Anlage und Umwelt, in psychologischen Kreisen besser bekannt als nature und nurture, bestimmen unserer Entwicklung als Individuen. In welchem Verhältnis zueinander dies jedoch geschieht ist bis heute oft umstritten. In den folgenden Kapiteln wird genauer auf die Problematik der Anlage- Umwelt- Debatte und ihre Konsequenzen eingegangen. Der Philosoph Sokrates stellte im 5. Jahrhundert v. Chr. die Frage, warum Söhne tugendhafter Männer selbst nicht immer so tugendhaft seien. Seit dieser Zeit beschäftigten sich viele wissenschaftlich und weltanschaulich interessierte Menschen mit dem Problem, was genau Menschen zu ihrem Tun veranlasst. Wenn man die Geschichte der Psychologie zurückverfolgt, erkennt man, dass zunächst der Vererbung große Bedeutung zugemessen wurde, um die individuellen Unterschiede im menschlichen Verhalten zu erklären. Dies gilt vor allem für den Beginn des 20. Jahr hunderts, als Francis Galton und Karl Pearson in England das Fundament zur Messung psychologischer Merkmale des Menschen, bekannt als die Psychometrie, legten. Mit dem Aufkommen des psychologischen Ansatzes des Behaviorismus verlagerte sich vor allem in den Vereinigten Staaten der Akzent auf den Einfluss der Umwelt. Diese Sichtweise beschrieb den Menschen als unbegrenzt formbar.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik
1.2. Struktur der Arbeit
2. Verschiedene Anlage- Umwelt- Theorien im Überblick
2.1. Arthur Schopenhauer
2.2. John B. Watson
2.3. Viktor E. Frankl
3. Mögliche abgeleitete Erziehungstheorien
3.1. Der Mensch - das Produkt seiner Gene
3.2. Der Mensch – das Produkt seiner Umwelt
3.3. Anlage, Umwelt und der Freiraum
4. Bedeutung für die Praxis
5. Allgemein anerkannte Theorien
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
8. Internet- Quellen
9. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
Anlage und Umwelt, in psychologischen Kreisen besser bekannt als nature und nurture, bestimmen unserer Entwicklung als Individuen.[1] In welchem Verhältnis zueinander dies jedoch geschieht ist bis heute oft umstritten. In den folgenden Kapiteln wird genauer auf die Problematik der Anlage- Umwelt- Debatte und ihre Konsequenzen eingegangen.
1.1 Einführung in die Thematik
Der Philosoph Sokrates stellte im 5. Jahrhundert v. Chr. die Frage, warum Söhne tugendhafter Männer selbst nicht immer so tugendhaft seien[2]. Seit dieser Zeit beschäftigten sich viele wissenschaftlich und weltanschaulich interessierte Menschen mit dem Problem, was genau Menschen zu ihrem Tun veranlasst.
Wenn man die Geschichte der Psychologie zurückverfolgt, erkennt man, dass zunächst der Vererbung große Bedeutung zugemessen wurde, um die individuellen Unterschiede im menschlichen Verhalten zu erklären. Dies gilt vor allem für den Beginn des 20. Jahrhunderts, als Francis Galton und Karl Pearson in England das Fundament zur Messung psychologischer Merkmale des Menschen, bekannt als die Psychometrie, legten[3].
Mit dem Aufkommen des psychologischen Ansatzes des Behaviorismus verlagerte sich vor allem in den Vereinigten Staaten der Akzent auf den Einfluss der Umwelt. Diese Sichtweise beschrieb den Menschen als unbegrenzt formbar[4].
Einer der bedeutendsten Vertreter dieser Theorie, der amerikanische Psychologe John B. Watson, schrieb 1925 in einem Brief an den amerikanischen Präsidenten: „Geben Sie mir ein Dutzend gesunder Kinder […] und meine eigene besondere Welt, in der ich sie erziehe! Ich garantiere Ihnen, dass ich blindlings eines davon auswähle und es zum Vertreter irgendeines Berufes erziehe, sei es Arzt, Richter, Künstler, Kaufmann oder Bettler, Dieb ohne Rücksicht auf seine Talente, Neigungen, Fähigkeiten, Anlagen, Rasse oder Vorfahren […].[5]
Im Gegensatz dazu hätte man von Sigmund Freud, der seine Laufbahn als Neurologe mit dem Studium der Physiologie des Nervensystems begann, erwartet, dass er, aus seinem medizinischen Standpunkt heraus, vielmehr die Theorie der Vererbung hervorheben würde. Stattdessen bekräftigte seine Theorie der Psychoanalyse die These, dass die Persönlichkeit des Menschen durch die familiäre Umwelt in der frühen Kindheit geprägt wird und dass sie beispielsweise durch Psychotherapie verändert werden kann[6]. Damit unterstützte er den Behaviorismus in seinem Grundgedanken, dass der Mensch sich abhängig von seiner Umwelt entwickelt.
Betrachtet man die gesamte Debatte über das Anlage- Umwelt- Problem, lässt sich diese Diskussion letztlich auf eine Grundfrage reduzieren: Welcher Faktor hat wie viel Einfluss bzw. sind sie überhaupt die einzigen Faktoren, die die Entwicklung des Menschen bestimmen?
