Ernährung als Tätigkeit ist eine alltägliche Handlung. Sie ist eine natürliche Notwendigkeit, der jeder von Geburt an gerecht werden muss. Dieses Bedürfnis wird je nach Zeit, Kultur, Anlass, Alter, Stand, Religion und anderen Kriterien außerordentlich vielseitig beantwortet. Eine solch umfangreiche praktische Zuwendung sollte in theoretischer Konzeptualisierung nicht weniger Beachtung finden, könne man meinen. Umso überraschender ist dann die Feststellung, dass sich Aspekten der Ernährung über einen langen Zeitraum hinweg fast ausschließlich aus naturwissenschaftlicher Perspektive zugewandt wurde. Eine biologische bzw. physiologische Betrachtung ist allerdings unzureichend, um die Vielfalt und den Wandel von Ernährungsgewohnheiten einerseits, die Missachtung von ernährungsphysiologischen Erkenntnissen andererseits, zu erklären.
Nicht minder problematisch ist der Zugang zu Ernährung aus geschlechtstheoretischer Richtung. Auch hier bleiben Betrachtungen oft ihrem Begriff verhaftet, ohne sich in einer interpretativen Fassung zu finden. Wie Setzwein formuliert, ist „dieses Forschungsfeld … bislang vornehmlich empirisch beackert worden.“ Zwar finden sich ausreichend Darstellungen über unterschiedliche Ernährungsvorlieben und Einstellungen zum Thema ‚Ernährung’; allerdings fehlt es oft an einer programmatischen Konzeptualisierung festgestellter geschlechtsspezifischer Neigungen.
Wie auch die Vielgestaltigkeit globaler Ernährungsgewohnheiten nicht hinreichend aus ernährungsphysiologischer Perspektive verstanden werden kann, müssen auch geschlechtstypische Vorlieben kultur- und sozialwissenschaftlich untersucht werden. Auch sie bewegen sich im Rahmen gesellschaftlicher Bedingungen; Änderungen dieser ziehen zumeist auch eine Umgestaltung bisheriger Zuordnungen in Kategorien ‚männlich’ und ‚weiblich’ nach sich. In diesem Wandel wird der ‚Überlieferungscharakter’ vom Kulturphänomen Essen deutlich; eine wissenschaftliche Betrachtung darf sich daher nicht einseitig biologisch begründen, sondern muss dass komplexe Bedingungsgefüge sozialer Gegebenheiten und dessen Rückkopplung/Zusammenhang/Wirkung auf die jeweilige Befriedigung des Hungergefühls einschließen.
Inhaltsverzeichnis
1.Einleitung
1.1 Einführung in das Thema
1.2 Gliederung der Hausarbeit
2. Geschlechtsspezifische Unterschiede im Kulturphänomen Essen
2.1 Geschlechtsunterschiede als statistische Tendenzen
2.2 Darstellung geschlechtsspezifischer Differenzen
2.2.1 Bevorzugte Lebensmittel
2.2.2 Die Bedeutung von Essen
3. Das Geschlecht als soziale Kategorie
3.1 ‚Weiblichkeit’ und ‚Männlichkeit’ als relative Begriffe
3.2 Zum Begriff des gender’
4. Symbolischer Interaktionismus als Erklärungsmodell für geschlechtsspezifische Ernährungsunterschiede
5. Die Bedeutung des Körpers als Identifikationsmedium
5.1 weibliche und männliche Sozialistation
5.2 Das Körperverständnis als Ergebnis des Sozialisationsprozesses
5.3 Körperwahrnehmung von Frauen und Männern
6. Eßgewohnheiten als a-verbale Kommunikation
6.1 Die Interpretation geschlechtstyp. Bevorzugung von Nahrungsmitteln
6.2 Die Interpretation geschlechtstyp. Bedeutung von Essen
7. Fazit und Aussichten
8. Literatur
1. Einleitung
1.1 Einführung in das Thema
Ernährung als Tätigkeit ist eine alltägliche Handlung. Sie ist eine natürliche Notwendigkeit, der jeder von Geburt an gerecht werden muss. Dieses Bedürfnis wird je nach Zeit, Kultur, Anlass, Alter, Stand, Religion und anderen Kriterien außerordentlich vielseitig beantwortet. Eine solch umfangreiche praktische Zuwendung sollte in theoretischer Konzeptualisierung nicht weniger Beachtung finden, könne man meinen. Umso überraschender ist dann die Feststellung, dass sich Aspekten der Ernährung über einen langen Zeitraum hinweg fast ausschließlich aus naturwissenschaftlicher Perspektive zugewandt wurde.[1] Eine biologische bzw. physiologische Betrachtung ist allerdings unzureichend, um die Vielfalt und den Wandel von Ernährungsgewohnheiten einerseits, die Missachtung von ernährungsphysiologischen Erkenntnissen andererseits, zu erklären.
