Aus historischer Sicht ist das Gesetz der Be rufsfreiheit auf den Kampf um die Gewerbefreiheit zurückzuführen. Die Gewerbefreiheit wurde erstmals in der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes 1869 gesetzlich verankert und später auf das gesamte Deutsche Reich ausgeweitet und zum Gesetz erhoben. Die Gewerbeordnung (GewO) von 1869 war zum damaligen Zeitpunkt durch Reichsoder Landesgesetze beschränkbar.1 Die Paulskirchenverfassung2 von 1849, umfasste eine Freiheit der Berufswahl, welche nur noch durch Reichgesetze einzuschränken war. Daneben umfasste Art. 151 III WRV die Freiheit des Handels und Gewerbes.3 Das heutige Grundrecht der Berufsfreiheit gilt gleichermaßen für Unternehmer sowie für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, aber auch für freie Berufe und auch für die Berufe aus den Bereichen des Bergbaus und der Landwirtschaft.4 Ein ursprünglich kapitalistisches Grundrecht wurde somit ein für alle Schichten der Bevölkerung geltendes Freiheitsrecht.5 1 Art. 111 WRV (WRV vom 11.8.1991) 2 Die Verfassung des Deutschen Reichs wurde am 28. März 1849 in der Paulskirche zu Frankfurt am Main von der verfassungsgebenden deutschen Nationalversammlung beschlossen. Aufgrund des Tagungsortes der Nationalversammlung wird sie als "Paulskirchenverfassung" bzw. als "Frankfurter Reichsverfassung" bezeichnet. 3 vgl. STEIN, Ekkehart – Staatsrecht, Seite 266 4 vgl. WEBER-FAS, Rudolf –Lexikon, Seite 23 5 vgl. STEIN, Ekkehart – Staatsrecht, Seite 266
Inhaltsverzeichnis:
1 Einleitung - Historischer Abriss zur Berufsfreiheit
2 Allgemeine Bedeutung der Berufsfreiheit
3 Schutzbereich
4 Grundrechtsträger
5 Definition des Berufes
6 Eingriffe in den Schutzbereich
6.1 Berufsausübungsregelungen
6.2 Subjektive Zulassungsbeschränkungen
6.3 Objektive Zulassungsbeschränkungen:
6.4 Eingriffe in die Ausbildungsfreiheit
6.5 Zusammenfassung: Dreistufentheorie
6.5.1 Schranken
6.5.2 Schranken-Schranken
7 Schutz vor Arbeitszwang und Zwangsarbeit
8 Zusammenfassende Betrachtung des Grundrechtes der Berufsfreiheit (Art. 12 GG)
Literaturverzeichnis:
1. Hege, Hans - Das Grundrecht der Berufsfreiheit im Sozialstaat - Schriften zum öffentlichen Recht Band 326 - Duncker & Humbolt, Berlin 1977
2. Hemmer / Wüst / Christensen - Juristisches Repetitorium - 2. Auflage, 1997
3. Jarass / Pieroth - Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - Verlag C.H. Beck München, 4. Auflage, 1997
4. Löw, Konrad - Die Grundrechte - UTB Verlag München 1977
5. Pieroth / Schlink - Grundrechte Staatsrecht II - 18. neubearbeitete Auflage, Schwerpunkte C.F. Müller, 2002
6. Seifert, Karl-Heinz / Hömig Dieter (Hrsg.) - Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - Taschenkommentar 4. Auflage, Nomos 1994
7. Stein, Ekkehart - Staatsrecht - 12. Auflage - 1990
8. Weber-Fas, Rudolf - Lexikon - UTB Mohr Siebeck
1 Einleitung - Historischer Abriss zur Berufsfreiheit
Aus historischer Sicht ist das Gesetz der Berufsfreiheit auf den Kampf um die Gewerbefreiheit zurückzuführen. Die Gewerbefreiheit wurde erstmals in der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes 1869 gesetzlich verankert und später auf das gesamte Deutsche Reich ausgeweitet und zum Gesetz erhoben. Die Gewerbeordnung (GewO) von 1869 war zum damaligen Zeitpunkt durch Reichs- oder Landesgesetze beschränkbar.[1] Die Paulskirchenverfassung[2] von 1849, umfasste eine Freiheit der Berufswahl, welche nur noch durch Reichgesetze einzuschränken war. Daneben umfasste Art. 151 III WRV die Freiheit des Handels und Gewerbes.[3]
