Um die Feinstaubbelastung in Innenstädten zu reduzieren, wurden in vielen deutschen Großstädten Umweltzonen eingerichtet, in denen ein Fahrverbot bestimmter Fahrzeuge besteht. Dennoch werden in vielen Innenstädten die geltenden Immissionsgrenzwerte seit Jahren überschritten. Um den Grenzwert schnellstmöglich einzuhalten, werden Fahrverbote von Dieselfahrzeugen in betroffenen Gebieten diskutiert. Ob solche nach geltendem Recht überhaupt angeordnet werden können, ist umstritten.
Diese juristische Seminararbeit setzt sich mit der rechtlichen Bewertung von Fahrverboten von Dieselfahrzeugen im Kontext der Feinstaubbelastung in Innenstädten auseinander. Im Fokus stehen somit die Fragen, warum Fahrverbote von Dieselfahrzeugen in Betracht kommen, ob diese angeordnet werden dürfen und inwieweit deren Anordnung sinnvoll wäre.
Zu Beginn der Arbeit wird auf die rechtlichen Grundlagen sowie den Luftreinhalteplan eingegangen. Es folgt eine Auseinandersetzung mit Verkehrsbeschränkungen. Hierbei werden § 40 BImSchG näher betrachtet, die Fragen, ob Verkehrsbeschränkungen eine geeignete Maßnahme darstellen und ob Luftreinhaltepläne erforderlich sind, anhand von Auswertungen beantwortet und die Umweltzone näher beleuchtet. In diesem Zusammenhang wird ferner auf die besondere Problematik von Dieselfahrzeugen als auch den Dieselskandal eingegangen und anschließend deren Berücksichtigung in Luftreinhalteplänen festgestellt. Es folgt die rechtliche Bewertung von Dieselfahrverboten. Hierbei wird auf hierzu ergangene Rechtsprechung eingegangen und Möglichkeiten der Umsetzung von Dieselfahrverboten werden rechtlich bewertet. Am Ende der Arbeit werden zwei ebenfalls diskutierte Alternativen rechtlich bewertet. Die Schlussbetrachtung fasst die Erkenntnisse dieser Arbeit nochmals zusammen und enthält zudem eine Zukunftsprognose bezüglich der Umsetzung von Dieselfahrverboten.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Rechtliche Bewertung von Fahrverboten von Dieselfahrzeugen
1. Rechtliche Grundlagen
2. Luftreinhalteplan
3. Verkehrsbeschränkungen
a) § 40 BImSchG
b) Verkehrsbeschränkungen - eine geeignete Maßnahme
c) Notwendigkeit der Aufstellung von Luftreinhalteplänen
i. Feinstaubpartikel PM2,5
ii. Feinstaubpartikel PM10
iii. Stickstoffdioxid
d) Umweltzonen
i. Problematik von Dieselfahrzeugen
ii. Dieselskandal
e) Berücksichtigung der Dieselproblematik in Luftreinhalteplänen
4. Fahrverbot von Dieselfahrzeugen
a) Rechtsprechung zu einem Dieselfahrverbot
b) Fahrverbot nach Zeichen 251 i.V.m. einem Zusatzzeichen
c) Fahrverbot nach Zeichen 270.1 und 270.2 i.V.m. einem Zusatz- zeichen
i. Problem der fehlenden Festlegung von Ausnahmen
ii. Umgehungspotential des § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO
iii. Unverhältnismäßige Benachteiligung ortsfremder Verkehrs- teilnehmer
iv. Problematik der Überwachung der Einhaltung des Fahrver- bots
5. Andere Möglichkeiten der Umsetzung von Verkehrsverboten
a) Blaue Plakette
b) Unterscheidung innerhalb von Schadstoffklassen
III. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Um die Feinstaubbelastung in Innenstädten zu reduzieren, wurden „in vielen deutschen Großstädten“[1] Umweltzonen eingerichtet, in denen ein Fahrverbot bestimmter Fahrzeuge besteht. Dennoch werden in vielen Innenstädten die geltenden Immissionsgrenzwerte seit Jahren überschritten. Um den Grenzwert schnellstmöglich einzuhalten, werden Fahrverbote von Dieselfahrzeugen in betroffenen Gebieten diskutiert. Ob solche nach geltendem Recht überhaupt angeordnet werden können, ist umstritten.
Diese juristische Seminararbeit setzt sich mit der rechtlichen Bewertung von Fahrverboten von Dieselfahrzeugen im Kontext der Feinstaubbelastung in Innenstädten auseinander. Im Fokus stehen somit die Fragen, warum Fahrverbote von Dieselfahrzeugen in Betracht kommen, ob diese angeordnet werden dürfen und inwieweit deren Anordnung sinnvoll wäre.
Zu Beginn der Arbeit wird auf die rechtlichen Grundlagen sowie den Luftreinhalteplan eingegangen. Es folgt eine Auseinandersetzung mit Verkehrsbeschränkungen. Hierbei werden § 40 BImSchG näher betrachtet, die Fragen, ob Verkehrsbeschränkungen eine geeignete Maßnahme darstellen und ob Luftreinhaltepläne erforderlich sind, anhand von Auswertungen beantwortet und die Umweltzone näher beleuchtet. In diesem Zusammenhang wird ferner auf die besondere Problematik von Dieselfahrzeugen als auch den Dieselskandal eingegangen und anschließend deren Berücksichtigung in Luftreinhalteplänen festgestellt. Es folgt die rechtliche Bewertung von Dieselfahrverboten. Hierbei wird auf hierzu ergangene Rechtsprechung eingegangen und Möglichkeiten der Umsetzung von Dieselfahrverboten werden rechtlich bewertet. Am Ende der Arbeit werden zwei ebenfalls diskutierte Alternativen rechtlich bewertet. Die Schlussbetrachtung fasst die Erkenntnisse dieser Arbeit nochmals zusammen und enthält zudem eine Zukunftsprognose bezüglich der Umsetzung von Dieselfahrverboten.
II. Rechtliche Bewertung von Fahrverboten von Dieselfahrzeugen
1. Rechtliche Grundlagen
Der rechtliche Grundstein für die Einführung von Verkehrsbeschränkungen im Hinblick auf die Reduktion der Feinstaubbelastung in Innenstädten wurde durch Einführung des europäischen Luftreinhalterechts bzw. Luftqualitätsrechts mit der RL 96/62/EG über die Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität gelegt.[2] Mit dieser schuf die Europäische Gemeinschaft eine „neue“[3] rechtliche Grundlage, die Luftqualitätsziele festlegt. Die RL 96/62/EG wurde schließlich im Jahre 2008 novelliert und von der RL 2008/50/EG über Luftqualität und saubere Luft für Europa ersetzt.[4]
Die darin von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegten Grenzwerte für bestimmte Luftschadstoffe sind durch Erlass der 39. BImSchV in das deutsche Recht übertragen worden. Seitdem dürfen die Grenzwerte insbesondere von Stick(stoff)oxiden (NOx), Stickstoffdioxid (NO2), Schwefeldioxid (SO2) und Feinstaubpartikeln (PM10 und PM2,5) nicht überschritten werden. Diese kleinsten Teilchen haben erhebliche negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit.[5] Stickstoffdioxid ist beispielsweise ein Reizgas und dringt aufgrund der kleinen Partikelgröße und Wasserunlöslichkeit tief in die Atemwege ein, wo es Schäden verursacht. Die Einhaltung der geltenden Grenzwerte garantiert eine Schadstoffkonzentration, bei der möglichst geringe schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit gewährleistet werden.
2. Luftreinhalteplan
Werden die festgelegten Grenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen in bestimmten Gebieten oder Ballungsräumen, zum Beispiel in Innenstädten, überschritten, so hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen. Dies ergibt sich sowohl aus § 27 Abs. 2 Nr. 1 der 39. BImSchV als auch aus § 47 Abs. 1 S. 1 und 3 BImSchG, da im Zuge der Umsetzung der europäischen Rechtslage in nationales Recht insbesondere auch die §§ 40, 44 – 48a BImSchG mehrfach überarbeitet wurden.[6] Ein Luftreinhalteplan hat demnach geeignete Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen zu enthalten. Diese müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung so kurz wie möglich zu halten. Luftreinhaltepläne können des Weiteren gemäß § 47 Abs. 3 BImSchG bereits aufgestellt werden, wenn lediglich Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Immissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden oder eine Überschreitung zu erwarten ist. Die Immissionsgrenzwerte für die verschiedenen Schadstoffe sind in den §§ 2 – 8 der 39. BImSchV festgelegt. Zur Sicherstellung einer einheitlichen Bewertung der Schadstoffkonzentration ist der Grenzwert ein über einen bestimmten Zeitraum gemittelter Immissionsgrenzwert.
Das Festlegen von Luftreinhalteplänen dient der Einhaltung dieser Grenzwerte. Wird ein nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegter Grenzwert für einen Schadstoff überschritten, so ist für diesen ein Luftreinhalteplan aufzustellen, der erforderliche Maßnahmen beinhaltet, um Grenzwertüberschreitungen dieses Schadstoffs entgegen zu wirken. Müssen so Luftreinhaltepläne für mehrere Schadstoffe aufgestellt werden, so kann die zuständige Behörde gemäß § 27 Abs. 4 der 39. BImSchV für alle betreffenden Schadstoffe einen integrierten Luftreinhalteplan ausarbeiten und durchführen. In der Praxis besteht dabei die Gefahr, dass allgemeine Maßnahmen zur generellen Schadstoffreduktion in den integrierten Luftreinhalteplan aufgenommen werden und nicht die zur Reduktion eines spezifischen Schadstoffs erforderlichen Maßnahmen. Ein Beispiel hierfür ist der Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013. So enthielt dieser laut dem zuständigen Gericht zwar durchaus beachtliche Maßnahmen zur Senkung von Schadstoffemissionen, vernachlässigte dabei jedoch erforderliche Maßnahmen zur Senkung des Stickstoffdioxidwertes.[7] Der sich aus § 47 Abs. 1 S. 1 BImSchG und § 27 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 der 39. BImSchV ergebenden Pflicht, bei einer Grenzwertüberschreitung einen Luftreinhalteplan mit erforderlichen Maßnahmen zur Reduktion der den Grenzwert überschreitenden Belastung aufzustellen, kam die zuständige Behörde somit nicht nach.
