Seit den frühen 90er Jahren hat auf dem Feld der Audioaufnahmetechnik eine
Entwicklung ihren Lauf genommen, die diesen Bereich revolutionsartig verändert und
das Erscheinungsbild der Audiobranche grundlegend erneuert hat: Der Einzug des
Computers in das Tonstudio und damit die Einführung des digitalen Recordings. Nur
noch sehr wenige professionelle Tonstudios verzichten heute auf den Einsatz von
Computern, Rundfunk und Filmbranche werden zunehmend digitalisiert, der Verkauf
von Homerecording-Equipment erlebt einen nie da gewesenen Aufschwung, kaum
eine Band, die nicht schon ihre eigene Demo-CD mittels Laptop und
Recordingsoftware in ihrem Keller-Proberaum produziert hat.
Welche Vor- und Nachteile bietet jedoch ein Computer im Zusammenhang mit der
Aufnahmetechnik? Wieso ist das digitale Tonstudio dem Analogen scheinbar
überlegen? Wie sieht ein modernes Tonstudio im Vergleich zu einem Studio vor der
„digitalen Revolution“ aus, welche Geräte werden benötigt, welche wurden ersetzt?
Die folgende Arbeit bemüht sich um Klärung dieser Leitfragen. Daneben sollen die
beiden wichtigsten Aufgabenbereiche des Computers bei der Musikproduktion –
Recording und MIDI1 - in groben Zügen in ihrer Funktionsweise erklärt werden. Dabei
ist das Hauptaugenmerk nicht auf die Erläuterung technischer Details (Details und
Zusatzinformationen werden in den Fußnoten genauer dargestellt), sondern auf die
Schilderung von Funktionsprinzipien gelegt. Des Weiteren soll diese Arbeit einen
Ausblick auf kommende Entwicklungen in diesem Bereich geben und versuchen, die
Frage nach der vollständigen Verdrängung der analogen Technik durch das digitale
Recording zu klären.
Zu diesem Thema ist bereits in großer Zahl Literatur veröffentlicht. Ich stütze mich in
dieser Arbeit jedoch zum Teil auf die beiden im Literaturverzeichnis angeführten,
eher praktischen Handbücher, zum großen Teil aber auch auf eigene Erfahrungen
bei der Arbeit im digitalen Tonstudio.
1 Musical Instruments Digital Interface. Hier wird nur sehr kurz und schematisch die Funktionsweise erläutert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Vor- und Nachteile der Digitaltechnik
2.1 Wandlung
2.1.1 Analoge Wandlung
2.1.2 Digitale Wandlung
2.2 Übersteuerung
2.3 Formatdschungel
2.4 Latenzzeiten
2.5 Reproduzierbarkeit und Qualität
2.6 Die offene Struktur
2.7 Digitales Arbeiten
3. Das analoge Tonstudio
4. Das digitale Tonstudio
4.1 Das Arrangementfenster
4.2 Das Software-Mischpult
4.3 Plug-Ins
4.4 Digitale Klangerzeugung und MIDI
5. Schlussbetrachtung
6. Literatur
1. Einleitung
Seit den frühen 90er Jahren hat auf dem Feld der Audioaufnahmetechnik eine Entwicklung ihren Lauf genommen, die diesen Bereich revolutionsartig verändert und das Erscheinungsbild der Audiobranche grundlegend erneuert hat: Der Einzug des Computers in das Tonstudio und damit die Einführung des digitalen Recordings. Nur noch sehr wenige professionelle Tonstudios verzichten heute auf den Einsatz von Computern, Rundfunk und Filmbranche werden zunehmend digitalisiert, der Verkauf von Homerecording-Equipment erlebt einen nie da gewesenen Aufschwung, kaum eine Band, die nicht schon ihre eigene Demo-CD mittels Laptop und Recordingsoftware in ihrem Keller-Proberaum produziert hat.
