In dieser Masterarbeit wird untersucht, welche Faktoren die Intensität der Informationssuche nach Unterhaltungselektronik beeinflussen. Die untersuchten Einflussfaktoren sind das wahrgenommene Risiko vor einem Produktkauf, das Produkt-Involvement und die Produkt-Expertise. Zudem soll erforscht werden, wie sich diese auf die Bedeutung der digitalen Mundpropaganda, auch Electronic Word-of-Mouth genannt, bei der Informationssuche auswirken.
Mithilfe einer Befragung wird das Informationsverhalten sowie die Bedeutung verschiedener Quellen ermittelt. Darüber hinaus wird erfragt, welchen Einfluss die Glaubwürdigkeit einer Quelle auf deren Nutzung hat. Es zeigt sich, dass das Produkt-Involvement den größten Einfluss auf die Intensität der Informationssuche hat und die Bedeutung des Electronic Word-of-Mouth beeinflusst. PersönlicheMundpropaganda und anbieterunabhängige Quellen sind für die Teilnehmer der Studie die wichtigsten und zugleich glaubwürdigsten Informationsquellen, wenn sie sich über Unterhaltungselektronik informieren. Electronic Word-of-Mouth wird von den Probanden nur als drittwichtigste Quelle bei der Informationssuche nach Unterhaltungselektronik gesehen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung/Fragestellung
2 Intrapersonale Erklärungsansätze des Käuferverhaltens
2.1 Aktivierende Determinanten
2.2 Kognitive Determinanten
2.3 Persönlichkeitsdeterminanten
3 Informationsverhalten von Konsumenten
3.1 Phasen des Informationsprozesses
3.2 Die Informationssuche
3.3 Mögliche Informationsquellen
3.4 Die Glaubwürdigkeit als zentraler Faktor bei der Informationssuche
3.5 Einflussfaktoren auf die Informationssuche
4 Word-of-Mouth und Electronic Word-of-Mouth
4.1 Die klassische Mundpropaganda (Word-of-Mouth)
4.2 Mit dem Web 2.0 zum Electronic Word-of-Mouth
4.3 Formen des Electronic Word-of-Mouth
4.4 Motivationen für WOM und eWOM
4.5 Forschungsstand zum (Electronic) Word-of-Mouth
4.5.1 Forschung zur Wirkungsweise des (Electronic) Word-of-Mouth
4.5.2 Glaubwürdigkeit von Electronic Word-of-Mouth
4.5.3 Einflussfaktoren der Bedeutung von Electronic Word-of-Mouth für Konsumenten
5 Modell und Hypothesen
6 Methode
6.1 Schriftliche Online-Befragung
6.2 Vorstellung des Untersuchungsgegenstands
6.2.1 Auswahl der Informationsquellen
6.2.2 Auswahl der Produktkategorie
6.3 Vorstellung des Fragebogens und Itemauswahl
6.4 Pretest
7 Ergebnisse
7.1 Beschreibung der Stichprobe
7.2 Deskriptive Befunde
7.3 Hypothesentestung
7.3.1 Zusammenhang zwischen wahrgenommenen Risiko und Intensität der Informationssuche/Bedeutung eWOM
7.3.2 Zusammenhang zwischen Produkt-Involvement und Intensität der Informationssuche/Bedeutung eWOM
7.3.3 Zusammenhang zwischen Expertise und Intensität der Informationssuche/Bedeutung eWOM
7.3.4 Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Glaubwürdigkeit einer Quelle und deren Bedeutung bei der Informationssuche
7.3.5 Die Rolle von eWOM bei der Informationssuche nach Unterhaltungselektronik
7.4 Zusätzliche Berechnungen
8 Diskussion und methodische Reflexion
8.1 Zentrale Ergebnisse und Implikationen
8.2 Limitationen
9 Fazit und Ausblick
10 Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Phasen des Kaufentscheidungsprozesses
Abbildung 2: Zusammenhang zwischen Suchaufwand und Expertise
Abbildung 3: Einflussfaktoren auf die Intensität der Informationssuche von Unterhaltungselektronik
Abbildung 4: Bildung der abhängigen Variable „Bedeutung eWOM bei der Informationssuche“
Abbildung 5: Übersicht über Zusammenfassung einzelner Variablen
Abbildung 6: Mittelwert der Intensität der Informationssuche in Abhängigkeit von der Produkt-Expertise
Abbildung 7: Mittelwert der Bedeutung von eWOM in Abhängigkeit von der Produkt-Expertise
Abbildung 8: Bedeutung verschiedener Quellen bei der Informationssuche (Mittelwertvergleich)
Abbildung 9: Glaubwürdigkeit verschiedener Quellen bei der Informationssuche (Mittelwertvergleich)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Operationalisierung des Konstrukts Intensität der Informationssuche
Tabelle 2: Operationalisierung des Konstrukts Produkt-Involvement
Tabelle 3: Operationalisierung des Konstrukts wahrgenommenes Risiko
Tabelle 4: Operationalisierung des Konstrukts Produkt-Expertise
Tabelle 5: Verteilung des Geschlechts und des Bildungsgrades
Tabelle 6: Mediennutzung in Prozent
Tabelle 7: Onlinenutzung in Prozent
Tabelle 8: Zusammenhang zwischen wahrgenommenen Risiko und Intensität der Informationssuche
Tabelle 9: Zusammenhang zwischen wahrgenommenen Risiko und BedeutungeWOM
Tabelle 10: Zusammenhang zwischen Produkt-Involvement und Intensität der Informationssuche
Tabelle 11: Zusammenhang zwischen Produkt-Involvement und Bedeutung eWOM
Tabelle 12: Zusammenhang zwischen Produkt-Expertise und Intensität der Informationssuche
Tabelle 13: Zusammenhang zwischen Produkt-Expertise und Bedeutung eWOM
Tabelle 14: Zusammenhang zwischen Wahrgenommener Glaubwürdigkeit von Online-Empfehlungen und Bedeutung eWOM
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abstract
In der vorliegenden Masterarbeit wird untersucht, welche Faktoren die Intensität der Informationssuche nach Unterhaltungselektronik beeinflussen. Die untersuchten Einflussfaktoren sind das wahrgenommene Risiko vor einem Produktkauf, das Produkt-Involvement und die Produkt-Expertise. Zudem soll erforscht werden, wie sich diese auf die Bedeutung der digitalen Mundpropaganda, auch Electronic Word-of-Mouth genannt, bei der Informationssuche auswirken. Mithilfe einer Befragung wird das Informationsverhalten sowie die Bedeutung verschiedener Quellen ermittelt. Darüber hinaus wird erfragt, welchen Einfluss die Glaubwürdigkeit einer Quelle auf deren Nutzung hat. Es zeigt sich, dass das Produkt-Involvement den größten Einfluss auf die Intensität der Informationssuche hat und die Bedeutung des Electronic Word-of-Mouth beeinflusst. Persönliche Mundpropaganda und anbieterunabhängige Quellen sind für die Teilnehmer der Studie die wichtigsten und zugleich glaubwürdigsten Informationsquellen, wenn sie sich über Unterhaltungselektronik informieren. Electronic Word-of-Mouth wird von den Probanden nur als drittwichtigste Quelle bei der Informationssuche nach Unterhaltungselektronik gesehen.
1 Einleitung/Fragestellung
„If you make customers happy in the physical world, they might each tell six friends. If you make customers unhappy on the Internet, they can each tell 6,000 friends with one message to a newsgroup. If you make them really happy, they can tell 6,000 about that.”
(Jeff Bezos im Interview mit C. Taylor 1996)
Der Einfluss der Digitalisierung auf unsere Gesellschaft betrifft nicht nur das Kommunikationsverhalten, sondern auch das Konsumverhalten sowie die digitale Informationsbeschaffung beim Einkaufen (vgl. Vor dem Esche und Hennig-Thurau 2014). Konsumenten werden tagtäglich mit einer Fülle von Werbebotschaften konfrontiert, sei es über Radio, Fernsehen, via Plakatwerbung bei einem Spaziergang durch die Stadt, beim Durchblättern einer Zeitschrift oder beim Surfen im Internet. Diese Masse an Informationen macht es den Verbrauchern zunehmend schwerer, das für sie passende Produkt auf dem Markt zu finden. Folglich versuchen sie, sich vor einer Informationsüberlastung zu schützen, indem sie einen Teil der Werbebotschaften aus ihrer Wahrnehmung herausfiltern. Neben der unbewussten Ausblendung bietet sich ihnen außerdem die Möglichkeit, Werbung durch technologische Entwicklungen auszublenden, z.B. durch zeitversetztes Fernsehen oder das Blocken von Pop-Ups auf Internetseiten. Unternehmen haben es somit zunehmend schwerer, ihre Zielgruppen mit ihren Botschaften zu erreichen. Hinzu kommt, dass Konsumenten durch die Möglichkeiten des Web 2.0 selbst zu Sendern von Botschaften werden und sich im Internet über Produktinformationen austauschen (vgl. Reichelt 2013, S. 1). Noch vor wenigen Jahren basierten Kaufentscheidungen auf Werbung und professioneller Auskunft, heute beziehen sich Verbraucher mehr und mehr auf Empfehlungen von Online-Usern. Ein Grund dafür kann darin liegen, dass es einfacher ist, anderen Ratschlägen zu vertrauen, als eine Masse an Informationen auszuwerten. Empfehlungen werden somit immer wirksamer und häufiger für eine Kaufentscheidung herangezogen als herkömmliche Kommunikationsmaßnahmen (vgl. Lis und Korchmar 2013, S. 1).
