Was ist Zeit?, Welches Verständnis über die „Zeit“ können wir bei Grundschulkindern voraussetzen?, Wie entwickelt sich das Zeitverständnis? Welche Anforderungen können wir stellen? Diese Frage nach dem Wesen der Zeit beschäftigt den Menschen immer wieder. Schon lange vor der Erfindung der mechanischen Uhr (14. Jh.) gab es in der Menschheit ein fortwährendes Bemühen, die Zeit zu messen und ein Zeitbewusstsein zu entwickeln. Zeit spielt in der Natur und in der Gesellschaft eine große Rolle, da sie die Lebensrhythmen von Pflanzen und Tieren sowie das tägliche Handeln und Planen der Menschen von je her bestimmt. Durch die starke Verzeitlichung des modernen Alltags leben die meisten Kinder und Erwachsenen heute losgelöst von den natürlichen Zeitgebern Sonne und Mond und ihr Verhältnis zur Natur ist eher gestört als entwickelt. Das Leben der Kinder ist zunehmend vom Zeitraster der Schule am Morgen und von eigenen Terminen am Nachmittag abhängig. Viele Stadtkinder erfahren heute den Wechsel der Jahreszeiten nicht durch eigene sinnliche Wahrnehmung, sondern zum Teil grotesk verzerrt durch den Wechsel der Auslagen in den Geschäften. Aus diesen Gründen halte ich es für sehr sinnvoll und notwendig, Kinder für dieses Thema, in Form eines Projektes zu sensibilisieren und ihr Interesse dafür zu wecken. „Zentrales Ziel ist (es), ein mehrdimensionales Zeitbewusstsein anzubahnen, das Grundlage für zeitliche Autonomie und ökologisch verträgliches Handeln in der natürlichen und sozialen Mitwelt ist.“ (Schaub, H. 1998 b; S. 4). Die Kinder sollen also die Fähigkeit erlangen, Zeit in ihren verschiedenen Dimensionen wahrzunehmen und zu strukturieren. Der Unterricht bzw. das Projekt orientiert sich dabei an der Lebenswirklichkeit der Kinder. Die Kinder sollen sowohl ein numerisches als auch ein abstraktes Zeitbewusstsein entwickeln, denn es ist für Kinder nicht nur wichtig, einen Zeitbegriff zu erwerben und die offiziellen Zeiteinteilungen nachzuvollziehen, sondern auch zu lernen, private Zeiterfahrungen darzustellen und einzubringen sowie eigenverantwortlich mit der persönlichen Zeit umzugehen. Die erlebnishafte Dimension soll dabei im Vordergrund stehen. Zeitorientierung, Zeiteinteilung sowie Zeitplanung auf der Grundlage des Zeitwissens, der Zeiterfahrung, der Zeitschätzung und der Zukunftsorientierung sind wichtige Lernziele.
Inhaltsverzeichnis
1 Allgemeine Einführung ins Thema
2 Umsetzungsvorschläge
2.1 Problemfelder
2.2 Ideen für den Sachunterricht und andere Fächer
3 Rahmenbedingungen
3.1 Lehrplananforderungen
3.2 Klassenstufe
3.3 Ziele
3.4 Zeitumfang
3.5 Organisatorisches
4 Kurzbeschreibung
5 Ausführliche Projektbeschreibung
5.1 1. Projekttag (Einführung, Das Jahr, Die Jahreszeiten)
5.2 2. Projekttag (Der Kalender, Die Monate)
5.3 3. Projekttag (Die Woche)
5.4 4. Projekttag (Die Uhr, Der Tag)
5.5 5. Projekttag (Rund um die Uhr)
5.6 6. Projekttag (Präsentation, Märchen „Die zwölf Monate“)
6 Evaluationsmöglichkeiten
Medienverzeichnis
Medien
Literaturverzeichnis
1 Allgemeine Einführung ins Thema
Was ist Zeit?, Welches Verständnis über die „Zeit“ können wir bei Grundschulkindern voraussetzen?, Wie entwickelt sich das Zeitverständnis? Welche Anforderungen können wir stellen?
Diese Frage nach dem Wesen der Zeit beschäftigt den Menschen immer wieder. Schon lange vor der Erfindung der mechanischen Uhr (14. Jh.) gab es in der Menschheit ein fortwährendes Bemühen, die Zeit zu messen und ein Zeitbewusstsein zu entwickeln. Zeit spielt in der Natur und in der Gesellschaft eine große Rolle, da sie die Lebensrhythmen von Pflanzen und Tieren sowie das tägliche Handeln und Planen der Menschen von je her bestimmt.