Welche Vor- und Nachteile bietet jedoch ein Computer im Zusammenhang mit der Aufnahmetechnik? Wieso ist das digitale Tonstudio dem Analogen scheinbar überlegen? Wie sieht ein modernes Tonstudio im Vergleich zu einem Studio vor der „digitalen Revolution“ aus, welche Geräte werden benötigt, welche wurden ersetzt? Die folgende Arbeit bemüht sich um Klärung dieser Leitfragen. Daneben sollen die beiden wichtigsten Aufgabenbereiche des Computers bei der Musikproduktion – Recording und MIDI[1] - in groben Zügen in ihrer Funktionsweise erklärt werden. Dabei ist das Hauptaugenmerk nicht auf die Erläuterung technischer Details (Details und Zusatzinformationen werden in den Fußnoten genauer dargestellt), sondern auf die Schilderung von Funktionsprinzipien gelegt. Des Weiteren soll diese Arbeit einen Ausblick auf kommende Entwicklungen in diesem Bereich geben und versuchen, die Frage nach der vollständigen Verdrängung der analogen Technik durch das digitale Recording zu klären.
Zu diesem Thema ist bereits in großer Zahl Literatur veröffentlicht. Ich stütze mich in dieser Arbeit jedoch zum Teil auf die beiden im Literaturverzeichnis angeführten, eher praktischen Handbücher, zum großen Teil aber auch auf eigene Erfahrungen bei der Arbeit im digitalen Tonstudio.
2. Vor- und Nachteile der Digitaltechnik
Zum besseren Verständnis der Thematik werden hier erst einmal einige grundlegende Gedanken zur digitalen und analogen Audiotechnik dargelegt.
2.1 Wandlung
Die Aufgabe eines Tonstudios ist - grob gesagt – die Übertragung und Aufzeichnung von Schallwellen auf ein Trägermedium. Dabei wird der Schall gewandelt, d.h. in eine verarbeitungsfähige Form überführt. Dies kann grundsätzlich auf zwei Arten geschehen: analog oder digital.
2.1.1 Analoge Wandlung
Bei der analogen Technik wird die Schallinformation zunächst immer in eine elektrische Spannung überführt (also zum Beispiel durch ein Mikrofon in ein Kabel), die sich entsprechend – also analog zu - der Änderung des Schalldrucks und der Tonhöhe verändert. Anschließend wird diese Spannung in eine andere Größe, z.B. die magnetische Feldstärke auf einem Tonband oder die Rille einer Schallplatte übertragen.[2] Ein analoges Medium nimmt also kontinuierlich jede Veränderung des Schalls auf, sozusagen ohne abzusetzen.
2.1.2 Digitale Wandlung
Auch bei der digitalen Wandlung (A/D-Wandlung) muss der Schall zunächst in elektrische Spannung umgewandelt werden. Im nächsten Schritt wird aber diese Spannung nicht in eine andere Energieform gewandelt, sondern als absoluter Zahlenwert festgehalten. Dazu wird das Signal in sehr kurzen Zeitabständen abgetastet und seine Amplitude gemessen. Dieser Messwert, das so genannte Sample, wird als binäre Information gespeichert. Bei der Rückwandlung in analoge Informationen (D/A-Wandlung) wird dieser absolute Zahlenwert wieder als Spannung entsprechender Größe ausgegeben.
Der Vorgang der Wandlung ist also grundsätzlich ein Nachteil der digitalen Technik, denn er bedeutet in jedem Fall eine Rasterung des ursprünglichen analogen Signals. Egal, wie oft und wie schnell ein Sample genommen wird, immer bleibt ein Teil des analogen Signals (sozusagen das „Zwischenstück“ bis zur nächsten Messung) unberücksichtigt. Es kommt für das menschliche Hörempfinden aber nun darauf an, wie oft ein Sample genommen wird (also mit welcher Samplingfrequenz) und wie genau dieses Sample dargestellt wird (mit welcher Bitrate). Ab einer bestimmten Samplingfrequenz und Bitrate empfinden wir das Signal als verlustfrei. Die Auflösung auf einer CD beträgt 16 Bit, bei 44.1 kHz Samplingfrequenz. Dies brachte einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Schallplatte, bei der auf jeden Fall ein gewisses Knistern und Rauschen zu hören ist. Hochwertiger analoger Studiotechnik ist diese Auflösung allerdings unterlegen, weshalb noch lange Zeit in vielen Tonstudios an ausschließlich analoger Technik festgehalten wurde. Erst als die Computer schnell genug und die Festplatten groß genug wurden[3], um höhere Auflösungen und schnelleres samplen zu verarbeiten, konnte man von nahezu verlustfreier Aufzeichnung reden. Mittlerweile wird in den meisten Studios mit einer Auflösung von 24 Bit bei einer Frequenz von 96 kHz gearbeitet. Dies entspricht der Auflösung auf einer DVD. Trotzdem bleibt die Notwendigkeit des Wandelns und Zurückwandelns die Schwachstelle der Digitaltechnik.