Die klassische Mundpropaganda, auch „Word-of-Mouth“ (WOM) genannt, wird durch die digitale Mundpropaganda „Online Word-of-Mouth“, „Eletronic Word-of-Mouth“ (eWOM) oder „Word of Mouse“ erweitert (vgl. Breazeale 2009, S. 299f.). „Mittels solcher Informationsangebote […] können positive wie negative Erlebnisse von Konsumenten mit einem Produkt oder einer Dienstleistung in kürzester Zeit einer fast unbegrenzten Anzahl an Konsumenten zugänglich gemacht werden“ (Hennig-Thurau et al. 2002, S. 1). Durch die Möglichkeiten des Web 2.0 ist der Erfahrungsaustausch nicht mehr länger auf das persönliche Umfeld begrenzt, sondern erreicht völlig neue Dimensionen. Weblogs, soziale Netzwerke oder auch Diskussionsforen bieten Verbrauchern Räume, in denen sie anderen Nutzern von ihren Kauferfahrungen berichten können. Jeff Bezos, der Gründer von Amazon hat diesen Vorteil bereits im Jahre 1996 erkannt: Im persönlichen Umfeld erzählen Konsumenten vielleicht sechs anderen von ihren Erfahrungen. Verbreiten sie diese über das Internet, erreichen sie damit unter Umständen 6.000 andere Verbraucher (vgl. Eingangszitat von Jeff Bezos). Nach oben sind hier natürlich keine Grenzen. Daher wird der elektronischen Mundpropaganda eine besondere Wirksamkeit und eine bedeutende Rolle bei der Informationssuche zugeschrieben. Der Erfolg von Produkten und Dienstleistungen wird im digitalen Zeitalter weniger von Berichten und Werbung in klassischen Medien bestimmt, sondern hängt wesentlich von den Online-Bewertungen und Kommentaren anderer Konsumenten ab (vgl. Lis und Korchmar 2013, S. 2). Nach einer Studie von McKinsey & Company löst Word-of-Mouth zwischen 20 und 50 Prozent aller Kaufentscheidungen aus. Besonders bei Erstkäufen und teuren Anschaffungen vertrauen Verbraucher auf Empfehlungen anderer (vgl. Bughin et al. 2010, o. S.).
Auf Seiten der Rezipienten ergeben sich aus der Masse an zugänglichen Informationen jedoch auch Probleme: So wird es zunehmend schwieriger, echte Bewertungen von manipulierten zu unterscheiden. Im Vergleich zum klassischen Word-of-Mouth, bei dem eine direkte Verbindung zwischen Sender und Empfänger vorliegt, finden Konsumenten im Internet oftmals nur unbekannte und schwer einschätzbare Kommunikationspartner. Nicht auszuschließen ist außerdem, dass die Informationen von Unternehmen selbst kommen. Aus diesem Grund müssen Informationen gefiltert werden, beispielsweise durch die Glaubwürdigkeit. Schätzt ein Konsument eine Informationsquelle als glaubwürdig ein, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er diese zur Informationsgewinnung heranzieht.
In Anknüpfung an die dargestellten Entwicklungen ist das Ziel dieser Arbeit, die Bedeutung der elektronischen Mundpropaganda bei der Informationssuche nach Produkten der Unterhaltungselektronik herauszustellen. Da sich Marketingtreibende vor allem dafür interessieren, wovon das Ausmaß der Informationssuche abhängt, sollen dabei verschiedene Einflussfaktoren untersucht werden. Die Kategorie der Unterhaltungselektronik wurde deshalb gewählt, weil Konsumenten ständig mit neuen Geräten, Technologien und Angebotsplattformen konfrontiert werden. Produkte in diesem Bereich sind komplex, relativ teuer und erklärungsbedürftig. Es ist aber davon auszugehen, dass fast jeder bereits ein Smartphone oder einen Fernseher erworben und vorher Informationen gesucht hat. Zudem wurde die Informationssuche nach Unterhaltungselektronik bisher nur selten untersucht. Ein Großteil der Studien beschäftigte sich bisher beispielsweise mit Automobilen (vgl. Ratchford et al. 2007; Klein und Ford 2003).
Dementsprechend ergeben sich folgende Forschungsfragen für die vorliegende Masterarbeit:
1. Welche Faktoren beeinflussen die Intensität der Informationssuche nach Unterhaltungselektronik?
2. Wie wirken sich diese Einflussfaktoren konkret auf die Bedeutung des Electronic Word-of-Mouth aus?
3. Welche Rolle spielt die wahrgenommene Glaubwürdigkeit des Electronic Word-of-Mouth?
Als Einleitung in die Thematik wird vorerst allgemein das Käuferverhalten thematisiert, um anschließend intrapersonale Erklärungsansätze, also Einflussfaktoren auf ebendieses, vorzustellen. Anschließend wird in Kapitel 3 der Arbeit das Informationsverhalten vor einer Kaufentscheidung behandelt. Welche Phasen gibt es im Informationsprozess? Welche Informationsquellen stehen den Konsumenten zur Verfügung? Welche Einflussfaktoren gibt es auf die Informationssuche? Diese Fragen sollen unter anderem beantwortet werden. In Kapitel 4 werden die Informationsquellen Word-of-Mouth und Electronic Word-of-Mouth definiert. Zudem werden Formen des Electronic Word-of-Mouth sowie der aktuelle Forschungsstand vorgestellt. Es folgt der empirische Teil der Arbeit, in dem die Methode der Online-Befragung und der Untersuchungsablauf vorgestellt werden. Im Anschluss werden die Ergebnisse berichtet und in der folgenden Diskussion interpretiert. Schlussendlich werden Konsequenzen aus der Untersuchung abgeleitet und Empfehlungen für die weiterführende Forschung sowie die Marketingpraxis gegeben.
2 Intrapersonale Erklärungsansätze des Käuferverhaltens
Verschiedenste Zweige der Wissenschaft wie die Ökonomie, Psychologie, Soziologie oder Ernährungswissenschaft erforschen das Verhalten der Verbraucher beziehungsweise Konsumenten (vgl. Hauser 1994). Durch einen Kauf will ein Konsument[1] in der Regel bestimmte Bedürfnisse befriedigen, wie beispielsweise Lebensmittel erwerben. Diese Bedürfnisse können sehr unterschiedlich ausfallen, sie reichen bei Konsumenten von elementaren physischen Bedürfnissen bis hin zum Streben nach Selbstverwirklichung. Zum Käuferverhalten gehören mehrere Faktoren: die Auswahl, der Erwerb, die Lagerung und die Verwendung von Produkten sowie deren Weggabe, nachdem sie verbraucht sind. Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit diesem Prozess stehen, sind z.B. die Informationssuche und -verarbeitung (vor allem vor Kaufentscheidungen), die Kaufentscheidung an sich oder Zahlvorgänge unterschiedlicher Art (vgl. Kuß und Tomczak 2007, S. 7-9). Folgendes Modell soll den Kaufentscheidungsprozess schematisch darstellen:
Abbildung 1: Die Phasen des Kaufentscheidungsprozesses
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Kotler et al. (2011, S. 14)
In diesem Fünf-Phasen-Modell differenziert sich das Kaufverhalten der Konsumenten zeitlich. Zuerst wird das Problem erkannt: Zwischen dem derzeitigen und dem erwünschten Zustand eines Konsumenten besteht eine Diskrepanz. Interne Stimuli (z.B. Hunger oder Durst) bzw. externe Stimuli wie Werbespots lösen einen Bedarf aus. Anschließend betreibt der Verbraucher Informationssuche. Durch das Sammeln von Informationen kann er über die für ihn relevanten Eigenschaften schlussfolgern. In Kapitel 3 der vorliegenden Arbeit wird dieser Teilprozess genauer beschrieben. In der dritten Phase folgt eine Bewertung der Alternativen anhand von unterschiedlich gewichteten Produktmerkmalen. In Phase vier trifft der Konsument die Kaufentscheidung, die sich auf seine Bewertung der Alternativen stützt. In der Nachkaufphase sind Fragen der Qualität und der Erfüllung der ursprünglichen Bedürfnisse von Bedeutung. Der Konsument ist zufrieden, wenn das Produkt seinen Erwartungen entspricht. Falls nicht, herrscht Unzufriedenheit (vgl. Kotler et al. 2011, S. 298–304).
Entscheiden sich Konsumenten, einen Kauf zu tätigen, steht ihnen dafür eine immense Auswahl an Produkten zur Verfügung, zwischen denen sie entscheiden müssen. Die Marketingforschung bietet eine Reihe an Erklärungsansätzen für das Käuferverhalten, beispielsweise dafür, warum gerade das eine und nicht das andere Produkt gekauft wird. Das Käuferverhalten kann intrapersonal und interpersonal erklärt werden. Bei ersterem handelt es sich um Komponenten oder Determinanten, die in Verbindung mit inneren, psychischen Prozessen wirksam werden. Interpersonale Ansätze beschreiben die soziale Abhängigkeit des Konsumenten von seiner Umwelt. Im Folgenden liegt der Fokus auf dem intrapersonalen Erklärungsansatz, da Faktoren aus diesem Bereich für den weiteren Verlauf der Arbeit relevant sind. Meffert (1992) unterscheidet zwischen aktivierenden, kognitiven und Persönlichkeitsdeterminanten (vgl. dazu auch Kroeber-Riel 2013). Diese werden folglich vorgestellt, um ein Verständnis für das Kaufverhalten von Konsumenten zu erhalten.