Während der Erlass eines Luftreinhalteplans, welcher erforderliche Maßnahmen enthält, bei einer Grenzwertüberschreitung eine gesetzliche Pflicht ist, hat die zuständige Behörde einen gewissen Spielraum hinsichtlich der festzulegenden Maßnahmen.[8] § 47 Abs. 1 und 2 BImSchG ermächtigt die zuständigen Behörden zur Durchführung erforderlicher Maßnahmen zur Reduktion der Feinstaubbelastung. Die Maßnahmen müssen nicht spezifisch immissionsschutzrechtlich sein, sondern „können in allen Rechtsbereichen angesiedelt sein“[9].
3. Verkehrsbeschränkungen
Eine mögliche Maßnahme ist die Beschränkung des Kraftfahrzeugverkehrs gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 BImSchG. Durch die kontinuierlich gewachsene Anzahl von Kraftfahrzeugen sind diese zur Hauptursache für Emissionen bestimmter Luftschadstoffe geworden.[10] Wenn in Ballungsgebieten, wie Innenstädten, „ein hohes Verkehrsaufkommen mit enger Bebauung, die keine ausreichende Verdünnung der Abgase gewährleisten kann, zusammenfällt,“[11] so kann dies zu einer hohen Schadstoffbelastung in diesen Gebieten führen. Unter Bezugnahme des Verursacherprinzips erscheinen Verkehrsbeschränkungen in diesen Gebieten somit eine geeignete Maßnahme darzustellen, um die Feinstaubbelastung in Innenstädten zu reduzieren.
a) § 40 BImSchG
Verkehrsbeschränkungen sind in § 40 BImSchG geregelt. Gemäß § 40 BImSchG kann die zuständige Straßenverkehrsbehörde nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften den Kraftfahrzeugverkehr beschränken oder verbieten, soweit gemäß § 40 Abs. 1 BImSchG ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen dies vorsehen oder wenn gemäß § 40 Abs. 2 BImSchG der Kraftfahrzeugverkehr zur Überschreitung von festgelegten Grenzwerten beiträgt.
Abzugrenzen sind die Verkehrsbeschränkungen nach § 40 BImSchG von Betriebsbeschränkungen von Kraftfahrzeugen nach § 38 BImSchG. Nach § 38 BImSchG müssen Kraftfahrzeuge so beschaffen sein und betrieben werden, dass vermeidbare Emissionen verhindert und unvermeidbare Emissionen auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben. Damit bezieht sich diese Norm auf die allgemein zulässige Beschaffenheit und Betriebsweise von Kraftfahrzeugen, also auf das einzelne Fahrzeug, während § 40 BImSchG den gesamten Kraftfahrzeugverkehr innerhalb eines durch Luftschadstoffe stark belasteten Gebiets betrifft.[12] Aufgrund der (besonders in Innenstädten) hohen Feinstaubbelastung kommen als Maßnahmen vor allem Verkehrsbeschränkungen nach § 40 BImSchG in Betracht, da diese den gesamten Kraftfahrzeugverkehr innerhalb dieser Gebiete, welche emissionsreduzierende Maßnahmen gemäß § 47 BImSchG bedürfen, betreffen.
b) Verkehrsbeschränkungen - eine geeignete Maßnahme
Zunächst ist die Frage zu klären, warum eine Verkehrsbeschränkung unter bestimmten Umständen als erforderliche Maßnahme im Sinne des § 47 Abs. 1 BImSchG überhaupt in Frage kommt.
Nach Angaben des Umweltbundesamtes waren im Jahr 2015 14,7 % der Feinstaubbelastung für Partikel PM10 auf den Verkehr zurückzuführen. Hauptverursacher ist die Industrie mit 42,1 %. Für die kleineren Partikel PM2,5 war Verkehr bereits für 22,9 % der Feinstaubemission (PM2,5) verantwortlich. Damit ist der Verkehr nach der Industrie (29,55 %) und den Haushalten und Kleinverbrauchern (25,5 %) auf Platz drei der PM2,5-Feinstaubquellen. Bei der Stickstoffoxidemission (da sich Stickstoffoxid in Stickstoffdioxid umwandelt, können beide zusammen betrachtet werden) liegt Verkehr als Hauptverursacher mit 38,4 % der jährlichen Emission sogar weit vor dem zweitstärksten Verursacher, der Energiewirtschaft (24,78 %).[13] Nur bei Schwefeldioxid stellt der Verkehr keine primäre Emissionsquelle dar (1,37 %).[14]
Entsprechend dem Verursacherprinzip des (deutschen) Umweltrechts sollen Maßnahmen im Idealfall beim Verursacher der zu minimierenden Umweltverschmutzung ansetzen. Da Kraftfahrzeuge, insbesondere aufgrund ihrer hohen Anzahl, eine der „wichtigsten Quellen“[15] für Feinstaubemissionen sind, empfiehlt es sich diesem Prinzip entsprechend, Maßnahmen zur Reduktion und Minimierung der Feinstaubbelastung, insbesondere in den Bereichen der Emission von Stickstoffdioxid als auch der von kleinsten Feinstaubpartikeln (PM2,5 und PM10), direkt bei den Kraftfahrzeugen anzusetzen. Verkehrsbeschränkungen sind hierbei zur wohl wichtigsten als auch umstrittensten Maßnahme geworden.[16]
c) Notwendigkeit der Aufstellung von Luftreinhalteplänen
Verkehrsbeschränkungen sind als erforderliche Maßnahme gemäß §§ 47 Abs. 1 BImSchG und 27 Abs. 1 der 39. BImSchV jedoch nur in Luftreinhalteplänen festzulegen, wenn sinngemäß auch diese Pläne aufzustellen sind. Aufzustellen sind Luftreinhalteplänen wie bereits erwähnt, wenn die festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich Toleranzmargen überschritten werden.
i. Feinstaubpartikel PM2,5
Die aktuellen Daten des Umweltbundesamtes zeigen, dass 2016 der Grenzwert für PM2,5 an allen Messstationen eingehalten wurden.[17] Damit müssen in Abwesenheit einer wesentlichen Verschlechterung keine Luftreinhaltepläne nach §§ 47 Abs. 1 BImSchG und 27 Abs. 1 der 39. BImSchV für PM2,5 aufgestellt und folglich keine Verkehrsbeschränkungen als Maßnahmen festgelegt werden.[18]
ii. Feinstaubpartikel PM10
Für PM10 zeigen die aktuellen Daten, dass der festgelegte Grenzwert in 2016 an einer Messstation überschritten wurde.[19] Damit ist im betroffenem Ballungsraum ein Luftreinhalteplan aufzustellen. Beschränkungen des Verkehrs könnten eine erforderliche Maßnahme in diesem Luftreinhalteplan darstellen.
iii. Stickstoffdioxid
Gemäß § 3 Abs. 2 der BImSchV beträgt der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid 40 µg/m³. Der über eine volle Stunde gemittelte Immissionsgrenzwert beträgt gemäß § 3 Abs. 1 der BImSchV 200 Mikrogramm pro Kubikmeter, wobei im Jahr 18 Überschreitungen zulässig sind. Die aktuellen Daten des Umweltbundesamtes zeigen, dass 2016 an zwei Messstationen die 18 zulässigen Überschreitungen überschritten wurden.[20] Der gemittelte Jahresgrenzwert hingegen wurde an 145 der 520 Messstationen, also an 27,9 % der Stationen, überschritten. An weiteren zehn wurde der gemittelte Jahresgrenzwert mit genau 40 Mikrogramm pro Kubikmeter „gerade so“[21] eingehalten. Damit sind für 145 Gebiete gemäß §§ 47 Abs. 1 BImSchG und 27 Abs. 1 der 39. BImSchV Luftreinhaltepläne aufzustellen, welche erforderliche Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen durch Stickstoffdioxid festlegen.[22] In weiteren zehn Gebieten kann die zuständige Behörde gemäß § 47 Abs. 3 BImSchG einen Luftreinhalteplan aufstellen.
Die Datenlage zeigt somit, dass aktuell aufzustellende Luftreinhaltepläne fast ausschließlich der Einhaltung des Stickstoffdioxidgrenzwertes dienen (in 145 von 146 Fällen). Da der Verkehr als Verursacher von 38,4 % der jährlichen Stickstoffoxidemission Hauptverursacher dieser ist, empfiehlt es sich dem Verursacherprinzip folgend, Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung der Stickstoffoxidemission beim Verkehr anzusetzen. Eine Maßnahme stellen Verkehrsbeschränkungen gemäß § 40 BImSchG dar.
