1. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
In der Wirtschaftspresse ist derzeit häufig zu lesen, dass Konzerne sich hart an der Verlustgrenze bewegen oder die Ergebnisse überraschend eingebrochen sind. In diesem Zusammenhang stellt sich nun die Frage, wie es denn zu diesen Einbrüchen kommen konnte, wo doch im letzten Geschäftsbericht noch steigende Gewinne ausgewiesen wurden und die Ertragskraft des Unternehmens gelobt wurde. Diese Hausarbeit soll dem Leser helfen Geschäftsberichte richtig zu lesen und zu interpretieren.
Hierzu ist es zunächst notwendig zu klären, was man unter dem Begriff Geschäftsbericht versteht, welche Bestandteile er beinhaltet und welche Bedeutung der Geschäftsbericht in der Praxis hat. Dies erfolgt im 2. Kapitel.
In Kapitel 3, welches den Kern dieser Hausarbeit bildet, soll dem Leser anhand von Praxisbeispielen gezeigt werden wie man die einzelnen Bestandteile von Geschäftsberichten richtig liest und interpretiert bzw. welche Aussagekraft sie besitzen. Als Praxisbeispiele wurden Geschäftsberichte von Unternehmen gewählt, welche den Zuhörern der Präsentation dieser Hausarbeit größtenteils bekannt sein müssten. So wird z. B. auf den Geschäftsbericht des Jahres 2003 von der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mit beschränkter Haftung (LVV GmbH) und auf den Geschäftsbericht des Jahres 2003 von der ProSiebenSat.1 Media AG eingegangen.
Eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse dieser Arbeit erfolgt abschließend in Kapitel 4.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2. Definition des Geschäftsberichts und seine Bedeutung in der Praxis
3. Der Inhalt eines Geschäftsberichts und seine Interpretation
3.1 Der Pflichtteil
3.1.1 Der Jahresabschluss
3.1.2 Der Lagebericht
3.1.3 Der Bericht des Aufsichtsrats
3.2 Der freie Teil
3.2.1 Der Brief an die Aktionäre als stellvertretende Komponente des freien Teils
4. Schlussbetrachtung und Ausblick
5. Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
In der Wirtschaftspresse ist derzeit häufig zu lesen, dass Konzerne sich hart an der Verlustgrenze bewegen oder die Ergebnisse überraschend eingebrochen sind. In diesem Zusammenhang stellt sich nun die Frage, wie es denn zu diesen Einbrüchen kommen konnte, wo doch im letzten Geschäftsbericht noch steigende Gewinne ausgewiesen wurden und die Ertragskraft des Unternehmens gelobt wurde.[1] Diese Hausarbeit soll dem Leser helfen Geschäftsberichte richtig zu lesen und zu interpretieren.
Hierzu ist es zunächst notwendig zu klären, was man unter dem Begriff Geschäftsbericht versteht, welche Bestandteile er beinhaltet und welche Bedeutung der Geschäftsbericht in der Praxis hat. Dies erfolgt im 2. Kapitel.
In Kapitel 3, welches den Kern dieser Hausarbeit bildet, soll dem Leser anhand von Praxisbeispielen gezeigt werden wie man die einzelnen Bestandteile von Geschäftsberichten richtig liest und interpretiert bzw. welche Aussagekraft sie besitzen. Als Praxisbeispiele wurden Geschäftsberichte von Unternehmen gewählt, welche den Zuhörern der Präsentation dieser Hausarbeit größtenteils bekannt sein müssten. So wird z. B. auf den Geschäftsbericht des Jahres 2003 von der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mit beschränkter Haftung (LVV GmbH) und auf den Geschäftsbericht des Jahres 2003 von der ProSiebenSat.1 Media AG eingegangen.
Eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse dieser Arbeit erfolgt abschließend in Kapitel 4.