Bei dem Versuch diese Grundfrage zu beantworten stößt man allerdings gerade in Hinsicht auf Feldforschungen und Untersuchungen auf damit zusammenhängende Probleme. Das Grundproblem bei der Anlage- Umwelt- Problematik ist, dass Vererbung und Umwelt in den Untersuchungen von Familienbeziehungen und in Adoptivstudien, die die Grundlage dieses Forschungsgebietes bilden, immer gemeinsam zu variieren scheinen. Als Beispiel sei hier die Untersuchung von Geschwistern und Cousins bzw. Cousinen angeführt. Geschwister haben im Durchschnitt etwa die Hälfte ihrer Gene miteinander gemein, ebenso wie Eltern mit ihren Kindern. Cousins und Cousinen haben hingegen nur ein Achtel ihrer Gene gemein. Vergleicht man nun das Übereinstimmungspotential der Verhaltensmuster von Geschwistern und Cousins bzw. Cousinen miteinander, erkennt man, dass eine wesentlich größere Übereinstimmung zwischen Geschwistern hinsichtlich ihres Verhaltens besteht, als dies bei Cousins und Cousinen der Fall ist. Dies könnte den Anschein erwecken, dass die Vererbung eine umso größere Ähnlichkeit bzw. Kongruenz von Verhaltensmerkmalen hervorbringt, je größer der Verwandtschaftsgrad ist. Betrachtet man diesen Sachverhalt allerdings weiter, erkennt man, dass der Faktor Umwelt sich kongruent zur Vererbung verhält. Man sollte beispielsweise bedenken, dass Geschwister gewöhnlich in derselben Familie aufwachsen und dieselben Grund- und Weiterführenden Schulen besuchen, was bei Cousins und Cousinen eher selten der Fall ist. Damit sind bei Geschwistern auch die Umweltbedingungen weitaus ähnlicher als bei Cousins und Cousinen. Anlage und Umwelt variieren gemeinsam[7].
Grundsätzlich kann man sagen, dass man es hierbei mit einer Verschmelzung von Erbe- und Umwelteinflüssen zu tun hat. Es ist daher schwierig, diejenigen Faktoren zu separieren, welche Ähnlichkeiten bzw. Unterschiede in den Verhaltensmerkmalen bestimmen[8].
Neben der wissenschaftlichen Betrachtung des Themas muss man sich zudem darüber im Klaren sein, dass die Ansichten bezüglich der Anlage- Umwelt- Problematik das jeweilige Menschenbild prägen und damit ausschlaggebend dafür sind, wie wir als Eltern, Erzieher, Berater, Menschen oder auch ganz allgemein als Gesellschaft mit Kindern umgehen. Daraus ergeben sich zwangsläufig weitere wichtige Fragen:
Welche Erziehungstheorien halten wir für richtig und praktizieren wir dementsprechend?
In wie weit können wir auf die Entwicklung unserer Kinder einwirken?
Können wir es überhaupt?
Sind wir allein die Summe unserer Gene, oder steckt noch mehr in uns?
1.2. Struktur der Arbeit
Die vorliegende Hausarbeit beginnt mit dem zweiten Kapitel inhaltlich mit der Vorstellung einiger Theorien in der Anlage- Umwelt- Problematik. Es werden insbesondere die Theorien von Arthur Schopenhauer, von John Watson und von Viktor Frankl in den jeweiligen Unterkapiteln vorgestellt.
Darauf aufbauend wird im dritten Kapitel herausgearbeitet, welche Erziehungstheorien sich aus diesen Theorien ableiten lassen.
Danach möchte ich darauf eingehen, welche Bedeutung sie für die Praxis in der Pädagogik haben.
Zum Schluss stelle ich heraus, welche Theorien man heute in der Praxis wieder findet und wie sie umgesetzt werden.
Die Arbeit schließt mit einem Fazit ab.
2. Verschiedene Anlage- Umwelt- Theorien im Überblick
In diesem zweiten Kapitel werden die verschiedenen Anlage- Umwelt- Theorien von Arthur Schopenhauer, John Watson und Viktor Frankl vorgestellt.
2.1. Arthur Schopenhauer
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Arthur Schopenhauer (1788-1860) war deutscher Philosoph und war der Ansicht, dass der Charakter des Menschen sein Leben lang konstant sei. Unter der veränderlichen Hülle seiner Jahre, seiner Verhältnisse oder seiner Kenntnisse und Ansichten, stecke, ähnlich wie ein Krebs in seiner Schale, der identische und somit eigentliche Mensch.
„Der Mensch ändert sich nie: wie er in einem Falle gehandelt hat, so wird er, unter völlig gleichen Umständen (zu denen jedoch auch die richtige Kenntnis dieser Umstände gehört) stets wieder handeln.“[9]
[...]
[1] Ist Erziehung sinnlos? Die Ohnmacht der Eltern, Judith Rich Harris
[2] Grundlagen der Psychologie, Krech/ Crutchfield u. a., 1992
[3] Grundlagen der Psychologie, Krech/ Crutchfield u. a., 1992
[4] Grundlagen der Psychologie, Krech/ Crutchfield u. a., 1992
[5] Watson, J:B., 1968, S. 134
[6] Grundlagen der Psychologie, Krech/ Crutchfield u. a., 1992
[7] Grundlagen der Psychologie, Krech/ Crutchfield u. a., 1992
[8] Grundlagen der Psychologie, Krech/ Crutchfield u. a., 1992
[9] aus: A. Schopenhauer, Sämtliche Werke, Hrsg. A. Hübscher. 7 Bde Verlag Brockhaus, Leibzig 1937-42. Bd. 4, Schriften zur Naturphilosophie und Ethik, 1938, S.50, 53
- Quote paper
- Elfriede Tillmann (Author), 2004, Die Bedeutung der verschiedenen Anlage-Umwelt-Theorien für heutige Erziehungstheorien und deren Praxis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40652
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