Problematisch ist ein generelles Verkehrsverbot in der Hinsicht, dass nicht alle Verkehrsteilnehmer eine gleich große Emissionsquelle darstellen. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, wurde bereits 2006 die 35. BImSchV erlassen. Diese ist nicht unmittelbar aus der Umsetzung der europäischen Richtlinien resultiert. Über ihren „engen Zusammenhang“[23] zu § 40 I BImSchG, welcher „mittelbar […] der Einhaltung von Grenzwerten und Alarmschwellen des EU-Luftqualitätsrechts“[24] dient, und § 40 III BImSchG als Ermächtigungsgrundlage dient die 35. BImSchV jedoch ebenfalls mittelbar der Umsetzung der europäischen Luftqualitätsrichtlinien. Sie regelt Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen nach § 40 Abs. 1 BImSchG und die Zuordnung von Kraftfahrzeugen zu Schadstoffgruppen. Die 35. BImSchV gestaltet damit sogenannte Umweltzonen aus.[25]
d) Umweltzonen
Seit Erlass der 35. BImSchV stellen Umweltzonen in der Praxis einen sehr bedeutsamen Fall von Verkehrsbeschränkungen und eine der bekanntesten Maßnahmen zur Einhaltung von Immissionsgrenzwerten dar.[26] Gemäß § 2 Abs. 2 der 35. BImSchV werden Kraftfahrzeuge unter Berücksichtigung ihrer Schadstoff- emissionen Schadstoffgruppen zugeordnet und erhalten diesen entsprechend eine kennzeichnende Plakette (rot, gelb, grün). Wird in einem Gebiet, in einer Umweltzone, ein Verkehrsverbot im Sinne des § 40 Abs. 1 BImSchG aufgestellt, so sind entsprechend ihrer Plakette emissionsärmere Kraftfahrzeuge gemäß § 2 Abs. 1 der 35. BImSchV, soweit ein darauf bezogenes Verkehrszeichen dies vorsieht, von diesem Fahrverbot befreit. Damit sind emissionsstarke Kraftfahrzeuge, unter Berücksichtigung der Ausnahmen nach § 2 Abs. 3 der BImSchV, aus diesen Gebieten verbannt, wodurch eine niedrigere Schadstoffbelastung gewährleistet werden soll. Momentan gibt es in Deutschland 56 Umweltzonen, die, mit Ausnahme einer, lediglich von Kraftfahrzeugen mit grüner Plakette befahren werden dürfen (=Grüne Umweltzone).[27] Umweltzonen stellen damit eine unmittelbare und durchaus beachtliche Maßnahme zur Senkung der vom Straßenverkehr ausgehenden Schadstoffemissionen dar.[28]
Dennoch stellen Umweltzonen kein Allheilmittel gegen eine über dem Grenzwert liegende Schadstoffbelastung in der Luft dar.[29] Hierzu eignet sich das Heranziehen des in dieser Arbeit bereits aufgegriffene Falls zum Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013.[30] So vermochten es die darin aufgestellten Maßnahmen, wie auch eine Grüne Umweltzone, die vom Verkehr ausgehende Schadstoffemission zwar beachtlich zu verringern, die Stickstoffdioxidbelastung überschreitet dennoch seit über sechs Jahren den Immissionsgrenzwert. Die zuständige Behörde kam somit, trotz beachtlicher Schadstoffreduktion durch den Luftreinhalteplan, nicht ihrer Verpflichtung nach, Maßnahmen aufzustellen, die gemäß § 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG geeignet sein müssen, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.
Das zuständige Gericht sah das Problem in der fehlenden differenzierten Auseinandersetzung mit der besonderen Problematik von Dieselfahrzeugen, die unstreitig (gegenüber benzinbetriebenen Fahrzeugen) überproportional an der Überschreitung des Stickstoffoxidgrenzwertes beteiligt sind.[31]
i. Problematik von Dieselfahrzeugen
Stickstoffoxide entstehen hauptsächlich bei Verbrennungsvorgängen in Anlagen und Motoren. Motoren, wie sie in Kraftfahrzeugen vorhanden sind, können grundsätzlich in zwei allgemeine Gruppen unterteilt werden: in Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor und Fahrzeuge mit Fremdzündungsmotor, oder einfacher gesagt, in Dieselfahrzeuge und Benziner. Die Unterteilung geschieht aufgrund der grundsätzlichen Funktionsweise beider Motoren. Während beim Benziner das Luft-Treibstoffgemisch im Motorkolben durch eine Zündkerze, also fremd, gezündet wird, entzündet es sich im Dieselmotor, meist hervorgerufen durch eine Verdichtung des Gemisches, also Erhöhung des Drucks, selbst. Dadurch ist zum einen meist mehr Luft im Kolben, wodurch mehr Stickstoff zur Verfügung steht, und zum anderen ist dadurch der Verbrennungsprozess deutlich heißer als im Ottomotor, wodurch mehr Stickstoffmoleküle aus der Luft mit den zerfallenden Kohlenwasserstoffen (Treibstoff) reagieren und mehr Stickstoffoxide entstehen lassen. Durch Einführung direkteinspritzender Ottomotoren stoßen zwar auch Benziner vermehrt Stickstoffoxide aus, laut Umweltbundesamt waren 2016 dennoch „über 70% der NO2-Emissionen des Straßenverkehrs in Städten“[32] auf Dieselkraftfahrzeuge zurückzuführen.
Auch in Umweltzonen, deren Befahren nur mit grüner Plakette zulässig ist, tragen Dieselfahrzeuge zu einer höheren Stickstoffoxidbelastung bei als Benziner. Dies resultiert aus den unterschiedlichen Bezugsgrößen, die, je nachdem ob es sich um ein benzinbetriebenes oder Dieselfahrzeug handelt, gemäß Anhang 2 zur 35. BImSchV zur Anwendung kommen. Abhängig von Fahrzeugklasse und Bezugsmasse (Masse des Fahrzeugs) dürfen Dieselfahrzeuge zwischen 3,3 und 3,7 Mal so viel Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen, um den zum Erhalt einer grünen Plakette einzuhaltenden Grenzwert nicht zu überschreiten, als ein benzinbetriebenes Fahrzeug gleicher Klasse und Bezugsmasse.[33] Das heißt, dass ein Dieselfahrzeug nach den Normen der 35. BImSchV auch dann noch als emissionsarm gelten kann, wenn es den für Benziner geltenden Grenzwert für Stickstoffoxide pro Kilometer um mehr als das Dreifache überschreitet.
Diese Diskrepanz resultiert ebenfalls aus der unterschiedlichen Funktionsweise beider Motorentypen. So führt die Funktionsweise des Dieselmotors zwar zu einem höheren Stickstoffoxidausstoß, im Gegenzug wird dadurch auch weniger Kohlenmonoxid freigesetzt als im Benziner. Dementsprechend liegt der Grenzwert für Kohlenmonoxid bei Dieselfahrzeugen deutlich niedriger als für Benziner (etwa im gleichen Verhältnis). Damit wird die unterschiedliche Bewertung gerechtfertigt, bezüglich der Stickstoffoxidbelastung ist dies jedoch tückisch. Kohlenmonoxid ist ein Treibhausgas und beeinflusst die Atmosphäre, stellt jedoch keinen Feinstaub dar. Damit spielen Treibhausgase bei der rechtlichen Bewertung von Fahrverboten von Dieselfahrzeugen im Zusammenhang mit der Feinstaubbelastung in Innenstädten keine Rolle.
Festzuhalten bleibt, dass Dieselfahrzeuge entscheidend zur Stickstoffoxidbelastung beitragen, auch in Umweltzonen.
ii. Dieselskandal
Ein weiterer Grund dafür, dass Dieselfahrzeuge, auch in Umweltzonen, in hohem Maße für eine erhöhte Stickstoffbelastung verantwortlich sind, liegt in der Softwaremanipulation, die im Rahmen des Dieselskandals Ende 2015 publik wurde. Die Software erkannte standardisierte Testsituationen und optimierte zeitlich befristet die Abgasaufbereitung, wodurch die Stickstoffoxidemission während Abgaskontrollen erheblich niedriger ausfiel als im Fahrbetrieb in der Praxis.[34] Dies führte dazu, dass auch emissionsstärkere Fahrzeuge als emissionsarm klassifiziert wurden, dadurch die grüne Plakette erhielten und Umweltzonen befahren dürfen. Diese Manipulation hebelt somit das derzeitige Plakettensystem und damit auch die Umweltzonen in ihrer jetzigen Form aus und führt so dazu, dass die Schadstoffbelastung nicht in effektivem Maße gesenkt wird und die Immissionsgrenzwerte, insbesondere für Stickstoffdioxid, weiterhin überschritten werden.
e) Berücksichtigung der Dieselproblematik in Luftreinhalteplänen
Bereits vor publik werden des Dieselskandals im September 2015 wurde sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur eine differenzierte Auseinandersetzung mit der besonderen Problematik von Dieselfahrzeugen gefordert.[35] Dieser Schluss wurde aus dem Umstand geschlossen, dass effektive, in der Zuständigkeit der zuständigen Behörden liegende, Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Stickstoffemissionen, obwohl die in Punkt II.3.d.i. ausgeführte Sachlage bewusst gewesen war, gar nicht ernsthaft in Betracht gezogen wurden. Das neugewonnene Bewusstsein, dass manipulierte Software eingesetzt wurde, vor allem in Dieselfahrzeugen, um dadurch insbesondere emissionsschutzrechtliche Maßnahmen wie die Umweltzone zu umgehen, muss zuständige Behörden, wie von dem VG Düsseldorf richtig erkannt, zu einer aktuellen Bestandsaufnahme und Prüfung auch einschneidenderer Maßnahmen in Bezug auf Dieselfahrzeuge veranlassen, die deren hohem Verursachungsanteil im Sinne des § 47 Abs. 4 S. 1 hinreichend Rechnung tragen, auch wenn die Dieselskandal-Problematik als solche für die Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzwerte irrelevant ist.[36]
4. Fahrverbot von Dieselfahrzeugen
Während Softwareupdates (3-7 %) und Umtauschprämien (0-2 %) nach Modellrechnungen des Umweltbundesamtes lediglich ein minimales Senkungspotential der Stickstoffoxidbelastung haben, stellt ein (beschränktes) Fahrverbot für (bestimmte) Dieselfahrzeuge laut dem VG Düsseldorf eine „besonders effektive Maßnahme“[37] dar.[38]
a) Rechtsprechung zu einem Dieselfahrverbot
Bislang hat sich die Rechtsprechung in zwei Fällen zu der rechtlichen Bewertung eines Dieselfahrverbots geäußert. Das erste Urteil erging vor dem VG Düsseldorf am 13.09.2016 zum Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013, das zweite am 27.02.2017 vor dem VGH München. Während das VG Düsseldorf ein (beschränktes) Fahrverbot für (bestimmte) Dieselfahrzeuge rechtlich (und tatsächlich) nicht von vorneherein ausschließt, äußerte das VGH München Bedenken diesbezüglich. In der Literatur werden ebenfalls beide Standpunkte vertreten. Die Hauptursache für derart unterschiedliche Meinungen ergibt sich aus dem Umstand, dass gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 BImSchG die zuständige Straßenverkehrsbehörde, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen dies vorsehen, den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften beschränken oder verbieten kann. Das bedeutet, dass eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 S. 1 BImSchG nur im zulässigen Rahmen des Straßenverkehrsrechts zulässig ist.[39]
b) Fahrverbot nach Zeichen 251 i.V.m. einem Zusatzzeichen
Bezüglich der Einschränkung ‚nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften‘ sind laut dem VG Düsseldorf bei Verwendung des Zeichens 251 aus der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) mit entsprechendem – auf (bestimmte) Dieselfahrzeuge bezogenem - Zusatzzeichen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken ersichtlich.