Zeit ist ein „physikalischer Grundbegriff, der als physikalische Größe zur Charakterisierung des Nacheinanders aller in der Natur ablaufenden Vorgänge dient. Jeder Vorgang nimmt im Ablauf der Z. einen ganz bestimmten Abschnitt ein. Nichts, was in der Natur existiert, ist zeitlos. Die Z. gliedert sich in drei Abschnitte Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. (...) Zur Zeitmessung kann jeder gleichförmig ablaufende Vorgang verwendet werden, wie z.B. die Schwingung eines Pendels.“ (Preuss, S. 566).
Die Zeitrhythmen, die das Leben auf der Erde im Wesentlichen prägen und die als Grundlage unserer Zeitmessung dienen, werden durch drei astronomische Bedingungen bestimmt:
1. die Umdrehung der Erde um ihre eigene Achse (Tag und Nacht),
2. die Bewegung von Mond und Erde um den gemeinsamen Schwerpunkt (Monate, Wochentage, Ebbe, Flut, Wachstumszyklen) und
3. die Umdrehung der Erde um die Sonne (Jahr, Jahreszeiten mit allen natürlichen und kulturellen Folgen: Vegetationszyklen, Kleidung, Feste, etc.)
(vgl. Helmle, Wöbcke-Helmle; S. 13).
Der Begriff „Zeit“ wird im alltäglichen Leben ständig benutzt und jeder weiß, was damit gemeint ist. Um Zeit zu veranschaulichen, bedienen wir uns Vorstellungshilfen, wie z.B. der zyklischen und der linearen Zeitmodelle. Im Folgenden sollen diese kurz mit Bespielen für den Grundschulunterricht vorgestellt werden:
- Zyklisch, reversible naturgesteuerte Zeit: „Die Vorstellung von einem sich wiederholenden Zeitrhythmus wird aus der Wiederkehr des Wechsels von Tag und Nacht, der Jahreszeiten und von Ebbe und Flut gewonnen und auch auf Feste und Feiern im Jahreslauf übertragen“ (Schaub, H. 1998 b; S. 5) (Zyklen wie Tageszeiten, Tag und Nacht, Jahreszeiten, Jahr und Monat, Sonne (Verlauf), Mond (Mondphasen), Pflanzen und Tiere im Jahreslauf, Kalender, Jahreslaufbrauchtum – Erntedank, Sankt Martin, etc.) (vgl. Nitschel, Rothe; S. 23).
- Lineare, irreversible biografische und geschichtliche Zeit: „Diese Zeitform kennzeichnet den unwiederholbaren Verlauf der Zeit von der Vergangenheit in eine offene Zukunft, in dem die vergangenen Ereignisse zur Erinnerung in der Biografie und zur Dokumentation der Geschichte der Menschheit geworden sind“ (Schaub, H. 1998 b; S. 5) (Jahreszahlenstrahl, eigene Lebensgeschichte, Familiengeschichte, Orts- und Stadtgeschichte, Geschichte der Menschheit und der Erde, Jahreslaufbrauchtum – Geburtstag, Hochzeit, etc.) (vgl. Nitschel, Rothe; S. 23).
- Lineare, abstrakt ökonomisierte Zeit: „Diese Form des linearen Zeitverständnisses meint die gleichmäßig fortlaufende Uhr- und Kalenderzeit, die das terminbestimmte Planen und Handeln in der heutigen Industriegesellschaft kennzeichnet. Sie wird zur „abstrakten Zeit“, wenn der ökonomische Umgang mit Zeit selbst zum Zweck wird und die Arbeits- und Lebensinhalte nur noch zweitrangige Bedeutung haben“ (Schaub, H. 1998 b; S. 6) (gleichmäßig, fortlaufende Uhr- und Kalenderzeit) (vgl. Nitschel, Rothe; S. 23).
Außerdem unterscheidet man zwischen zwei unterschiedlichen Aspekten von Zeit: der objektiven und der subjektiven Zeit. Dabei wird die objektive Zeit als die messbare Zeit angesehen, welche auch die Grundlage für unseren Kalender bildet. Dieser macht uns die Einteilung der Zeit in Tage, Wochen, Monate und Jahre sichtbar. Die subjektive Zeit ist die individuelle Empfindung des einzelnen Menschen von Zeit. Objektiv gleiche Zeitspannen werden von jedem Menschen unterschiedlich erlebt, je nachdem wie erfüllt die Zeit für den Einzelnen ist. Um solch subjektive Zeit näher zu beschreiben bedienen wir uns raumgebundener Begriffe wie z.B. „eine Zeit lang“, „die Zeit rast“ oder „ewig lang hin“.
