Das Thema der Bachelorthesis „Mentoring – Analyse und Adaption eines ganzheitlichen Instrumentes zur Persönlichkeits- und Karriereentwicklung. Eine qualitative Studie zur Entwicklung eines Mentoring-Leitfadens im Bereich der Mobilitätsdienstleistung“ befasst sich grundlegend mit der beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung von Mitarbeitern durch das Personalentwicklungsinstrument Mentoring.
In dieser Arbeit wird Mentoring mit seinen vielen Facetten vorgestellt, anschließend werden zwei Mentoring-Programme aus unterschiedlichen Unternehmen erläutert und miteinander verglichen. Das Ziel dieser Thesis ist die Konzipierung eines Mentoring-Leitfadens für ein Unternehmen, der aber auch für andere Unternehmen angepasst werden kann. Die Forschungsfragen der Thesis lauten zum einen:
„Welche Wünsche und Bedürfnisse hegen Mentoren, Mentees und das Unternehmen im Hinblick auf das Personalentwicklungsinstrument Mentoring?“, und zum anderen
„Welche Aspekte sind bei der Entwicklung eines Mentoring-Leitfadens für Mentoren und Mentees zu berücksichtigen?“.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung, Zielsetzung und Forschungsfragen
1.2 Aufbau und Vorgehensweise
1.3 Effiziente und strukturierte Quellenarbeit
1.3.1 Sekundärforschung
1.3.2 Literaturrecherche und -beschaffung
2 Mentoring
2.1 Geschichte des Mentorings
2.2 Begriffsdefinitionen und Nutzen von Mentoring
2.3 Formen und Anwendungsgebiete des Mentorings
2.3.1 Klassisches Mentoring
2.3.2 Reverse Mentoring
2.4 Rollen im Mentoring: Aufgaben und Anforderungen
2.5 Chancen und Risiken von Mentoring
3 Unternehmensspezifische Ausgangslage
3.1 Kurzporträt des ADAC e.V
3.2 Kulturwandel und Führungsleitlinien
3.3 Altersstruktur und Betriebszugehörigkeit
3.4 Status quo: Mentoring des ADAC
3.5 Zum Vergleich: Mentoring im Unternehmen Mercedes-Benz
4 Dokumentation der qualitativen Forschung
4.1 Grundprinzipien der qualitativen Sozialforschung
4.2 Planung und Vorbereitung der Studie
4.2.1 Interviewleitfaden
4.2.2 Eigenschaften der Befragung
4.2.3 Auswahl der Experten
4.3 Methodisches Vorgehen
4.3.1 Gütekriterien der qualitativen Forschung
4.3.2 Formen des qualitativen Interviews
4.4 Der Forschungsprozess
4.4.1 Datenerhebung
4.4.2 Datenaufbereitung
4.5 Qualitative Inhaltsanalyse
4.6 Ergebnisse der Forschung
4.6.1 Kurzfragebogen
4.6.2 Qualitative Interviews
4.7 Interpretation
4.7.1 Interpretation untergeordnete Forschungsfragen
4.7.2 Übergeordnete Forschungsfragen
5 Konzipierung eines Mentoring-Leitfadens
5.1 Auswahl der Teilnehmer
5.2 Veranstaltungsangebot
5.3 Matching der Mentoring-Tandems
5.4 Leitplanken: Mentoring-Vereinbarung
5.5 Evaluationsverfahren
5.6 Zusatzbaustein: Reverse Mentoring
6 Fazit und Ausblick
7 Literaturverzeichnis
8 Anhang
Abstract
Das Thema der Bachelorthesis ÄMentoring - Analyse und Adaption eines ganzheitlichen Instrumentes zur Persönlichkeits- und Karriereentwicklung. Eine qualitative Studie zur Entwicklung eines Mentoring-Leitfadens im Bereich der Mobilitätsdienstleistung“ be- fasst sich grundlegend mit der beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung von Mit- arbeitern durch das Personalentwicklungsinstrument Mentoring. In der vorliegenden Ar- beit wird Mentoring mit seinen vielen Facetten vorgestellt, anschließend werden zwei Mentoring-Programme aus unterschiedlichen Unternehmen erläutert und miteinander verglichen. Das Ziel dieser Thesis ist die Konzipierung eines Mentoring-Leitfadens für das Unternehmen ADAC, der aber auch für andere Unternehmen angepasst werden kann. Die Forschungsfragen der Thesis lauten zum einen:
ÄWelche Wünsche und Bedürfnisse hegen Mentoren, Mentees und das Unternehmen ADAC im Hinblick auf das Personalentwicklungsinstrument Mentoring?“, und zum an- deren:
ÄWelche Aspekte sind bei der Entwicklung eines Mentoring-Leitfadens für Mentoren und Mentees zu berücksichtigen?“.
Die Bearbeitung der Forschungsfragen beginnt in Kapitel 4, der Dokumentation der qua- litativen Studie. Fünf ausgewählte Experten wurden für die qualitative Studie interviewt. Die befragten Personen arbeiten alle in verschiedenen Positionen im Unternehmen ADAC und erfüllen die Rollenanforderungen von Mentoren, Mentees und der Personal- entwicklung. Im Anschluss an die Befragung wurden die Ergebnisse für die Beantwor- tung der Forschungsfragen und die Entwicklung des Leitfadens für Mentoring ausgewer- tet. Eine Interpretation der Ergebnisse folgte und lieferte neue Erkenntnisse für die Kon- zipierung des Mentoring-Leitfadens. Dieser speist sich aus der zuvor gesammelten und durchgesehenen Literatur, den Vergleichen der Mentoring-Programme und den Ergeb- nissen der Experteninterviews. Die Inhalte repräsentieren die Vorgehensweise für die Auswahl der Teilnehmer, das zugehörige Veranstaltungsangebot, das Matching der Tan- dems (Mentee und Mentor), verschiedene Leitgedanken wie Mentoring ausgeführt wer- den kann, sowie das Evaluationsverfahren zur Verbesserung weiterer Mentoring-Durch- gänge und den Zusatzbaustein Reverse Mentoring.
Dieser bildet eine Sonderform des Mentorings und zielt auf jüngere Wissensträger in Un- ternehmen ab, auf Möglichkeiten, wie diese besonders gefördert, aber auch gefordert wer- den können.
Mentoring bietet den Raum für lebenslanges Lernen und das Vereinen aller Generationen innerhalb eines Unternehmens. Sofern Mentoring auf faire Art und Weise gelebt wird, stehen dem Entwicklungsinstrument auch in Zukunft alle Wege in Richtung der Mitarbeiterförderung und -entwicklung offen.
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1. Mentoring-Formen sortiert nach Komplexität und Zielsetzung (eigene Darstellung nach Graf & Edelkraut, 2017, S. 38)
Abbildung 2. Top-down and Bottom-up (Christian Quarterly June 2011, Summer Edition URL: https://aweministries.wordpress.com/)
Abbildung 3. Bestandteile des Förderprogramms (Wieser & Weber, 1998, S. 15)
Abbildung 4. Konzipierter Leitfaden für Mentoring im ADAC (Eigene Darstellung). .. 64 Abbildung 5. Zusatzbaustein Reverse Mentoring im ADAC (Eigene Darstellung)
Tabelle 1 Quellen zur systematischen Gewinnung von Wissen (Eigene Darstellung nach Kornmeier, 2007, S. 107)
Tabelle 2 Übersicht der soziodemographischen Daten der Befragten (E1-E5) (Eigene Darstellung)
Tabelle 3 Profilbogen für Mentoren und Mentees
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Mentoring als Methode effektiver Wissensvermittlung und Weiterentwicklung von Mit- arbeitern hat sich bereits in vielen deutschen Unternehmen über die Jahre hinweg etabliert und gilt als erfolgreiches Instrument der Personalentwicklung. Die Karriereförderung, aber auch das Streben nach besseren Leistungen der Mitarbeiter werden durch Mentoring maßgeblich vorangetrieben.1 Das Personalentwicklungsinstrument ist infolge seiner Fle- xibilität sehr wandelbar und anpassungsfähig in seiner Struktur und damit auch in seinem Einsatz.2
Die Gewinnung und Entwicklung von Personal stellt für viele Unternehmen in der heuti- gen Zeit durch die Schnelllebigkeit und die immer spezifisch werdenden Ansprüche einen erheblichen Aufwand dar. Die Trends in der Wirtschaft sind agiler und kundenorientier- ter, sodass der Wunsch nach individuellen Angeboten steigt. Auch im Bereich der Wis- sensvermittlung sind die Arbeitnehmer gezwungen, selbstorganisierter und effektiver zu lernen. Mentoring bietet bei gesteigerten Ansprüchen und einer minimalen Zeit die nötige Plattform, um Mitarbeiter individuell zu fördern und gezielt weiterzuentwickeln. Die per- sönliche und berufliche Entwicklung der Teilnehmer wird damit vorangetrieben.3
Der US-amerikanische Psychologe Carl R. Rogers schrieb 2015 in seinem Buch ÄDer neue Mensch“ über die Spezies des eigenständigen Menschen, der individuelle Ideen, Zielsetzungen und Wertemaßstäbe in sich trägt und sich anhand dieser einzigartig entwi- ckelt. Eine Akzeptanz gegenüber der Individualität jedes Einzelnen findet im Mentoring Anerkennung und wird aktiv unterstützt, um Wissen auf vielfältige Weise zu fördern und auszubauen.4
1.1 Problemstellung, Zielsetzung und Forschungsfragen
Mentoring in Unternehmen als Entwicklungsprogramm zu etablieren, es gar leben zu las- sen, erfordert von den Verantwortlichen und den Nutzern großes Engagement und Zeit, aber auch den Willen, Mentoring als gewinnbringendes Instrument zur Karriereförderung und -entwicklung anzusehen, ohne sich Vorteile zu verschaffen oder eine Verpflichtung darin zu sehen. In den meisten Unternehmen geschieht Mentoring im Verborgenen und wird nur von einem geringen Prozentsatz der Mitarbeiter genutzt, da keine expliziten Programme oder Vorgehensweisen etabliert wurden.
Als ein Vorreiter gilt das Unternehmen Mercedes-Benz, das ein schlüssiges Mentoring- Programm vorweisen kann und speziell die weiblichen Mitarbeiterinnen fördert. Generell ist festzustellen, dass kein einheitliches Musterprogramm für Mentoring existiert. Jedes Unternehmen sollte ein spezielles Programm entwerfen, zugeschnitten auf die Wünsche und Bedürfnisse der Beteiligten sowie auf die äußeren Rahmenbedingungen, um den ver- schiedenen Anforderungen gerecht zu werden. Außerdem muss die Akzeptanz von Men- toring-Programmen erhöht und gesichert werden, um die Nutzung zu erhöhen.
Ziel der vorliegenden Bachelorthesis ist es, das Personalentwicklungsinstrument Mento- ring in vielen seiner Facetten vorzustellen und zu ergründen, um einen Leitfaden für Men- toring zu entwickeln. Als Hilfestellung dient die Befragung von fünf Experten, die alle- samt im Zusammenhang mit dem Unternehmen ADAC stehen. Der entwickelte Leitfaden dient als Empfehlung, wie Mentoring im ADAC angewendet werden kann. Er lässt Spiel- raum für Anpassungen, um ihn auch in anderen Unternehmen anzuwenden. Die Nähe der befragten Experten bildet eine Brücke zu den Wünschen und Bedürfnissen der verschie- denen Protagonisten im ADAC.