Das Zeichen 251 gehört zum bundesrechtlichen Katalog der Verkehrszeichen und kommt, da die im Sinne des § 47 Abs. 1 und 2 BImSchG in aufzustellenden Luftreinhalteplänen festzulegenden Maßnahmen in allen Rechtsbereichen angesiedelt sein können, laut dem VG Düsseldorf zur Umsetzung einer solchen in Betracht. Auch bei einem Zusatzzeichen handelt es sich gemäß § 39 Abs. 3 S. 1 StVO um ein Verkehrszeichen, sodass diese ebenfalls in Betracht kommen. Dass derzeit im Katalog der Verkehrszeichen kein auf (bestimmte) Dieselfahrzeuge zugeschnittenes Zusatzzeichen existiert, sah das VG Düsseldorf wenig problematisch. Da die Aufzählung der Zusatzzeichen nicht abschließend ist, steht es dem Verkehrsministerium der zuständigen Behörde frei, für das Bundesland andere und weitere Zusatzzeichen zu genehmigen. Dieser Auffassung stimmt das VGH München insoweit ebenfalls zu.[40] Dass das Zeichen 251 mit einem Zusatzzeichen ‚Diesel‘ versehen werden kann, wie es das VG Düsseldorf mithilfe einer Aufschrift ‚Diesel‘ oder ähnlicher für möglich hält, hält das VGH München hingegen für nicht zulässig. Es bestünde nämlich das Problem, dass § 39 Abs. 3 ‚Aufschriften‘ auf Zusatzzeichen, also Zusatzzeichen, die ihren Regelungsgehalt in Textform zum Ausdruck bringen, so wie es das VG Düsseldorf vorschlägt, nur insoweit zulässt, soweit nichts anderes bestimmt ist. Hiermit bezieht sich das VGH München auf die Nr. 26 der Anlage 2 zur StVO, nach der für die Zeichen 250 bis 259, also auch Zeichen 251, gilt, dass andere Verkehrsarten durch Verkehrszeichen gleicher Art mit Sinnbildern nach § 39 Abs. 7 StVO verboten werden können. Wären Dieselfahrzeuge als eine Verkehrsart im Sinne dieser Bestimmung anzusehen, so könnte hieraus herzuleiten sein, dass sich auf solche Fahrzeuge beziehende Verkehrsverbote nicht durch Zusatzzeichen mit Aufschriften in Textform verlautbart werden dürften.
Dieser Einwand greift jedoch bereits im Ausgangspunkt nicht durch.[41] Zum einen werden Dieselfahrzeuge nirgends sonst als Verkehrsart angesehen, und zum anderen, da es sich um die Umsetzung zwingenden EU-Rechts handeln würde, wäre im Zweifel das nationale Recht ohnehin unionsrechtskonform auszulegen.[42] Andernfalls wäre „die mit der Luftqualitätsrichtlinie unvereinbare Regelung schlicht außer Anwendung zu lassen“[43], was zum gleichen Ergebnis führen würde.
An dieser Stelle kann dies jedoch vorerst unberücksichtigt bleiben. So schenkten beide Gerichte bei ihren Überlegungen der einschlägigen bundesrechtlichen Norm des § 45 Abs. 1f StVO, welche seit dem 01.04.2013 gilt, keine Beachtung. Gemäß § 45 Abs. 1f StVO ordnet die Straßenverkehrsbehörde zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Abs. 1 oder 2 des BImSchG festgesetzten Umweltzonen die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an. Eine Meinung in der Literatur fasst die Bedeutung dieser Norm treffend zusammen:
„Nach seinem Wortlaut und seiner systematischen Verknüpfung mit den §§ 47 und 40 BImSchG ist § 45 Abs. 1f StVO ersichtlich als Spezialregelung für die Anordnung von Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 S.1 BImSchG konzipiert, die zur Umsetzung von den in einem Luftreinhalteplan nach § 47 BImSchG festgesetzten Umweltzonen erforderlich sind.“[44]
Damit sind die zur Einhaltung von Luftreinhalteplänen aufzustellenden Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen zu kennzeichnen. Durch den abschließenden Charakter der Norm sind andere Verkehrszeichen „durch diesen straßenverkehrsrechtlichen numerus clausus der zulässigen Verkehrszeichen“[45] ausgeschlossen. Für ein Fahrverbot von Dieselfahrzeugen kommt unter Berücksichtigung des § 45 Abs. 1f StVO die Verwendung des Zeichens 251 aus der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) mit entsprechendem – auf (bestimmte) Dieselfahrzeuge bezogenem – Zusatzzeichen somit nicht in Betracht.
c) Fahrverbot nach Zeichen 270.1 und 270.2 i.V.m. einem Zusatzzeichen
Durch den abschließenden Charakter des § 45 Abs. 1f StVO und seine systematische Verknüpfung mit den §§ 47 und 40 BImSchG sind im Rahmen eines Luftreinhalteplans oder eines Plans für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen festgelegte Verkehrsbeschränkungen mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen anzuordnen.
Um ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 aufzustellen, könnten diese mit einem Zusatzzeichen ‚Diesel‘ versehen werden (Vgl. Fahrverbot nach Zeichen 251 in Verbindung mit einem Zusatzzeichen). Problematisch hinsichtlich des Zusatzzeichens ist an dieser Stelle jedoch der Bestimmtheitsgrad des § 45 Abs. 1f StVO. So ordnet die Straßenverkehrsbehörde danach die zur Kennzeichnung der festgesetzten Umweltzone die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an. Diese Vorschrift bezieht sich also zum einen explizit auf Umweltzonen, und zum anderen spricht sie von dem dazu vorgesehenem Zusatzzeichen, also einem bestimmten Zusatzzeichen, welches genau für den Fall der Umweltzone vorgesehen ist. Das OVG München bewertet die letztgenannte Problematik der Gestalt, dass diese Vorschrift von einer wohl obligatorischen Verbindung der Zeichen 270.1 und 270.2 mit dem Zusatzzeichen ausgeht, dessen äußere Gestalt und dessen Regelungsgehalt sich aus der laufenden Nr. 46 der Anlage 2 der StVO ergibt. Ferner führt das zuständige Gericht an, der Verordnungsgeber verstehe, § 45 Abs. 1f StVO berücksichtigend, unter einer Umweltzone ein Gebiet, in dem die Teilnahme am Verkehr mit einem Kraftfahrzeug, welches nicht über eine der auf dem Zusatzzeichen nach der laufenden Nr. 46 der Anlage 2 zur StVO wiedergegebene Plakette verfügt, verboten ist.[46]
Diese Ansicht ist unter genauerer Betrachtung des Zeichens 270.1 jedoch nicht haltbar. Gemäß der laufenden Nr. 44 Ge- oder Verbot Nr. 1 der Anlage 2 der StVO ist innerhalb einer durch das Zeichen 270.1 gekennzeichneten Zone die Teilnahme am Verkehr mit einem Kraftfahrzeug verboten.
Das Zeichen 270.1 ordnet für sich allein genommen somit ausschließlich ein Fahrverbot für sämtliche Kraftfahrzeuge innerhalb einer Zone. Unter Nr. 44 Ge- oder Verbot Nr. 2 der Anlage 2 der StVO ist zwar die Unberührtheit der §§ 1 Abs. 2 und 2 Abs. 3 der 35. BImSchV genannt und gleichzeitig festgehalten, dass die Ausnahmen im Einzelfall oder allgemein durch Zusatzzeichen oder Allgemeinverfügung zugelassen sein können. Die genannten Normen beziehen sich jedoch auf das Zulassen des Verkehrs von und zu bestimmten Einrichtungen, soweit dies im öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn dies zur Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen notwendig ist, oder überwiegende und unaufschiebbare Interessen Einzelner dies erfordern, insbesondere wenn Fertigungs- und Produktionsprozesse auf andere Weise nicht aufrechterhalten werden können, und auf Fahrzeuge, die von Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 BImSchG ausgenommen sind. Aus dem Umstand, dass diese Ausnahmen gemäß Nr. 44 Ge- oder Verbot Nr. 2 der Anlage 2 der StVO im Einzelfall oder allgemein durch Zusatzzeichen oder Allgemeinverfügung zugelassen sein können, ist die Notwendigkeit der Zulassung weiterer Ausnahmen vom Verkehrsverbot anhand deren Schadstoffklasse oder Plakette nicht ersichtlich. Ebenso wenig ist dies aus der Erläuterung des Zeichens 270.1 ersichtlich, welche darauf verweist, dass die Kennzeichnung der Umweltzone auf Grund von § 45 Abs. 1f StVO erfolgt. So spricht dieser zwar von ‚dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen‘, welches Zusatzzeichen damit tatsächlich gemeint ist, geht jedoch weder aus § 45 Abs. 1f StVO noch aus dem Zeichen 270.1 selbst hervor. Da es grundsätzlich dem Verkehrsministerium einer zuständigen Behörde im Sinne des § 47 Abs. 1 S. 1 BImSchG freisteht, für das Bundesland andere und weitere Zusatzzeichen zu genehmigen, kann diese auch ein Zusatzzeichen ‚Diesel‘ genehmigen, welches explizit für Umweltzonen im Sinne des § 45 Abs. 1f StVO vorgesehen ist. Damit kommt ein Zusatzzeichen ‚Diesel‘ als das ‚dazu vorgesehene Zusatzzeichen‘ im Sinne des § 45 Abs. 1f StVO durchaus in Betracht.
Eine andere Auslegung erscheint indes nicht fehlerfrei möglich. Da es sich hierbei um die Umsetzung zwingenden EU-Rechts handelt, ist im Zweifel das nationale Recht unionsrechtskonform auszulegen.[47] Andernfalls wäre „die mit der Luftqualitätsrichtlinie unvereinbare Regelung schlicht außer Anwendung zu lassen“[48], was zum gleichen Ergebnis führen würde.