Auch die Erlebnis- und Erfahrungswelt der Kinder ist in tägliche und jahreszeitlich sich wiederholende Abläufe eingebunden. Ihre zeitliche Wahrnehmung ist vorrangig noch von ihren Interessen oder Erwartungen abhängig. Die Kinder wissen, wie lange es dauern kann, bis ein ersehntes Ereignis wie Geburtstag oder Weihnachten eintritt oder wie langweilig eine Beschäftigung sein kann, die sie nicht mögen. Das Zeitempfinden ist demnach abhängig von der Einstellung auf jeweilige Ereignisse. Feste und Feiern sowie das Erleben der Jahreszeiten strukturieren also im kindlichen Denken den Ablauf eines Jahres. Kinder verfügen im Grundschulalter zwar schon wie o.g. über eigene Zeiterfahrungen, besitzen aber noch keine Vorstellung vom objektiven Zeitbegriff. Sie erleben Zeit grundsätzlich anders als Erwachsene, da sie sich stark am Wechsel von Tages- und Jahresrhythmen und an bestimmten Haltepunkten des Jahres (z.B. Feste) orientieren.
Durch die starke Verzeitlichung des modernen Alltags leben die meisten Kinder und Erwachsenen heute losgelöst von den natürlichen Zeitgebern Sonne und Mond und ihr Verhältnis zur Natur ist eher gestört als entwickelt. Das Leben der Kinder ist zunehmend vom Zeitraster der Schule am Morgen und von eigenen Terminen am Nachmittag abhängig. Viele Stadtkinder erfahren heute den Wechsel der Jahreszeiten nicht durch eigene sinnliche Wahrnehmung, sondern zum Teil grotesk verzerrt durch den Wechsel der Auslagen in den Geschäften (Osterhasen im Februar, Weihnachtsmänner im Oktober).
Aus diesen Gründen halte ich es für sehr sinnvoll und notwendig, Kinder für dieses Thema, in Form eines Projektes zu sensibilisieren und ihr Interesse dafür zu wecken.
„Zentrales Ziel ist (es), ein mehrdimensionales Zeitbewusstsein anzubahnen, das Grundlage für zeitliche Autonomie und ökologisch verträgliches Handeln in der natürlichen und sozialen Mitwelt ist.“ (Schaub, H. 1998 b; S. 4).
Die Kinder sollen also die Fähigkeit erlangen, Zeit in ihren verschiedenen Dimensionen wahrzunehmen und zu strukturieren. Der Unterricht bzw. das Projekt orientiert sich dabei an der Lebenswirklichkeit der Kinder. Daher gilt bei der Behandlung dieses Themas für mich, beide Sichtweisen (objektive Zeitvorgaben und subjektives Zeitempfinden bzw. persönlicher Zeitbedarf) zu berücksichtigen. Die Kinder sollen sowohl ein numerisches als auch ein ab-straktes Zeitbewusstsein entwickeln, denn es ist für Kinder nicht nur wichtig, einen Zeitbegriff zu erwerben und die offiziellen Zeiteinteilungen nachzuvollziehen, sondern auch zu lernen, private Zeiterfahrungen darzustellen und einzubringen sowie eigenverantwortlich mit der persönlichen Zeit umzugehen. Die erlebnishafte Dimension soll dabei im Vordergrund stehen. Zeitorientierung, Zeiteinteilung sowie Zeitplanung auf der Grundlage des Zeitwissens, der Zeiterfahrung, der Zeitschätzung und der Zukunftsorientierung sind wichtige Lernziele.
Zu bedenken sind dabei insbesondere die entwicklungspsychologischen Bedingungen, die bei der Entwicklung des Zeitbegriffs eine Rolle spielen. Bei der Frage, wann Kinder ein Zeitbewusstsein entwickeln und in welchem Lebensstadium es sinnvoll ist, dieses zu fördern, stimmen die Entwicklungspsychologen weitgehend darin überein, dass der Beginn der Grundschulzeit der bestmögliche Zeitpunkt ist. Heinrich Roth z.B. unterteilt die Entwicklung des Zeitbewusstseins in die “Phase des naiven Zeiterlebens” (Kleinkind), die „Phase des Zeitwissens“ (Grundschulkind) und die „Phase der Zeiterfahrung und -reflektion“ (Pubertierender). Er geht somit davon aus, dass das Grundschulkind sich in der Phase befindet, in der es unterschiedliche Zeitbegriffe erlernt und die zeitliche Ordnung des Kalenders und der Uhr zu verstehen beginnt. Differenziertes Zeitwissen (Uhr- und Kalenderzeit) bedarf im Gegensatz zum einfachen Zeitwissen (zeitliche Ordnungsbegriffe wie „später“, „früh“, „nachmittags“, etc) der Grundlage des Aufzählens und Zählens. Mit acht bis neun Jahren wird das Kind für die Arbeit mit dem »Zahl-Zeit-Schema« fähig. Der Lehrer betreut dieses Stadium, indem er das Kind in das Jahr, die Monate, die Wochen, die Tage und die Uhrzeit einführt. Mit dem Sammeln biologischer Zeiterfahrungen (jahreszeitlicher Kreislauf, Wachstum, Lebensalter) können Zeitabläufe veranschaulicht werden (vgl. Sponsel, WWW-Seite). Diese 3. Phase ist gleichzeitig die Voraussetzung für das sich anbahnende Geschichtsbewusstsein im 3. bzw. im 4. Schuljahr.