Der Allgemeine Deutsche Automobilclub, kurz ADAC, der insgesamt mehr als 8.100 Mitarbeiter beschäftigt, möchte sich den aktuellen Gegebenheiten anpassen und neue Strategien in Form von Mitarbeitereinbindung, -entwicklung und -förderung einheitlich etablieren.5 Aufgrund des stetig wachsenden Fachkräftemangels und der erhöhten Alters- struktur im ADAC ist die Konzeption eines Leitfadens für das Mentoring geplant. Das über die Jahre angeeignete Wissen von Führungskräften und Mitarbeitern kann so an die nachkommenden Generationen vermittelt werden, um die Marke ADAC zu sichern. Das gegenwärtige Mentoring-Programm wird durch den neuen Mentoring-Leitfaden ergänzt und wirkt als unterstützende Maßnahme in der Entwicklung der Mitarbeiter. Ein Lernen abseits von Hierarchien, Altersunterschieden und Differenzierung von Männern und Frauen ist erstrebenswert, um Berührungsängste vor neuen Arbeitsgebieten zu mindern.
Die folgenden, eigens für die Bachelorarbeit entwickelten Forschungsfragen werden im weiteren Verlauf der Thesis erörtert:
- Welche Wünsche und Bedürfnisse hegen Mentoren, Mentees und das Unterneh- men ADAC im Hinblick auf das Personalentwicklungsinstrument Mentoring?
- Welche Aspekte sind bei der Entwicklung eines Mentoring-Leitfadens für Men- toren und Mentees zu berücksichtigen?
Sie dienen zur Orientierung an Bedürfnissen und Wünschen der Anwender und zeigen den individuellen Nutzen für alle Beteiligten auf.
1.2 Aufbau und Vorgehensweise
Die vorliegende Abschlussarbeit ist in sechs Kapitel gegliedert. Nach der Einleitung mit der Beschreibung von Problemstellung, Forschungsfragen, Zielsetzung, Aufbau und Vorgehensweise sowie der Quellenarbeit folgen im zweiten Kapitel grundlegende Ausführungen zum geschichtlichen Hintergrund von Mentoring und der Begriffsdefinition. Im weiteren Verlauf wird auf die Formen des klassischen und des Reverse-Mentorings und die Anwendungsgebiete des Personalinstruments eingegangen. Ein weiterer Inhalt des zweiten Kapitels ist die Beschreibung der Teilnehmerrollen von Mentor, Mentee und Personalentwicklung sowie der Chancen und Risiken von Mentoring.
Im dritten Kapitel erfolgt die Betrachtung der unternehmensspezifischen Ausgangslage des ADAC. Nach einem Kurzporträt wird auf die bestehende Führungskultur und die Leitlinien eingegangen. Ein weiterer Punkt ist die Beleuchtung der Altersstruktur und Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter im ADAC. Der Leser gewinnt einen ersten Ein- druck über die innere Struktur des Mobilitätsdienstleisters, um im weiteren Verlauf den Status quo des Mentoring-Programmes kennenzulernen. Zum Vergleich wird das Mento- ring-Programm von Mercedes-Benz herangezogen, um ein erstes Zwischenfazit zu zie- hen.
Die Methode der qualitativen Forschung wird im vierten Kapitel in den einzelnen Teilschritten von der Behandlung der Grundprinzipien der Forschung, Planung und Vorbereitung über Durchführung, Erhebung und Auswertung bis hin zur Interpretation dargelegt. Der Hauptteil der Bachelor-Thesis ist in Kapitel fünf zu finden. Dieses zielt auf die Entwicklung des neuen Mentoring-Leitfadens ab und beinhaltet unter anderem das Mentor-Mentee-Matching und den Zusatzbaustein Reverse-Mentoring.
Die Arbeit schließt mit einem zusammenfassenden Fazit sowie einem Ausblick für Mentoring im ADAC wie auch für weitere Unternehmen. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde auf die Verwendung der weiblichen Substantive verzichtet.
Die deduktive Methodik findet in der Thesis ihre Anwendung, indem zuerst die allgemeine Theorie von Mentoring beleuchtet und diese anschließend auf die speziellen Gegebenheiten im ADAC-Verbund angewendet wird.6
1.3 Effiziente und strukturierte Quellenarbeit
In der Bachelorthesis wird auf die Herangehensweise der Literaturerhebung in all ihren Teilschritten eingegangen, um dem Leser einen Überblick zu verschaffen, wie die Autorin das Thema Mentoring ganzheitlich begründete.
1.3.1 Sekundärforschung
Die Grundlage wissenschaftlicher Arbeiten bildet das vorhandene sowie neu erworbene Wissen, das auf den speziell zu einem Themengebiet erfolgten Recherchen gründet. Es kann auf diverse Erkenntnisquellen zurückgegriffen werden - je nach Art der Informationsbeschaffung und Informationsherkunft.
Tabelle 1
Quellen zur systematischen Gewinnung von Wissen (Eigene Darstellung nach Kornmeier, 2007, S. 107).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Für den ersten, theoriebezogenen Teil der wissenschaftlichen Arbeit wurde die Sekundär- forschung in Form eines Literaturstudiums gewählt, wie der Tabelle 1, Feld I zu entneh- men ist. Um auf bestehendes Wissen zurückgreifen zu können, muss dieses in erster Linie hinterfragt werden. Die Grundstruktur der Arbeit wurde mit Hilfe des Literaturstudiums aufgebaut, indem der Stand der Forschung erfasst wurde. Aufbauend auf dem Ist-Zustand werden danach die Erkenntnisse und Gedanken dargelegt. Wissenschaftliches Arbeiten beinhaltet somit, die wichtigsten Quellen zu ermitteln, die Essenz des Themas herauszu- filtern, es schriftlich zu fixieren und eine kritische Würdigung als Fazit widerzuspiegeln.7
1.3.2 Literaturrecherche und -beschaffung
Die Literaturrecherche dient zum Erhalt der Sachinformationen über das gewählte Thema und findet an verschiedenen Zeitpunkten des Schreibens statt. Nach der Themenauswahl gilt es, die passende Literatur von wichtigen Autoren aus diesem Feld zu finden. Die Aktualität der Literatur sowie die Kernaussagen eines Themengebietes spielen zudem eine maßgebliche Rolle.8
Nach Festlegung des Themas Mentoring wurde die systematische Suche nach Literatur begonnen. Hierbei handelt es sich um eine arbeitsintensive Recherchemethode, die darauf abzielt, in verschiedenen Literaturdatenbanken, Zeitschriften, Internetforen, Google Scholar, ADAC-internen Informationsquellen und Bibliotheken die passende Literatur zu erheben. Bei Verwendung dieser Art der Literatursuche kann die Gefahr von Zitierkartel- len umgangen werden. Zitierkartelle entstehen, wenn der Verfasser der Arbeit immer wie- der auf bereits zitierte Quellen stößt und sich ein ungewollter Kreislauf bildet.9
Anfänglich wurden Online-Recherchen vorgenommen und die Begriffe ÄMentoring“ wie auch ÄReverse Mentoring“ in Google Scholar bzw. in die Suchmaschine Google einge- geben. Als weitere effektive Methoden der Literaturrecherche stellten sich die Online- Bibliotheken der FOM mit den Recherchetools EDS und WISO dar. Auch die Online- Plattform der Bayrischen Staatsbibliothek wurde für die Literaturbeschaffung herangezo- gen. Es wurde gezielt nach Büchern und Werken gesucht, die über den Online-Zugang heruntergeladen werden konnten. Ein weiterer Schritt war das Bestellen der Bücher in der Staatsbibliothek, um diese anschließend für die Thesis zu verwenden. Zum Themenpunkt Reverse Mentoring suchte die Autorin passende Fachartikel im Internet. Meist wurden diese in englischer Sprache angeboten. Das Wissen über den unternehmensspezifischen Teil ADAC wurde über interne Quellen des Automobilclubs abgedeckt. Das Mentoring- Programm von Mercedes-Benz konnte über private Kontakte generiert werden.
Zur qualitativen Forschung recherchierte die Autorin im Online-Campus über die Vorge- hensweise und den methodischen Teil. Zusätzlich wurden Bücher über Amazon.de er- worben. Ehemalige Dozenten gaben hier Empfehlungen zu Buchautoren und Titeln an. Die Allgemeine Recherche der Literatur dauerte insgesamt über einen Monat und fand vor Beginn der eigentlichen Schreibphase statt. Sofern die Autorin bemerkte, dass fun- diertes Wissen zu einzelnen Themen fehlte, wurde gezielt zu diesen eine erneute Litera- tursuche begonnen.