2. Definition des Geschäftsberichts und seine Bedeutung in der Praxis
Wenn man in der deutschen Literatur nach der Definition des Begriffs Geschäftsbericht sucht, so kann man sehr viele, voneinander abweichende Begriffsbestimmungen finden. Dies liegt vor allem daran, dass seit Inkrafttreten des Bilanzrichtliniengesetzes 1986 der Begriff des Geschäftsberichts nicht gesetzlich definiert ist.[2] Gesetzliche Vorschriften existieren nur zur Veröffentlichung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften (§§ 325 bis 329 HGB). Dieser ist gleichzeitig mit dem Bericht des Aufsichtsrats und dem Lagebericht unverzüglich nach seiner Vorlage an die Gesellschafter, spätestens vor Ablauf des zwölften Monats des dem Abschlussstichtag folgendem Geschäftsjahres, zum Handelsregister des Sitzes der Kapitalgesellschaft einzureichen. Für einige Gesellschaftsformen und Gesellschaftsgrößen können sich dabei Vereinfachungen und Besonderheiten ergeben.[3] Bei Aktiengesellschaften kommt der „Brief an die Aktionäre“ dazu. Es wird jedoch kein Unternehmen gezwungen,
seine gesetzliche Informationspflicht durch ein Druckwerk zu erfüllen, welches Geschäftsbericht heißt.[4] Man kann also bei einem Geschäftsbericht von einer freiwilligen Publikation sprechen. Die von Hütten auf der Grundlage eines Kommunikationsmodells erarbeitete Definition des Geschäftsberichts beschreibt den Geschäftsbericht folgendermaßen:[5]
Der Geschäftsbericht ist ein in unpersönlichen Kommunikationsprozessen eingesetztes Übermittlungsmedium verschiedener äußerlicher Erscheinungsformen, mittels dessen ein Unternehmen gewöhnlich im (geschäfts-)jährlichen Turnus mit der Zielsetzung der Information und Verhaltensbeeinflussung unternehmensbezogene Nachrichten, deren Schwerpunkt auf einer Beschreibung des letzten Geschäftsjahrs liegt, an meist verschiedene, vor allem unternehmensexterne Adressatengruppen vermittelt.
Anhand der Definition des Geschäftsberichts und vor allem aus seiner Verwendung in der Praxis lässt sich die Bedeutung des Geschäftsberichts ableiten. Der Geschäftsbericht ist das Basiselement der Investor Relations. Er ist zugleich Marketinginstrument und Imageträger des Unternehmens. Viele Unternehmen nutzen den Geschäftsbericht um ihren gesetzlichen Informationspflichten nachzukommen. Bei einer AG z. B. sind dies im einzelnen aktionärsbezogene Informationspflichten, mitarbeiterbezogene Informationspflichten, kredit-institutsbezogene Informationspflichten und adressatenunabhängige Informationspflichten.[6]
Geschäftsberichte sind jedoch nicht als aktuelle Information für den Finanzmarkt geeignet, da sie bereits wenn sie erscheinen veraltet sind. Dies liegt an der vom Gesetz eingeräumten Frist zur Veröffentlichung und nicht zuletzt an den langen Produktionszeiten, sowie den umständlichen Abstimmungsprozessen innerhalb des Hauses. Die Rolle des Geschäftsberichts als Imageträger gewinnt also immer mehr an Bedeutung.[7] Da der Inhalt und die Form des Geschäftsberichts gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, haben die Unternehmen die Möglichkeit den Geschäftsbericht frei zu gestalten. Dennoch hat die Allgemeinheit eine bestimmte Vorstellung von einem Geschäftsbericht. Nach Keller enthält der prototypische Geschäftsbericht den Jahresabschluss (bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang), den Lagebericht, den Brief des Vorstands an die Aktionäre, den Bericht des Aufsichtsrats, einen Segmentbericht, einen Bericht über die Aktie des betreffenden Unternehmens, deren Performance im zurückliegenden Geschäftsjahr nebst Dividendenvorschlag und einen Ausblick auf das nächste Geschäftsjahr. Keller bezieht sich dabei in erster Linie auf die Geschäftsberichte von Aktiengesellschaften.