Die weitere Begründung des VGH München, dass auch in der Lebenswirklichkeit die Zeichen 270.1 und 270.2 mit dem unter der laufenden Nr. 46 der Anlage 2 zur StVO abgebildeten Zusatzzeichen wohl derart ausnahmslos miteinander verknüpft sind, dass nicht gewährleistet ist, dass jeder Verkehrsteilnehmer, der sich mit hiervon abweichenden Zeichenkombinationen konfrontiert sieht, den Bedeutungsgehalt der so kundgemachten Regelung innerhalb der kurzen Zeit zweifelsfrei erfassen könne, in der dies nach den Vorgaben der Rechtsprechung für einen durchschnittlichen Kraftfahrer möglich sein muss, greift ebenfalls nicht. Aufgrund der nicht abschließenden Aufzählung der Zusatzzeichen steht es einem Verkehrsministerium frei, andere als die in dem vorgenannten Verzeichnis aufgeführten Zusatzzeichen zu genehmigen, um gerade für die Fälle, in denen die Vorschriftzeichen der Anlage 2 der StVO für sich allein genommen nicht genügen, diese zu ergänzen durch Kombination mit einem Zusatzzeichen zu ergänzen beziehungsweise zu konkretisieren. Ob der Bedeutungsgehalt eines an dem Zeichen 270.1 und 270.2 angebrachtes Zusatzzeichen mit der Aufschrift ‚Diesel‘ von einem durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer tatsächlich, wie das VGH München meint, innerhalb der kurzen Zeit nicht zweifelsfrei erfassbar ist, in der dies nach den Vorgaben der Rechtsprechung möglich sein muss, erscheint im Hinblick auf andere Zusatzzeichen fraglich. So ist das Zusatzzeichen ‚Bei Nässe‘ am Zeichen 274 für Verkehrsteilnehmer genauso schnell zweifelsfrei erfassbar wie ‚Bewohner frei‘ am Zeichen 283. Wäre ein ‚Bei Nässe‘ Zusatzzeichen in Verbindung mit dem Zeichen 283 angebracht, so sollte auch diese etwas ungewöhnliche Zeichenkombination für den durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer dennoch verständlich sein. Warum für ein Zusatzzeichen ‚Diesel‘ in Verbindung mit den Zeichen 270.1 und 270.2 etwas anderes gelten sollte, erschließt sich nicht.
Einwende, insbesondere auch solche, die vom VGH München vorgetragen wurden, sind folglich unbegründet. Grundsätzlich besteht somit mit dem derzeit zur Verfügung stehenden Instrumentarium der StVO, und zwar mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit einem Zusatzzeichen, zum Beispiel ‚Diesel‘, die Möglichkeit, ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge anzuordnen und einwandfrei bekanntzugeben,
i. Problem der fehlenden Festlegung von Ausnahmen
Wenn Fahrverbote von Dieselfahrzeugen grundsätzlich durchsetzbar sind, so ist ferner zu klären, ob das geltende Recht ausreichende Befugnisnormen bereithält, um Ausnahmen von Verkehrsverboten von Dieselfahrzeugen rechtskonform zulassen zu können. Vor allem das VGH München sieht die Kernproblematik der Durchsetzbarkeit von Dieselfahrverboten im Fehlen einer ausreichenden rechtlichen Möglichkeit der Zulassung von Ausnahmen.[49]
Partielle Ausnahmen von Verkehrsverboten von Dieselfahrzeugen sind notwendig, wenn unaufschiebbare und überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern. Dies ist beim teilweisen Abwickeln von Transportbedürfnissen durch Dieselfahrzeuge der Fall. Ein lückenloses Unterbleiben derartiger Verkehrsvorgänge auf von einem Verkehrsverbot betroffenen Straßen kann unter Umständen jedoch nicht ohne Verstoß gegen höherrangiges Recht gefordert werden. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn für einen Beförderungsvorgang weder andere Verkehrsmittel als Dieselfahrzeuge noch Alternativstrecken zur Verfügung stehen. Problematisch ist dies hinsichtlich der vom VGH München an anderer Stelle berücksichtigten Tatsachen, dass zum einen praktisch alle schweren Nutzfahrzeuge ab einer gewissen Größenordnung mit Dieselmotoren ausgestattet sind, sodass deren Fahrverbot zu Liefereinschränkungen innerhalb der Fahrverbotszonen führen könnte, und des Weiteren, dass gegenwärtig für zahlreiche Kommunalfahrzeuge mit hoher Masse, wie Fahrzeuge der städtischen Verkehrsbetriebe, der Müllabfuhr und der Feuerwehr, andere ausgereifte Antriebstechniken als Dieselmotoren derzeit nicht zur Verfügung stehen.[50] Ein Dieselfahrverbot, welches keine Ausnahmen kennt, würde somit dem Wohl der Allgemeinheit schaden und damit gegen höherrangiges Recht verstoßen.
Zur Erteilung von Ausnahmen werde laut dem VG Düsseldorf eine neue Rechtsverordnung des Bundes nach § 40 Abs. 3 BImSchG nicht benötigt. Ausnahmen von Verkehrsverboten im Sinne des § 40 Abs. 1 BImSchG sind bereits in der 35. BImSchV erweitert worden, wobei deren Geltung nicht ausschließlich nur auf Umweltzonen beschränkt ist.
Wenn unaufschiebbare und überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern, kann die Straßenverkehrsbehörde im Einvernehmen mit der für den Immissionsschutz zuständigen Behörde gemäß § 40 Abs. 1 S. 2 BImSchG Ausnahmen von Fahrverboten zulassen. Dass Ausnahmen selbst dann, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert, von unaufschiebbaren und überwiegenden Gründen abhängig sind, verdeutlicht laut VGH München den strengen Maßstab, der bei derartigen Sonderbestimmungen anzusetzen ist. Aufgrund des hohen rechtlichen Ranges, der dem Schutzgut der menschlichen Gesundheit nach der Wertordnung des Grundgesetzes zukommen, können Ausnahmen daher nur dann rechtsfehlerfrei zugelassen werden, wenn sich die Allgemeininteressen gegenüber dem Schutzanspruch vor der unzulässig hohen Stickstoffdioxidbelastung durchsetzen können.[51] Kämen Ausnahmen dem Grunde nach in Betracht, so wären sie gegebenenfalls in gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht zu begrenzen. Die erste Alternative des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV bietet ebenfalls einen gemeinwohlbezogenen Ansatz.
Gemäß § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV kann die zuständige Behörde den Verkehr mit von Verkehrsverboten im Sinne des §40 Abs. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes betroffenen Fahrzeugen von und zu bestimmten Einrichtungen zulassen (Tatbestandsmerkmale), soweit dies im öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn dies zur Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen notwendig ist (Alternative 1), oder überwiegende und unaufschiebbare Interessen Einzelner dies erfordern, insbesondere wenn Fertigungs- und Produktionsprozesse auf andere Weise nicht aufrechterhalten werden können (Alternative 2).
Wenn ein Verkehrsverbot unzumutbare Folgen ausschließlich zulasten Einzelner mit sich bringen würde, so würde die zweite Alternative laut dem VGH München dann ausreichende Maßnahmen eröffnen, um einer solchen Fallgestaltung Rechnung zu tragen, wenn ‚von und zu bestimmten Einrichtungen‘ stattfindende Verkehrsvorgänge inmitten stehen.[52] Dies resultiert aus dem Aufbau des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV, nach dem sich die im Vordersatz dieser Bestimmung enthaltenen Tatbestandsmerkmale auf die beiden im Anschluss daran normierten Fallgestaltungen beziehen (=Alternative 1 und 2).
Fehlt es am Tatbestandsmerkmal ‚von und zu bestimmten Einrichtungen‘, so eröffnet § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV keine ausreichenden Maßnahmen, um Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zulassen zu können, auch wenn eine solche Entscheidung im ausschließlichen überwiegenden Individualinteresse erforderlich sein sollte. Ob das geltende Recht für den Fall, dass die begünstigten Fahrten nicht ‚von und zu bestimmten Einrichtungen‘ führen, eine Befugnisnorm zur Verfügung stellt, bezweifelt das VGH München.
Grundsätzlich kann die Straßenverkehrsbehörde gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen von Verboten und Beschränkungen genehmigen. Ob diese allgemeine Vorschrift auf Verkehrsverbote im Sinne des § 40 Abs. 1 S. 1 BImSchG tatsächlich anwendbar ist, hat das VGH München jedoch in Frage gestellt, das OVG Berlin-Brandenburg gar verneint.[53] Die entscheidende Begründung des OVG-Berlin-Brandenburg, nämlich dass die in § 40 Abs. 1 S. 2 BImSchG und § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV aufgeführten Ausnahmemöglichkeiten einen abschließenden Charakter innehaben, ist jedoch nicht haltbar. Dies ergibt sich bereits aus § 40 BImSchG selbst. So kann der Kraftfahrzeugverkehr ‚nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften‘ beschränkt oder verboten werden. Das bedeutet, dass Verkehrsbeschränkungen im Sinne des § 40 Abs. 1 BImSchG auf der Grundlage von in den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften vermittelten Maßstäben und Kriterien zu erfolgen haben.[54]
Zu den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zählt insbesondere auch § 46 StVO. Wenn es sich bei § 46 StVO, und somit auch § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO, um eine straßenverkehrsrechtliche Vorschrift handelt, was der Fall ist, und Fahrverbote im Sinne des § 40 Abs. 1 BImSchG ‚nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften‘ zu erfolgen haben, so hat dies mangels Erwähnung jeglicher Einschränkung auch zwingend nach Maßgabe aller straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zu geschehen, also auch nach Maßgabe des § 46 StVO. Alleine aus diesem Umstand ergibt sich, da letztgenannte Norm Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse regelt, dass die in § 40 Abs. 1 S. 2 BImSchG und § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV aufgeführten Ausnahmemöglichkeiten keinen abschließenden Charakter innehaben können und zumindest die Ausnahmemöglichkeiten nach § 46 StVO anwendbar bleiben. „‚Wissenschaftliche‘ oder ‚fachliche‘ Bewertungsmaßstäbe“[55], wie solche, die von besagten Gerichten zur fehlerhaften Begründung hinzugezogen wurden, sind ferner bei der Beurteilung ‚nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften‘ unzulässig, „weil ihnen die politische Legitimation für die wertende Entscheidung fehlt“[56].[57]
Dementsprechend behalten nach § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO genehmigte Ausnahmen von Verkehrsverboten auch in Umweltzonen grundsätzlich ihre Gültigkeit, sofern sich ihr Umfang gemäß § 46 Abs. 4 StVO auch auf solche erstreckt.
ii. Umgehungspotential des § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO
Bedenken bezüglich des Umgehungspotentials, welches § 46 Abs. 1 und 2 StVO hinsichtlich der engen tatbestandlichen Bestimmungen der Ausnahmemöglichkeiten nach § 40 Abs. 1 S. 2 BImSchG und § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV bereitstellt, sind schon eher zu berücksichtigen. Sowohl das VGH München als auch das OVG Berlin-Brandenburg bemängelten, dass die engen tatbestandlichen Bestimmungen der §§ 40 Abs. 1 S. 2 und 1 Abs. 2 der 35. BImSchV durch die weitgefassten Ausnahmevorschriften des § 46 Abs. 1 und 2 StVO unterlaufen werden könnten.