2 Mentoring
ÄErfahrung ist nicht das, was einem zustößt. Erfahrung ist das, was man aus dem macht, was einem zustößt.“10
Das Personalentwicklungsinstrument Mentoring weist eine positive Einstellung zu Ler- nen und Entwicklung auf. Eine erfahrene, erfolgreiche, aber auch ältere Person gibt ihr Wissen an jüngere Menschen ab, um dadurch das erahnte Potenzial zu wecken. Ein Ler- nen aus Fehlern und schwierigen Lebenserfahrungen ist vorangegangen, um diesen Lern- prozess durch den Mentor an den Jüngeren weiterzugeben. Unabdingbar ist aber, dass der Lernende positive sowie negative Lebenserfahrungen sammelt, die der Mentor ihm nicht abnehmen kann. Eine Hilfestellung im Umgang mit Schwierigkeiten leistet der Mentor in seiner Stellung als Ratgeber. Somit kann Wissen transportiert werden, aber es schließt gleichzeitig nicht aus, dass neues Wissen und neue Erfahrungen gewonnen werden.11
Wie kaum eine andere Strategie der Personalentwicklung ist Mentoring eine flexibel ein- setzbare Methode, um auf schnell veränderbare Anforderungen und wirtschaftliche Kon- texte reagieren zu können. Die Zusammenarbeit von Mentoren und Mentees findet über einen langen Zeitraum statt und ist individuell auf die diversen Arbeitsfelder zugeschnit- ten. Eine Verwendung für ganz unterschiedliche Zielgruppen ist möglich. Bereits Schul- kinder, Studenten und auch Berufseinsteiger bis hin zu erfahrenen Führungskräften kom- men in Berührung mit Mentoring. Nicht nur der Mentee, sondern auch der Mentor profi- tiert vom Wissensaustausch, welcher verknüpft ist mit Selbstreflexion und Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen. Auch das Unternehmen erzielt einen erheblichen Mehrwert aus den Entwicklungsmaßnahmen seines Personals.12
2.1 Geschichte des Mentorings
Mentoring hat seinen Ursprung in der griechischen Mythologie. Seit Jahrhunderten steht der Begriff für intensives, spezifisches und zielorientiertes Lernen. Die Beziehung zwi- schen einem erfahrenen Menschen (Mentor) und einem unerfahrenen Menschen (Mentee) bildet die Basis. Der Mentor nimmt die Rolle des Beraters, Begleiters und Förderers einer jungen Person ein.13
Die Sage in Homers Epos ÄOdyssee“ erzählt von einem Freund Odyssees mit dem Namen Mentor. Der Krieg zwischen den Griechen und Troja erforderte die Abreise von Odyssee und das Verlassen seines Sohnes Telemachos. Odyssee vertraute Mentor seinen Sohn an und bat seinen Freund um Hilfe in der Erziehung und Vorbereitung auf die Thronfolge Telemachos’ als König von Ithaka. Die Besonderheit war, dass von Zeit zu Zeit die Göttin der Weisheit, Athene, in den Körper von Mentor schlüpfte und aus ihm sprach. Mentor begleitete den Jungen in den Jahren der Vorbereitung auf die Übernahme des Throns und stand ihm als Ratgeber, Beschützer wie auch Freund stets zur Seite. Seit jeher wurde der Gedanke des Äväterlichen Freundes und Beraters“ durch die Epochen getragen.14
Das Instrument Mentoring wird aus seinem Ursprung heraus als Ausbildungs- und Initi- ationsprozess verstanden, um jüngere, meist unerfahrene Menschen mit Hilfe eines Men- tors in die Regelkunst der Gesellschaft einzuführen und ihn auf der Suche nach seiner eigenen Identität zu unterstützen. Der Mentor steht seitdem für die Bezeichnung eines gebildeten und geachteten Menschen, der Verantwortung für einen jungen, unerfahrenen Menschen übernimmt und die Funktion als Berater wie auch Unterstützer verinnerlicht hat.15 Weitere Funktionen des Mentors sind: Hilfestellung leisten bei systematischem Knüpfen von wichtigen Kontakten, Vermittlung von informalen Strukturen, Weitergabe von Werten und Normen, Aufklärung über das soziale Gefüge in der Gesellschaft sowie die Karriereförderung. Die Funktionen des erfahrenen Parts können beliebig ergänzt wer- den, da diese individuell auf Personen, Situationen und Anforderungen anpassbar sind.16
Dem Instrument Mentoring wurde erst ab den 1970er Jahren wieder Beachtung als karri- erefördernder Methode in den Personalentwicklungsbereichen der US-amerikanischen Unternehmen geschenkt. Ab diesem Zeitpunkt zogen die Konzerne ihren wirtschaftlichen Nutzen aus dieser Strategie und etablierten sie als Funktion in der Personalabteilung.17 Schließlich gelang es, das Konzept auch in Europa und Deutschland einzuführen. Rund 20 Jahre nach der Einführung in den USA wurde in den 1990er Jahren Mentoring meist in Verbindung mit Frauenförderung oder dem Einsatz an Hochschulen zur Karriereför- derung von ÄYoung Potentials“ eingesetzt. Einzug hielt die Methode im weiteren Verlauf auch in den Wirtschaftsunternehmen, da die Umbrüche und die neuen Anforderungen der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften, die technischen Erneuerung und die Idee des lebenslangen Lernens diese Art von Wissensmanagement einforderten. Die Grund- züge des Mentorings blieben im Laufe der Zeit bestehen, es wurde als Paarbeziehung erweitert und ganze Konzepte und Programme dafür entwickelt. Außerdem genoss die Rolle des Mentees eine Optimierung. Im heutigen Kontext wird der Lernende nicht mehr als demütiger Empfänger von Wissen verstanden, sondern darf sein Verhalten proaktiv und engagiert zeigen.18 Es wird sogar gewünscht, dass Mentees ihr Wissen teilen und auch die Mentoren davon profitieren. Das Kapitel 2.3.2. ist diesem Reverse-Mentoring gewidmet und wird gezielt auf diese Methode eingehen.
2.2 Begriffsdefinitionen und Nutzen von Mentoring
Das Mentoring
Mentoring orientiert sich an dem bewährten Prinzip der Pädagogin Maria Montessori: ÄHilf mir, es selbst zu tun. Zeige mir, wie es geht. Tu es nicht für mich. Ich kann und will es allein tun. Hab Geduld meine Wege zu begreifen.“19 Die Hilfe zur Selbsthilfe steht bei Montessori im Fokus, wie sie auch im Ansatz von Mentoring wiederzufinden ist.
Mentoring ist die Paarbeziehung zwischen dem Berater (Mentor) und dem zu Beratenden (Mentee), die miteinander über einen langen Zeitabschnitt Konversation halten. Die In- halte bestehen meist aus Fragen des alltäglichen Lebens oder allumfassenden Themen, die den Mentee beschäftigen. Die Weiterentwicklung der Persönlichkeit, Fähigkeiten und Fertigkeiten sind die Intension des Mentorings. Ein weiteres Ziel ist es, die berufliche Karriere des Mentees zu fördern. Mentoring wird demnach als berufliches wie persönli- ches Verhältnis zwischen zwei Personen angesehen. Respekt und Gewogenheit sind die Grundlagen, die die Nutzer sich beim Mentoring gegenseitig entgegenbringen müssen, um erfolgreich zu sein. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Diskretion von Mentor und Mentee, damit persönliche Dinge nicht an die Öffentlichkeit geraten und eine vertraute Atmosphäre aufgebaut werden kann. Meist schafft ein neutraler, geschützter Raum opti- male Voraussetzungen für den Gedankenaustausch, um Fehler zu machen oder über Stär- ken und Schwächen zu reden. Das Zuhören und Akzeptieren von Eingeständnissen schweißt Mentor und Mentee zusammen. Sofern Mentoring im beruflichen Kontext statt- findet, ist es für die Beteiligten besser, keine Vorgesetzten-Mitarbeiter-Beziehung auszu- wählen. Die Offenheit und Ehrlichkeit könnte durch die Abhängigkeit zwischen dem Vor- gesetzen und dem Mitarbeiter leiden, da eine gewisse Abhängigkeit besteht.20
Der Mentor
A mentor is a person who oversees the career and development of another person, usually junior, through teaching, counseling, providing psychological support, protecting, and at times promoting or sponsoring. The mentor may perform any or all of the above functions during the mentor relationship.21
Der Mentor ist eine erfahrene Person, die die Karriere und die Entwicklung einer jüngeren Person durch fachliche Wissensvermittlung, Beratung, psychologische Unterstützung, Schutz und manchmal durch Förderung oder Unterstützung jeglicher Art überwacht und vorantreibt. Der Mentor kann einige oder alle der oben genannten Funktionen während der Mentoring-Beziehung ausführen.22 Meist gibt der Mentor in der beruflichen Entwick- lung des Mentees Unterstützung, um die Karrierechancen zu verbessern.23
Der Mentee
Der Mentee ist eine Person, die in ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung Un- terstützung sucht. Der Mentee besitzt erste Ideen über seine berufliche Zukunft und ist engagiert, diese in die Tat umzusetzen. Der Mentee ist verantwortungsbewusst gegenüber sich selbst und zeigt Neugier, Kreativität und Engagement gegenüber neuen Themenge- bieten. Der Jüngere entscheidet, wie und was er verändern möchte. Außerdem übernimmt der Mentee die Hauptrolle innerhalb des Mentorings, da seine Entwicklung den Anlass für den Prozess bildet. Die Hauptaufgaben gestalten sich in den einzelnen Mentoring- Phasen individuell und werden durch die Vorstellungen des Lernenden inhaltlich aktiv beeinflusst, da der Lern- und Entwicklungsprozess von ihm abhängig ist. Der Mentee ist während des Mentorings in der Holpflicht, dies gilt für die Kontaktaufnahme bis hin zum inhaltlichen Ablauf der Treffen. Das intensive Beobachten und die Interaktion mit dem Mentor gehören ebenso zu seinen Aufgaben wie das Diskutieren über die voranschreiten- den Entwicklungsperspektiven mit dem erfahrenen Part. Ein gegenseitiges Vertrauen und Öffnen ist wichtig, um über positive wie negative Erfahrungen sprechen zu können. Die Weiterentwicklung wird getrieben durch die offene Gesprächskultur zwischen Mento- ringgeber und -empfänger, in der die Möglichkeit besteht, Ratschläge anzunehmen, sich selbst in Frage zu stellen und somit eigene Entscheidungen umzusetzen, ohne daran zu zweifeln.24
Das Mentoring-Tandem
Das Tandem ist das Zusammenspiel von Mentor und Mentee. Die Bezeichnung wird ge- wählt, wenn von beiden Personen gesprochen wird, es kann als Team verstanden werden. Weitere Ausführungen zum Mentoring-Tandem und dessen Bildung werden in Kapitel 4.3. beschrieben.
Der Nutzen von Mentoring für Mentor, Mentee und Unternehmen
Mentoring generiert für Mentor, Mentee und Unternehmen einen wechselseitigen Mehrwert. Galt Mentoring zunächst nur für den Mentee als gewinnbringend, so wurde im Laufe der Zeit deutlich, dass auch Mentoren und insbesondere die Unternehmen von der Teamarbeit profitieren.
Der Mentee erhält durch das Mentoring einen fachlichen Austausch wie auch Rat in der Karriereplanung oder in privaten Zielvorstellungen. Außerdem kann der Lernende durch die bestehenden Kontakte des Mentors in formelle und informelle Netzwerke eingeführt werden, mit denen er aus eigener Kraft nur schwer in Kontakt treten könnte. Die Aneig- nung von Durchsetzungs- und Führungsstrategien gehen mit dem Lernprozess einher. Durch die Wissensgenerierung kann das Selbstwertgefühl des jüngeren Parts in der Men- toring-Beziehung wachsen. Sie führt zu mehr Selbstbewusstsein, Möglichkeit der Selbs- treflexion und Entwicklung der eigenen Wahrnehmung von sich selbst und der Umwelt. Zusammenhänge entstehen in der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und im steti- gen Wachsen der Kompetenzen.25
Weitere Perspektiven für den Mentor ergeben sich aus der Möglichkeit, neue und andere Denk- wie auch Sichtweisen der jüngeren Generation kennenzulernen. Der Gesprächs- und Führungsstil wird überdacht und verbessert, da sich viele Gelegenheiten ergeben, diese durch häufige Anwendung zu trainieren. Beispielsweise die Methode - Feedback empfangen und geben zu dürfen - stellt eine persönliche Bereicherung dar. Positives wie negatives Feedback kann helfen, über verhärtete Vorstellungen und Meinungen hinweg- zusehen.26 Der Mentor erhält die Chance, das Unternehmen aus einem anderen Blickwin- kel - dem des Mentees - zu betrachten und den Blick für seine eigenen Tätigkeiten zu schärfen. Meist treten hier ungefilterte Informationen aus unteren Hierarchieschichten zum Vorschein.27 Ein weiterer Nutzen für den Mentor stellt das wachsende Netzwerk an neuen Kollegen und Mitarbeitern dar, die ihm Wertschätzung entgegenbringen, indem der Mentor sein Wissen teilt und andere daran teilhaben können.28
Es gibt viele Mentoren, die ihr eigenes Wissen und die Erfahrungen gezielt weitergeben möchten, sofern der Mentor sich sicher sein kann, dass der Mentee diese Offenheit schätzt und behutsam mit den erhaltenen Informationen umgeht. Dem Mentor wird dadurch Wertschätzung entgegengebracht und dieser fühlt sich in seiner Rolle gewürdigt.29
Der Nutzen von Mentoring-Programmen für Unternehmen wird im nächsten Abschnitt erläutert. Mentoring bietet die Möglichkeit, die Mitarbeiter entsprechend ihren Potenzia- len zu fördern und eine unternehmensweite Verknüpfung von Mitarbeitern durch Wis- sensaustausch zu schaffen. Lernen wird von vielen Angestellten als Selbstverständlich- keit angesehen und es entsteht ein internes Wissensmanagement. Wissen weiterzugeben und darüber zu sprechen fördert außerdem die Kommunikation im Unternehmen und die Stärkung der Kultur zwischen den Generationen. Das Unternehmen kann des Weiteren die Arbeitnehmer an sich binden, indem es Personalentwicklungsstrategien anbietet. Mentoring stellt einen weiteren Nutzen für das Unternehmen dar, denn es ist kostengüns- tig und kann intern betrieben werden. Für Mentoring wird keine externe Beratung oder Agentur benötigt. Die Strukturen können durch die hausinterne Personalentwicklung vor- gegeben werden, die den Mitarbeitern beispielsweise über das Intranet zur Verfügung gestellt werden.30
2.3 Formen und Anwendungsgebiete des Mentorings
Im Bereich der Personalentwicklung existieren viele Organisationsformen des Mento- rings: das Gruppen-Mentoring, das Peer-Mentoring, das Cross-Mentoring usw. Diese sind auf verschiedenen Grundfaktoren aufgebaut, die verschieden wichtig sind für den Prozess der Etablierung in Unternehmen, die Vielfalt der Nutzer oder die angestrebte Breite der Kompetenzentwicklung. Die Kompetenzentwicklung kann für Mentoren und Mentees punktuell oder allumfassend erfolgen. Zudem kann diese Entwicklung das allei- nige Ziel von Mentoring sein oder es ist verknüpft mit diversen anderen Zielen für das Unternehmen. Meist wird Mentoring mit weiteren Personalentwicklungsstrategien kom- biniert. Die folgende Abbildung zeigt die einzelnen Mentoring-Arten, sortiert nach der Komplexität der Entwicklungsziele der Mentees und der Breite an Zielsetzungen für Mentoring-Programme im Allgemeinen.31
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1. Mentoring-Formen sortiert nach Komplexität und Zielsetzung (eigene Darstellung nach Graf & Edelkraut, 2017, S. 38).