2.2 Übersteuerung
Ein weiterer Vorteil der analogen Aufnahme ist die Möglichkeit des Übersteuerns. Ein analoges Medium verfügt über eine gewisse Toleranz. Ist ein Signal zu laut, setzt z.B. bei einem Magnetband zunächst eine leichte Verzerrung ein, die zunimmt, wenn das Signal lauter wird. Auch ein analoges Mischpult oder ein Gitarrenverstärker beginnt bei zu lautem Signal zu verzerren. Dieser Effekt kann durchaus gewollt sein und wird auf verschiedenste Art und Weise bei der Studioarbeit eingesetzt.
Ein digitales Medium verfügt nicht über diese Aussteuerungsreserve (Headroom). Übertrifft die Lautstärke den Wert, den ein A/D-Wandler gerade noch darstellen kann, so kann er mit dieser Information nichts mehr anfangen und produziert sehr unangenehme Geräusche. Weil digitale Medien nicht diese bisweilen sehr warm und satt klingenden Verzerrungseffekte produzieren können, wird ihnen oft ein etwas harter und kalter Klang nachgesagt.
2.3 Formatdschungel
Im Laufe der Entstehung der digitalen Audiotechnik entwickelten zahlreiche Firmen, Institute und Konsortien verschiedene Arten der digitalen Aufzeichnung. Es gibt Hunderte verschiedener Formen der Kodierung, Auflösung und Komprimierung digitaler Daten, die untereinander nur bedingt kompatibel sind. Einige wurden von internationalen Gremien standardisiert, wie etwa das MPEG-3 Format.[4] Andere haben sich aufgrund ihrer guten Eigenschaften und Leistung im Studiobetrieb durchgesetzt.[5] Dennoch gibt es kein einheitliches System, mit dem alle Tonstudios arbeiten. Da zwei digitale Geräte nur dann Daten austauschen können, wenn sie dasselbe Format unterstützen, ist diese Uneinheitlichkeit ist ein Faktor, der die Studioarbeit eher etwas verkompliziert als erleichtert hat.
2.4 Latenzzeiten
Einspielende Musiker in einem Tonstudio müssen sich selbst, bzw. die Tonspur, zu der sie synchron einspielen, über Monitor-Kopfhörer hören können. Das Monitoring in einem analogen Mischpult funktioniert im Prinzip ohne Verzögerungszeiten. Der Musiker hört den Klang im selben Moment, in dem er ihn erzeugt. In einem digitalen Aufnahmesystem ist dies anders. Hier entsteht das Problem von Zugriffszeiten auf Festplatten und dem des Reagierens eines Programms auf einen Mausklick oder Tastendruck, das einem Bereich, wo schon millisekundengroße Verzögerungen zu hören sind, nicht zu vernachlässigen ist. Dieses Problem kann zwar mittlerweile als überwunden gelten - Schnittstellen, Festplatten und CPUs sind schnell genug geworden, fast verzögerungsfrei zu reagieren -, technisch gesehen bleibt jedoch immer eine gewisse, wenn auch sehr kleine, Restverzögerung.[6]
Die Nachteile des Digitalen gegenüber dem Analogen sind jedoch insgesamt gesehen eher gering und werden von den nun folgenden, ernormen Vorteilen weit in den Schatten gestellt.
2.5 Reproduzierbarkeit und Qualität
Ist die Schallinformation erst einmal in digitaler Form vorhanden, lässt sie sich völlig verlustfrei und beliebig oft reproduzieren. Beim Kopieren von digitalen Audiodaten werden diese nicht verändert, sondern es wird ein genaues Abbild des Originals erstellt. Das bedeutet, es ist möglich, aufgezeichnetes Material mehrmals nachzubearbeiten, ohne dass ein Qualitätsverlust eintritt. Hingegen tritt beim Kopieren von analogem Tonmaterial - z.B. von einem Band auf ein anderes – auf jeden Fall eine Verfälschung auf. Jedes analoge Medium verfügt über ein gewisses Hintergrundrauschen, sei es auch noch so leise. Je öfter also ein Band kopiert wird, desto stärker wird dieses Rauschen. Hinzu kommt, dass ein Magnetband oder eine Schallplatte aufgrund der physikalischen Gegebenheiten im Laufe der Zeit immer mehr an Qualität verliert. Bei einer CD oder einer Festplatte tritt so etwas wie Bandverschleiß jedoch nicht auf. Solange es möglich ist, die digitalen Daten zu übertragen, werden sie in immer gleicher Qualität und Form abgespielt.