Dieser Erwägung ist sachliches Gewicht nicht abzusprechen. Das VGH München hat in seinen Erwägungen jedoch selbst eine Möglichkeit genannt, mit der das Umgehungspotential minimiert würde. So könnte insbesondere § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO in der Verwaltungspraxis nur in den Fällen herangezogen werden, in denen ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge ohne Zulassung einer Ausnahme im Einzelfall eine Härte nach sich zöge, die ihrerseits nicht mehr als verfassungskonform angesehen werden könnte.[58] Unter welchen Umständen Ausnahmen in diesem Sinne zuzulassen sind, wäre vorab zu klären.
Um die vom VGH München angeführte Unsicherheit, dass es zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen mit Vorgaben der Rechtsordnung, die schwerer wiegen als das Gebot der lückenlosen Geltung eines Fahrverbots für Dieselfahrzeuge, geboten sein könnte, bestimmte Arten solcher Fahrzeuge die Verkehrsteilnahme auf für sie grundsätzlich gesperrten Straßen zu gestatten oder Fahrten zu bestimmten Zielen innerhalb des gesperrten Bereichs beziehungsweise aus bestimmten Anlässen zuzulassen, ohne dass die Halter oder Fahrer solcher Fahrzeuge stets in der Lage sind, hierfür einzelfallbezogene oder eine Mehrzahl von Verkehrsvorgängen erfassende, durch Bescheid zu erteilende Ausnahmegenehmigung zu beantragen, zu beseitigen, muss lediglich bereits im Vorfeld der Anordnung der Fahrverbotszone für Dieselfahrzeuge ein Bewertungskatalog geschaffen werden, nach dessen verbindlichen abstrakt-generellen Kriterien Fälle definiert werden, nach denen Ausnahmen im Einzelfall gewährt werden können. Gegen die Schaffung eines solchen Kataloges durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde spricht grundsätzlich nichts.[59]
Aufgeführt sein könnten in diesem Katalog aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (§ 47 Abs. 4 S. 1) ebenfalls emissionsarme Dieselfahrzeuge. Die zuständige Behörde müsste sich hierbei, da es einen eigens auf eine bestimmte Zone gerichteten Bewertungskatalog aufstellt, nicht auf die Zuordnung des Fahrzeugs zu einer bestimmten Schadstoffgruppe beschränken. Vielmehr könnte die Behörde, um der Stickstoffdioxidproblematik gerecht zu werden, festlegen, dass in der bestimmten Zone alle Dieselfahrzeuge mit einem geringeren Stickstoffdioxidausstoß, als dem in diesem Katalog festgelegten, ein Anrecht auf Genehmigung einer Ausnahmegenehmigung zum Befahren dieser Zone haben. Mit so einer Lösung wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genüge getan und etwaige erforderliche, im überwiegenden individualinteresse liegende, Ausnahmen können auf einfachem Wege erhalten werden.
iii. Unverhältnismäßige Benachteiligung ortsfremder Verkehrsteilnehmer
Problematisch ist bei diesem Lösungsansatz, dass alle Ausnahmen auch tatsächlich im Einzelfall genehmigt werden müssten. Das heißt, dass jeder betroffene Verkehrsteilnehmer, beziehungsweise jedes vom Fahrverbot betroffene Dieselfahrzeug, im Einzelfall von der zuständigen Behörde auf Ausnahmefähigkeit geprüft werden muss. Dies bedeutet auf der einen Seite, dass die Betroffenen selbst aktiv einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung stellen müssen, und auf der anderen Seite, dass dabei ein erheblicher Verwaltungsaufwand bei der zuständigen Behörde entsteht.
Zudem wären Verkehrsteilnehmer von außerhalb, selbst wenn sie ein ausnahmegenehmigungsfähiges Fahrzeug nutzen, in beinahe allen Fällen nicht vom Verkehrsverbot befreit, da sie bereits im Vorfeld die Genehmigung bei der zuständigen Behörde beantragen müssten und diese nun mal in der betroffenen Stadt ansässig ist. Ob Verkehrsteilnehmer von außerhalb dadurch womöglich unverhältnismäßig stark beeinträchtigt werden, ist unsicher.
Zieht man zu Umweltzonen ergangene Gerichtsentscheidungen hinzu, so wird deutlich, „dass dem Ziel des Schutzes der menschlichen Gesundheit im Verhältnis zu finanziellen und wirtschaftlichen Nachteilen regelmäßig ein höherer Stellenwert zukommt.“[60] Berücksichtigt man, dass ortsfremde Verkehrsteilnehmer durchaus die Möglichkeit besitzen, Ausnahmegenehmigungen für die Dieselfahrverbotsumweltzone zu beantragen, so können die Komfortabilitätseinbußen, die diese gegenüber ortsansässigen Verkehrsteilnehmern bezüglich der Beantragung der Ausnahmen haben, als ein den genannten Nachteilen gleichwertiger Nachteil angesehen werden. Unter Berücksichtigung, dass hauptsächlich die Anwohner von unzulässig hoch belasteten Ballungsräumen einem erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind, während bei ortsfremden Verkehrsteilnehmern dieses in der Regel zeitlich begrenzt ist, kommt unter Erweiterung der gängigen Rechtsprechung dem Ziel des Schutzes der menschlichen Gesundheit ein höherer Stellenwert zu als dem Komfortabilitätsverlust betroffener auswärtiger Verkehrsteilnehmer. Dementsprechend steht die für ortsfremde Verkehrsteilnehmer unpraktische Genehmigungseinholungsmöglichkeit dem Verhältnismäßigkeitsanspruch des Fahrverbots für Dieselfahrzeuge nicht entgegen.
iv. Problematik der Überwachung der Einhaltung des Fahrverbots
Hinsichtlich Dieselfahrverbotszonen wird von deren Kritikern häufig das Argument der fehlenden Möglichkeit der Überwachung der Einhaltung eines solchen Fahrverbots angeführt. Da in einem solchen Fall, anders als bei bisherigen Umweltzonen, die Überwachung der Einhaltung anhand keiner gut erkennbare Plakette möglich ist, wird in Frage gestellt, ob diese überhaupt möglich sei.
Tatsächlich mag die Überwachung teilweise aufwändig oder nur weitmaschig möglich sein. Entgegen dem Vorbringen der Kritiker kann dem VGH München zufolge jedoch nicht davon gesprochen werden, dass diese Überwachung ihre Wirkung wesentlich verfehlen würde.[61] Da praktisch alle schweren Nutzfahrzeuge ab einer gewissen Größenordnung mit Dieselmotoren ausgestattet sind, können sie bei polizeilichen Verkehrskontrollen, die in einer von einem solchen Verbot betroffenen Zone stattfinden, gezielt angehalten und darauf überprüft werden, ob sie gegebenenfalls unter eine Ausnahme des derartigen Verkehrsverbotes fallen. Auch kleinere Nutzfahrzeuge sowie bestimmte Arten beziehungsweise Typen von Personenkraftwagen verfügen derart häufig über Dieselantrieb, dass sie gezielt kontrolliert werden können. Zudem entspricht es verbreiteter polizeilicher Praxis, zum Zwecke der Verkehrskontrollen eine ‚Langsamfahrstelle‘ einzurichten. Dieselfahrzeuge werden sich hierbei vielfach bereits durch ihr Motorengeräusch oder durch einschlägige auf dem Fahrzeug angebrachte Modellbezeichnungen (‚TDI‘ oder Ähnliches) identifizieren lassen. Unabhängig von alledem hat nach § 11 Abs. 6 FZV jeder Fahrer eines Kraftfahrzeugs die Zulassungsbescheinigung Teil 1 mit sich zu führen und sie zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen; die vom jeweiligen Fahrzeug benötigte Kraftstoffart ist aus der Eintragung im Feld P3 dieses Dokuments ersichtlich.[62]
Dieselfahrzeuge, die eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO besitzen, würden zudem durch die Verkehrskontrollen nicht zwingend unverhältnismäßig stark behindert. Da nach herrschender Meinung auch das Parken innerhalb von Umweltzonen nur mit der zum Befahren dieser notwendigen Plakette zulässig ist, dürfen sinngemäß auch in Fahrverbotszonen für Dieselfahrzeuge nur Dieselfahrzeuge mit Ausnahmegenehmigung parken.[63] Betrachtet man in diesem Kontext zusätzlich § 46 Abs. 3 S. 3 StVO, nach dem die (Ausnahmegenehmigungs-) Bescheide mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen auszuhändigen sind, so kann sich daraus die Pflicht ergeben, Ausnahmebescheide in parkenden Dieselfahrzeugen sichtbar anzubringen, wie es zum Beispiel bei Anwohnerparkausweisen der Fall ist. Dem folgend könnten die Ausnahmebescheide auch während dem Verkehrsbetrieb des Fahrzeugs gut sichtbar angebracht sein und das eine Ausnahme innehabende Fahrzeug könnte bei Verkehrskontrollen schnell ‚durchgewunken‘ werden.
Eine Überwachung der Einhaltung einer Dieselfahrverbotszone ist dem VGH München zufolge somit durchaus möglich.