Essentiell für diese Bachelor-Thesis sind die beiden Formen des klassischen Mentorings und des Reverse-Mentorings, die im weiteren Verlauf erläutert werden. Hinzu kommen die verschiedenen Anwendungsgebiete der beiden Mentoring-Arten. Das klassische Men- toring ist die Ursprungsform von Mentoring und gibt dem Reverse-Mentoring die Basis.
2.3.1 Klassisches Mentoring
Das klassische Mentoring ist die Ursprungsform des Mentorings und drückt aus, dass ein erfahrener Mensch einer jüngeren, weniger erfahrenen Person Unterstützung in ihrer Kar- riere- und Persönlichkeitsentwicklung leistet.32 Dies geschieht über einen längeren Zeit- raum in Vier-Augen-Gesprächen, die punktuell oder in regelmäßigen zeitlichen Abstän- den zwischen Mentor und Mentee stattfinden.33 Der persönliche Kontakt und das Einzel- gespräch sind Voraussetzungen für das klassische, informelle Mentoring, das auf Eigen- initiative etabliert wird. In großen Unternehmen werden meist ganzheitliche Konzepte für formelles Mentoring mit einer großen Teilnehmerzahl angesetzt, die von einer zentralen Stelle in der Personalentwicklung begleitet und unterstützt werden.34 Die Umsetzung die- ser Art von Mentoring ist sinnvoll, wenn der Mentor einen hohen Erfahrungs- und Kom- petenzvorsprung hat.35 Häufig mündet das formelle Mentoring in einem informellen Mentoring, sobald der offizielle Teil der Mitarbeiterentwicklung durch die Personalabtei- lung beendet worden ist.36 Denkbare Anwender von klassischem Mentoring können Stu- dierende, Absolventen, Auszubildende oder junge Talente in Unternehmen sein. Aber auch die Förderung von angehenden Führungskräften in ihren jeweiligen Kompetenzen ist hier inbegriffen.37 Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Karriereförderung für Frauen. Die Quote der Frauen in Führungspositionen hat sich seit der Einführung von Mentoring deutlich erhöht.38
Beachtlich ist außerdem der Zugang zu dem Fachwissen und den Erfahrungen durch den Mentor, der sich in einer Führungsetage bewegt, die zwei oder drei Ebenen höher liegt als die des Lernenden. Der Mentee kann sich ein Bild der dortigen Anforderungen und Herausforderungen machen, um besser einschätzen zu können, welche Leistungen von ihm in geraumer Zukunft verlangt werden. Somit kann der Lernende gezielter abwägen, ob der geplante Karriereweg seinen persönlichen Vorstellungen entspricht.39 Das Perso- nalentwicklungsinstrument Mentoring erfuhr in den letzten Jahren hohen Zuspruch, da es universell anwendbar ist. Es etablierte sich erst in der Wirtschaft, darauffolgend in den Personalentwicklungsabteilungen und schließlich in Schulen und Vereinen.40
2.3.2 Reverse Mentoring
Reverse Mentoring ist eine innovative Möglichkeit, Lernen zu fördern und generationenübergreifende Beziehungen herzustellen.41 Bereits 2002 äußerte Jerry Wind, Direktor des Wharton Fellows Programm, dass Führungskräfte ein immer größeres Verständnis entwickelten, dass Wissen keine Einbahnstraße sei, sondern es jedermanns Anliegen sein könne, Wissen zu teilen.42
Diese Form von Mentoring eröffnet eine neue, umgekehrte Denkweise im Austausch von Know-how. Hierbei teilt ein jüngerer, talentierter Mitarbeiter sein Wissen mit einem äl- teren Kollegen. Der Fokus liegt einerseits auf der Entwicklung von Führungspotenzial des Mentors, andererseits auch auf der Wissenserweiterung des Mentees. Die Idee von Reverse Mentoring wird Jack Welch, dem ehemaligen CEO von General Electric, zuge- schrieben. Er stellte 1999 ca. 500 seiner Top Manager die Aufgabe, jeweils einen jungen Arbeitnehmer im Unternehmen zu finden, der als Mentor agiert und ihnen das Internet erklärt. Seitdem ist Reverse Mentoring eine bewährte Methode zur Personalentwicklung bei einigen internationalen Kooperationen, einschließlich Dell, Procter & Gamble und Time Warner geworden.43 Auch deutsche Unternehmen, wie Lufthansa, Bosch, Merck und die Deutsche Telekom haben Reverse Mentoring bereits erfolgreich etabliert.44 Die Einfachheit und Effizienz, Wissen und technologische Hintergründe zu erschließen, ist ein enormer Zugewinn für Unternehmen, in denen das Wissen junger Mitarbeiter kosten- los zur Verfügung steht. Weitere Vorteile von Reverse Mentoring sind die Entwicklung von Nachwuchsführungskräften, die Förderung von Generationsaustausch wie auch die Kraft, Initiativen zu ergreifen und Neues im Unternehmen umzusetzen.45
Eigenschaften von Reverse Mentoring
Zwischen klassischem und Reverse Mentoring gibt es einige Überschneidungen, dennoch ist die Struktur und der Schwerpunkt dieser Art von Karriereförderung unterschiedlich. Reverse-Beziehungen zeichnen sich durch mehrere Elemente aus: unterschiedlicher Sta- tus des jungen Mentors und Mentees, der als langjähriges Mitglied in der Hierarchie und Organisation fungiert, außerdem liegt der Fokus auf dem Lernen vom Mentor und der Weitergabe seines (technischen) Know-hows aufgrund seines Wissens durch das Auf- wachsen in einer jüngeren Generation. Des Weiteren wird die Fach- und Führungskräfte- entwicklung von jungen Talenten gefördert, da diese die Rolle des Mentors einnehmen und so Verantwortung für andere Mitarbeiter übernehmen. Das Engagement für das ge- meinsame Ziel - die Unterstützung und das gegenseitigen Lernen - ist erstrebenswert und kann durch eine Sensibilisierung beider Parteien für andere Strukturen und andere inhalt- liche Merkmale ermöglicht werden.46 Im Vergleich zum klassischen Mentoring wird Re- verse Mentoring nur punktuell und meist nicht über einen längeren Zeitraum eingesetzt.47
Voraussetzungen für Reverse Mentoring
Eine wesentliche Voraussetzung für Reverse Mentoring ist die Neugierde und die Verknüpfungsfähigkeit von angesagten Trends der Zukunft mit dem bereits bestehenden Wissen. Die Erwartungen von Reverse-Beziehungen müssen klar definiert sein, um Ziele erreichen zu können. Außerdem gehören zu jedem profitablen System Regeln, die von allen Teilnehmern beachtet werden müssen, um erfolgreich zu sein.48 Im Hinblick auf Richtlinien und Verhaltensweisen besteht im Reverse Mentoring die Herausforderung, dass sich ältere, erfahrene Personen nicht von Young Talents belehren lassen möchten und auf altbewährte Muster zurückgreifen.49
Die Bereitschaft zum Lernen, Wissen anzunehmen und zu teilen, steht bei dieser Art von Mentoring für beide Seiten im Mittelpunkt. Wie im klassischen Mentoring hat auch hier das Vertrauen einen hohen Stellenwert, um die Anwender dazu zu animieren, sich zu öffnen, neue Denkweisen anzunehmen und die eigene ÄKomfortzone“ zu verlassen, um vorhandene Wissenslücken zu schließen.50
Anwendungsgebiete von Reverse Mentoring
In erster Linie werden Wissensdefizite von älteren, erfahrenen Mitarbeiter im Bereich des digitalen Wandels durch Reverse Mentoring aufgearbeitet. Die Generationen Y und Z sind mit dem Internet und neuen Medien aufgewachsen. Sie haben durch den täglichen Gebrauch dieser Kommunikationskanäle keine Berührungsängste und einen Vorsprung in der Anwendung.51 Im Jahr 2020 werden in den USA rund 50 % der Generation Y im Arbeitsleben angekommen sein und einen enormen Wandel erzeugen. Um Synergien zwischen Alt und Jung zu erzeugen, eignet sich Reverse Mentoring, denn die Young Pro- fessionals geben schon jetzt den bestehenden Führungskräften Einblicke in zukünftige
Führungsmöglichkeiten, wie Chefs von morgen aussehen könnten. Das Wissen kann auf- genommen werden und neue Perspektiven werden geboren.52 Ignaz Anton Demeter, Erz- bischof von Freiburg, rundet die Methode des Reverse Mentoring mit der folgenden Aus- sage ab: ÄDie größten Meister sind diejenigen, die nie aufhören Schüler zu sein!“53 Re- verse Mentoring findet überall da Anwendung, wo Wissbegierde zu finden ist und Men- schen offen für neue Themengebiete sind, egal welchen Alters und welcher Spartenzuge- hörigkeit.