2.1 Aktivierende Determinanten
Emotionen
Zu den aktivierenden Determinanten gehören Emotionen, Motive und Einstellungen. Emotionen sind „Zustände innerer Erregung, deren Stärke als Intensität, deren Richtung als gut oder schlecht und deren Art qualitativ, kategorial (z.B. Freude) empfunden wird“ (Trommsdorff 2009, S. 32). Gefühle bzw. Emotionen werden mehr oder weniger bewusst wahrgenommen, können demzufolge teilweise unentdeckt bleiben. Sie entstehen durch äußere Stimuli, aber auch durch innere neuronale Vorgänge und beeinflussen das Verhalten in einem nicht zu unterschätzenden Wert (vgl. ebd.). Zimbardo et al. bezeichnen Emotionen „als ein komplexes Muster von Veränderungen, das physiologische Erregung, Gefühle, kognitive Prozesse und Verhaltensweisen umfasst“ (2003, S. 359). In der Psychologie wurden bereits verschiedene Klassifikationen von Emotionen entwickelt, die auch in der Konsumentenforschung Anwendung finden. Einige Beispiele sind: Freude, Traurigkeit, Furcht, Ärger, Überraschung und Zustimmung. Meist sind Emotionen auf eine Person oder ein Objekt gerichtet, was die Bedeutung für das Marketing unterstreicht. Zum Beispiel können Werbespots oder Werbeanzeigen, die eine starke emotionale Reaktion beim Konsumenten auslösen, eine Einstellungsänderung bewirken oder auch das Verhalten ändern (vgl. Kuß und Tomczak 2007, S. 48).
Motive
Motive, auch menschliche Bedürfnisse genannt, stehen in einem engen Zusammenhang mit den Emotionen (vgl. Meffert 1992, S. 52). „Motive sind zielgerichtete, gefühlsmäßig und kognitiv gesteuerte Antriebe des Konsumentenverhaltens“ (Trommsdorff 2009, S. 108). Ehe sie sich auswirken können, müssen sie, ähnlich wie Gefühle und Wissen, aktiviert werden. Sie sind nicht bewusst, können aber z.B. durch Nachdenken bewusstgemacht werden (vgl. ebd.). Motive sind nicht gleichzusetzen mit Motivation. Während letztere eher die aktuelle Handlungsausrichtung bezeichnen, sind Motive meist durch den überdauernden Aspekt gekennzeichnet (vgl. Meffert 1992, S. 52). Motive lassen sich einteilen in primäre, sekundäre, intrinsische, extrinsische, bewusste und unbewusste Motive (vgl. ebd.). Zur Kennzeichnung und Klassifizierung wird in der Literatur (Meffert 1992; Kuß und Tomczak 2007; Trommsdorff 2009) vor allem die Bedürfnispyramide von Maslow herangezogen. Hierbei wird zwischen fünf Arten von Bedürfnissen unterschieden (von unten nach oben entlang der Pyramide): Physiologische Bedürfnisse wie Hunger oder Kälteschutz, Sicherheitsbedürfnisse wie z.B. Schutz vor Kriminalität, Soziale Bedürfnisse wie Zugehörigkeit, Wertschätzungsbedürfnisse wie Anerkennung oder Selbstvertrauen und Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung, z.B. Unabhängigkeit (vgl. Kuß und Tomczak 2007, S. 45). Aus diesen Überlegungen zu Motiven lassen sich schon Folgerungen für die Steuerung von (Kauf-)Verhalten und somit für die Ausrichtung auf Objekte (beim Kaufverhalten vor allem Produkte) erkennen (vgl. ebd., S. 47).
Einstellungen
Der Einstellungsbegriff ist nach Meffert noch weiter gefasst und bezieht die konkrete Beurteilung eines Objektes (z.B. Person oder Produkt) mit ein (vgl. Meffert 1992, S. 48). Einstellungen spielen sowohl in der Theorie als auch in der Praxis eine bedeutende Rolle: Theoretisch sind sie besonders verhaltensprägend und zugänglich für Messung und Beeinflussung. In der Praxis sind sie für die Marktforschung und Werbung interessant, da am meisten in die Erkundung von Einstellungen oder aber auch in deren Beeinflussung investiert wird (vgl. Trommsdorff 2009, S. 145). Eine Einstellung wird definiert als „Zustand einer gelernten und relativ dauerhaften Bereitschaft, in einer entsprechenden Situation gegenüber dem betreffenden Objekt regelmäßig mehr oder weniger stark positiv bzw. negativ zu reagieren“ (ebd., S. 146). Einstellungen sind immer auf Objekte bezogen und nicht vererbbar, sie werden in der Regel unbewusst erlernt (vgl. ebd.).
Die Einstellungstheorie geht im Rahmen der Käuferverhaltensforschung davon aus, dass zunehmend stärkere positive (negative) Einstellungen gegenüber Produkten und Dienstleistungen die Wahrscheinlichkeit eines Kaufes steigen (sinken) lassen (vgl. Meffert 1992, S. 55). In der Einstellungsforschung überwiegt die Vorstellung, dass drei Komponenten zusammenwirken: die Gegenstandsbeurteilung, also das „Denken“, die entsprechende subjektive Bewertung, das „Fühlen“ und eine entsprechende Verhaltenstendenz, das „Handeln“. Übertragen auf das Käuferverhalten würde das etwa bedeuten, dass sich der Konsument Wissen über Produkte und deren Eigenschaften aneignet, z.B. durch Informationserwerb. Dies führt dann zu Einschätzungen wie „Smartphone X macht gute Bilder“. Die Beurteilungen werden mit Werten, Bedürfnissen, etc. verbunden (z.B. „Ich möchte mit meinem Smartphone gute Bilder machen“) und führen zu einer Einstellung wie z.B. „Ich finde Smartphone X gut, weil es gute Bilder macht und diese Eigenschaft für mich wichtig ist“. Hieraus entsteht letztendlich eine Tendenz, beim Handykauf eher Marke X zu kaufen als eine andere Marke (vgl. Kuß und Tomczak 2007, S. 50–51).
Aktivierende Determinanten bauen aufeinander auf, „da Motivation gleichzeitig Emotion umfaßt und in der Einstellung auch Motivation zum Ausdruck kommt“ (Meffert 1992, S. 48). Zusammenfassend ist festzustellen, dass die selektive Reizaufnahme durch ein Zusammenspiel von Aktivierungsvorgängen erreicht wird. Manchen Reizen gelingt es, Aufmerksamkeit beim Konsumenten zu erreichen, also die Aktivierung zu erhöhen. Diese haben dann Zugang zum Informationsverarbeitungssystem. Andere bleiben ausgeschlossen, weil der Organismus nicht genug aktiviert ist, um diese Reize zu verarbeiten (vgl. Kroeber-Riel 2013, S. 63).
2.2 Kognitive Determinanten
Wahrnehmung
Zu den kognitiven Determinanten, die das Kaufverhalten beeinflussen können, gehören die Wahrnehmung und das Lernen. „Wahrnehmung umfaßt den Prozeß der Aufnahme und Selektion von Informationen sowie deren Organisation [Gliederung und Strukturierung] und Interpretation durch das Individuum“ (Meffert 1992, S. 61). Aktivität, Subjektivität und Selektivität spielen eine besondere Rolle, da Rezipienten wahrgenommene Reize ihrer Umwelt aktiv verarbeiten und anschließend subjektiv selektieren, um das eigene Informationssystem nicht zu überfordern (vgl. ebd.; Kroeber-Riel 2013, S. 363). Damit ein Konsument einen Reiz aufnimmt, muss dieser einen bestimmten Schwellenwert erreichen. Beispielsweise wird unter vielen interessanten Nachrichten eine bestimmte weniger wahrscheinlich aufgenommen als unter uninteressanten (vgl. Trommsdorff 2009, S. 238–239).
Lernen
Zur Erklärung des Käuferverhaltens sind Lerntheorien besonders aufschlussreich. Konsumenten werden in der Regel durch erlernte Motive, Einstellungen und soziale Haltungen geprägt. „Lernen bezeichnet […] die systematische Änderung des Verhaltens aufgrund von Erfahrungen. Damit ist der Begriff zwischen Informationsverarbeitung und -speicherung angesiedelt“ (Meffert 1992, S. 62). Lernen ist demzufolge nicht nur das Erwerben, sondern auch das Ändern von Verhalten und bereits erlernten Zuständen. Die primitivste Form des Erwerbs von Verhaltensmustern ist die genetische Weitergabe. Lebensnotwendige Verhaltensweisen wie Flucht oder Paarung werden über Erbinformationen weitergegeben. Die nächst höhere Form ist die des automatischen, nicht willentlich kontrollierten Lernens, wozu klassische und instrumentelle Konditionierungsprozesse gehören (vgl. Trommsdorff 2009, S. 241–242). Bei der klassischen Konditionierung besteht das Ziel darin, dass durch die häufige Wiederholung der gemeinsamen Präsentation zweier Reize eine neue Reiz-Reaktions-Beziehung entstehen soll. Dies wird vor allem in Werbekampagnen angewendet, in denen ein zunächst neutraler Markenname immer wieder mit emotional aufgeladenen Bildern oder Worten gezeigt wird. Die entsprechenden Emotionen sollen somit mit der Marke in Verbindung gebracht werden. Bei der instrumentellen Konditionierung wird das gewünschte, zu erlernende Verhalten als Instrument angesehen, durch das eine Belohnung erreicht bzw. eine Bestrafung vermieden wird. Im Marketing findet dieses Prinzip Anwendung bei der Entwicklung von habituellem Kaufverhalten. Hierbei wächst die Tendenz zum wiederholten Kauf derselben Marke durch Zufriedenheit nach früheren Käufen (vgl. Kuß und Tomczak 2007, S. 35–36).