Der Lehrplan für die Grundschule berücksichtigt diese entwicklungspsychologischen Erkenntnisse. Bei der Anordnung entsprechender Lehrplaninhalte wird deutlich, dass es bei der Entwicklung von Zeitbewusstsein (1./2. Schuljahr) noch nicht darum geht, die Kinder angesichts der zunehmenden Probleme der Verzeitlichung des modernen Lebens bis zum Ende der Grundschulzeit zu einer vollständigen kindgemäßen Zeitautonomie zu befähigen, sondern es geht über den notwenigen Umgang mit Uhr und Kalender hinaus um die Zeitbewusstseinsbildung, die schwerpunktmäßig der Anbahnung des Geschichtsbewusstseins (3./4. Schuljahr) dienen soll (vgl. Lehrplan Grundschule Sachunterricht, S. 12; Lehrplanentwurf Grundschule Sachunterricht, S. 25, 35, 48, 61).
2 Umsetzungsvorschläge
2.1 Problemfelder
„Aus pädagogischer und aus didaktischer Perspektive hat die Grundschule die anspruchsvolle Aufgabe, Schülerinnen und Schüler dabei zu unterstützen, sich in ihrer Umwelt zurechtzufinden, diese angemessen zu verstehen und mitzugestalten, systematisch und reflektiert zu lernen, Voraussetzungen für späteres Leben zu erwerben.“ (Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts (GDSU), S. 2).
Um den gegenwärtigen und künftigen Bedürfnissen und Anforderungen gerecht zu werden und um die Anschlussfähigkeit, sowohl an die Sachfächer weiterführender Schulen als auch an die Lebenswelterfahrungen und Interessen der Kinder zu sichern, ist es notwenig, die Inhalte des Sachunterrichts in der Grundschule für die Kinder vielperspektivisch erfahrbar zu machen (vgl. ebenda, S. 2f.).
Im Folgenden möchte ich die fünf Perspektiven des Perspektivrahmens Sachunterricht nennen und einige Gedanken zum Thema „Zeit und Kalender“ anbringen. Dabei ist zu beachten, dass die fünf Perspektiven nicht getrennt und unabhängig voneinander zu interpretieren sind. „Sie sind Momente eines prinzipiell ganzheitlichen, aber strukturierten Weltbezuges; (denn) Sachunterricht darf niemals eindimensional (betrachtet) werden.“ (Köhnlein, S.50).
- Sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektive
Die Erlebnis- und Erfahrungswelt der Kinder ist in tägliche und jahreszeitlich sich wiederholende Abläufe eingebunden. Besonders die starke Verzeitlichung des modernen Lebens hat zu zeitabhängigen Organisationsstrukturen in Familie, Schule, Beruf und Freizeit geführt. Das Leben der Kinder ist zunehmend vom Zeitraster der Schule am Morgen und von eigenen Terminen am Nachmittag abhängig. Eine ganze Reihe von Kindern erleben bereits jetzt das stressgeladene Leben ihrer Eltern, die häufig keine Zeit für sie haben. „Dabei verinnerlichen sie die gesellschaftlich erwünschte Zeitkompetenz, die Uhr zu lesen, Kalender zu gebrauchen, pünktlich zu sein, Termine einzuhalten, eigene Pläne zu unterdrücken, Vergnügungen zu verschieben und Zeit im Sinne von „Zeit ist Geld“ zu behandeln.“ (Schaub, H. 1998 a; S. 9). Oftmals erleben die Kinder diesen Prozess der Zeit-Sozialisierung als Konflikt zwischen den vorgegebenen Anforderungen, die in einer bestimmten Zeit zu erledigen sind und ihren Vorstellungen von sinnvoll gestalteter, subjektiver Eigenzeit. Einerseits müssen die Kinder auf das Leben in der verzeitlichten Gesellschaft vorbereitet werden und den Umgang mit Kalendern und Uhren lernen. Andererseits müssen für sie aus der Bewusstmachung dieser Probleme heraus Möglichkeiten gestaltet werden, in denen die Rhythmen der Natur in ihrem Leben wieder erfahren werden können. Demnach ist es wichtig, die Kinder in unserer durch Uhrzeiten bestimmten Gegenwart für natürliche Rhythmen zu sensibilisieren, um so ein Bewusstsein für Zeitabläufe zu entwickeln. Durch das Besprechen unterschiedlicher Tagesabläufe der Kinder aus der Klasse und das bewusste Erstellen und Gestalten eines individuellen (gesunden) Wunschtagesplanes sowie durch das Nachdenken über die Themen „Wie kann ich meine Zeit sinnvoll nutzen?“ bzw. „Wie kann ich meine Zeit einteilen?“ lässt sich zeitliche Autonomie und ökologisch verträgliches Handeln in der sozialen Mitwelt entwickeln. Sie lernen nicht nur die Tagesabläufe kennen, sondern sie lernen auch die unterschiedlichen Tagesabläufe ihrer Mitschüler und damit verbundene Besonderheiten (z.B. Gebet, Essgewohnheiten, etc.) und Sichtweisen verstehen.