2.4 Rollen im Mentoring: Aufgaben und Anforderungen
Im vorherigen Kapitel wurden die Zielsetzungen und Entwicklungspotenziale von Mentoring erörtert. Um eine einheitliche Sichtweise auf diese Themen zu bekommen, wird nun die Grundstruktur des Rollenverständnisses von Mentoren und Mentees und deren Anforderungen und Aufgaben eruiert. Einblicke in die Profile beider Teilnehmergruppen werden gegeben, damit ein Abgleich mit dem Profil angehender Mentoring-Nutzer erfolgen kann. Im Mentoring genügt es nicht, eine reine Funktionsbeschreibung zu geben, da der Schwerpunkt der Rollen auf der persönlichen Entwicklung und den Lernprozessen liegt. Der soziale und persönliche Aspekt, mit einem ausgewogenen Werte- und Grundhaltungsverständnis stehen beim Rolleninhaber im Fokus.54
Rolle des Mentors
Der Wissensträger im Mentoring-Prozess kann männlich oder weiblich sein, ausschlag- gebend ist, dass sich der Mentee mit seinem jeweiligen Gegenüber versteht und offen kommunizieren kann, ohne Hemmschwellen gegenüber dem anderen Geschlecht zu ha- ben. Meist ist der Mentor einige Jahre älter, sodass er bereits eine größere Anzahl an Berufsjahren durchlebt hat, um seine Erfahrungswerte weitergeben zu können.55 Eine weitere Rolleneigenschaft ist die Tätigkeit als erfahrene Führungskraft in einem Unter- nehmen oder auf selbstständiger Basis, die dem älteren Part in der Ausführung Freude bereitet hat.56 In einer solchen Position konnte viel Lebens- und Berufserfahrung gesam- melt werden. Die Identifikation mit der Kultur und dem Unternehmen, indem Mentor und Mentee arbeiten, ist von großer Wichtigkeit für eine positive Mentoring-Beziehung.
Dadurch wird im Sinne des Unternehmens und des Karriereerfolges für den Mentee ge- handelt und nicht insgeheim gegen die Spielregeln verstoßen.57 Auch ist es von Vorteil für den Mentee, wenn sein Mentor bereits größere Krisen bewältigt hat und er daraus lernen konnte, wie solche Situationen künftig zu bewältigen sind. Außerdem ist ein gro- ßes Engagement in Bezug auf soziale oder ehrenamtliche Tätigkeiten festzustellen. Der Mentor versteht es, sich in die Lage anderer hineinzuversetzen und kontroverse Sichtwei- sen nachzuvollziehen. Generell ist er offen für Probleme und alle Fragen des Mentees, um darauf mit Ratschlägen oder Tipps reagieren zu können. Der Lehrende möchte als emotionaler Begleiter dem jungen Menschen zur Seite stehen und schätzt das Wissen und die persönliche Leistung des Mentees in Form eines respektvollen Umgangs auf Augen- höhe. Auch fungiert der ältere Part in der Mentoring-Beziehung als Motivator und Infor- mant, um den Mentee zur Eigenleistung anzuspornen.58 Wichtig dabei ist, dass der Men- tor sich nicht bedroht fühlen darf, wenn sich der Lernende ein größeres Wissen aneignet und nach einiger Zeit auf eine höhere Hierarchieebene im Unternehmen gehoben wird.59
Als weiteres Puzzleteil dieses Profils gilt das Geben und Empfangen von wertschätzen- dem Feedback in Wechselwirkung beider Parteien, damit ein lebenslanges Lernen statt- finden kann. Die Aufgaben und Anforderungen eines Mentors sind klar zu definieren, damit der Wissensaustausch und die Förderung des Mentees in die richtigen Bahnen ge- lenkt werden kann. Er steht in der Mentoring-Beziehung seinem Schützling als Ratgeber, Antreiber für Ideen und als Vorbild zur Seite.60 Die bisher gesammelten Erfahrungen und das Wissen des Mentors dienen als Unterstützung bei der Ausgestaltung und Planung von Zielen, Aktionsplänen, zeitlichen Aktivitäten und Aufwandserwartungen, aber auch bei der Entwicklung von Kompetenzen und Fähigkeiten des Mentees. Um die Entwicklung des Mentees prüfen und anschließend eine Beurteilung abgeben zu können, delegiert der Mentor angemessene, aber herausfordernde Arbeitsaufträge an ihn und steht ihm bei der Ausarbeitung zur Verfügung. Anschließend folgen Feedbackgespräche, um positive wie negative Situationen zu analysieren.61
Letztlich gibt der erfahrene Part sein Netzwerk an den Mentee weiter, damit dieser adäquate Arbeitsangebote und neue Kontakte sammeln kann. Der Mentor sieht es als selbstverständlich an, sich an Termine und Abmachungen während des Mentorings zu halten.62 Die Unterstützung erfährt der Lernende meist unentgeltlich.63
Rolle des Mentees
Die Hauptrolle im Mentoring spielt der Mentee, die jüngere, unerfahrene Person im Tan- dem. In erster Linie stehen das Wohlergehen und die Entwicklung des Mentees im Vor- dergrund. Hierbei wird großes Engagement gezeigt, um den unerfahrenen Part zu fördern. Vorsicht ist geboten, da der Mentee sich in die zurückhaltende Nutznießer-Rolle verset- zen könnte und dem Mentor die Verantwortung für seine eigene Entwicklung überlässt. Die heutige Form von Mentoring möchte derartige Erwartungen der Nutzer nicht unter- stützen, da sie widersprüchlich zur eigentlichen Struktur sind. Diese Methodik der Perso- nalentwicklung entspricht nicht jedem Lernenden, da sie sehr anspruchsvoll und arbeits- intensiv ist. Verschiedene Eigenschaften als Mentee müssen vorhanden sein, damit Men- toring positiv verlaufen kann.64
Ein wichtiger Aspekt für einen positiven Mentoring-Prozess, ist die Einschätzung des Mentees von sich selbst, welche Ziele und Karriereschritte realisierbar sind. Der jüngere Part ist sich seiner Grenzen bewusst und arbeitet an dem maximal zu erreichenden Ergeb- nis in seiner Karriere wie auch seiner persönlichen Entwicklung. Die uneingeschränkte Offenheit in Bezug auf Stärken und Schwächen der eigenen Person erfordert Mut und Entschlossenheit. Mutig sein bedeutet auch für den Mentor, dass sein Schüler ihm weitaus mehr Fragen stellt, Feedback zu geben und die Tandem-Beziehung effektiv und ohne Scheu zu nutzen.65
Ein weiteres Rollenmerkmal des Mentees ist, dass er am Anfang seiner Karrierelaufbahn steht und um externe Entwicklungshilfe bittet. Das Mentoring sollte freiwillig sein und als Chance zur Verbesserung der eigenen Situation erachtet werden. Die jüngere Person ist außerdem offen für Ratschläge, wertschätzende Kritik und Ideen ihres Lehrers. Der Mentee wird auch als Informations- und Erfahrungsgenerierer bezeichnet.66
Generell ist er damit beschäftigt, den aktiven Part der Mentoring-Beziehung zu erfüllen, und kümmert sich um die Kontaktaufnahme sowie Beständigkeit der Treffen mit dem Mentor. Die Inhalte der Gespräche werden von dem Unerfahrenen festgelegt, damit die- ser sein Wissensspektrum vergrößern kann. Sofern Unterlagen, Materialien oder techni- sche Ausrüstung für die Meetings mit dem Mentor benötigt werden, so ist der Mentee für die Organisation zuständig. Der Kontakt im Tandem wird maßgeblich durch die jüngere Person gehalten und diese gibt regelmäßig Rückmeldung über den Entwicklungsstand der einzelnen Themen.67
In der Literatur ist weitaus mehr über die Rolle des Mentors zu finden als über die des Mentees. Grund dafür ist die ältere Methodik des Top-Down-Mentorings. Der Fokus liegt hier auf dem Mentor, der die aktivere und gestaltende Rolle innehatte.68
Abbildung 2. Top-down and Bottom-up (Christian Quarterly June 2011, Summer Edition URL: https://aweministries.wordpress.com/).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Rolle der Personalentwicklung
Die schnelle Entwicklung von neuen Technologien stellt den Menschen vor die Heraus- forderung, auch sich selbst weiterzuentwickeln, um die Erneuerungen anwenden und aus- werten zu können. Dabei spielt der Bereich Personalentwicklung in Unternehmen eine bedeutende Rolle. Die gezielte Weiterbildung von einfachen Sachbearbeitern zu qualifi- zierten Fachkräften wird als Wettbewerbsvorteil angesehen. Unternehmen, die in die ständige Weiterbildung ihres Personals investieren, bleiben konstant am Markt wettbewerbsfähig, können spontan auf Veränderungen reagieren und neue Anforderungen des Konsumentenmarktes erfüllen.69
Wesentliche Aufgaben und das Rollenverständnis der Personalentwicklung werden im weiteren Verlauf dieses Kapitels beantwortet. Die Personalentwicklung eines Unterneh- mens nimmt verschiedene Rollen im Mentoring-Prozess ein. In erster Linie muss das Konzept mit der Erwartungshaltung des höheren Managements sowie den Leitlinien des Unternehmens übereinstimmen. Ein weiteres Anliegen für erfolgreiches Mentoring ist, dass die Personalabteilung ein qualifiziertes Programm, Konzept oder einen Leitfaden für das Mentoring zur Verfügung stellt, um den Teilnehmern ein Rahmenprogramm für die erfolgreiche Arbeit zu bieten. Bestandteile sind beispielsweise Rollenbeschreibungen, Vorgaben zur Herangehensweise und Methoden sowie das Zusammenführen der Mento- ring-Partner. Die Personalabteilung steht den Teilnehmern bei Fragen oder anderen An- liegen von Anfang bis Ende des Mentoring-Prozesses zur Seite. Außerdem werden Un- terstützungshilfen wie Checklisten, Fragebögen oder Zeitschriften angeboten, die für Mentoren und Mentees zur Benutzung frei verfügbar sind. Die Qualität eines Mentorings im Unternehmen ist ein Aushängeschild einer guten Personalentwicklung und wird daher auf einem hohen Standard gehalten. Unstimmigkeiten und negative Einflüsse werden von der Personalabteilung bewusst wahrgenommen, um diese aufzuarbeiten. Im Hinblick auf Spannungen in einer Mentoring-Beziehung oder mit externen Personen versteht sie sich als Schlichter. Ein weiteres Aufgabengebiet ist die Aufrechterhaltung eines großen, inte- ressierten Netzwerkes für Mentoring im Unternehmen. Dabei werden Veranstaltungen zum Mentoring-Prozess gegeben oder Informationsmaterial an Mitarbeiter verschickt, die noch kein Mentoring betreiben. Ein gutes Mentoring-Konzept lebt von der Vielfalt der Mentoren und Mentees, die ihr Wissen teilen möchten. Ein wichtiger Faktor ist außerdem die Evaluierung der Ergebnisse der bisherigen erfolgreichen Mentoring-Phasen. Die Per- sonalentwicklung versteht sich daher auch als Controller aller Daten, die im Prozess ent- stehen. So sind weitere Kosten gegenüber dem Managements begründbar und es kann für eine Zustimmung von weiterem Budget gesorgt werden.70
2.5 Chancen und Risiken von Mentoring
In diesem Kapitel werden die Chancen und Risiken des Mentorings ermittelt. Teilweise gelten die Effekte gleichermaßen für Mentoren wie Mentees, in anderen Punkten weichen sie ab und beziehen sich jeweils nur auf einen Part im Tandem.