2.3 Persönlichkeitsdeterminanten
Involvement
Zu den Persönlichkeitsdeterminanten zählen das Involvement, das wahrgenommene Risiko und Werte (vgl. Meffert 1992, S. 66–76). Meffert versteht unter Involvement „eine Ausprägung der Persönlichkeit“ (ebd., S. 66). Es findet sowohl in der sozialpsychologischen als auch in der Marketingforschung breite Aufmerksamkeit, Trommsdorff bezeichnet Involvement sogar als „Schlüsselkonstrukt der Marketingforschung“ (2009, S. 48). Er definiert Involvement als „Aktivierungsgrad bzw. […] Motivstärke zur objektivgerichteten Informationssuche, -aufnahme, -verarbeitung und -speicherung“ (ebd., S. 49). Während es beispielsweise bei Einstellungen um die Art der Beziehung (positiv oder negativ) von Konsumenten zu Objekten geht, beschäftigt sich das Konstrukt des Involvements vor allem mit der Stärke der Beziehung, z.B. zu einer Produktart. Im Mittelpunkt des Interesses steht demnach die Wichtigkeit des Produktes für den Konsumenten. Es hat maßgebliche Auswirkungen auf den Ablauf von Kaufentscheidungsprozessen, vor allem auch auf die Stärke der damit verbundenen kognitiven Anstrengungen. Beim Produkt-Involvement geht es demnach um die wahrgenommene persönliche Relevanz eines Produktes für den Konsumenten. Dies ist durch Bedürfnisse und Werte der entsprechenden Person bestimmt. In erster Linie wird es durch das wahrgenommene Risiko des Kaufs und der Produktnutzung geprägt. Je größer das wahrgenommene Risiko, desto größer ist die Motivation, vor der Kaufentscheidung zusätzliche Informationen zu beschaffen (vgl. Kroeber-Riel 2013, S. 353). Involvement kann dauerhaft oder zeitlich begrenzt sein. Das Dauerhafte ist auf wenige Objekte begrenzt und hält längere Zeit an, z.B. bei manchen Konsumenten die Beziehung zu Autos, Mode oder teuren Weinen. Das Phasen-Involvement ist phasenweise und richtet sich auf Objekte, die gerade gebraucht werden, z.B. eine Waschmaschine, wenn die alte kaputt ist, oder ein Geburtstagsgeschenk (vgl. Kuß und Tomczak 2007, S. 73-74).
In der Marketingforschung hat sich eine Einteilung in Low-Involvement und High-Involvement-Käufe etabliert (vgl. Kroeber-Riel 2013; Kuß und Tomczak 2007; Meffert 1992; Trommsdorff 2009). Low-Involvement-Käufe sind für den Konsumenten weniger wichtig. Finanzielle, soziale, gesundheitliche oder psychologische Risiken sind nicht besonders groß. In diesen Fällen ist es möglicherweise nicht sinnvoll, zu viel Energie und Zeit für die Informationsbeschaffung zu investieren. Die Informationsaufnahme erfolgt teilweise passiv, auch durch die „Berieselung“ mit Werbung. Weiterhin gibt es für den Konsumenten viele, akzeptable Alternativen und es werden nur wenige Merkmale beim Produktkauf beachtet. Zu den Low-Involvement-Käufen gehören z.B. Glühbirnen, Mehl oder Haushaltsreiniger.
High-Involvement-Käufe sind dem Konsumenten wichtiger. Sie stehen in einer engen Verbindung zu Persönlichkeit und Selbsteinschätzung des Verbrauchers. Bei diesen Käufen lohnt es sich für den Konsumenten mehr Zeit und Energie für das Abwägen von Produktalternativen zu investieren, da die Risiken eines Fehlkaufes höher sind. Demnach sucht er aktiver und gezielter nach Informationen und vergleicht Bewertungen vor dem Kauf. Sozialer Einfluss spielt bei diesen Produkten eine größere Rolle als bei den Low-Involvement-Käufen und die Einstellung zu diesen Produkten ist oftmals intensiver und stärker verankert. Beispiele für jene Produkte sind Autos, Hobbyartikel oder Urlaubsreisen (vgl. Kuß und Tomczak 2007, S. 75-76; Trommsdorff 2009, S. 49). Als situationsspezifische Einflussgröße kann beispielsweise ein unmittelbar bevorstehender Produktkauf (z.B. Auto) stehen, der einen hohen, zeitlich befristeten Informationsbedarf benötigt. Dieser kann z.B. durch Gespräche mit Autoverkäufern oder durch das Lesen von Testzeitschriften erfolgen (vgl. Meffert 1992, S. 67).
Wahrgenommenes Risiko
Das wahrgenommene Risiko wurde bereits angesprochen. Das Streben nach Risikominderung hat einen starken Einfluss auf das Informationsverhalten. Entscheidend ist dabei das subjektiv wahrgenommene Risiko (vgl. Kroeber-Riel 2013, S. 353). Eine bekannte Risikominderungsstrategie ist die Markentreue, da die Qualitätsmerkmale der Marke dem Konsumenten bereits bekannt sind. Somit lassen sich Konsequenzen besser abschätzen. Der Käufer versucht sowohl vor als auch nach dem Kauf durch Informationen von Unternehmen, relevanten Bezugsgruppen und neutralen Informationsquellen Konfliktsituationen zu beseitigen. Die Auswahl der Informationen richtet sich dabei nach dem Inhalt des wahrgenommenen Risikos. Ist dieses, ökonomisch gesehen, relativ hoch, sind in erster Linie Informationen von neutralen Quellen, z.B. Testberichten, geeignet. Wird ein soziales Risiko empfunden, sind vor allem die Bezugsgruppen für den Konsumenten relevant, um Wissen über mögliche Kaufalternativen und -konsequenzen zu erlangen und somit das Risiko zu senken (vgl. Meffert 1992, S. 69–71).
Bei seinem Suchverhalten folgt der Verbraucher entweder fest eingefahrenen Strukturen oder er trifft situationsbedingte Einzelentscheidungen. Für diese unternimmt der Konsument Kosten-Nutzen-Vergleiche, in welche sowohl finanzielle als auch psychische Kosten- und Nutzeneinschätzungen einfließen. Die Grundaussage dieser These ist, dass Informationen dort beschafft werden, wo die erwarteten Erfolge die erwarteten Aufwendungen rechtfertigen oder übersteigen. Ein Erfolg wäre z.B. die Verbesserung der Chance, eine gute Produktwahl zu treffen. Kaufrisiken sollen vermindert werden (vgl. Raffée und Silberer 1981, S. 36). Neben finanziellen Kosten fließt auch der Aufwand an Freizeit für die Informationsbeschaffung ein. Kostengünstig sind besonders Informationen, die leicht zu erreichen sind. Durch die vielfältigen Möglichkeiten zur Informationssuche, die mit dem Aufkommen des Internets einhergehen, ist alles mit wenigen Klicks von Zu Hause aus abrufbar, seien es Metasuchmaschinen für Preisvergleiche, Empfehlungen und Erfahrungsberichte anderer Verbraucher oder Blogs, die über die neuesten Produkte berichten (vgl. Kroeber-Riel 2013, S. 353-354).
Werte
Bei neueren Ansätzen zum Erklären des Käuferverhaltens gewinnen Variablen an Bedeutung, die eine geringe Situationsabhängigkeit aufweisen. Hierbei geht es um die Analyse von Werten und Wertstrukturen. Für die vorliegende Arbeit ist diese Determinante nicht entscheidend, deshalb wird diese nur verkürzt vorgestellt. Werte können auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sein. Basiswerte wie Frieden, Gerechtigkeit oder Sicherheit sind vermutlich bei jedem Individuum vorzufinden. In einer zweiten Ebene nennt Meffert (1992, S. 72) Bereichswerte, die Auskunft über Lebens- und Gesellschaftsbereiche des Konsumenten geben, wie beispielsweise Lohngerechtigkeit, Wohlstand oder Meinungsfreiheit. Auf einer dritten Ebene werden Wertvorstellungen bezüglich bestimmter Produkte artikuliert. Diese können z.B. Sauberkeit, Sparsamkeit oder Umweltbewusstsein sein. Sie sind dem Lebensstil eines Verbrauchers ähnlich. Aus der Kenntnis individueller Wertstrukturen ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an bestehende und neue Produkttypen (vgl. Meffert 1992, S. 71–76).
3 Informationsverhalten von Konsumenten
Das vorherige Kapitel beschäftigte sich mit Determinanten, die das Käuferverhalten erklären. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird besonders dem Involvement und dem wahrgenommenen Risiko erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt. In diesem Kapitel wird die Phase der Informationssuche näher beleuchtet.
Um die Auswahl zwischen der Vielzahl an Produkten zu erleichtern, suchen Konsumenten oftmals gezielt nach Informationen. Zugleich werden laufend Informationen aufgenommen, die das entsprechende Wissen erweitern und bei späteren Produktentscheidungen angewendet werden können. Wie in Abbildung 1 verdeutlicht, befindet sich die Informationssuche an zweiter Stelle im Kaufentscheidungsprozess. Nachdem der Konsument einen Bedarf erkannt hat, begibt er sich auf die Informationssuche, um möglichst viele Informationen über das benötigte Produkt zu erhalten. Folgende Fragestellungen charakterisieren das Informationsverhalten (vgl. Meffert 1992, S. 106): Wer sucht welche Informationen, wo, wann und wie lange? Weiterhin lässt sich fragen: Mit wem, warum, wie und über welche Produkte? Nachfolgend werden die Phasen des Informationsverhaltens vorgestellt sowie die Informationssuche als Phase selbst näher erläutert. Anschließend wird in Abschnitt 3.3 die Nutzung verschiedener Informationsquellen dargelegt und ein Überblick über den aktuellen Forschungsstand gegeben. In Vorbereitung auf die empirische Untersuchung werden der Faktor Glaubwürdigkeit sowie weitere Einflussfaktoren auf die Informationssuche vorgestellt.