- Raumbezogene Perspektive
Da häufig Kinder in Stadthäusern mit wenig Grün in der Umgebung leben und sie dadurch den Wechsel der Jahreszeiten nicht durch eigene sinnliche Wahrnehmung, sondern zum Teil grotesk verzerrt durch den Wechsel der Auslagen in den Geschäften (Osterhasen im Februar, Weihnachtsmänner im Oktober) erleben, ist eine bewusste Wahrnehmung der natürlichen (Schul-) Umgebung sehr wichtig. Durch Langzeitbeobachtungen eines Baumes in den Jahreszeiten, durch aktiv-entdeckendes Herstellen eines Jahreskreises (mit Farben, Perlen, Bildern, Wortkarten, etc.), durch einfache Himmelsbeobachtungen (Tagbogen der Sonne, Mondphase, etc.) sowie durch das bewusste Erleben des Jahresverlaufs, der Monate, der Wochen, der Tage und kürzerer Zeiteinteilungen ermöglichen den Kindern überschaubare Zeiträume, aber auch den Naturraum im Wandel der Zeit sowie den kosmischen Raum zu erfassen, zu überblicken und zu verstehen. Die Kinder lernen, dass sich das Leben der Menschen in diesen Räumen vollzieht und dass diese Räume unsere Lebensgrundlage darstellen und Menschen von den natürlichen Bedingungen und Faktoren abhängig sind. In diesen Räumen wirken natürliche Kräfte bzw. Prozesse, die sich einander bedingen. Diese Wirkungszusammenhänge sollen erkannt sowie durchschaut und vom Menschen beachtet werden. Durch das Erstellen eines eigenen Tages- oder Wochenablaufes erfahren die Kinder selbst, Zeiträume einzuteilen und zu gestalten.
- Naturbezogene Perspektive
Die immer wiederkehrenden Jahreszeiten beeinflussen nicht nur die Lebensrhythmen der Tiere und Pflanzen, sondern auch die der Menschen. Dies soll den Kindern bewusst werden. Durch das vielseitige Aufhalten in der Natur (Langzeitbeobachtungen, Jahreszeiten- bzw. Monatsspaziergänge, Himmelsbeobachtungen, etc.) sowie durch meteorologische und kosmologische Zusammenhänge (Wettererscheinungen, Erde, Sonne, Mond, Tagbogen der Sonne, Tag und Nacht, Sonnenuhr, Jahreszeiten, etc.) lernen die Kinder die o.g. Naturphänomene wahrzunehmen, zu beobachten, zu benennen und zu beschreiben (Notieren, Zeichnen, Dokumentieren von Fundstücken und Belegen, Schreiben von Texten zu Bildern, von erzählenden Texten und Gedichten, etc.). Durch die z.B. langzeitige Beobachtung eines Baumes können die Kinder den jahreszeitlichen Rhythmus an einem Beispiel erkennen. Dabei lernen sie, sich der natürlichen Umwelt zuzuwenden, den Weg „nach draußen“ einzuschlagen und die Natur bewusst wahrzunehmen.
- Technische Perspektive
Im 2. Schuljahr lernen die Kinder den Umgang mit dem Kalender und der Uhr. Es bietet es sich an nicht, nur eine einfach Pappuhr zum Üben des Zeitablesens für den Mathematikunterricht herzustellen, sondern auch eine eigene funktionstüchtige Wasser- bzw. Sonnenuhr zu bauen und zu konstruieren. Dabei sollen Entwürfe und Lösungen zeichnerisch und sprachlich dargestellt werden. Ebenso ist es interessant für Kinder zu sehen, welche Uhren es früher gab und wie sich diese technisch verändert bzw. entwickelt haben und überhaupt, wie die unterschiedlichen Uhren funktionieren. Indem sie die Funktionsweisen und den Nutzen der Uhr als Hilfsgegenstand zum Zeitablesen aktiv entdecken und ausprobieren, werden sie viel bewusster mit diesem Alltagsgegenstand umgehen lernen und diesen in seiner Bedeutung zu achten wissen.