[8] Für die Darstellung der eben genannten Bestandteile werden von den verschiedenen Unternehmen die unterschiedlichsten Möglichkeiten und Methoden benutzt. Es wird sehr viel Wert auf das äußere Erscheinungsbild und auf die im Geschäftsbericht verwendeten Formulierungen gelegt. Da der Geschäftsbericht unter anderem darauf abzielt neue Anleger zu gewinnen bzw. schon vorhandene Anleger in ihrem Glauben an das Unternehmen zu bestärken, lassen sich die Unternehmen deshalb auch das Erstellen des Geschäftsberichts einiges kosten. Er stellt sozusagen die Visitenkarte des Unternehmens dar. In der Zeitschrift „manager magazin“ werden jährlich die Geschäftsberichte der größten deutschen und europäischen Börsenfirmen prämiert, wobei Inhalt, Aussagekraft, Gestaltung und sprachliche Qualität von vier wissenschaftlichen Gutachterteams analysiert werden. Dadurch wird deutlich, dass auch ein Wettbewerb für das Erstellen von Geschäftsberichten existiert bzw. Geschäftsberichte selbst ein Teil des Wettbewerbs sind. Bei der letzten Prämierung des manager magazins war zu erkennen, dass nur sehr wenige Unternehmen den Aktionären ein authentisches Bild liefern. Häufig wird nur das eigene Image poliert.[9] Dies anhand der einzelnen Bestandteile des Geschäftsberichts und ihrem Inhalt zu erkennen, soll Gegenstand des nächsten Kapitels sein.
3. Der Inhalt eines Geschäftsberichts und seine Interpretation
Da, wie im vorigen Kapitel dargestellt, der Geschäftsbericht und seine Bestandteile gesetzlich nicht definiert sind, soll hier die in der Praxis übliche und von der Allgemeinheit erwartete Gliederung des Geschäftsberichts zu Grunde gelegt werden. Im Folgenden sollen ausgewählte Bestandteile des „prototypischen Geschäftsberichts“ nach Keller[10] näher untersucht werden. Um diese Bestandteile anhand der Praxisbeispiele näher untersuchen zu können, ist zunächst zu prüfen, ob die ausgewählten Geschäftsberichte diese Bestandteile auch enthalten. Da Keller von Geschäftsberichten der Aktiengesellschaften ausgeht, können im Geschäftsbericht der LVV GmbH nicht alle Bestandteile enthalten sein. Hier fehlen jedoch lediglich der Brief an die Aktionäre und der Bericht über die Aktie.[11] Der Geschäftsbericht der ProSiebenSat. 1 Media AG enthält alle geforderten Bestandteile.[12]
In der Literatur wird der Geschäftsbericht häufig unterteilt in den so genannten Pflichtteil und in den freien Teil. Zum Pflichtteil gehören alle Komponenten des Geschäftsberichts, für die eine gesetzliche Informationspflicht besteht. Dies sind Jahresabschluss und Lagebericht, ggf. Konzernabschluss und Konzernlagebericht, der Gewinnverwendungsvorschlag, der Bericht des Aufsichtsrats sowie der Bestätigungsvermerk zu den prüfungspflichtigen Komponenten. Im freien Teil sind die unterschiedlichsten Angaben und Ausführungen zu diversen Sachgebieten enthalten. Häufig anzutreffende Komponenten des freien Teils sind der Brief an die Aktionäre, eine Mehrjahresübersicht, Ausführungen zur Aktie und zu Investor Relations, die Darstellung der Konzernbereiche sowie ausführliche Angaben zu Mitarbeitern.[13]
Die in der Literatur verwendete Unterteilung des Geschäftsberichts in den Pflichtteil und in den freien Teil soll auch in dieser Hausarbeit Anwendung finden.