3.1 Phasen des Informationsprozesses
Das Informationsverhalten stellt einen zeitlichen Prozess dar, welcher sich in einzelne kognitive Phasen gliedern lässt (vgl. Grieger 2008, S. 30). In der Literatur finden sich verschiedene Prozessmodelle, die das Informationsverhalten beschreiben. Folglich sollen die Modelle von Meffert (1992) und Raffée & Silberer (1981) vorgestellt werden. Meffert (1992)[2] unterscheidet zwischen den Phasen der Informationssuche, -aufnahme und -verarbeitung (vgl. ebd., S. 108). Analog zur maschinellen Datenverarbeitung teilt er die Prozesse, die die kognitiven Vorgänge durchführen, in Ultrakurzzeitspeicher, Kurzzeit-(Arbeits-)speicher und Langzeitspeicher ein. Innerhalb dieser finden Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen statt. Im Ultrakurzzeitspeicher[3] werden sensorische Eindrücke wie Farben oder Größen (z.B. von Produkten) aufgenommen und kurzfristig gespeichert. Sie werden mit anderen Eindrücken, wie z.B. der Umgebung eines Produktes in Verbindung gebracht. Im Anschluss werden die Reizkonstellationen in bioelektrische Signale umgewandelt und weiterverarbeitet. Diese Weiterverarbeitung erfolgt automatisch und bedarf keiner speziellen Aufmerksamkeit. Die Speicherkapazität ist sehr groß, allerdings nur von kurzer Dauer. Im Kurzzeitspeicher (KZS) werden Reize in Abhängigkeit vom Aktivierungspotential, das von den Reizen ausgeht, ausgewählt. Dort werden sie entschlüsselt und interpretiert und in gedanklich verarbeitete Informationen umgewandelt. Die Informationen im KZS werden entweder gespeichert, d.h. sie bleiben dort bzw. gehen in das Langzeitgedächtnis über, oder sie werden nach wenigen Sekunden gelöscht. Der Langzeitspeicher (LZS) ist das eigentliche Gedächtnis des Menschen. Die Informationen wurden hier bereits verarbeitet und zu kognitiven Einheiten organisiert. Im LZS werden sie über den Aufbau biochemischer Substanzen langfristig gespeichert und im Normalfall nie wieder vergessen (vgl. Meffert 1992, S. 108–109).
Raffée und Silberer (1981) teilen den Informationsprozess in Informationsbedarf, Informationsbeschaffung, Informationsverarbeitung, Informationsspeicherung und Informationsweitergabe auf (vgl. ebd., S. 29-48). Der Informationsbedarf bildet den Ausgangspunkt der Informationssuche. Beim Konsumenten herrscht eine gewisse Unsicherheit über das zu kaufende Produkt, somit hat er den Bedarf, weitere Informationen heranzuziehen. Brockhoff definiert den Informationsbedarf als „die intersubjektiv bestimmte, hinreichende und notwendige Menge an Informationen zur Aufgabenlösung“ (1983, S. 53). Die Informationsbeschaffung wird im weiteren Verlauf der Arbeit synonym mit dem Begriff der Informationssuche verwendet und soll im Hinblick auf die Fragestellung in Abschnitt 3.2 genauer erläutert werden. Die Informationsverarbeitung ist ein komplexes Feld, welches hier nur kurz angerissen werden soll. Sie umfasst Prozesse der Wahrnehmung und der Produktbeurteilung. Die Wahrnehmung wurde bereits in Abschnitt 2.2 kurz erläutert. Die Produktbeurteilung gehört zur Wahrnehmung und beschreibt die gedankliche Weiterverarbeitung bzw. Beurteilung des wahrgenommenen Gegenstandes (vgl. Kroeber-Riel 2013, S. 371). „Sie kommt durch ein Ordnen und Bewerten der zur Verfügung stehenden Produktinformationen zustande“ (ebd.). Die wahrgenommene Produktqualität ist das Ergebnis des Prozesses (vgl. ebd.). Je weiter die Informationssuche der Informationsverwendung zeitlich vorgelagert ist, desto wichtiger ist die Informationsspeicherung für die Kaufentscheidung. Es wird zwischen der internen (kognitiven) und externen als auch zwischen der langfristigen und kurzfristigen Informationsspeicherung unterschieden. Interne Speicherung bezeichnet z.B. die Speicherung der Informationen im Gehirn. Externe Informationsspeicherung kann beispielsweise eine Ablage von Printmedien im Haushalt sein (vgl. Raffée und Silberer 1981, S. 37). Die Informationsweitergabe an andere Personen kann verbal oder auch als Weitergabe von Informationsunterlagen erfolgen. Für die Erklärung des Prozesses ist bedeutsam, von wem die Initiative ausgeht und inwieweit sie in einem kommunikativen Interaktionsprozess eingebettet ist (vgl. ebd., S. 44).
Beide vorgestellten Modelle beschreiben das Informationsverhalten. Ihnen sind die Schritte Informationssuche bzw. -beschaffung und Informationsverarbeitung gemeinsam. In Mefferts Informationsprozess fehlt jedoch der Ausgangspunkt: der Informationsbedarf. Die Informationsspeicherung, die Raffée und Silberer mit anfügen, ist in Mefferts Modell bei der Informationsverarbeitung inbegriffen. Im Folgenden wird, wie bereits angekündigt, die Informationssuche näher erläutert.
3.2 Die Informationssuche
Die Informationssuche steht vor einer Kaufentscheidung und soll dem Konsumenten helfen, das richtige Produkt für ihn zu finden. In der Literatur (u.a. Kuß und Tomczak 2007; Berger und Messerschmidt 2009; Kroeber-Riel 2013) wird zwischen interner und externer Informationssuche unterschieden. Bei der internen Suche fließen Informationen aus dem Gedächtnis in den Kaufentscheidungsprozess ein. Sie kann zu mehr oder weniger Ergebnissen führen, je nachdem wie groß die Expertise des Konsumenten hinsichtlich seines gewünschten Produktes ist (vgl. Reichelt 2013, S. 43).
Die externe Informationsaufnahme erfolgt, wenn zwischen dem gewünschten und aktuellen Informationsstand eine Informationslücke wahrgenommen wird und diese nicht mit den intern zur Verfügung stehenden Informationen geschlossen werden kann. Außerdem erfolgt eine externe Informationssuche, wenn die internen Informationen als unsicher empfunden werden (kognitive Inkonsistenz) und somit ein Bedürfnis nach externer Informationssuche entsteht (vgl. Hoyer und MacInnis 2004). Zu den externen Informationen zählen unternehmensgesteuerte Aktivitäten wie Werbung, Unternehmenshomepages oder Packungsaufschriften, aber auch unabhängige Informationsquellen wie Testberichte oder der Besuch von Ausstellungen. Eine dritte Kategorie stellt der persönliche Austausch zwischen Konsumenten dar. Eine detailliertere Aufteilung der Informationsquellen erfolgt in Abschnitt 3.3 (vgl. Grieger 2008, S. 33; Kuß und Tomczak 2007, S. 112).
Die externe Informationssuche kann aktiv oder passiv erfolgen. Die passive Informationsaufnahme beschreibt das automatische Reagieren auf bestimmte Reizeigenschaften und das gewohnheitsmäßige Reagieren auf visuelle Gestaltungen, also den ständigen Kontakt mit der Umwelt (vgl. Kroeber-Riel 2013, S. 356). Die aktive Informationssuche umfasst das gezielte Suchen nach Informationen, die der Konsument für eine Entscheidung heranzieht. Aktives Suchen kann auf verschiedenen Wegen erfolgen: impulsiv, gewohnheitsmäßig, aufgrund von Konflikten in einer bestimmten Situation oder aufgrund von bewussten Entscheidungen. Zur Erklärung, wie Verbraucher ihre Informationssuche aktiv steuern, unterscheidet Kroeber-Riel (2013) zwischen aktivierenden Vorgängen, die Konsumenten dazu treiben, Informationen zu suchen, und kognitiven Programmen, nach denen Suchstrategien ausgewählt werden. Die Aktivierung der Informationssuche erfolgt aus personenspezifischer Sicht und aus situationsspezifischer Sicht. Bei der personenspezifischen Sicht entscheiden Konsumenten hinsichtlich ihrer individuellen Informationsneigung. In der Konsumentenforschung wird von persönlichem Involvement gesprochen (siehe dazu Abschnitt 2.3). Auftretende Konflikte und Risiken, die in einer Wahrnehmungs- oder Entscheidungssituation auftreten, bestimmen häufig das situative Involvement. In ebendiesem Abschnitt wurde das wahrgenommene Risiko als Einflussfaktor bereits erläutert. Kognitive Programme erklären die Art und Weise, wie der Konsument sein Informationsbedürfnis befriedigt. Die Entscheidungen beziehen sich vor allem auf Art und Umfang der heranzuziehenden Informationsquellen und Informationen (vgl. Kroeber-Riel 2013, S. 350-351).
Im Fokus der vorliegenden Arbeit steht die externe und aktive Informationssuche, da davon auszugehen ist, dass eine interne Informationssuche nicht immer zufriedenstellend ist. Der Erfolg der internen Suche hängt davon ab, wie groß das Produktwissen und das Vertrauen in ebendieses sind und wie zufrieden Kunden mit vorangegangenen Kaufentscheidungen sind. Die externe, aktive Suche zielt darauf ab, durch Informationen aus der Umwelt das eigene Produktwissen zu erweitern. Jedoch ist nicht auszuschließen, dass auch eine passive Informationsaufnahme, z.B. durch die Zusendung eines Händlerprospektes, einen Einfluss haben kann. Im Falle der Kaufabsicht für ein Produkt läuft schließlich die Alternativensuche im Prospekt bewusst ab (vgl. Grieger 2008, S. 34). Durch welche Quellen die Informationssuche erfolgen kann, wird nachfolgend näher betrachtet.
3.3 Mögliche Informationsquellen
Um die gewünschten Informationen zu erhalten, greifen Konsumenten auf eine Vielzahl von Informationsquellen zurück. Wie diese genutzt werden, hängt vom gewohnheitsmäßigen und impulsiven Suchverhalten sowie von überlegten Entscheidungen ab. In empirischen Untersuchungen wurde die Nutzung von Informationsquellen bislang meist indirekt über Befragungen ermittelt. Da die Angaben der Probanden oft durch Vergessensprozesse beeinträchtigt werden können, bietet sich an, das tatsächliche Suchverhalten innerhalb eines überschaubaren, zurückliegenden Zeitraumes abzufragen. Beispielsweise könnten die letzten drei Monate vor der Umfrage ermittelt werden (vgl. Kroeber-Riel 2013, S. 354).