Das Personalentwicklungsinstrument Mentoring verlangt von den Teilnehmern, sich mit ihrer ganzen Persönlichkeit einzubringen. Es findet ein Austausch von unterschiedlichen Themen statt, die für einen Lernprozess Erfahrungen beider Seiten voraussetzen. Beider Parteien schätzen sich gegenseitig aufgrund ihres Wissensstandes und sehen sich als Vor- bild an. Eine allgemeine Zufriedenheit in Mentoring-Tandems lässt sich demnach oft fest- stellen. Von Erfahrungswerten anderer zu profitieren, spiegelt sich in reduziertem Stress- empfinden wieder. Sowohl Mentoren als auch Mentees lernen aus den Erfahrungen an- derer und müssen Fehler nicht selbst machen. Weitere Chancen für die Paarbeziehung ist das Vermeiden von Rückschlägen aufgrund des geteilten Wissens des Partners im Tan- dem. Sofern Krisen unvermeidbar sind, kann sich der Mentor oder Mentee auf den Rück- halt des anderen verlassen. Ein weiterer positiver Effekt des Mentorings ist die Steigerung von Selbstwert und Selbstbewusstsein beider Nutzer aufgrund der expliziten Planung des Karrierewegs. Durch Erfolgssituationen wird das Auftreten und Handeln der Parteien ge- stärkt. Außerdem kann die Qualität des Selbstmanagements in Bezug auf Aufgaben, Deadlines, Veranstaltungen etc. optimiert werden. Häufig ist festzustellen, dass Personen, die Mentoring nutzen, effizienter und qualitativ hochwertiger arbeiten als Personen, die kein Mentoring nutzen. Des Weiteren gehen diese Menschen meist ihrem Karriereplan bis zum Ende nach, ohne ihn aufgrund von Widrigkeiten abzubrechen. Hinzu kommen ein effektiveres Einarbeiten in neue Positionen und eine schnellere Entfaltung des Leis- tungspotenzials von Mentoring-Nutzern. Der Karriereweg wird beschleunigt und mit bes- seren Gehältern belohnt. Die Verbundenheit zum Unternehmen wird durch Mentoring vertieft, sodass Arbeitnehmer seltener zur Konkurrenz wechseln. Ergänzend zur Karrie- reförderung werden Potenzialträger im Unternehmen durch Mentoring sichtbar, ihnen werden anspruchsvolle Projekte oder mehr Verantwortung übertragen. Darüber hinaus verrät ihnen ihr aufgebautes Netzwerk schneller vakante Stellen im Unternehmen, auf die es sich zu bewerben lohnt.71
Nachdem die positiven Aspekte von Mentoring erläutert wurden, werden im Nachgang die Risiken des Personalentwicklungsinstruments anhand mehrerer Gesichtspunkte auf- gezeigt.
In Mentoring-Beziehungen wählen häufig die Mentoren ihre Schützlinge, sofern der Mentee nicht gezielt auf eine Führungskraft zugeht. Durch die einseitige Auswahl kommt es in vielen Fällen vor, dass sich die jüngere Person blind auf den Partner einlassen muss. Außerdem ist es schwer abzuschätzen, wie hilfreich die Ratschläge des Mentors sind. Der Mentee kann sich nur auf sein inneres Gefühl verlassen, ob das Tandem erfolgverspre- chend ist.72 Durch die ständige Wissensvermittlung von Mentor zu Mentee kann es zu einem Abhängigkeitsverhältnis kommen. Der jüngere Part fühlt sich kontrolliert und die persönliche Entfaltung wird eingeschränkt. Auch kann ein Mentor zu hohe Forderungen oder unrealistische Erwartungen an den Schützling richten. Des Weiteren besteht die Ge- fahr von Manipulation in zu engen Tandems, indem der Mentee sich nicht mehr sicher sein kann, ob der Mentor positive Absichten für seine Zukunft hegt. Dies führt zu Kon- flikten im Team sowie zu einem möglichen Abbruch des Mentorings. Folgen durch die Beendigung der Zusammenarbeit können mit einer steigenden Arbeitsunzufriedenheit einhergehen oder das Gefühl des Versagens hervorrufen. Der gute Ruf des Mentees schwindet bei mangelnder Arbeitsmoral und kann wie eine Spirale nach unten wirken. Eine andere Bedrohung für die positive Entwicklung des Schützlings ist, wenn der ältere Part abweichende Wertevorstellungen und insgeheim eine negative Grundeinstellung zum Unternehmen hat. So kann dieser den Lernenden auf falsche Gedanken bringen und ihn für seine Befindlichkeiten benutzen.73
Weitere negative Effekte entstehen nicht nur im Team selbst, sondern können auch von Außenstehenden geschaffen werden. Die Unterstützung eines Mentors kann zu Neid bei Dritten führen, die nicht die Chance haben, an einem Mentoring-Programm teilzuneh- men, obwohl auch in diesen Mitarbeitern Potenzial steckt.74 Die Gefahr besteht, dass Ge- rüchte gestreut werden und der Mentee in Verruf gerät. Gerade im Hinblick auf gegenge- schlechtliche Tandems kann es zu irreparablen Unwahrheiten kommen.75 Zudem kann sich die Verbindung zwischen Mentor und Mentee negativ entwickeln, sobald der Mentor innerhalb der Organisation in ein schlechtes Licht rückt, eine mögliche Kündigung aus- steht oder der Verlust einer Stelle im höheren Management einhergeht. Das Können des Schützlings wird oft verknüpft mit dem der älteren Lehrperson. Daher kann auch die ne- gative Darstellung des Mentees im Unternehmen eine mögliche Folge des Mentorings sein.76
3 Unternehmensspezifische Ausgangslage
Der ADAC ist eine Organisation, deren Mitarbeiterzahlen in den letzten fünf Jahren stetig gewachsen sind und die entsprechende Maßnahmen für Weiterentwicklung von Potenzi- alträgern vornehmen möchte.77 Derzeit werden angehende und bestehende Führungs- kräfte durch das Förderprogramm für Mitarbeiter entwickelt und auf zukünftige Aufga- ben in Führungspositionen vorbereitet. Integriert im Förderprogramm ist das Personal- entwicklungsinstrument Mentoring. Treiber der Karriereentwicklung der Mitarbeiter im ADAC ist der Bereich Personalentwicklung. In den kommenden Jahren werden einige ältere Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, unter anderem um in den Ruhestand zu gehen. Die Personalentwicklung möchte vermeiden, dass mit Verlassen der älteren Ar- beitnehmer das Wissen im ADAC verloren geht. Dies ist der Anlass für die Ausweitung des Mentorings als Angebot für alle Mitarbeiter im Unternehmen, um einen regen Wis- sensaustausch gestalten zu können, junge Mitarbeiter zu fördern sowie Karrieren voran- zutreiben. Nachfolgend werden zuerst der ADAC, die Tochtergesellschaften, die Füh- rungskultur und -leitlinien, die Altersstruktur und Betriebszugehörigkeit sowie das beste- hende Förderprogramm vorgestellt. Daraufhin wird ein Vergleich zum Mentoring-Pro- gramm von Mercedes-Benz vorgenommen. Im weiteren Verlauf der Bachelorthesis wird ein neuer Mentoring-Leitfaden anhand von Theorie und Expertenmeinungen für den ADAC-Konzern konzipiert.
3.1 Kurzporträt des ADAC e.V.
3.2 Kulturwandel und Führungsleitlinien
3.3 Altersstruktur und Betriebszugehörigkeit
In diesem Kapitel wird die Entwicklung der Altersstruktur und der Betriebszugehörigkeit in den Jahren von 2011 bis 2015 im ADAC erläutert. 2011 waren 4.675 Arbeitnehmer im ADAC beschäftigt, 2015 betrug die Zahl bereits 5.052. Zusätzlich wird die Fluktuation wegen Rentenaustritten betrachtet.
Der Altersdurchschnitt stieg 2011 von durchschnittlich 45,32 Jahren im Jahr 2015 auf 46,00 Jahre an. Während der Durchschnitt zwar nicht stark angestiegen ist, so hat sich doch die Verteilung der Altersgruppen von 2011 bis 2015 stark verändert. Vor allem die Mitarbeiterzahl der Altersklassen ab 45 Jahren hat stark zugenommen (8,1 %). Die Altersklasse zwischen 45 und 49 Jahren ist mit 1.011 Personen am stärksten vertreten. Der bisherige Trend könnte sich in den nächsten Jahren weiter fortsetzen, sodass die Altersklassen ab 45 Jahren weiter anwachsen. In weiterer Betrachtung der Pyramide lässt sich erkennen, dass der Anteil der Arbeitnehmer, die in 10 Jahren oder weniger altersbedingt aus dem Unternehmen ausscheiden, zwischen 2011 und 2015 von 34,1 % auf 38,9 % angestiegen ist. Dies entspricht einer Zunahme von 14,1 %.
Die Alterspyramide lässt nicht erkennen, wie viele Mitarbeiter 2015 aus dem Jahr 2011 noch in der gleichen Altersklasse waren, da der Betrachtungszeitraum vier Jahre beträgt und die Altersklassengruppierung fünf Jahre umfasst. Bei der Annahme, dass das Mitar- beiteralter in den Altersklassen gleich verteilt ist, sodass in den Altersklassen, die fünf Jahrgänge umfassen, jeder Jahrgang 20 % ausmacht, können Aussagen über die ÄNeuzu- gänge“ der jeweiligen Altersklassen getroffen werden. Unter der oben genannten Prä- misse ist Folgendes erkennbar: In den Altersgruppen ab 45 Jahren haben unter anderem auch Neuzugänge (ca. 10 %) dafür gesorgt, dass die Mitarbeiteranzahl von 2011 bis 2015 angestiegen ist. Positiv zu erkennen ist, dass es viele Neueinstellungen in den Altersgrup- pierungen von 25 Jahren bis 34 Jahren gab. Im Jahr 2015 ging der Anteil dieser Alters- klasse zu ca. 50 % auf Neueinstellungen zurück. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Anteil der bis 34-Jährigen von 2011 auf 2015 um 13,0 % zugenommen hat, dieser aber insgesamt nur 16,5 % beträgt. Der Anteil der in 10 Jahren in Rente gehenden Mitarbeiter beläuft sich auf 38,9 %. Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass Handlungsbedarf besteht, um die Herausforderung der Stellennachbesetzung zu bewältigen.78
Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit aller Mitarbeiter des ADAC (Innen- sowie Außendienst) beläuft sich im Jahr 2014 auf eine Gesamtzahl von 15 Jahren. Hier ist eine leichte Senkung von 4,5 % zum Jahr 2011 zu verzeichnen. Die Mitarbeiter des ADAC weisen eine hohe Zugehörigkeit und Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber auf. Im Hin- blick auf die Zukunft des Unternehmens ist es sinnvoll, viele Auszubildende bzw. Absol- venten einzustellen, um junge Talente aus den eigenen Reihen in späteren Jahren zu Füh- rungskräften zu entwickeln. Derzeit ist in dieser Hinsicht bereits ein positiver Trend zu verzeichnen (s. o.), obwohl die Zahl der Auszubildenden seit 2011 stetig gefallen ist. Wa- ren es im Jahr 2011 noch 62 Azubis und BA-Studenten, so verringert sich diese Zahl jedes Jahr und liegt Ende 2015 bei 46. Es stellt sich die Frage, weshalb auf Absolventen anstatt auf selbst ausgebildete Arbeitskräfte gesetzt wird, um der zukünftigen Altersfluktuation entgegenzuwirken. Der ADAC kann aufgrund der unausgewogenen Struktur in den nächsten Jahren mit personellen Problemen konfrontiert sein.79
Die alterstarken Jahrgänge, die in den nächsten Jahren in die aktive oder passive Altersteilzeit oder in Rente gehen werden (Stand Juni 2017: insgesamt 358 Mitarbeiter bis Ende 2022), sind Auslöser dafür, dass frühzeitige Nachbesetzungen notwendig sind, um das vorhandene Know-how sowie die Unternehmensprozesse zu erhalten.80 Es ist außerdem zu analysieren, welche Sparten wie stark von dieser Entwicklung betroffen sind. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass keine einheitliche Strategie entwickelt wurde, um den personellen Herausforderungen entgegenzuwirken.