3.1 Der Pflichtteil
Die Bezeichnung Pflichtteil resultiert daraus, das viele Unternehmen den Geschäftsbericht nutzen, um ihrer gesetzlichen Informationspflicht nachzukommen. Eine Pflicht zur Aufnahme dieser Informationen in den Geschäftsbericht besteht jedoch nicht.
Für die Komponenten des Pflichtteils existieren einschlägige gesetzliche Vorschriften bezüglich Inhalt und Darstellung. Im Folgenden sollen einige ausgewählte Komponenten untersucht werden.
3.1.1 Der Jahresabschluss
Wie bereits erwähnt, besteht für den Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften eine Offenlegungspflicht. Da es sich bei den Praxisbeispielen um konzern-rechnungslegungspflichtige Unternehmen handelt, soll im Folgenden kurz auf den Jahresabschluss des Mutterunternehmens und den Konzernabschluss eingegangen werden. Wenn Geschäftsberichte zur Publikation von Abschlüssen genutzt werden, so müssen selbstverständlich die gesetzlichen Regelungen für die Offenlegung des jeweiligen Abschlusses beachtet werden. Diese sind im HGB verankert. Die Aufnahme des Jahresabschlusses in den Geschäftsbericht ist jedoch keine Pflicht. Es existiert aber kaum ein börsennotiertes deutsches Unternehmen, was nicht wenigstens einen Jahresabschluss oder einen Konzernabschluss in seinem Geschäftsbericht enthalten hat.[14] So enthalten z. B. der Geschäftsbericht der LVV GmbH vom Jahr 2003 und der Geschäftsbericht der ProSiebenSat.1 Media AG vom Jahr 2003 den Jahresabschluss und den Konzernjahresabschluss.[15] Es stellt sich nun die Frage, worin sich Jahresabschluss und Konzernabschluss unterscheiden. Während der Jahresabschluss die Lage des Mutterunternehmens darstellt, kann man beim Konzernabschluss einen umfassenden Einblick in die Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage des Konzerns erhalten. Beim Konzernabschluss werden alle Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der Tochterunternehmen und des Mutterunternehmens addiert. Die konzerninternen Beziehungen wie Kapitalbeteiligungen, Forderungen und Umsatzerlöse werden dabei eliminiert. Der Jahresabschluss dient zur Bemessung der Gewinnausschüttung an die Anteilseigner und gibt Auskunft über Liquidität und Finanzierung des Mutterunternehmens. Da das Mutterunternehmen jedoch häufig nicht selbst operativ tätig ist, gibt der Jahresabschluss keine Auskunft über den Geschäftsverlauf.[16]
[...]
[1] vgl. KPMG (Geschäftsberichte) S. 3
[2] vgl. Hütten (Geschäftsbericht) S. 5
[3] vgl. Redley/Jahoda (Reports) S. 26
[4] vgl. Keller (Sprache) S. 10
[5] aus Hütten (Geschäftsbericht) S. 32
[6] vgl. Hütten (Geschäftsbericht) S. 35
[7] vgl. Piwinger (Geschäftsbericht)
[8] vgl. Keller (Sprache) S. 10
[9] vgl. Papendic (Geschäftsberichte)
[10] vgl. Kapitel 2
[11] vgl. LVV GmbH (Geschäftsbericht)
[12] vgl. ProSiebenSat. 1 Media GmbH (Geschäftsbericht)
[13] vgl. Hütten (Geschäftsbericht) S.91 - 94
[14] vgl. Hütten (Geschäftsbericht) S. 129
[15] vgl. LVV GmbH (Geschäftsbericht) S. 22/42 und ProSiebenSat. 1 Media AG (Geschäftsbericht) S.42/43
[16] vgl. KPMG (Geschäftsberichte) S. 7
- Quote paper
- Thomas Lindner (Author), 2004, Interpretation eines Geschäftsberichts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41163
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