Wie bereits im vorherigen Abschnitt angedeutet, lassen sich die Informationsquellen danach unterscheiden, ob sie direkt von einem Unternehmen, also einem Produktanbieter, aus unabhängigen Quellen oder aus dem persönlichen Austausch zwischen Konsumenten stammen (vgl. Kuß und Tomczak 2007, S. 112; Homburg 2015, S. 77). Quellen, die direkt mit einem Hersteller verbunden sind, lassen positiv verzerrte Informationen erwarten, da der Anbieter negative Informationen zurückhält, um den Erfolg des Produktes nicht zu gefährden. Den Verbrauchern ist jedoch bewusst, dass die Hersteller mit ihren veröffentlichten Informationen ein bestimmtes Ziel verfolgen. Anbieterabhängige Quellen enthalten weniger inkonsistente Informationen[4], somit können die Verbraucher diese leichter verarbeiten. Die Informationssuche kann somit teilweise vereinfacht werden (vgl. Reichelt 2013, S. 44). Verkaufsgespräche, klassische Werbung, Online-Werbung, Sponsoring oder Produkt- und Imagebroschüren lassen sich zu dieser Kategorie zählen (vgl. Homburg 2015, S. 77).
Unabhängige Quellen bedürfen einer intensiveren Prüfung, da Informationen nicht immer eindeutig als herstellerabhängig oder -unabhängig eingeordnet werden können. Beispielsweise können Beiträge in Foren von Unternehmen manipuliert werden, um ihr eigenes Produkt möglichst positiv oder einen Wettbewerber negativ dastehen zu lassen (vgl. Reichelt 2013, S. 44). Anbieterneutrale Quellen sind beispielsweise Bücher, Testberichte in Zeitschriften oder der Besuch von Ausstellungen (vgl. Kuß und Tomczak 2007, S. 112).
Die dritte Kategorie bildet der persönliche Austausch zwischen Konsumenten. Neben der traditionellen Mundpropaganda wird hier auch die digitale Informationsweitergabe betrachtet. Eine genauere Beschreibung dieser Kategorie erfolgt in Kapitel 4 dieser Arbeit.
Allgemein ist anzunehmen, dass das Internet als Informationsquelle in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen hat. Es bietet Konsumenten, sowohl unterwegs als auch Zu Hause, all die Informationen, die sie brauchen. Vor allem für den Preisvergleich ist das Internet unantastbar. Der Verbraucher kann schon im Geschäft den Preis eines Produktes mit Preisen anderer Produkte über sein Smartphone vergleichen und somit sein Entscheidungsverhalten beeinflussen. Ratchford et al. (2007) fanden bei einer Untersuchung von potentiellen Autokäufern heraus, dass das Internet bereits Zeit für Verkaufsgespräche und das Abwägen von Preisen ersetzt. Darüber hinaus wirkt es substituierend auf die Nutzung von unabhängigen Printmedien. Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass Konsumenten das Internet nutzen, um einen besseren Preis beim Kauf eines Autos zu verhandeln. Bickart & Schindler (2001, S. 31-40) verglichen die beiden Informationsquellen Online-Diskussion und klassische Werbung und stellten fest, dass Online-Foren mehr Interesse generierten als Marketingaktionen (vgl. dazu auch Abschnitt 4.5). Bei der Informationssuche ist es dem Konsumenten wichtig, dass die Informationen richtig sind, die er zur Kaufentscheidung heranzieht. Die Glaubwürdigkeit der Informationen ist somit ein zentraler Faktor. Nachfolgend wird auf diesen Aspekt näher eingegangen.
3.4 Die Glaubwürdigkeit als zentraler Faktor bei der Informationssuche
Begibt sich ein Konsument auf die Suche nach Informationen, will er selbstverständlich nur richtige und wertvolle Hinweise zu den Produkten erhalten. Eine zentrale Eigenschaft dabei ist die Glaubwürdigkeit der Quelle. Folglich soll sich der folgende Abschnitt mit dieser Thematik befassen. „Glaubwürdigkeit ist eine subjektiv zugeschriebene Eigenschaft eines Bezugsobjekts“ (Rössler 2011, S. 105). Auch andere Begriffsbestimmungen spiegeln wider, dass es sich dabei um eine Zuschreibung und nicht um eine inhärente Eigenschaft von Texten handelt. Bentele (1988) beispielsweise vertritt die Auffassung, dass die Glaubwürdigkeitsbeurteilung einer Quelle das Ergebnis eines Zuschreibungsprozesses ist. In Verbindung mit Glaubwürdigkeit wird oftmals der Begriff des Vertrauens verwendet. Bentele und Seidenglanz (2008) zufolge ist Glaubwürdigkeit ein Sub-Phänomen des Vertrauens. Die Gründe dafür sehen die Autoren darin, dass Glaubwürdigkeit auf den Kommunikationskontext beschränkt ist, wohingegen Vertrauen weiter gefasst ist.
Es kann zwischen absoluter und relativer Glaubwürdigkeit differenziert werden. Bei der Messung von absoluter Glaubwürdigkeit können die Bezugsobjekte unabhängig voneinander anhand verschiedener Kategorien beurteilt werden. Die relative Glaubwürdigkeit bezieht die Bezugsobjekte aufeinander und fragt beispielsweise, welchem Medium mehr Glaubwürdigkeit geschenkt wird, wenn Berichte einander widersprechen. Das Konstrukt Kredibilität wird vor allem im Kontext der Mediennutzungs-, Markt- und Werbeforschung, aber auch in der Medienwirkungsforschung angewandt (vgl. Rössler 2011, S. 105; Schweiger 1999).
Die wahrgenommene Glaubwürdigkeit einer Quelle beeinflusst wesentlich, ob sie zur Informationssuche herangezogen wird. Der Suchaufwand lässt sich deutlich reduzieren, wenn sich Konsumenten auf Empfehlungen aus vertrauenswürdigen Quellen verlassen (vgl. Smith et al. 2005, S. 32). Ob eine Quelle den Rezipienten als glaubwürdig erscheint, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab: Reichelt (2013, S. 85–89) führt beispielsweise die Expertise (auch Kompetenz) und die Vertrauenswürdigkeit des Kommunikationspartners auf. Die Vertrauenswürdigkeit spiegelt sich in der vermuteten Intention des Autors wider. Das Vertrauen in eine Person stützt sich auf die Einflussfaktoren Wohlwollen und Aufrichtigkeit. Erkennt ein Rezipient beispielsweise, dass der Austausch einen kommerziellen Hintergrund oder einen anderen Nutzen hat, sinken die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in den Kommunikator. Eine weitere Dimension ist die Attraktivität des Senders, z.B. eine professionelle Website-Gestaltung (vgl. Reichelt 2013, S. 85–95).
3.5 Einflussfaktoren auf die Informationssuche
Für Marketingabteilungen ist besonders interessant, wovon das Ausmaß der Informationssuche abhängt. In Anlehnung an Schmidt und Spreng (1996) stellte Homburg (2015, S. 78) fünf Faktoren heraus, die die Informationssuche beeinflussen:
Erster Faktor ist die Fähigkeit des Konsumenten zur Informationssuche. Diese ist unter anderem abhängig von der Ausbildung, vom Wissen über Informationsquellen und bezüglich der Beschaffung von Informationen sowie vom Wissen über die Nutzung ebendieser. Die Anbieter sollten ihr Informationsangebot an die Fähigkeiten ihrer Zielgruppen anpassen, um diese nicht zu überfordern. Das bedeutet, dass Unternehmen ihre Botschaften so kommunizieren müssen, dass die Rezipienten diese schnell verstehen können. Bei der klassischen Werbung z.B. ist es von Vorteil, wenn die besonderen Attribute eines Produktes (beispielsweise eine hochwertige Qualität) und der konkrete Produktnutzen (z.B. lange Haltbarkeit) klar und deutlich beschrieben werden.
Ein zweiter Faktor ist der erwartete Nutzen der Informationssuche für den Konsumenten. Dieser ist abhängig vom Wissensstand, dem finanziellen Aufwand, dem Risiko und dem Wunsch nach einer optimalen Entscheidung. Für Unternehmen ist es somit vorteilhaft, wenn sie den erwarteten Nutzen für ihre Zielgruppe direkt herausstellen. Homburg (2015) nennt als Beispiel eine Bankfiliale, die mit einer objektiven Beratung wirbt. Ein potentieller Kunde, der Wert auf diese Art von Beratung legt, kann den erwarteten Nutzen eines Gesprächs relativ hoch einschätzen, da er nicht den Verkauf eines Produktes im Vordergrund sieht. Die Chance, dass er ein Beratungsgespräch bei dieser Bank in Anspruch nimmt, kann steigen.
Als dritten Faktor führen die Autoren den erwarteten monetären und zeitlichen sowie psychischen und physischen Aufwand der Informationssuche an. Dieser ist von der Produktkomplexität, der Verfügbarkeit der Informationen und von der Anzahl der zu berücksichtigten Produkte abhängig. Anbieter können den Aufwand reduzieren, indem sie beispielweise übersichtliche Informationen auf Webseiten bereitstellen oder kundenorientierte und kostenlose Hotlines schalten.