Nicht minder problematisch ist der Zugang zu Ernährung aus geschlechtstheoretischer Richtung. Auch hier bleiben Betrachtungen oft ihrem Begriff verhaftet, ohne sich in einer interpretativen Fassung zu finden. Wie Setzwein formuliert, ist „dieses Forschungsfeld … bislang vornehmlich empirisch beackert worden.“[2] Zwar finden sich ausreichend Darstellungen über unterschiedliche Ernährungsvorlieben und Einstellungen zum Thema ‚Ernährung’; allerdings fehlt es oft an einer programmatischen Konzeptualisierung festgestellter geschlechtsspezifischer Neigungen.
Wie auch die Vielgestaltigkeit globaler Ernährungsgewohnheiten nicht hinreichend aus ernährungsphysiologischer Perspektive verstanden werden kann, müssen auch geschlechtstypische Vorlieben kultur- und sozialwissenschaftlich untersucht werden. Auch sie bewegen sich im Rahmen gesellschaftlicher Bedingungen; Änderungen dieser ziehen zumeist auch eine Umgestaltung bisheriger Zuordnungen in Kategorien ‚männlich’ und ‚weiblich’ nach sich. In diesem Wandel wird der ‚Überlieferungscharakter’ vom Kulturphänomen Essen deutlich; eine wissenschaftliche Betrachtung darf sich daher nicht einseitig biologisch begründen, sondern muss dass komplexe Bedingungsgefüge sozialer Gegebenheiten und dessen Rückkopplung/Zusammenhang/Wirkung auf die jeweilige Befriedigung des Hungergefühls einschließen.
1.2 Gliederung der Hausarbeit
Um Ungleichheiten verschiedener Geschmäcker i.w.S. zu erklären, wurden unterschiedliche soziologische Betrachtungsweisen bemüht; ich werde mich der These des ‚doing gender’ in Hinblick auf die identitätsbildende Funktion einer geschlechtstypischen Ernährung zuwenden. Dieser Erklärungsversuch wird in Erwägung des symbolischen Interaktionismus formuliert, dessen Überlegungen sich mit funktionalistischen und systemtheoretischen Inhalten überschneiden.
In meiner geschlechter-trennenden Darstellung von Ernährungsgewohnheiten nähere ich mich nach einer exemplarischen Darstellung von Ernährungsgewohnheiten dem Begriff ‚Geschlecht’, um zu zeigen, was unter ‚gender’ als sozialem Geschlecht zu verstehen ist. Als theoretisches Grundgerüst meiner Ausführungen wende ich mich kurz erklärend dem symbolischen Interaktionismus zu, um die Bedeutung des Körpers als Identifikationsmittel hervorzuheben. Unter Berücksichtigung dessen greife ich die oben genannten unterschiedlichen Ernährungspräferenzen erneut auf, um diese interpretativ auszulegen, und die These der Geschlechterkonstruktion beim Essen zu bestätigen.
2. Geschlechtsspezifische Unterschiede im Kulturphänomen Essen
Bei Betrachtung von Ernährungsgewohnheiten unter geschlechter-trennender Perspektive lassen sich Differenzen in vielerlei Hinsicht feststellen. Parallel zu den verschiedenen Aspekten des Themas Ernährung bzw. Essen, lassen sich, zumindest nach statistischen Tendenzen, Geschlechter kategorisieren.
In direktem Bezug zur Nahrungsaufnahme bevorzugen Männer andere Lebensmittel als Frauen; sie unterscheiden sich in Art und Weise des Verspeisens, in Umfang von Mahlzeiten wie in der Bewertung von Essen als Notwendigkeit. Weniger unmittelbar differenzieren sie sich in der Bereitschaft, sich mit dem Thema ‚Ernährung’ auseinanderzusetzen, in den jeweiligen Vorstellungen von Körper und Gesundheit und den damit zusammenhängenden Formen von Eßstörungen.