5. Andere Möglichkeiten der Umsetzung von Verkehrsverboten
Da es sich bei einem generellen Fahrverbot von Dieselfahrzeugen innerhalb eines Ballungsraums um einen laut VGH München stark in Freiheitsrechte Betroffener eingreifenden Lösungsansatz handelt, stellt sich die Frage nach effizienteren Lösungsansätzen.
a) Blaue Plakette
Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann ist derzeit der größte Verfechter der blauen Plakette. Neben der roten, gelben und grünen soll die blaue Plakette das etablierte System der Umweltzonen um eine emissionsärmere Gruppe ergänzen. Anstatt einer grünen Umweltzone könnte man so auch eine blaue Umweltzone bestimmen, die nur von Kraftfahrzeugen der Schadstoffklasse Euro 6 befahren werden dürfte. Die Umweltzone kennt in ihrer derzeitigen Form nur die Unterscheidung zwischen den Schadstoffklassen Euro 1 (keine Plakette), Euro 2 (rote Plakette), Euro 3 (gelbe Plakette) und Euro 3 mit Katalysator sowie Euro 4 und besser (grüne Plakette).[64]
Gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 BImSchG kann die zuständige Straßenverkehrsbehörde, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen dies vorsehen, den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften beschränken oder verbieten. ‚Nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften‘ bedeutet, dass die Verkehrsbeschränkung nur im Rahmen des Straßenverkehrsrechts zulässig ist.[65]
Das heißt, dass grundsätzlich auch Verkehrsbeschränkungen für Kraftfahrzeuge mit grüner Plakette zulässig wären, sofern „der Bund das von ihm auf der Grundlage von § 40 Abs. 3 BImSchG in der 35. BImSchV und der Straßenverkehrsordnung (StVO) etablierte System der Umweltzonen […] um eine […] strengere Gruppe ergänzen würde.“[66] Da dieses System derzeit jedoch keine strengere Gruppe enthält und zuständigen Behörden die Kompetenz zur Einführung einer Blauen Plakette fehlt, ist auch die Maßnahme einer Blauen Umweltzone nach geltendem Recht nicht umsetzbar. Auch sind lokale Insellösungen unzulässig, da nicht davon auszugehen ist, dass der Bundesrechtsverordnungsgeber bei Etablierung des 3-Plaketten-Systems im Sinne hatte, dass die Straßenverkehrsbehörden „an diesem praktikablen und bundesweit geltenden, also Rechtssicherheit schaffenden System vorbei lokale und regionale Insellösungen“[67] aufstellen.
Damit fehlt den zuständigen Behörden „unstreitig“[68] die Kompetenz zur Einführung einer Blauen Plakette.
b) Unterscheidung innerhalb von Schadstoffklassen
Wenn den zuständigen Behörden die Kompetenz zur Einführung einer Blauen Plakette fehlt, so stellt sich die Frage, ob bei pauschalen Fahrverboten möglicherweise innerhalb von Schadstoffgruppen unterschieden werden könnte. So zieht Hamburg ein streckenweises Fahrverbot in Betracht, welches sich nur auf Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 oder schlechter beschränkt.[69] Dieses käme vom Effekt der Einführung einer Blauen Plakette gleich, da auch hier „die neueren Dieselfahrzeuge der Abgasstufe Euro 6 vo[m] Fahrverbot verschont“[70] würden.
Die Rechtmäßigkeit einer Differenzierung innerhalb von Schadstoffgruppen ist aufgrund des im vorangegangenem Punkt (II.5.a.-Blaue Plakette) letztgenannten Arguments jedoch ebenfalls zu bezweifeln.[71]
III. Schlussbetrachtung
Wie vorangegangene Ausführungen aufzeigen, hält das geltende Recht ausreichende Befugnisnormen bereit, um bereits jetzt eine Fahrverbotszone für Dieselfahrzeuge anzuordnen. Dies ist anhand der Zeichen 270.1 und 270.2 StVO in Verbindung mit einem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen ‚Diesel‘ möglich, welches grundsätzlich von dem Verkehrsministerium der zuständigen Behörde genehmigt werden kann. Des Weiteren hält das geltende Recht mit § 46 Abs. 1 Nr. 11. StVO eine Norm bereit, um Ausnahmen von dem Fahrverbot in erforderlichem Umfang zu genehmigen. Bei im Vorfeld definierten Bewertungskatalogen, nach deren Kriterien Ausnahmen genehmigt werden können, wird das Umgehungspotential, welches § 46 Abs. 1 und 2 StVO hinsichtlich der engen tatbestandlichen Bestimmungen der Ausnahmemöglichkeiten nach § 40 Abs. 1 S. 2 BImSchG und § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV bereitstellt, minimiert. Auf der anderen Seite werden ortsfremde Verkehrsteilnehmer nicht unverhältnismäßig darin behindert, eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen. Problematisch sind bei diesem Ansatz lediglich der hohe Verwaltungsaufwand, welcher aus dem Umstand resultiert, dass Ausnahmen stets im Einzelfall zu prüfen und zu genehmigen wären, sowie der Umfang der Überwachung der Einhaltung des Fahrverbots, welcher den Ausführungen des VGH München zufolge jedoch bereits bei derzeitigen Umweltzonen in ähnlich hohem Maße ausfällt, und daher als verhältnismäßig anzusehen ist.[72] Grundsätzlich stellen Fahrverbote von Dieselfahrzeugen somit eine nach geltendem Recht durchsetzbare und effektive Maßnahme dar, um die Feinstaubbelastung in Innenstädten zu reduzieren.
Zwar handelt es sich bei dieser Maßnahme um einen stark in Freiheitsrechte Betroffener eingreifenden Lösungsansatz, angesichts der herausgehobenen Bedeutung, die den Schutzgütern ‚menschliches Leben und menschliche Gesundheit‘ zukommt, der vom EuGH ausdrücklich hervorgehobenen Erfordernis, erforderliche Maßnahme festzulegen, um den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten, und dem Umstand des Fehlens effektiver, im Kompetenzbereich der zuständigen Behörden liegender, Lösungsalternativen erscheint ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge vor allem in den Grenzwert stark überschreitenden Ballungsräumen die einzige Maßnahme darzustellen, um den Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten.[73] Auch wenn die ‚gängige Rechtsprechung‘[74] mit der Auffassung, dass Umweltzonen, die trotz ihres strengen Charakters „ausnahmslos als angemessene[…] [Maßnahme] zur Steigerung der Luftqualität angesehen“[75] werden, an die tatsächlichen Verhältnisse anzupassen sind, insbesondere auch durch deren Erweiterung, allem Anschein nach nicht die Einführung von Dieselfahrverbotszonen im Sinn hatte, so scheinen Dieselfahrverbote mit Hinblick auf die durch Softwaremanipulation hervorgerufene Diskrepanz zwischen Soll- und Ist-Effektivität von Umweltzonen dennoch als Erweiterung dieser in Betracht zu kommen.
Damit werden Fahrverbote von Dieselfahrzeugen wahrscheinlich zumindest als vorübergehende Maßnahme zur Reduktion der Stickstoffdioxidkonzentration auf ein unter dem Grenzwert liegendes Maß angeordnet werden müssen.
Ob Fahrverbote von Dieselfahrzeugen auch langfristig als eine solche Maßnahme in Betracht kommen, ist zweifelhaft. Fahrverbote von Dieselfahrzeugen stellen zwar die effektivste der derzeit im Kompetenzbereich der zuständigen Behörden liegenden Maßnahmen dar, außerhalb dieses Kompetenzbereichs liegende Maßnahmen, wie eine drastische Reduzierung des Stickstoffdioxidausstoßes von Dieselfahrzeugen, würden jedoch den effizientesten und zugleich deutlich weniger stark in Freiheitsrechte Betroffener eingreifenden Lösungsansatz darstellen.[76] Damit obliegt es dem Bund, den zuständigen Behörden den Einsatz effizienterer Maßnahmen zu ermöglichen und vor allem die Fahrzeughersteller selbst in die Verantwortung zu ziehen.[77]
Ob dies tatsächlich in naher Zukunft geschehen wird, ist allerdings zu bezweifeln. Gründe hierfür sind bereits auf Ebene der EU-Rechtsetzung zu finden. So hat die Kommission einen Monat nach Einführung eines neuen Prüfverfahrens, „das sicherstellen soll, dass die für den Euro 6-Standard geltenden Emissionswerte nicht nur auf dem Papier, sondern auch im praktischen Fahrbetrieb […] eingehalten werden, […] eine Verordnung erlassen, die es den Herstellern gestattet, die[se] Werte […] bei neu zugelassenen Euro 6-Fahrzeugen bis Ende 2019 um mehr als das Doppelte zu überschreiten.“[78]
Als Resultat dieser Fehlentwicklung stoßen laut Untersuchung des ADAC „gut ein Drittel der Euro 6-Dieselfahrzeuge bei realitätsnahen Messungen sogar wesentlich mehr Stickstoffoxid aus[…] als durchschnittliche Euro 5-Modelle.“[79] Dadurch wäre die Privilegierung neuerer Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6 gegenüber älteren Dieselfahrzeugen nicht zu rechtfertigen. Fahrverbote von Dieselfahrzeugen der Schadstoffklasse Euro 5 und niedriger, also auch die Blaue Plakette, würden damit sowohl umweltpolitisch am Ziel vorbeilaufen als auch rechtlich bedenklich sein, da sie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht genügen.[80]
Letztendlich werden Dieselfahrverbote wahrscheinlich als kurzfristige Maßnahmen angeordnet werden müssen, aufgrund fehlender Alternativen jedoch langfristig angewandt werden müssen. Alternativen werden sich indes nur etablieren können, wenn ein Umdenken in der Politik, und zwar bereits auf EU-Ebene, stattfindet oder Fahrzeughersteller aufgrund wirtschaftlicher Einbußen, die sich unweigerlich aus Dieselfahrverboten für den Markt von Dieselfahrzeugen ergeben, selbst eine Möglichkeit zur drastischen Reduzierung des Stickstoffdioxidausstoßes von Dieselfahrzeugen schaffen und flächendeckend umsetzen.
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Umweltbundesamt, Emissionen ausgewählter Luftschadstoffe nach Quellkategorien, 23.11.2017, Umweltbundesamt, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/dateien/3_tab_emi-ausgew-luftschadst_2017-06-12.pdf
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Umweltbundesamt, Feinstaub (PM10) im Jahr 2016, Umweltbundesamt – Fachgebiet II 4.2 „Beurteilung der Luftqualität, 14.06.2017.