Weiterhin fließen frühere Produkterfahrungen (Produktexpertise) in die Informationssuche ein. Diese stehen dem Konsumenten als interne Informationen zur Verfügung. Brucks (1985) und Moorthy et al. (1997) konnten feststellen, dass zwischen der Produktexpertise und der Informationssuche ein umgekehrter U-förmiger Verlauf existiert. Der Anstieg der Kurve wird damit erklärt, dass der Konsument mit steigender Produktexpertise neue Informationen besser einordnen kann. Je mehr Wissen ein Verbraucher über ein Produkt hat, desto weniger Informationen muss er irgendwann suchen. Hier fällt die Kurve wieder (vgl. hierzu auch Klein und Ford 2003, S. 38; Bettman und Park 1980, S. 241–242).
Ein letzter Einflussfaktor auf die Informationssuche ist das Involvement, welches schon in Abschnitt 2.3 angesprochen wurde. Ein hohes Involvement führt demnach zu einer stärkeren Informationssuche. Marketingaktivitäten sollten sich am Grad des Involvements der Konsumenten orientieren: Ein Konsument mit hohen produktspezifischen Involvement sollte mehr Informationen zur Verfügung haben als ein Konsument, bei dem das produktspezifische Involvement niedriger ist. Zudem können Unternehmen versuchen, das Involvement zu erhöhen, indem sie z.B. negative Folgen einer Kaufentscheidung betonen (vgl. Homburg 2015, S. 78–79). Nachfolgend wird auf die Bedeutung von Word-of-Mouth und Electronic Word-of-Mouth als Informationsquelle eingegangen und der Forschungsstand zur Wirkungsweise dargestellt.
4 Word-of-Mouth und Electronic Word-of-Mouth
Wie bereits im vorherigen Kapitel angedeutet, stellen Mundpropaganda (Word-of-Mouth) und digitale Mundpropaganda (Electronic Word-of-Mouth) wichtige Quellen bei der Informationssuche dar. Menschen orientieren sich vor dem Kauf eines Produktes oft an anderen Konsumenten, die bereits Erfahrungen mit einem bestimmten Produkt gemacht haben. Diese können sowohl über das Internet, z.B. durch soziale Netzwerke, als auch mündlich weitergegeben werden. Dieses Kapitel beschäftigt sich mit diesen besonderen Informationsquellen. Zunächst wird die klassische Mundpropaganda thematisiert. Anschließend werden der Begriff des Electronic Word-of-Mouth sowie verschiedene Formen und die Motivation für Word-of-Mouth und Electronic Word-of-Mouth vorgestellt. Schlussendlich wird der aktuelle Forschungsstand zur Thematik dargelegt.
4.1 Die klassische Mundpropaganda (Word-of-Mouth)
Klassische Mundpropaganda, Word-of-Mouth (WOM) oder auch Mundwerbung wird von jedem, bewusst oder unbewusst, eingesetzt. Allen Bezeichnungen ist gemein, dass sie die persönliche Kommunikation von Sender zu Empfänger mit ständigen Rückkopplungseffekten meinen. Zudem sind die Kommunikatoren, wenn sie dort nicht angestellt sind, meist unabhängig von Unternehmen (vgl. Arndt 1967b). Word-of-Mouth stellt eine spezielle Form des sozialen Einflusses im Konsumentenverhalten dar (vgl. Arndt 1967a). Empfehlungen an potentielle Kunden werden aus der subjektiven Konsumentensicht mitgeteilt (vgl. Park und Kim 2008, S. 399). Jedoch ist die Reichweite dabei begrenzt. Experten schätzen, dass zufriedene Verbraucher ihre Erfahrungen im Schnitt an drei und unzufriedene Kunden an neun Personen weitergeben (vgl. Kreutzer 2013, S. 75). Die Aussagen beziehen sich nicht immer auf eigene Erfahrungen; Konsumenten empfehlen auch Produkte, die sie selbst nicht genutzt haben (vgl. Clemons et al. 2006, S. 159). Nach Arndt (1967b) basiert das traditionelle WOM damit auf vier Komponenten: Persönliche Kommunikation, mündliche Übertragung, nicht kommerziell motivierter Sender und den Gegenstand, der entweder ein Produkt, eine Marke oder eine Dienstleistung darstellen kann. Westbrook definierte Word-of-Mouth ähnlich wie Arndt (1967b): „ (…) all informal communications directed at other consumers about the ownership, usage, or characteristics of particular goods and services or their sellers“ (Westbrook 1987, S. 261). Eine einheitliche Bestimmung des Begriffes Mundpropaganda bzw. Word-of-Mouth existiert bislang nicht, jedoch weisen die einzelnen Definitionen große Ähnlichkeiten auf. Für die vorliegende Arbeit wird die Definition von Westbrook zugrunde gelegt. Demnach ist Word-of-Mouth als informelle Kommunikation über die Eigenschaften verschiedener Güter, die sich an andere Konsumenten richtet, zu verstehen.
Der Einfluss der Mundpropaganda auf eine Kaufentscheidung ist nicht zu unterschätzen. Die Empfehlung über ein Produkt, eine Dienstleistung o.ä. wird meist von Menschen gegeben, die einem persönlich näherstehen. Dadurch werden diese Informationen oftmals als authentischer und glaubwürdiger wahrgenommen als jene, die in der Werbung oder anderen unternehmensgesteuerten Aktionen auftauchen (vgl. Meuter et al. 2013, S. 241).
4.2 Mit dem Web 2.0 zum Electronic Word-of-Mouth
Durch die Möglichkeiten des Web 2.0 sind die Austauschmöglichkeiten nicht länger auf das persönliche Umfeld reduziert. Äußert ein Konsument seine Erfahrungen mit einem Produkt oder einer Dienstleistung, beispielsweise auf einem Blog oder einer sogenannten „consumer community“ wie z.B. „www.ciao.de“, kann er damit viel mehr Personen erreichen, als es bei der Mundpropaganda offline der Fall ist. Darüber hinaus werden die Informationen im World Wide Web über Jahre hinweg archiviert. Sie sind demnach auch noch in einigen Jahren abrufbar. Das Internet macht es potenziellen Kunden möglich, sich gezielt über Unternehmen und Produkte zu informieren, was einen direkten Einfluss auf die Kaufentscheidung zur Folge haben kann (vgl. Walsh et al. 2008, S. 282–283).
Die digitale Mundpropaganda wird in der Literatur oftmals als Electronic Word-of-Mouth (eWOM), Word of Mouse oder Online Word-of-Mouth bezeichnet (vgl. Breazeale 2009, S. 299f.). Hennig-Thurau et al. (2004) definieren Electronic Word-of-Mouth als „any positive or negative statement made by potential, actual, or former customers about a product or company, which is made available to a multitude of people and institutions via the Internet” (vgl. Hennig-Thurau et al. 2004, S. 39). Demnach stellt der Begriff positive oder negative Äußerungen von potenziellen, aktuellen oder ehemaligen Kunden über ein Produkt oder eine Firma dar. Diese werden über das Internet einer Vielzahl von Leuten und Institutionen zugänglich gemacht.
Wie bereits angedeutet, grenzt sich die digitale von der traditionellen Mundpropaganda vor allem darin ab, dass ausschließlich das Internet als Kommunikationsmedium fungiert. EWOM kann beispielsweise via Blogs, Chatrooms, Diskussionsforen, Soziale Netzwerke (z.B. Facebook oder Twitter), Unternehmenswebsites, Online-Communities oder E-Commerce-Websites (z.B. Amazon) erfolgen (vgl. Lis und Korchmar 2013, S. 11; Reichelt 2013). Eine detaillierte Einteilung der verschiedenen Formen und Kanäle des eWOM erfolgt in Abschnitt 4.3 dieser Arbeit. Ein weiterer Unterscheidungspunkt zur klassischen Mundpropaganda liegt in der Form der Informationsübertragung. Während Mundpropaganda ursprünglich mündlich übertragen wurde, erfolgt die Informationsweitergabe beim Online WOM schriftlich. Die Kommunikationsteilnehmer müssen nicht am gleichen Ort sein und die Informationen verbreiten sich erheblich schneller. Somit beschränkt sich die Mundpropaganda nicht mehr auf das persönliche Umfeld, sondern erreicht auch Menschen außerhalb des eigenen Freundes- und Bekanntenkreises (vgl. Lis und Korchmar 2013, S. 11–12). Eine intensivere Auseinandersetzung mit der Wirkungsweise von Word-of-Mouth und Electronic Word-of-Mouth erfolgt in Abschnitt 4.5.1 dieser Arbeit.
4.3 Formen des Electronic Word-of-Mouth
Wie bereits angeschnitten, kann Electronic Word-of-Mouth über verschiedene Kanäle verbreitet werden. Im folgenden Abschnitt sollen die wichtigsten Formen vorgestellt werden. Die Einteilung stützt sich vor allem auf die Studien von Reichelt (2013) und der Fachgruppe Social Media im BVDW (2013).
Online-Diskussionsforen:
Online-Diskussionsforen sammeln Beiträge zu bestimmten Themen, die über eine Website abgespeichert und abgerufen werden. Nutzer können sich meist ein persönliches Profil anlegen, um anderen Lesern Informationen über sich zu geben.
„Foren sind nicht nur die Orte, an denen die Nutzer Antworten auf ihre Fragen erhalten, sondern sie sind auch die Quellen, in denen sie sich unter Gleichgesinnten austauschen und sich gegenseitig einen Rat geben können und wollen“ (Fachgruppe Social Media im BVDW 2013, S. 11).
Foren weisen eine besondere Struktur auf: Die verschiedenen Themen und Fragen sind in sogenannte Threads gebündelt. Ein Ausgangsbeitrag eröffnet einen Thread, auf den die anderen Nutzer mit der Zeit antworten. Beispiele für Foren sind „motortalk.de“ oder „gofeminin.de“. Auch Newsgroups können zu Diskussionsforen gezählt werden (vgl. ebd.). Hierbei werden Beiträge auf einem zentralen Server gespeichert. Nutzer können vorhandene Beiträge kommentieren oder eigene Threads eröffnen (vgl. Reichelt 2013, S. 14).