2.1 Geschlechtsunterschiede als statistische Tendenzen
Auch wenn die ernährungsspezifischen Geschlechterunterschiede quer zu anderen sozialen Differenzen liegen, gibt das Geschlecht als soziale Kategorie nur ein grobes Raster an die Hand; in einer Erklärung von Eßgewohnheiten müssen andere soziale Faktoren wie Alter, Bildung oder Wertorientierung berücksichtigt werden, die den ökonomischen und sozialen Rahmen bilden.[3] In einschlägigen Studien wurde sichtbar, dass die Spannbreite von Verhaltensweisen innerhalb eines Geschlechts größer ist als zwischen den Mittelwerten der Geschlechter[4]. Gesellschaftliche Strukturen und kulturelle Muster sind der Rahmen, in deren Bezug das Individuum sein Handeln gestaltet; dabei kommt dem Handelnden in unterschiedlicher Nutzung der Handlungsspielräume und Erfüllung oder Widersprechung von Stereotypen und Traditionen ein Moment mit gewissem Maß an Freiheit entgegen.[5] Hausfrauen unterscheiden sich in ihren Ernährungsgewohnheiten von kinderlosen karriereorientierten Frauen, diese wiederum von berufstätigen Frauen mit Kindern, ebenso wie sich Langzeitarbeitslose in ihren Verzehrsvorlieben von Studenten oder Rentnern unterscheiden. Die übliche Verwendung von kollektiven Singularen wie ‚der Mann’ oder ‚die Frau’ suggeriert nicht existierende Einheiten von ‚Mann’ und ‚Frau’.[6] Im Rahmen meiner Hausarbeit verwendete Weiblich- oder Männlichkeitszuordnungen sind daher nicht als statisches Gebilde zu verstehen, sondern drücken Tendenzen im Sinne von ‚Frauen mehr als Männer’ bzw. ‚Männer eher als Frauen’ aus.
2.2 Darstellung geschlechtsspezifischer Differenzen
2.2.1 Bevorzugte Lebensmittel
Ernährungsgewohnheiten unterscheiden sich am unmittelbarsten in der differenten Präferenz von Nahrungsmitteln. Frauen dokumentieren in ihren bevorzugten Lebensmitteln eine Gesundheitsorientierung, die sich exemplarisch in einer höheren Verzehrsmenge von Obst und Gemüse, Milch- und Vollwertprodukten einerseits, im geringeren Zufuhr tierischer Fette andererseits offenbart.[7] Setzwein verweist auf Diehls Zusammenstellung von Lebensmitteln, die die jeweiligen Präferenzen der Geschlechter darstellt. Diese Veröffentlichung ist zwar bereits in den 80er Jahren erschienen, hat aber nach Setzwein nicht an Aktualität eingebüßt. In Betrachtung dieser Auflistung und Aufteilung wird schnell eine männliche Bevorzugung von Fleisch deutlich, die sich in anderen Erhebungen immer wieder bestätigt und gern als mustergültiges Beispiel zitiert wird. Gut drei Viertel der von Männern bevorzugten Gerichte ist fleischhaltig. Frauen hingegen haben nicht nur eine weniger starke Neigung zu Fleisch, sie scheinen es regelrecht zu meiden. Proteine werden von ihnen hauptsächlich über Fisch aufgenommen, welcher wiederum weniger von Männern verspeist wird. Im Vergleich zu männlichen Vorlieben sind diese bei den Frauen vor allem im Bereich der Kohlenhydrate angesiedelt, die über Gemüse, Nudeln, Kartoffeln, aber auch durch die Neigung zu Süßspeisen aufgenommen werden.[8] Ihr Spektrum an verzehrten Nahrungsmitteln ist breiter gestreut, sie sind auch allgemein probierfreudiger und suchen eine größere Vielfalt in der Ernährung.[9] Während Männer also eher kräftige, deftige Speisen bevorzugen und darin ihren Hunger befriedigen können, suchen Frauen im Gegensatz dazu eher Abwechslung in ‚leichter Kost’.
[...]
[1] Skrobanek S. 47
[2] Setzwein S. 50
[3] Setzwein S. 51
[4] Methfessel S. 54
[5] Methfessel S. 31f
[6] Bock S. 380
[7] Prahl/Setzwein S. 77
[8] Setzwein S. 53
[9] Zittlau, S. 26
- Citar trabajo
- Anke Reule (Autor), 2005, Geschlechtsspezifische Unterschiede im Ernährungsverhalten im Zusammenhang von Körperbild und Identifikation, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41094
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