Das heutige Grundrecht der Berufsfreiheit gilt gleichermaßen für Unternehmer sowie für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, aber auch für freie Berufe und auch für die Berufe aus den Bereichen des Bergbaus und der Landwirtschaft.[4] Ein ursprünglich kapitalistisches Grundrecht wurde somit ein für alle Schichten der Bevölkerung geltendes Freiheitsrecht.[5]
2 Allgemeine Bedeutung der Berufsfreiheit
Der Artikel 12 des Grundgesetzes (Absatz 1, Satz 1 und 2) schützen die freie Berufs- und Ausbildungswahl, ebenso wie die Berufsausübung selbst. Der Absatz 1 des Artikels 12 ist ein einheitliches Grundrecht, geschützt wird die Berufsfreiheit im Ganzen.[6]
Das Grundrecht der Berufsfreiheit wird oftmals dann zitiert, wenn von Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik die Rede ist. Es gewinnt immer dann an Aktualität, wenn von Arbeitslosigkeit und Mangel an Arbeitsplätzen gesprochen wird und diese Thematik Mittelpunkt der Diskussion darstellt. Es herrscht in den Augen vieler somit eine Diskrepanz zwischen der grundgesetzlichen Proklamation einerseits und den tatsächlichen Möglichkeiten einen Beruf, eine Ausbildungsstätte oder einen Arbeitsplatz nach den individuellen Wünschen zu wählen, andererseits.[7]
Der Artikel 12 ist jedoch ausschließlich ein Abwehrrecht. Es wird kein subjektiv-öffentliches Recht auf Arbeit oder auf die Schaffung von Arbeitsplätzen gewährt. Des Weiteren verbietet dieser Grundgesetzartikel den Arbeitszwang, also die Heranziehung zu einer bestimmten Arbeit im Einzelfall, die nicht für alle Personen allgemein geregelt ist. Zudem gewährt dieses Grundrecht einen Schutz vor der Zwangsarbeit, d.h. vor der Inanspruchnahme der Arbeitskraft für unbestimmte Zeit. Im Zusammenhang mit Art. 12 GG stellt Art. 12a GG die verfassungsmäßige Grundlage für die Wehrpflicht und den Zivildienst dar, der sonst unter den Arbeitszwang fallen würde.[8]
3 Schutzbereich
Der Schutzbereich der Berufsfreiheit als einheitliches Grundrecht wird weit ausgelegt. Beruf ist jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und dem Lebensunterhalt dient. Dabei ist es umstritten, ob Beruf nur eine erlaubte Tätigkeit ist oder ob auch verbotene Tätigkeiten darunter fallen.[9]
Das BVerfG sieht jedoch dann eine Tätigkeit als Beruf an, wenn diese nicht schlechthin von der Gemeinschaft als sozialschädlich betrachtet wird. Durch diese weite Auslegung fallen also auch atypische Berufe unter Art. 12 GG. Es ist auch nicht relevant, ob die Tätigkeit den Lebensunterhalt voll finanzieren kann, auch Nebenjobs fallen unter Art. 12 GG. Art. 12 GG schützt die freie Wahl eines Berufs, das Recht zur Beendigung (da eine Beendigung mitunter die Wahl eines neuen Arbeitsverhältnisses bedeutet), die Ausübung des Berufs, die freie Wahl des Arbeitsplatzes und der Ausbildungsstätte.[10]
Der Schutzbereich umfasst aber nicht das Recht, dass der Beruf tatsächlich auf Dauer ausgeübt werden kann oder dass keine Beeinträchtigung von staatlicher Konkurrenz vorliegt. Satz 1 des Artikels 12 GG Absatz 1 schützt die Freiheit der Wahl des Berufes, der Wahl des Arbeitsplatzes und der Wahl der Ausbildungsstätte. Entsprechend den Abschnitten der Berufswege, beginnend mit Ausbildung, der Entscheidung für den erlernten Beruf und die Ausübung des erlernten Berufes. Die Schutzbereiche stehen selbstständig nebeneinander, das heißt, die Ausbildungsstätte wird geschützt unabhängig davon, ob sie in die spätere Berufsausübung mündet. Satz 2 des Absatzes 1 schließt mit einem Reglungsvorbehalt für die Berufsausübung an. Absatz 2 und 3 verbürgen nur die nicht oder nur unter besonderen Vorraussetzungen einschränkbare Freiheit von Arbeitszwang und Zwangsarbeit.