- Historische Perspektive
Grundschulkinder haben Erinnerungen an vergangene Erlebnisse und Erwartungen an zukünftige Ereignisse, ohne dass sie ihnen bewusst geworden sein müssen. Doch dieses unbewusste Zeiterleben ist noch kein Zeitbewusstsein. Erst beim Reflektieren solcher Erinnerungen und Ereignisse in sozialen Situationen entsteht Bewusstsein. Aus dem Zeiterleben und dem Zeitbewusstsein heraus erwächst die zeitliche Vorstellungsfähigkeit der Kinder, sich durch Geschichtskultur des Alltags und didaktisch angeleitetes historisches Lernen in der Grundschule historische Ereignisse in einer chronologischen Reihenfolge vorstellen zu können. Die Inhalte historischen Lernens stammen aus den Bereichen, denen Kinder Interesse entgegenbringen. Die persönliche Biografie sowie die Familien-, Alltags-, Stadt- und Regionalgeschichte stehen dabei meist im Mittelpunkt des Lehrplanes. Ebenso kann in Bezug auf das Thema „Zeit und Kalender“ die Entstehung und geschichtliche Entwicklung des Kalenders oder der Uhr (Technikgeschichte) betrachtet werden. Auch das Leben der Menschen früher und heute lässt sich für Kinder interessant darstellen. Ziel ist die Förderung des Geschichtsbewusstseins. Dabei geht es um eine Rekonstruktion vergangener Zeit mit Hilfe von Dokumenten.
2.2 Ideen für den Sachunterricht und andere Fächer
Kinder lernen nicht nur in der Schule, sie verbringen auch einen Abschnitt ihres Lebens in dieser Einrichtung. Zeit hat Bedeutung für das gesamte Leben und Lernen der Kinder. Das Thema kann deshalb nicht auf eine Unterrichtseinheit reduziert und ausschließlich einem Fach zugeordnet werden. „Zeit“ muss auf vielfältige Weise immer wieder veranschaulicht und bewusst gemacht werden.
Im Folgenden möchte ich mögliche fächerübergreifende Ansätze zum Thema „Zeit und Kalender“ für die Fächer Sachunterricht, Mathematik, Deutsch, Kunst, Werken und Sport aufzeigen und auf daraus resultierende Fähigkeiten, Fertigkeiten und Probleme hinweisen, die im Projekt fortgeführt und intensiviert werden können. Dabei erhebt die Sammlung keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll als Anregung dienen.
- Sachunterricht
- Veranschaulichung und Darstellung von Zeitbegriffen wie „heute“, „früher“, „später“, „morgen“, „gestern“, etc.
- richtiger Gebrauch der Zeitbegriffe
- Ordnen von Ereignissen aus dem Leben der Kinder
- Bewusstmachen des Gefühls von Zeit (Wie lang ist eine Minute ® Schätzen, Messen)
- Erfassen von Tätigkeiten in einer vorgegebenen Zeit
- Kennenlernen historischer Zeitmesser
- Beobachten und Dokumentieren des eigenen Tagesablaufes
- Erleben von Ruhephasen
- Erfahren von Möglichkeiten sinnvoller Freizeitgestaltung
- Beobachten und Dokumentieren der Veränderungen in der Natur (Tiere und Pflanzen) zu den Jahreszeiten
- Mathematik
- Gewinnen einer inhaltlichen Vorstellung über die gebräuchlichen zeitlichen Repräsentanten: Minute, Stunde, etc.
- Einprägen von „Festwerten“ (4 Jahreszeiten, 12 Monate, (52) Wochen, (356) Tage, 24 Stunden, 60 Minuten, etc.) aus dem Erfahrungsbereich der Kinder
- Schätzen und Messen von Größen der Zeit mit selbstgewählten und normierten Einheiten
- Entwickeln von Fertigkeiten im Umgang mit verschiedenen Zeitmessern
- Rechnen mit Zeitangaben
- Deutsch
- Lesen (Weiterentwicklung der Lesetechnik)
- Informieren in Büchern, Zeitschriften, Nachschlagewerken (Löwenzahn Kinderlexikon)
- Lesen von Geschichten, Gedichten und Sachtexten
- Schreiben (Weiterentwicklung der Schreibtechnik, Ausdruck, Rechtschreibung und Grammatik)
- Heranführen an Gedichte und Erproben unterschiedlicher Sprechweisen („Die Blätter an meinem Kalender“ von P. Hacks, „Viele Blätter“ von J. Guggenmos, „Irgendwann fängt etwas an“ von S. Kilian)
- Verfassen von Gedichten (Zeit-Elfchen)
- Aufschreiben von Beobachtungen (Veränderungen in den Jahreszeiten)
- Versehen von Bildfolgen mit kurzen Sätzen (Jahreskreis der Kastanie)
- Schreiben zu den Jahreszeiten und zu Tagen oder Monaten, die den Kindern im Jahreslauf wichtig sind
- Schreiben von Wochentagebüchern
- Wochentage (Rechtschreibproblem Auslautverhärtung)
- sprachliches Gestalten von Plakaten
- Finden von Überschriften
- Kommunikation
- Zuhören beim Vorlesen von Geschichten und Märchen (Das Märchen von den zwölf Monaten)
- Äußern von Meinungen (Entwicklung von Kritik- und Urteilsfähigkeit)
- Erzählen eigener Erlebnisse
- Einhalten von Gesprächsregeln
- Kunst
- Gestalten von Plakaten, Collagen, Kalendern, etc.