Umweltbundesamt, Feinstaub (PM2,5) im Jahr 2016, Umweltbundesamt – Fachgebiet II 4.2 „Beurteilung der Luftqualität, 12.06.2017.
Umweltbundesamt, Stickstoffoxid-Emissionen, 23.11.2017, Umweltbundesamt, https://www.umweltbundesamt.de/daten/luft/luftschadstoff-emissionen-in-deutschland/stickstoffoxid-emissionen#textpart-1
Umweltbundesamt, Stickstoffdioxid (NO2) Jahr 2016, Umweltbundesamt – Fachgebiet II 4.2 „Beurteilung der Luftqualität, 16.06.2017.
Umweltbundesamt, Umweltzonen in Deutschland, 26.11.2017, Umweltbundesamt, http://gis.uba.de/website/umweltzonen/umweltzonen.php
Wöckel, Holger, Grundzüge des Immissionsschutzrechts, 2008
Wulfhorst, Reinhard, UVPG § 12, in: Landmann/Rohmer (Hrsg.), Umweltrecht, 83. EL Mai 2017.
[...]
[1] Schröer/ Kullick, NZBau 2012, S. 635.
[2] Vgl.: Köck/ Lehmann, ZUR 2013, S. 67ff; Sparwasser/ Engel, NVwZ 2010, S.1513ff.
[3] Köck/ Lehmann, ZUR 2013, S. 67.
[4] Vgl.: Köck/ Lehmann, ZUR 2013, S. 67ff.
[5] RL 2008/50/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 21.05.2008.
[6] Durch das Siebte und Achte Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutz-Gesetzes.
[7] VG Düsseldorf – 3 K 7695/15, Urteil vom 13.09.2016.
[8] Vgl.: Wöckel, Grundzüge des Immissionsschutzrechts, S. 51.
[9] Wöckel, Grundzüge des Immissionsschutzrechts, S. 51.
[10] Vgl.: Landmann/Rohmer- Hansmann/ Hofmann, BImSchG § 40 Verkehrsbeschränkungen, Rn 1.
[11] Landmann/Rohmer- Hansmann/ Hofmann, BImSchG § 40 Verkehrsbeschränkungen, Rn 1.
[12] Landmann/Rohmer- Hansmann/ Hofmann, BImSchG § 40 Verkehrsbeschränkungen, Rn 7.
[13] Vgl.: Umweltbundesamt, Stickstoffoxid-Emissionen; in manchen Regionen höher, Vgl. Umweltbundesamt, Bestandsaufnahme und Wirksamkeit von Maßnahmen der Luftreinhaltung, S. 33ff.
[14] Vgl.: Umweltbundesamt, Emissionen ausgewählter Luftschadstoffe nach Quellkategorien.
[15] Faßbender, NJW 2017, S. 1996.
[16] Vgl.: Faßbender, NJW 2017, S. 1995ff.
[17] Vgl.: Umweltbundesamt, Feinstaub (PM2,5) im Jahr 2016.
[18] Vgl.: Umweltbundesamt, Feinstaub (PM2,5) im Jahr 2016 i.V.m Umweltbundesamt, Feinstaub: der höchste ermittelte Jahresmittelwert 2016 (18 µg/m³) lag bereits unter dem ab 2020 geltenden Grenzwert von 20 µg/m³ (derzeit 25 µg/m³), wesentliche Verschlechterung also unwahrscheinlich.
[19] Vgl.: Umweltbundesamt, Feinstaub (PM10) im Jahr 2016.
[20] Vgl.: Umweltbundesamt, Stickstoffdioxid (NO2) im Jahr 2016.
[21] Wertung des Autors.
[22] An den zwei Messstationen, an denen die 18 zulässigen Überschreitungen der über eine volle Stunde gemittelten Immissionsgrenzwerte überschritten wurden, wurden jeweils auch der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für NO2 überschritten. Somit wurde der Grenzwert an 145 Messstationen überschritten und nicht an 147.
[23] Landmann/Rohmer- Hansmann/Röckinghausen, 35. BImSchV Vorbemerkung, Rn. 1.
[24] Jarass -Jarass, BImSchG § 40 Verkehrsbeschränkungen, Rn. 1.
[25] Vgl.: Jarass- Jarass, BImSchG § 40 Verkehrsbeschränkungen, Rn. 8.
[26] Vgl.: Jarass- Jarass, BImSchG § 40 Verkehrsbeschränkungen: „sehr bedeutende“, Rn.8; Schröer/ Kullick, NZBau 2012: „Ausweisung fast unvermeidlich“, S. 635; Faßbender, NJW 2017: „Bekannteste Maßnahme“, S. 1996; Köck/ Lehmann, ZUR 2013: „bekannteste Maßnahme“, S. 74.
[27] Vgl.: Umweltbundesamt, Umweltzonen in Deutschland.
[28] VG Düsseldorf – 3 K 7695/15, Urteil vom 13.09.2016.
[29] Vgl.: Balbach/Morfeld, NVwZ 2014, S. 1501.
[30] VG Düsseldorf – 3 K 7695/15, Urteil vom 13.09.2016.
[31] VG Düsseldorf – 3 K 7695/15, Urteil vom 13.09.2016.
[32] Umweltbundesamt, Autokauf: Sind Diesel- oder Benzinmotoren umweltfreundlicher?.
[33] Vgl. Abschnitt 5.3.1.4 der RL 98/69/EG.
[34] Vgl.: Steiner, Was Volkswagen in Amerika vorgeworfen wird.
[35] VG Düsseldorf – 3 K 7695/15, Urteil vom 13.09.2016.
[36] VG Düsseldorf – 3 K 7695/15, Urteil vom 13.09.2016.
[37] VG Düsseldorf – 3 K 7695/15, Urteil vom 13.09.2016.
[38] Redaktion FD-StrVR, FD-StrVR 2017, 394211.
[39] Vgl.: Lenz, NVwZ 2017, S. 858ff.
[40] VGH München – 22 C 16.1427, Urteil vom 27.02.2017, Rn. 170.
[41] Vgl.: Faßbender, NJW 2017, S. 1997.
[42] Vgl.: Faßbender, NJW 2017, S. 1997f.
[43] Faßbender, NJW 2017, S. 1998.
[44] Lenz, NVwZ 2017, S. 859.
[45] Lenz, NVwZ 2017, S. 859.
[46] VGH München – 22 C 16.1427, Urteil vom 27.02.2017, Rn. 174.
[47] Vgl.: Faßbender, NJW 2017, S. 1997f.
[48] Faßbender, NJW 2017, S. 1998.
[49] VGH München – 22 C 16.1427, Urteil vom 27.02.2017.
[50] VGH München – 22 C 16.1427, Urteil vom 27.02.2017, Rn. 146 und 154.
[51] Vgl. zum Schutzgut der menschlichen Gesundheit: Pestalozza, Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch-Gesundheitsschutz 9, 2007, S. 1113ff.
[52] VGH München – 22 C 16.1427, Urteil vom 27.02.2017.
[53] OVG Berlin-Brandenburg – OVG 11 S 50/09, Urteil vom 08.12.2009.
[54] Vgl.: Landmann/Rohmer- Wulfhorst, UVPG § 12, Rn. 29.
[55] Landmann/Rohmer- Wulfhorst, UVPG § 12, Rn. 29.
[56] Landmann/Rohmer- Wulfhorst, UVPG § 12, Rn. 29.
[57] Sinngemäß: Landmann/Rohmer- Wulfhorst, UVPG § 12, Rn. 29.
[58] VGH München – 22 C 16.1427, Urteil vom 27.02.2017.
[59] Vgl.: Faßbender, NJW 2017, S. 1995ff.
[60] Schröer/Kullick, NZBau 2012, S. 636.
[61] VGH München – 22 C 16.1427, Urteil vom 27.02.2017.
[62] VGH München – 22 C 16.1427, Urteil vom 27.02.2017, Rn. 154.
[63] Vgl. OLG Hamm – 1 RBs 135/13, Urteil vom 24.09.2013; AG Dortmund – 735 OWi 348/13 [b], Urteil vom 08.01.2014; VerfGH Berlin – 16/13, 34/13, Urteil vom 20.11.2013; AG Frankfurt – Owi 5/09, Urteil vom 15.07.2009; AG Bremen – 94 OWi 348/09, Urteil vom 23.06.2009.
[64] Vgl.: Redaktion beck-aktuell, Baden-Württemberg geht gegen Urteil zu Diesel-Fahrverbot vor, Verlag C.H.BECK, 2.10.2017, becklink 2007961.
[65] Vgl.: Lenz, NVwZ 2017.
[66] Lenz, NVwZ 2017, S. 858.
[67] Lenz, NVwZ 2017, S. 860.
[68] Wertung des VG Düsseldorf in: VG Düsseldorf – 3 K 7695/15, Urteil vom 13.09.2016.
[69] Vgl.: Islinger, Vorerst keine Fahrverbote in Stuttgart.
[70] Faßbender, NJW 2017, S. 1998.
[71] Vgl. zudem: Lenz, NVwZ 2017, S. 860.
[72] VGH München – 22 C 16.1427, Urteil vom 27.02.2017.
[73] EuGH – C-404/13, Urteil vom 19.11.2014.
[74] Vgl.: OVG Münster – 8 A 2751/09, Urteil vom 25.01.2011; OVG Lüneburg – 12 LC 143/09, Urteil vom 12.05.2011; VG Hannover – 4 A 5211/08, Urteil vom 21.04.2009; OVG Berlin Brandenburg – OVG 1 B 5/10, Urteil vom 20.10.2011; VG Köln – 18 K 5493/07 – 09.10.2009.
[75] Schröer/Kullick, NZBau 2012, S. 636.
[76] Vgl. VGH München – 22 C 16.1427, Urteil vom 27.02.2017, Rn. 143.
[77] Vgl.: Faßbender, NJW 2017, S. 1998.
[78] Faßbender, NJW 2017, S. 2000.
[79] Faßbender, NJW 2017, S. 1998.
[80] Vgl.: Faßbender, NJW 2017, S. 1998.
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- Henryk Listewnik (Autor:in), 2017, Feinstaubbelastung in Innenstädten. Eine rechtliche Bewertung der Fahrverbote von Dieselfahrzeugen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412368
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