Dies ist der entscheidende Vorteil für die Studioarbeit. Vor der Einführung der Digitaltechnik musste man Audiomaterial, um es nachzubearbeiten, von einem Band abspielen, die nötigen Veränderungen vornehmen und es wieder aufzeichnen. Dabei nahm auf jedem Fall die Qualität der Aufnahme ab. Dieser Schritt gelingt nun ohne Qualitätsverlust. Zwar tritt auch bei der A/D-Wandlung ein gewisses Rauschen[7] auf. Dieses ist aber um ein Vielfaches geringer als das Eigenrauschen eines Bandes.[8] Mittlerweile lässt sich also zu Recht behaupten, dass digitale Medien die höhere Qualität bieten.
Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil ist außerdem der Wegfall der Bandkosten.
2.6 Die offene Struktur
Um den Aufbau und Funktion eines analogen Gerätes zu ändern, müsste man mühsam Kabel umlöten oder Transistoren austauschen. Recordingsoftware und digitale Audiogeräte zeichnen sich durch eine so genannte offene Struktur aus, d.h. sie sind oft frei konfigurierbar. Da alle Funktionen in Form von Algorithmen vorhanden und nicht an einen Geräteaufbau gebunden sind, lassen sie sich in Reihenfolge und Form recht leicht verändern. Erweiterungen und Plug-Ins können geladen, Programme umgeschrieben, bestimmte Funktionen einzelnen Knöpfen zugewiesen werden. Bewegungen von Reglern und Knöpfen können gespeichert und exakt gleich wiederholt werden (Automation). Dadurch weist das meiste digitale Studioequipment wesentlich mehr unterschiedliche Funktionen auf als analoges. Viele digitale Geräte sind außerdem in der Lage, mit anderen Geräten zu kommunizieren, ihre Daten zu übertragen, zu steuern oder ferngesteuert zu werden. Dies ist ein Flexibilitätsgewinn, der sich mit analogen Geräten nicht realisieren lässt und der die Zahl Anwendungsmöglichkeiten um ein Vielfaches gesteigert hat.
[...]
[1] Musical Instruments Digital Interface. Hier wird nur sehr kurz und schematisch die Funktionsweise erläutert.
[2] Henle, Hubert: Das Tonstudio Handbuch. Praktische Einführung in die professionelle Aufnahmetechnik. München 2001. S. 61.
[3] Die 16 Bit-Auflösung entspricht 65.536 (216) Einzelwerten. Bei einer Erhöhung um 8 Bit auf 24 Bit müssen schon 16777216 (224) Einzelwerte berechnet werden. Dies bringt einen enorm erhöhten Rechenaufwand mit sich. Bei einer Verdopplung der Samplingfrequenz muss auch die doppelte Datenmenge gespeichert werden. Erst Ende der neunziger Jahre waren normale PCs dazu in der Lage. (Gorges, Peter; Merck, Alex: Keyboards, MIDI, Homerecording. München 2000. S. 128.)
[4] Henle, S. 106f.
[5] Gängige Formate sind z.B.: AES/EBU (das Format der Audio Engineering Society), ADAT (Alesis Digital Audio Tape), MADI oder S/PDIF (Sony/Philipps Digital Interface).
[6] Diese Verzögerung liegt bei guten Systemen bei etwa 1ms. Das ungeschulte Gehör empfindet bereits eine Verzögerung von bis zu 7ms als nicht mehr hörbar. (Henle, S. 233)
[7] Das „Quantisierungsrauschen“, das sich durch die immer auftretenden, geringen Fehler bei der Wandlung ergibt. Henle, S. 77.
[8] Der „Signal/Rausch-Abstand“, also die Differenz zwischen der Lautstärke des Eigenrauschens und der größtmöglichen aufzuzeichnenden Lautstärke beträgt bei Digitalrekordern rund 30 dB mehr als bei Magnetbandrekordern. Man sagt, sie verfügen über eine größere „Dynamik“.
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.