Die moderne Türkei, sowohl als Staat wie auch die Gesellschaft, hat seit ihrer Gründung 1923 eine erhebliche Veränderung erfahren. Die grossen Gegensätze zwischen ökonomisch veralteten Dorfstrukturen und westlich ausgerichteten Grossstädten, zwischen dem sich an Europa orientierenden modernen Westen und Süden der Türkei und dem der Tradition verhaftet gebliebenen dünnbesiedelten Osten Anatoliens mit seinen Minderheitenproblemen geben einen Hinweis darauf, dass dieser Wandel noch lange nicht vollzogen ist.
Das politische System der Türkei hat sich nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg und der Auflösung des Osmanischen Reiches zu einer parlamentarischen Demokratie entwickelt, die an sich als stabil zu bezeichnen ist. Dennoch sind politische Krisen, wie die Staatsstreiche des Militärs 1960 und 1980 oder die Phase der Anarchie in den siebziger Jahren, und zahlreiche ökonomische Krisen nicht ausgeblieben. Angesichts der grossen strategischen Bedeutung, die die Türkei innerhalb der Nah- und Mittelostpolitik der USA auch nach Ende des Kalten Krieges spielt, ist der Einfluss dieser Grossmacht oder supranationaler Organisationen wie des IMF nicht zu unterschätzen. Die politische Entwicklung innerhalb der Türkei aber ist abhängig von ihrer ökonomischen. Hierbei stellt sich die Frage, wie die Wirtschaftssubjekte ihre Interessen in das politische Geschehen einbringen können. Die Untersuchung der Möglichkeiten und Tatsächlichkeiten der Interessenaggregation der Wirtschaftssubjekte und der damit einhergehenden Potenziale zur Beeinflussung der politischen Entscheidungsfindung ist dabei ein wichtiger Gesichtspunkt. Daher liegt es nahe, zunächst die in der Türkei massgeblichen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände deskriptiv darzustellen.
Hieraus ergeben sich Anhaltspunkte, ob und wie die Interessenvertretungen in der Lage sind, politischen Druck zu erzeugen und wie ihre Vorstellungen politische Handlungen beeinflussen können.
Der Darstellung der Wirtschaftsverbände beinhaltet eine Bewertung der Möglichkeiten der Verbände, innerhalb des parlamentarischen Systems der Türkei auf den Gesetzgebungsprozesses Einfluss zu nehmen.
Um die politische Orientierung der Verbände, aber auch die aktuelle politische Entwicklung in der Türkei verstehen zu können, schließt die Abhandlung mit einem Abriss der derzeit wichtigsten Parteien des Landes ab.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- KONTEXT UND STRUKTUR DER WIRTSCHAFTSVERBÄNDE
- WIRTSCHAFTSSTRUKTUR DER TÜRKEI
- INTERESSENVERBÄNDE
- ARBEITGEBER- UND UNTERNEHMERVERBÄNDE
- GEWERKSCHAFTEN
- Überblick
- Türkiye Isçi Sendikalari Konfederasyonu (Türk-Is)
- Sonstige Gewerkschaftsverbände
- Gewerkschaften für den öffentlichen Dienst und Beamte
- Fähigkeit der Mitgliedermobilisierung durch die Gewerkschaften
- GESELLSCHAFTSPOLITISCHE FUNKTION DER WIRTSCHAFTSVERBÄNDE
- EINFLUSSMÖGLICHKEITEN DER VERBÄNDE IM BEREICH DER GESETZGEBUNG
- REGIERUNG
- PARLAMENT
- PARTEIEN
- Allgemein
- Die derzeitigen Regierungsparteien
- Die größten Oppositionsparteien
- UNTERSCHIEDE IN DEN EINFLUSSMÖGLICHKEITEN DER INTERESSENVERBÄNDE
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Einflussmöglichkeiten von Wirtschaftsverbänden auf den Gesetzgebungsprozess in der Türkei. Sie untersucht die strukturellen Bedingungen und politischen Rahmenbedingungen, die den Einfluss der Verbände prägen.
- Die Struktur und Funktionsweise von Wirtschaftsverbänden in der Türkei
- Die Rolle von Wirtschaftsverbänden in der Interessenaggregation und -vertretung
- Die Einflussmöglichkeiten der Verbände auf die Gesetzgebung in der Türkei
- Die politischen Rahmenbedingungen, die den Einfluss von Wirtschaftsverbänden beeinflussen
- Die Rolle von Parteien und dem Parlament im Gesetzgebungsprozess
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung liefert einen Überblick über die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in der Türkei, die den Kontext der Arbeit bilden.
- Kapitel 3 analysiert die Struktur und Funktionsweise der Wirtschaftsverbände in der Türkei. Dabei werden sowohl die Wirtschaftsstruktur des Landes als auch die verschiedenen Arten von Interessenverbänden, wie Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und andere Berufsverbände, beleuchtet.
- Kapitel 4 befasst sich mit den Einflussmöglichkeiten der Verbände im Bereich der Gesetzgebung. Es werden die verschiedenen Akteure im politischen System, wie Regierung, Parlament und Parteien, sowie deren Beziehungen zu den Verbänden betrachtet.
- Kapitel 5 untersucht die Unterschiede in den Einflussmöglichkeiten der verschiedenen Interessenverbände.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Wirtschaftsverbände, Gesetzgebungsprozess, politische Interessenvertretung, Türkei, politische System, Parteien, Parlament, Regierung, Interessenaggregation, Einflussnahme.
- Arbeit zitieren
- Sven Feyer (Autor:in), 2002, Einflussmöglichkeiten der Wirtschaftsverbände auf den Gesetzgebungsprozess der Türkei, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41227