforderliche Einsicht.14
III. Keine Ersatzpflicht eines Dritten ( § 832 )
Weiterhin ist zu prüfen, ob der entstandene Schaden nach § 832 durch einen Aufsichtspflichten Dritten zu ersetzen ist.
[...]
1 Bürgerliches Gesetzbuch.
2 Soergel-Spickhoff, § 829 Rn. 1. Beachte auch Larenz-Canaris SBT 2 § 84 VII 2 b.
3 Erman-Schiemann § 829 Rn. 2.
4 Palandt, BGB Kommentar, § 829 Rn. 1.
5 Im Folgenden BGH
6 PWW, Schaub §829 Rn. 6
7 Jauernig-Teichmann § 829 Rn. 1.
8
9 Schwarz-Wandt, § 16. Grundtatbestand des § 823 Abs. 1 Rn. 169.
10 Zur Unzurechnungsfähigkeit von Kindern in Verkehrssituationen vgl. Oechsler, NJW 2009, 3185.
11 Schwarz-Wandt, § 16. Grundtatbestand des § 823 Abs. 1 Rn. 169 1.
12 PWW, Schaub, § 828 Rn. 7.
13 Schwarz-Wandt, § 16. Grundtatbestand des § 823 Abs. 1 Rn. 169 3.
14 BGH LM § 276 BGB (Be) Nr. 2 = VersR 1954, 119 119; BGH LM § 828 BGB Nr. 1
- Arbeit zitieren
- Niklas Hurtig (Autor:in), 2017, Die Billigkeitshaftung nach § 829 BGB. Eine kurze Betrachtung der vier Tatbestandsmerkmale, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412492
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