3.4 Status quo: Mentoring des ADAC
Die Bereiche Personalbetreuung und Personalentwicklung erhielten in den Jahren von 1997 bis 1998 durch den ehemaligen Vorstand der ADAC-Versicherungen den Arbeits- auftrag, ein spezielles Förderprogramm für Fach- und Führungskräfte zu entwickeln. Das
Förderprogramm wurde zuerst dezentral in den einzelnen Geschäftsbereichen eingesetzt und seit 2005 zentral durch die Personalentwicklung selbst gesteuert.81
So sollte die Personalentwicklung wie auch die Nachfolgeplanung für die Abteilungen des ADAC geregelt, strukturiert und offen dargestellt werden. Außerdem wurde die Bindung der Mitarbeiter an den Automobilclub gestärkt und das Wissen der Mitarbeiter gesichert und ausgebaut. Zusätzlich konnten die vakanten Stellen im Unternehmen ohne großen Mehraufwand wieder besetzt werden.
Eine Förderung ist dabei im ADAC nicht gleichzeitig mit einer Beförderung verbunden. Das Programm richtete sich ausschließlich an zukünftige Fach- und Führungskräfte in den Versicherungen und wurde im weiteren Verlauf auf das gesamte Unternehmen aus- geweitet. Die Handlungskompetenzen der Mitarbeiter zu steigern und ihnen einen tief- greifenden Einblick in Strukturen, Arbeitsabläufe und Strategien zu vermitteln ist Sinn des Förderprogramms im ADAC. Das Unternehmen ist dabei bestrebt, eigene Bedürf- nisse, wie qualifiziertes Personal auszubilden und gezielt einzusetzen. Zudem richtet sich das Programm an den persönlichen Dispositionen der Arbeitnehmer aus. Das Wissen und die Entwicklung der Teilnehmer werden durch Seminare und Projektarbeiten, aber auch Hospitationen gefördert. Während der Teilnahme am Förderprogramm, das auch Mento- ring beinhaltet, werden die Teilnehmer durch die Personalentwicklung betreut. Außerdem werden Mentoren für das Programm gewonnen und gehen eine Mentoring-Beziehung mit den angehenden Fach- und Führungskräften ein. Das Programm findet teilweise in der Arbeitszeit statt, lebt aber auch durch das private Engagement außerhalb der Beschäfti- gung im Unternehmen.82
Die folgende Abbildung 3 zeigt die einzelnen Phasen des Mentorings im ADAC:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3. Bestandteile des Förderprogramms (Wieser & Weber, 1998, S. 15).
Das Vorgehen kann in drei Schritte geteilt werden. Im Vorfeld finden Gespräche zwi- schen den Mitarbeitern und ihren Führungskräften statt, die ins Förderprogramm aufge- nommen werden. Es werden individuelle Ziele gesetzt, die während der Förderung des Mitarbeiters im Fokus stehen. Den Hauptteil bildet das Förderprogramm im ADAC selbst. Hier werden für die Teilnehmer Seminare, Arbeitstreffen, Mentoren-Beziehungen, Projekte etc. organisiert, die die Entwicklung des Mitarbeiters zu einer Fach- bzw. Füh- rungskraft vorantreiben. Außerdem wird im Förderprogramm Wert auf die Feedbackge- spräche über den gesamten Ablauf hinweg gelegt. In der Regel kommt das Förderpro- gramm nach einem bis anderthalb Jahren zum Ende. Der dritte und letzte Schritt ist der Abschluss des Förderprogramms durch eine Abschlussveranstaltung. Dem Geförderten werden nun Projekte angeboten, für die er sich durch seine Entwicklung qualifiziert hat. Das oberste Ziel für den Mitarbeiter ist die Weiterentwicklung hin zu einer neuen Position im Unternehmen - was allerdings durch das Förderprogramm nicht garantiert werden kann.83
Das heutige Förderprogramm wird noch von den anfänglichen Überlegungen und Kon- zepten gespeist, die die Personalbetreuung und -entwicklung Ende der 90ger Jahre kon- zipiert hat. Nur ein geringer Teil des Förderprogramms zielt auf das Personalentwick- lungsinstrument Mentoring im Unternehmen ADAC ab. Den angehenden Fach- und Füh- rungskräfte wird während der Zeit des FÖP ein Mentor zur Seite gestellt. Es bleibt dem Mentee überlassen, ob er mit dem Mentor zusammenarbeiten möchte oder ob er selbst aktiv wird und eine andere Tandem-Beziehung sucht. Zum Mentoring selbst werden halb- jährig Kick-offs und Veranstaltungen angeboten, die von der Personalentwicklung gelei- tet werden. Mentoren und Mentees erhalten Informationen über Mentoring, die Arbeits- phasen eines Mentoring-Prozesses und die Ziele des Instrumentes. Meist finden weitere Gespräche zwischen den Mentoren statt, um Erfahrungswerte und Ideen teilen zu kön- nen.84
3.5 Zum Vergleich: Mentoring im Unternehmen Mercedes-Benz
Das Mentoring-Programm im Unternehmen Mercedes-Benz vermittelt einen professio- nellen, aber dennoch eingeschränkten Rahmen für Mentoren und Mentees. Das Konzept ist im unternehmenseigenen Intranet veröffentlicht und frei zugänglich für alle Mitarbei- ter. Dennoch ist die Teilnehmergruppe auf weibliche Mentees beschränkt. Die Inhalte des Konzeptes dienen der Aufklärung für die teilnehmenden Mentoren und Mentees im Pro- gramm wie auch einer Beschreibung der Grundsätze und Ziele des Mentorings.85 Zu Be- ginn wird der Begriff Mentoring erläutert und die Ziele werden definiert. Das Programm ist weder verpflichtend noch mit einem Karriereschritt verknüpft. Den Teilnehmern wer- den im Konzept nach jedem Themenabschnitt eine oder mehrere Seiten zur Verfügung gestellt, um sich Notizen zu machen. So können Fragen oder Erkenntnisse festgehalten werden, die zu einem späteren Zeitpunkt zum Einsatz kommen können oder zu denen die Personalentwicklung befragt werden kann. Außerdem stellt die Personalentwicklung für etwaige Fragen eine Kontaktperson. Der nächste Themenabschnitt des Konzepts beschäftigt sich mit den Rollenbeschreibungen von Mentees und Mentoren insbesondere worauf der Fokus in diesen Rollen liegt und welche Aufgaben einhergehen.86
Das größte Kapitel im Mentoring-Konzept von Mercedes-Benz bildet das Thema Spielregeln, die in einer Mentoring-Toolbox zusammengestellt wurden. Die Spielregeln dienen als Hilfestellung für Mentoren und Mentees, wie ein individuelles Mentoring durchgeführt werden kann. Zudem werden die Begriffe ÄShadowing“ und ÄCoaching“ definiert, die als Baustein benutzt werden können. Im nächsten Schritt werden den Mentoren verschiedene Tipps und Tricks vorgestellt, die sich darauf beziehen, wie sie sich in einem Mentoring verhalten und welche Fähigkeiten besonders wichtig sind. Beispielsweise wird geraten, dass die Mentoren sich ausreichend Zeit nehmen, ein offenes Ohr für die Themen der zu Mentees haben und als Ratgeber zur Seite stehen.87
Auch in einem Mentoring-Tandem kann es zu Unstimmigkeiten kommen oder das Tan- dem passt auf der zwischenmenschlichen Ebene nicht zusammen. In diesen Fällen stellt die Personalentwicklung von Mercedes-Benz verschiedene Hilfsmaßnahmen vor, die das Mentoring verbessern können. Eine Handlungsweise ist das Geben und Empfangen von Feedback. Im Mentoring-Konzept wird die Methodik des Feedbackprozesses beschrieben und diverse Möglichkeiten aufgezeigt, wie dieser Vorgang in beiden Richtungen (Geben und Empfangen) positiv umgesetzt werden kann. Abgrenzend zum nachfolgenden Ab- schnitt wird erneut ein Feld für Notizen bereitgestellt. Es folgen elf Beispielfragen, die der Mentee seinem Mentor stellen kann. Die Fragen sind auf ein erstes Kennenlernen ausgerichtet und dienen dem Mentee als weitere Hilfestellung, seinen Mentor einzuschät- zen. Ein weiteres Element der Mentoring-Toolbox sind die Themenvorschläge für das Mentoring. In einer Mentoring-Beziehung können Familie und Beruf, Konfliktthemen im eigenen Umfeld, Führungsinstrumente usw. Diskussionsthemen darstellen, die der Men- tee mit seinem Mentor bearbeiten kann. Der Fülle an Gesprächsthemen sind im Mento- ring keine Grenzen gesetzt, es werden hier lediglich Beispiele genannt.88
Das letzte Kapitel des Konzeptes steht für die Selbstreflexion bzw. Selbstevaluation des Mentees, inbegriffen ist außerdem die Beurteilung von Stärken und Schwächen der eige- nen Person. Die Selbstevaluation zielt größtenteils auf die momentane Arbeitszufriedenheit des Mentees sowie auf die zukünftigen Karriereziele ab. Die Beurteilung der Stärken und Schwächen beziehen sich auch auf die berufliche Situation.89
Zwischenfazit: Mentoring-Programme im Vergleich
Der Vergleich der beiden Mentoring-Programme wird im folgenden Abschnitt dargelegt. Einige Inhaltspunkte des Mentorings von Mercedes-Benz dienen als Inspiration für den neuen Mentoring-Leitfaden des ADAC, müssen aber angepasst werden. Außerdem sind Parallelen zwischen den beiden Programmen festzustellen.
Beide Programme sind freiwillig und aus dem Absolvieren des Mentorings geht nicht zwangsläufig eine Beförderung oder bessere Position im Unternehmen hervor. Das Kon- zept von Mercedes-Benz sieht bereits eine Evaluation bzw. Selbstreflexion des Mentees vor, die auch für den Mentoring-Prozess des ADAC erstrebenswert ist. Der Grundstein für eine Befragung im Rahmen des Personalentwicklungsinstrumentes muss erst gelegt werden. Das Mentoring bei Mercedes-Benz ist ausschließlich für weibliche Mentees aus- gelegt. Beim ADAC gibt es keine Einschränkung hinsichtlich des Geschlechts, auch in Zukunft wird eine Differenzierung abgelehnt. Das Mentoring-Programm ist bei Merce- des-Benz in verschiedene Mentee-Gruppen eingeteilt, die speziell auf die inhaltlichen und zeitlichen Anforderungen angepasst sind, beispielsweise sind alle Sachbearbeiterinnen in einer Mentee-Gruppe. Dagegen nimmt der ADAC keine Unterscheidung zwischen ein- zelnen Berufssparten oder Führungsebenen vor. In den Programmen von ADAC und Mercedes-Benz liegt der Fokus nicht auf einem professionellen Matching der Tandems. Die Personalentwicklungen der beiden Unternehmen äußern sich in keinem Kapitel der Konzepte über einen ausgereiften Matching-Prozess. Hier besteht großer Handlungsbe- darf, weshalb dieser Punkt in die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Expertenbe- fragungen einbezogen wurde.