- zeichnerisches Umsetzen von Gefühlen, Gedanken und Vorstellungen
- Malen von Jahreszeitenbildern, von Bäumen in den vier Jahreszeiten
- Musik
- Kennenlernen und Singen von Liedern sowie Bewegungen dazu („Danke für dein gutes Jahr“ von B. Gratzius/P. Walter; „Der Jahreskreis“ von R. Zuckowski, „Es war eine Mutter, die hatte vier Kinder“, „Ihr Blätter wollt ihr tanzen“)
- Hören instrumentaler Musik („Die vier Jahreszeiten“ von A. Vivaldi, „Die Jahreszeiten“ von A.K. Glasunow, etc.)
- Werken
- Herstellung eigener Kalender (Geburtstagskalender), einer Jahresuhr, eines Zeigeruhren- bzw. Digitaluhrenmodells, etc.
- Konstruieren und Bauen unterschiedlicher Uhren (Wasser-, Sonnenuhr, etc.)
- Sport
- 1. freies Laufen in der Halle bis zum Stoppzeichen nach einer Minute (durch Pfeife, Musik- Unterbrechung, Handzeichen, o. Ä.)
- 2. kurze Entspannungsphase
- 3. eine Minute freies Laufen, Kinder beenden nach Gefühl
- Nebeneinandertraben nach vorgegebenem Tempo. Jeder bleibt stehen, wenn er denkt, dass eine Minute vorüber ist. Wenn der letzte Schüler steht, trabt der Lehrer alleine noch einmal die Strecke, spricht die Zeit laut mit und stoppt nach einer Minute. Die Schüler erkennen, ob sie zu früh oder zu spät waren.
- Laufen auf der 400m Bahn: Wer kommt besonders weit in einer Minute?, Wie viele Meter können wir in einer Minute laufen? (anschließendes Vermessen der Wegstrecken)
3 Rahmenbedingungen
3.1 Lehrplananforderungen
Wie bereits angeführt berücksichtigt der Lehrplan für die Grundschule zum Thema „Zeit“ entwicklungspsychologische Erkenntnisse, wie sie z.B. Roth in Untersuchungen zur Entwicklung des Zeitverständnisses machte.
Im Folgenden möchte ich entsprechend der kindlichen Entwicklung des Zeitbewusstseins kurz auf die Inhalte des aktuellen Lehrplanes Grundschule Heimatkunde/Sachunterricht des Freistaates Sachsens sowie ergänzend auf die Inhalte des neuen Lehrplanentwurfes Grundschule Sachunterricht des Freistaates Sachsen (kursiv!) zum Thema „Zeit“ in allen vier Grundschuljahren eingehen. Dabei werde ich nur auf konkret genannte zeitliche Inhalte eingehen, obwohl das Thema „Zeit“ auch in anderen Inhalten eine beiläufige selbstverständliche Rolle spielt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Legende: Lernbereich 1: Vom Zusammenleben der Menschen
Lernbereich 2: Gesunde Lebensweise
Lernbereich 4: Begegnungen mit Pflanzen und Tieren
Lernbereich 5: Unbelebte Natur
Lernbereich 1: Zusammen leben und lernen
Lernbereich 3: Begegnungen mit Pflanzen und Tieren
Lernbereich 4: Begegnungen mit Phänomenen der unbelebten Natur
Lernbereich 5: Begegnung mit Raum und Zeit
Bei der Anordnung entsprechender Lehrplaninhalte wird deutlich, dass es bei der Entwicklung von Zeitbewusstsein (1./2. Schuljahr) noch nicht darum geht, die Kinder angesichts der zunehmenden Probleme der Verzeitlichung des modernen Lebens bis zum Ende der Grundschulzeit zu einer kindgemäßen Zeitautonomie zu befähigen, sondern es geht über den notwendigen Umgang mit Uhr und Kalender hinaus um die Zeitbewusstseinsbildung, die schwerpunktmäßig der Anbahnung des Geschichtsbewusstseins (3./4. Schuljahr) dienen soll (vgl. Lehrplan Grundschule Heimatkunde/Sachunterricht, Lehrplanentwurf Grundschule Sachunterricht).