Die Freiheit der Berufs- und Arbeitsplatzwahl ist entscheidender, als die Freiheit, welche Arbeitsleistungen man erbringen und wie man seine Arbeitskraft einsetzen will. Sonst würden die Absätze 2 und 3 überflüssig sein.[11]
4 Grundrechtsträger
Grundrechtsträger sind ausschließlich Deutsche. Für Ausländer trifft kann in diesem Zusammenhang Artikel 2, Absatz 1 GG Anwendung finden. Inländischen juristischen Personen des Privatrechts garantiert Artikel 12, Absatz 1 in Verbindung mit Art. 19, Absatz 3 die Freiheit, eine Tätigkeit auszuüben, die Erwerbszwecken dient; beispielsweise ein Gewerbe zu betreiben, insoweit diese Erwerbstätigkeit von einer juristischen Person oder auch von einer natürlichen Person in gleicher Art und Weise auszuführen ist.[12]
Der Art. 12 ist ein „lex spezialis“ für das Gebiet des Berufsrechts. Dies bedeutet in Bezug auf das Verhältnis zu anderen Grundrechten einen grundsätzlichen Vorrang.[13] [14]
5 Definition des Berufes
Nach Pieroth und Schlink ist der Berufbegriff weit dehnbar. Er umfasst nicht nur traditionell fixierte Berufsbilder, sondern auch neuentstandene und frei erfundene Berufe. Als Einschränkung ist nur zu erwähnen, dass diese Berufsbilder keinerlei verbotene Handlungen einschließen dürfen. Die beruflichen Handlungen sollen nicht sozial- oder gemeinschaftsschädlich sein, oder dem Menschenbild des Grundgesetzes widerstreiten. Dahinter steht der Gedanke, dass nicht der Berufsbegriff zur Disposition bei dem Gesetzgeber steht, und diesem somit nicht zu gestatten ist, durch ein Verbot einen Beruf einfach aus dem Schutzbereich von Artikel 12 Abs. 1 auszuschließen, und diesen Maßstab zu entziehen.[15]
Beispielsweise ist Taschendieb kein Beruf im Sinne von Art. 12 Abs. 1. Solche Handlungen sind strafbar, unabhängig davon ob sie professionell und andauernd durchgeführt wurden. Anders aber ist der Sachverhalt bei dem jemand, der durch Schwarzarbeit, eine Wohnung renoviert. Dies ist eine erlaubte Tätigkeit, jedoch in Verbindung mit dem nicht Entrichteten der steuer- sozialversicherungsrechtlichen Abgaben. Es liegt ein Beruf vor nach Art. 12 Abs. 1, jedoch ohne Abgaben.
Ein Beruf im Sinne des Grundgesetzes ist demzufolge jede sittlich erlaubte, auf Dauer angelegte, die Erzielung von Einnahmen bezweckende Tätigkeit[16] Oder anderes ausgedrückt: jede wirtschaftlich sinnvolle, erlaubte, in selbstständiger oder unselbstständiger Stellung ausgeübte Tätigkeit, die für den Grundrechtsträger sowohl Lebensaufgabe als auch Lebensgrundlage darstellt.[17] Dies ist allerdings nicht eng zu verstehen. Auch Gelegenheitsjobs und Ferienjobs sowie das auf Probe eingegangene Beschäftigungsverhältnis sind Berufe. Einmalige Beschäftigungen zählen jedoch nicht dazu. Großzügig sollte auch verstanden werden, dass das nebenberufliche Beschäftigungsverhältnis zur Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage dienen soll. Gelegenheits- oder Ferienjobs tragen zur Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage bei, denn derartige Tätigkeiten sind mehr als ein Hobby.[18]
[...]
[1] Art. 111 WRV (WRV vom 11.8.1991)
[2] Die Verfassung des Deutschen Reichs wurde am 28. März 1849 in der Paulskirche zu Frankfurt am Main von der verfassungsgebenden deutschen Nationalversammlung beschlossen. Aufgrund des Tagungsortes der Nationalversammlung wird sie als "Paulskirchenverfassung" bzw. als "Frankfurter Reichsverfassung" bezeichnet.
[3] vgl. Stein, Ekkehart – Staatsrecht, Seite 266
[4] vgl. Weber-Fas, Rudolf –Lexikon, Seite 23
[5] vgl. Stein, Ekkehart – Staatsrecht, Seite 266
[6] vgl. Hege, Hans – Das Grundrecht der Berufsfreiheit im Sozialstaat, Seite 11
[7] ebd.
[8] vgl. Seifert, Karl-Heinz / Hömig Dieter (Hrsg.) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Taschenkommentar, Seite 118f
[9] ebd.
[10] vgl. Pieroth / Schlink – Grundrechte Staatsrecht II, Seite 201
[11] vgl. Pieroth / Schlink – Grundrechte Staatsrecht II, Seite 201
[12] vgl. Seifert, Karl-Heinz / Hömig Dieter (Hrsg.) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Taschenkommentar, Seite 118
[13] ebd.
[14] auch gegenüber Art. 2 und Art. 12 II
[15] vgl. Pieroth / Schlink – Grundrechte Staatsrecht II, Seite 202
[16] vgl. Weber-Fas, Rudolf – Lexikon, Seite 23
[17] vgl. Seifert, Karl-Heinz / Hömig Dieter (Hrsg.) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Taschenkommentar, Seite 119
[18] vgl. Pieroth / Schlink – Grundrechte Staatsrecht II, Seite 203
- Citation du texte
- Roland Mersch (Auteur), 2005, Artikel 12 Grundgesetz - Berufsfreiheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40926
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