4 Dokumentation der qualitativen Forschung
Für die vorliegende Bachelorarbeit wurde die qualitative Studie als Forschungsinstrument gewählt. Von einer standardisierten Massenbefragung wurde abgesehen, stattdessen wur- den gezielte Aussagen von Experten aus dem Bereich der Mobilitätsdienstleistung durch das leitfadengestützte Interview und dem Kurzfragebogen erhoben. So ist es möglich, die Vielfalt des sozialen Feldes abzufragen und deskriptive Daten über Individuen als Ganzes und nicht in isolierter Form, wie in der quantitativen Forschung zu betrachten.90
In den vorangegangen Kapiteln wurde die Theorie des Mentorings sowie relevante As- pekte des Vereins ADAC betrachtet. Die gewonnenen Erkenntnisse werden mit der qua- litativen Forschung ergänzt, um eine Verknüpfung beider Wissensbereiche herzustellen. Ziel ist es, die Ergebnisse der Studie für die Entwicklung des Mentoring-Leitfadens zu verwenden.
4.1 Grundprinzipien der qualitativen Sozialforschung
Anfang der 80er Jahre löste die konventionelle Sozialforschung aufgrund der standardi- sierten Massenbefragung Diskussionen aus. Eine Beobachtung des sozialen Feldes in sei- ner Vielfalt ist damit nur eingeschränkt möglich und kann nur teilweise erfasst werden. Auch das damit verbundene Gefüge kann nur vereinfacht oder in begrenzter Weise ver- gegenwärtigt werden.91
Folglich liegen die Grundprinzipien der qualitativen Sozialforschung in der Kritik, die an der konventionellen, quantitativen Sozialforschung geübt wurde. Angelehnt an die Aufarbeitung der Kritikpunkte und mit Ergänzung weiterer Überlegungen zur qualitativen Forschung entwickelten sich verschiedene Prinzipien. Diese Grundparameter werden als Programmatik qualitativer Sozialforschung deklariert. Im weiteren Verlauf werden die zentralen Normen der Offenheit, der Forschung als Kommunikation, der Prozesscharakter von Forschung und Gegenstand, die Reflexivität von Gegenstand und Analyse, die Explikation und die Flexibilität komprimiert erläutert.92
Offenheit
Der Grundsatz der Offenheit ist von Anfang an in der qualitativen Studie unabdingbar. Die Offenheit stellt eine Verbindung zwischen der epistemischen Struktur des Studienle- iters und der existierenden Form des Gegenstandes durch den ununterbrochenen Aus- tausch her.93 Sie vermeidet zusätzlich die abrupte Beendigung einer Antwort des Inter- viewten. Es wird empfohlen, erstmal alle Wahrnehmungen empirischer Sozialforschung zu sammeln, um zufällige und dadurch instruktive Informationen zu generieren. Von hochstandardisierten Messmethoden wird weitgehend abgesehen, damit die Einstellung gegenüber den unterschiedlichen Probanden mit ihren individuellen Eigenschaften ein- gefangen werden kann. Auch die spezifischen Untersuchungssituationen und die dazuge- hörigen Methoden können durch die Offenheit im Forschungsprozess transparent darge- stellt werden.94
Forschung als Kommunikation
Während in der quantitativen Forschung Kommunikation zwischen Studienteilnehmer und Leiter als störend empfunden wird, ist der Dialog in der qualitativen Studie wesent- lich. In diesem Punkt spiegelt sich auch das Prinzip der Offenheit wider. Die Ergebnisse der geführten Studien werden nicht durch den Einfluss von Interaktionsbeziehungen ge- stört, sondern dieser wird als konstitutives Element im Forschungsvorhaben und als Vo- raussetzung des Forschungsaktes angesehen. Ein wesentlicher Aspekt der Forschung als Kommunikation bildet die individuelle Sichtweise der Befragten. Es wird ein Wechsel von Denkweisen und Perspektiven zugelassen und im Forschungsprozess verwendet.95
Prozesscharakter von Forschung und Gegenstand und Reflexivität von Gegenstand und Analyse Anknüpfend an die Forschung als Kommunikation wird auch der eigentliche Forschungs- prozess als Kommunikationsprozess angesehen. Dieser Ablauf ist dabei sowohl dem For- schungsvorgehen zu unterstellen, wie auch der Kommunikation. Diese werden somit als Interaktionsprozess wie auch als Forschungsgegenstand begriffen. Inhalte des Prozesses der qualitativen Sozialforschung sind Reproduktion, Modifikation und Interpretation von Funktionsmustern. Aus den Mustern selbst wird die Wirklichkeit rekonstruiert, analysiert und dokumentiert.
Die Reflexivität ist ein Grundbaustein des Forschungsgegenstandes und des Forschungs- aktes. Das Reflexivitätsprinzip nimmt bei der Analyse der Struktur eine Forderung ein. Die Reflexivität der Analyse untersucht soziale Prozesse und Besonderheiten. Diese fin- den Grundlage in der Reflexivität aus den theoretischen Konzeptualisierungen des Ge- genstandsbereichs.
[...]
1 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. V.
2 Vgl. Peters, Genge, & Willenius, 2006, S. 3.
3 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. VII.
4 Vgl. Rogers, 2015, S. 29.
5 Vgl. ADAC e.V., (o. D.b).
6 Vgl. Heesen, 2014, S. 21.
7 Vgl. Kornmeier, 2007, S. 107.
8 Vgl. Universität Rostock, (o. D.), S. 23.
9 Vgl. Universität Rostock, (o. D.), S. 23.
10 Gute Zitate, (o. D., o. S.).
11 Vgl. Haasen, 2001, S. 12.
12 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 1.
13 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 2-3.
14 Vgl. Stöger, Ziegler & Schimke, 2009, S. 8.
15 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 4 f.
16 Vgl. Becker, 2005, S. 546.
17 Vgl. Weber, 2004, S. 8.
18 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 5.
19 Integrative Montessori Erziehung e.V. (o. D., o. S.).
20 Vgl. Haasen, 2001, S. 12-13.
21 Zey, 1984, S. 7.
22 Vgl. Zey, 1984, S. 7.
23 Vgl. Becker, 2005, S. 546.
24 Vgl. Technische Universität Bergakademie Freiberg, 2013, S. 7.
25 Vgl. Doll, 2008, S. 10 f.
26 Vgl. Bundesagentur für Arbeit, 2008, S. 8.
27 Vgl. Unternehmensberatung BAB GmbH, 2009, S. 7.
28 Vgl. Bundesagentur für Arbeit, 2008, S. 8.
29 Vgl. Monster.at, 2013, (o. S.).
30 Vgl. Doll, 2006, S. 10 f.
31 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 38.
32 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 19.
33 Vgl. Limberg MTC, (o. D., o. S.).
34 Vgl. Stöger, Ziegler & Schimke, 2009, S. 42.
35 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 19.
36 Vgl. Stöger, Ziegler & Schimke, 2009, S. 42
37 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 19
38 Vgl. Kronenberg & Schmitz, 2014, S. 28.
39 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 20.
40 Vgl. Beller, Hoffmeister-Schönfelder & Modler, 2016, S. 19.
41 Vgl. Murphy, 2012, S. 549.
42 Vgl. Greengard, 2002, (o. S.).
43 Vgl. Murphy, 2012, S. 550.
44 Vgl. Vujnovic, 2014, (o. S.).
45 Vgl. Murphy, 2012, S. 550.
46 Vgl. Murphy, 2012, S. 555.
47 Vgl. Beyer & Rathje, 2013, S. 127.
48 Vgl. Quast, 2011, (o. S.).
49 Vgl. Beyer & Rathje, 2013, S. 126.
50 Vgl. Quast, 2011, (o. S.).
51 Vgl. Quast, 2011, (o. S.).
52 Vgl. Vujnovic, 2014.
53 Aphorismen (o. D., o. S.).
54 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 47.
55 Vgl. Stöger, Ziegler & Schimke, 2009, S. 45.
56 Vgl. Arhén, 1992, S. 82.
57 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 59.
58 Vgl. Stöger, Ziegler & Schimke, 2009, S. 45.
59 Vgl. Arhén, 1992, S. 81.
60 Vgl. Stöger, Ziegler & Schimke, 2009, S. 45.
61 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 60.
62 Vgl. Stöger, Ziegler & Schimke, 2009, S. 45.
63 Vgl. Beller, Hoffmeister-Schönfelder & Modler, 2016, S. 22.
64 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 50.
65 Vgl. Pflaum, 2017, S. 82.
66 Vgl. Stöger, Ziegler & Schimke, 2009, S. 44.
67 Vgl. Stöger, Ziegler & Schimke, 2009, S. 45.
68 Vgl. Dolff & Hansen, 2002, S. 39.
69 Vgl. Kauffeld, 2016, S. 6.
70 Vgl. Graf & Edelkraut, 2017, S. 72 ff.
71 Vgl. Pflaum, 2017, S. 114-118.
72 Vgl. Höppel, 2000, S. 230.
73 Vgl. Stöger, Ziegler & Schimke, 2009, S. 151 f.
74 Vgl. Höppel, 2000, S. 230.
75 Vgl. Stöger, Ziegler & Schimke, 2009, S. 151.
76 Vgl. Höppel, 2000, S. 230.
77 Vgl. Scheeser, 2015: Personalzahlen im Trend von 2011-2015, S. 4, siehe Anhang S. 95.
78 Vgl. Scheeser, 2015, S. 4; 14. siehe Anhang S. 95-97.
79 Vgl. Scheeser, 2015, S. 6; 12-13. siehe Anhang S. 95-97.
80 Vgl. T. Ellinger, (persönl. Mitteilung, 30.06.2017), siehe Anhang, S. 94.
81 Vgl. ADAC e.V. (Hrsg.), 2010, S. 4, siehe Anhang, S. 92.
82 Vgl. Wieser & Weber, 1998, S. 7, siehe Anhang, S. 121.
83 Vgl. Wieser & Weber, 1998, S. 15, siehe Anhang S. 122.
84 Vgl. Zeisel, 2015, S. 6-8, siehe Anhang, S. 93-94.
85 Vgl. Daimler-AG (Hrsg.) (o. D., o .S.), siehe Anhang S. 100-102.
86 Vgl. Daimler-AG (Hrsg.) (o. D.), S. 1-7, siehe Anhang S. 103-107.
87 Vgl. Daimler-AG (Hrsg.) (o. D.), S. 8-11, siehe Anhang S. 108-111.
88 Vgl. Daimler-AG (Hrsg.) (o. D.), S. 12-18, siehe Anhang S. 112-115.
89 Vgl. Daimler-AG (Hrsg.) (o. D.), S. 20-24, siehe Anhang S. 116-120.
90 Vgl. Lamnek, 2005, S. 4.
91 Vgl. Lamnek, 2005, S. 4.
92 Vgl. Lamnek, 2005, S. 20.
93 Vgl. Lamnek, 2005, S. 258.
94 Vgl. Lamnek, 2005, S. 21.
95 Vgl. Lamnek, 2005, S. 22.
- Citation du texte
- Julia Gröbl-Püttmer (Auteur), 2017, Mentoring im Bereich der Persönlichkeits- und Karriereentwicklung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/411849
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