3.2 Klassenstufe
Sowohl im 1. und 2. Schuljahr ist es oberstes Ziel bei den Kindern mehrdimensionales gegenwärtiges Zeitbewusstsein zu entwickeln, „das Grundlage für zeitliche Autonomie und ökologische verträgliches Handeln in der natürlichen und sozialen Mitwelt ist.“ (Schaub, H. 1998 b; S. 4).
Da die Kinder im 1. Schuljahr bewusst persönliche Zeiterfahrungen gesammelt haben, an einfaches Zeitwissen (zeitliche Ordnungsbegriffe wie „später“, „früh“, „nachmittags“, etc.) sowie eventuell an allgemeines Zeitwissen (Tag und Woche) herangeführt wurden, denke ich, dass dieses Projekt „Kinder, wie die Zeit vergeht“ zum Thema „Zeit und Kalender“ sich besonders gut im 2. Schuljahr realisieren lässt, um bereits erworbenes Zeitbewusstsein zu vertiefen und ein differenziertes Zeitwissen (Uhr- und Kalenderzeit) zu erwerben. Die Kinder einer 2. Klasse haben Grundkenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen sowie Teilkenntnisse im Umgang mit dem Computer erworben und dadurch ganz neue Möglichkeiten, ihre Umwelt zu erschließen. Inzwischen gliedert der regelmäßige Schulbesuch für sie den Tag. Bereits in der ersten Klasse wurden die Kinder für den rhythmischen Wechsel des Tagesablaufes sensibilisiert. Sie wissen, in welchem Monat sie Geburtstag haben und lassen sich zeigen, wie lange es bis zu diesem und anderen Ereignissen noch dauert. Ein genauso großes Interesse haben sie für die Fest- und Feiertage des Jahres, die Geburtstage der Familienmitglieder und Mitschüler. Das Jahr erfährt für die Kinder dadurch eine stärkere Gliederung. Der Kalender beginnt als Zeitmesser eine immer größere Rolle zu spielen. Trotz ihres Interesses fällt es den Kindern noch sehr schwer, sich Zeitabfolgen und längere Zeitabschnitte vorzustellen, denn Grundschulkinder im Alter von sieben bis neun Jahren befinden sich in der „Phase des Zeitwissens“, in welcher sie erst unterschiedliche Zeitbegriffe erlernen und die zeitliche Ordnung des Kalenders und der Uhr zu verstehen beginnen. Die Beschäftigung mit einem Jahreskreis nach einer Idee aus der Montessori Pädagogik soll bei der Entwicklung dieser Vorstellung helfen.
3.3 Ziele
- Allgemeine Ziele
Im Allgemeinen sollen die Kinder in diesem Projekt bereits vorhandenes Wissen vertiefen, neues Wissen erfahren, sich mit dem Thema intensiv und aktiv-entdeckend auseinandersetzen und identifizieren. Dazu entwickeln die Kinder unterschiedlichste Fähigkeiten und Fertigkeiten wie z.B.:
- Lesefähigkeit (Sachtexte, Gedichte, Geschichten, etc.),
- Problemlösefähigkeit (Wie funktioniert eine Uhr?),
- Methodenkompetenz (freies Arbeiten, Informieren, Nachschlagen, etc.),
- Kommunikationsfähigkeit (Erzählen, Berichten, Zuhören, etc.),
- Teamfähigkeit (Gruppen- bzw. Partnerarbeit),
- Planungs- und Organisationsfähigkeit (Einbringen und Verwirklichen von Ideen, demokratisches Abstimmen, etc.),
- Urteils- und Kritikfähigkeit (Äußern und Zulassen von Meinungen),
- Analysefähigkeit (Prüfen und Bewerten von Informationen),
- Verantwortungsgefühl gegenüber der eigenen Arbeit und der Arbeit anderer,
- Eigeninitiative (Einbringen und Verwirklichen von Ideen und Vorschlägen),
- Durchhaltevermögen (Beenden angefangener Arbeit, auch wenn das Interesse an ihr abnimmt) und
- Flexibilität (Akzeptieren und Tolerieren von Ideen anderer Kinder, Vorschläge und Meinungen, Umstellung auf neue Arbeitsmethoden bzw. Aufgabenstellungen).
[...]
- Quote paper
- Susan Grüßner (Author), 2003, Zeitbewusstsein bei Grundschulkindern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40668
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