Bewertungsplattformen:
Auf Bewertungsplattformen (auch Meinungsplattformen, Feedback- oder Review-Sites) werden Produktbeurteilungen von Verbrauchern gesammelt. Sie dienen dem Erfahrungsaustausch zu Produkten, Dienstleistungen, Arbeitgebern und anderen Objekten oder auch Personen. Typisch für diese Form des Electronic Word-of-Mouth sind eine Listendarstellung mit den bewertbaren Objekten und sogenannten Rankings. Außerdem werden Zusatzangaben zum Autor, der Anzahl der Bewertungen oder zum Datum der Bewertung abgegeben. Beispiele sind „Ciao.de“, „kununu.com“ oder „tripadvisor.de“ (vgl. Fachgruppe Social Media im BVDW 2013, S. 9).
Blogs
Blogs bzw. Weblogs haben ihren Ursprung Ende der Neunziger Jahre als Online-Tagebücher. „Heute sind sie Sinnbild für persönlich geprägte, schnelle Online-Magazine mit Vernetzung und Dialog“ (Bernet 2010, S. 107). Folgende Eigenschaften kennzeichnen einen Blog: Die Inhalte sind selektiv und subjektiv. Es geht um eine eingegrenzte Thematik, welche ein eng definiertes Zielpublikum anspricht. Die Beiträge tragen außerdem eine persönliche Note und vertreten die Meinung des „Bloggers“[5] (vgl. Bernet 2010, S. 107). Blogger können sowohl Privatpersonen als auch professionelle Kommunikationsakteure wie PR-Manager, Community-Manager oder Journalisten sein (vgl. Fachgruppe Social Media im BVDW 2013, S. 11). Weitere Merkmale sind die regelmäßige Aktualisierung und die chronologische Form, d.h. die Beiträge sind nach Datum sortiert. Verlinkungen mit anderen Blogs sind sehr wichtig, da sie somit leichter über Suchmaschinen gefunden werden können. Dies führt zu einer weltweiten Vernetzung, auch Blogosphäre genannt. Einzelne Blogger können mit minimalem Zeit- und Kostenaufwand Zehntausende oder Hunderttausende von Lesern erreichen (vgl. Möller 2005, S. 153). Über die Kommentarfunktion können Leser mit den Bloggern in Kontakt treten, sodass es zum Dialog kommt (vgl. Bernet 2010, S. 109).
Soziale Netzwerke
Die Besonderheit des eWOM in sozialen Netzwerken liegt darin, dass sich die Inhalte von Usern an den persönlichen Freundes- und Bekanntenkreis richten. Der Austausch von Erfahrungen, Meinungen und Neuigkeiten mittels Bildern, Texten oder Videos steht dabei im Mittelpunkt. Um alle Funktionen nutzen zu können, müssen sich Nutzer mit einem Profil anmelden. Die Kommunikation in sozialen Netzwerken kann One-to-one oder One-to-many erfolgen (vgl. Fachgruppe Social Media im BVDW 2013, S. 13). Beispiele für diesen Kanal der digitalen Mundpropaganda sind Facebook, Google + oder XING.
Microblogging-Dienste
Hier steht das Verfassen von kurzen Nachrichten an eine spezielle Teilöffentlichkeit (Follower-Kreis) im Fokus. Microblogs werden vor allem zur One-to-many-Kommunikation mit dem Ziel genutzt, im Internet bestimmte Nachrichten sowie Verweise auf andere Seiten zu verbreiten. Rezipienten können zudem Beiträge anderer Nutzer kontinuierlich verfolgen. Beim Verfassen von Nachrichten liegt eine Zeichenbeschränkung vor. Bei „Twitter“ beispielweise liegt diese bei 140 Zeichen. Daneben gibt es noch „App.net“ sowie asiatische Dienste wie „QQ.com“ oder „Sina.com“ (vgl. Fachgruppe Social Media im BVDW 2013, S. 12).
Video- und Foto-Communities
Diese Form des eWOM dient insbesondere dazu, multimediale Daten auszutauschen. Nutzer können ihre Foto- oder Videodateien auf der Plattform speichern, sodass auch andere auf diese zugreifen und die Beiträge kommentieren können (vgl. Busemann und Gscheidle 2010, S. 361). Im Vordergrund von Videoportalen stehen User Generated content von Privatpersonen sowie Corporate Content von Firmen. Auch Online-Videotheken mit professionellen Produktionen aus Film- und Fernsehstudios gehören zu diesem Medientypus (vgl. Fachgruppe Social Media im BVDW 2013, S. 14). Beispiele für Videoplattformen sind YouTube, Vimeo, Maxdome oder Clipfish. Bei den Foto-Communities haben sich in den letzten Jahren vor allem Pinterest, Instagram und Flickr großer Beliebtheit erfreut.
Darüber hinaus zählt Reichelt (2013, S. 14–17) noch persönliche Homepages, Soziale Lesezeichensammlungen („Social Bookmarks“), Wikis wie Wikipedia oder auch virtuelle Welten wie Second Life zum Online Word-of-Mouth. Die Kommunikation in E-Mails und über Instant Messaging zählt der Autor allerdings nicht in die Kategorie, da die Nutzer nur vorab definierte Empfänger erreichen. EWOM hingegen wird von einem unbestimmten Kreis von Rezipienten aufgerufen (vgl. ebd.).
4.4 Motivationen für WOM und eWOM
Es gibt verschiedene Gründe, warum Konsumenten ihre Produkt- und Konsumerfahrungen mit anderen teilen. Dichter (1966) war einer der ersten Forscher, der die Art und Weise, wie WOM auf die Einstellungen von Konsumenten wirkt, untersuchte. Zudem erforschte er verschiedene Motive, warum Verbraucher ihre Produkterfahrungen weitertragen. Dichter geht davon aus, dass Mundpropaganda nie ohne Eigeninteresse ausgeübt wird und führt folgende Motive auf: Produktbezogenheit (Mitteilungsbedürfnis zu erlebten Produkterfahrungen), Selbstbezogenheit (WOM fungiert als eine Art Selbstbestätigung), Personenbezogenheit (Bedürfnis, andere eine Hilfestellung zu geben) und Botschaftsbezogenheit (WOM nicht durch Produkterfahrung, sondern durch Öffentlichkeitspräsentation). Weiterhin führen oftmals negative Erfahrungen mit Produkten oder Dienstleistungen dazu, dass Konsumenten anderen davon berichten, um Dissonanzen abzubauen und um sie vor einer Enttäuschung zu bewahren (vgl. Engel et al. 1993). Sundaram et al. (1998) führen die Motive Produktbegeisterung, Altruismus, Selbstdarstellung als Experte und Bindung zum Unternehmen für positives Word-of-Mouth an. Motive für negative Mundpropaganda sind den Autoren zufolge Frustrationsreduktion und Vergeltung (vgl. ebd.).
Die dargestellten Motive beziehen sich allerdings auf den Sender der Botschaften. Mundpropaganda kann jedoch auch ausgelöst werden, wenn Konsumenten gezielt nach Informationen vor einer Kaufentscheidung suchen. Weitere Auslöser von Word-of-Mouth sind starke Unzufriedenheit bzw. Zufriedenheit mit Produkten. Diese Art der Mundpropaganda ist nach Dichter (1966) den Motiven Produkt- und Personenbezogenheit zuzuordnen (vgl. Lis und Korchmar 2013, S. 9). Die Motivation, Mundpropaganda zu äußern, entsteht meist bei sehr zufriedenen oder sehr unzufriedenen Kunden, die Erzeugung einer hohen Kundenzufriedenheit ist daher von besonderer Bedeutung für Unternehmen. Allerdings muss auch der Adressat empfänglich für Mundwerbung sein, damit eine wirkungsvolle Kommunikation zustande kommen kann. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist am höchsten, wenn sich Konsumenten sowieso auf Informationssuche befinden (vgl.Walsh et al. 2008, S. 282–283).
Hinsichtlich der Motive, Electronic Word-of-Mouth zu generieren, unterscheiden Hennig-Thurau et al. (2004) zwischen sozialer Interaktion, Hilfestellung für potentielle Kunden, ökonomischer Anreiz durch Unternehmen und Extraversion durch Bereitstellung von Empfehlungen. Einige der genannten Motivationen ähneln jenen für die traditionelle Mundpropaganda, beispielsweise kann das Motiv „Hilfestellung für potentielle Kunden“ mit dem Motiv „Altruismus“ gleichgesetzt werden. „Extraversion“, welches die Autoren als Motiv für EWOM nennen, ähnelt stark dem Motiv „Selbstdarstellung“. Motivationen zum Lesen von Electronic Word-of-Mouth stehen vor allem mit dem Suchen nach Informationen vor dem Kauf eines Produktes in Verbindung.
Insgesamt kann festgehalten werden, dass der Sender meist durch Altruismus und dem Bedürfnis nach sozialer Interaktion motiviert wird. Auch Extraversion kann ein Motiv zur eWOM-Kommunikation sein. Empfänger werden meist durch das Informationsbedürfnis vor dem Kauf bestimmter Produkte motiviert, sich über Electronic Word-of-Mouth näher zu informieren (vgl. Hennig-Thurau et al. 2004).
[...]
[1] Sämtliche personenbezogenen Bezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen.
[2] Vgl. hierzu auch Raffée 1969, S. 93; Hughes und Ray 1974, S. 3.
[3] Auch sensorischer Informationsspeicher (SIS) genannt
[4] Hiermit ist gemeint, dass die Angaben meist widerspruchsfrei und somit für den Rezipienten leicht einzuordnen sind.
[5] Die Autoren eines Blogs werden Blogger genannt.
- Citar trabajo
- Friederike Schwalbe (Autor), 2016, Die Bedeutung des Electronic Word-of-Mouth für die Informationssuche von Konsumenten, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412291
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