Die hier vorliegende Arbeit rollt die in der Forschung intensiv diskutierte Frage nach den Machtverhältnissen im spartanischen Staat auf, skizziert die königlichen Rechte, die Herodot in seinen Historien festhielt und wird untersuchen, inwieweit diese scheinbar festgeschriebenen Befugnisse einer Verschiebung zugunsten des an Bedeutung gewinnenden Ephorats unterlagen. Dies zu überprüfen setzt die Notwendigkeit voraus, niedergeschriebene Ereignisse in Quellen, die die Interaktion, Kommunikation oder gar Konfrontation beider Institutionen thematisieren, chronologisch durchzugehen. Hierbei wähle ich zum einen Kleomenes I. als eine der schillerndsten Figuren des spartanischen Königtums und zum anderen Pausanias, der in der herodotischen Darstellung meines Erachtens die Kontrastfigur zum erst Genannteren einnimmt.
Inhalt
1. Einleitung
2. Die königlichen Rechte bei Herodot
3. Kleomenes: Zenit und Wendepunkt königlicher Macht?
3.1 Anaxandrides und Ariston
3.2 Maiandros und Arisagonas
3.3 Das Gesetz von 506 – Umschlag der Machtverhältnisse durch judikative Maßnahmen?
4. Tyrannische Ephoren – Niedergang königlicher Macht am Beispiel Pausanias?
5. Schluss
6. Literatur
7. Quellen.Seite
1. Einleitung
Die hier vorliegende Arbeit rollt die in der Forschung intensiv diskutierte Frage nach den Machtverhältnissen im spartanischen Staat auf, skizziert die königlichen Rechte, die Herodot in seinen Historien festhielt und wird untersuchen, inwieweit diese scheinbar festgeschriebenen Befugnisse einer Verschiebung zugunsten des an Bedeutung gewinnenden Ephorats unterlagen. Dies zu überprüfen setzt die Notwendigkeit voraus, niedergeschriebene Ereignisse in Quellen, die die Interaktion, Kommunikation oder gar Konfrontation beider Institutionen thematisieren, chronologisch durchzugehen. Hierbei wähle ich zum einen Kleomenes I. als eine der schillerndsten Figuren des spartanischen Königtums und zum anderen Pausanias, der in der herodotischen Darstellung meines Erachtens die Kontrastfigur zum erst Genannteren einnimmt.
2. Die königlichen Rechte bei Herodot
„»Erste im Rate seien die gottbegünstigten Herrscher,
oberste Sachwalter für Sparta, die liebliche Stadt,
dann die ehrwürdigen Alten, schließlich die Männer des
Volkes, […]«“[1]
Tyrtaios Verse implizieren eine klar hierarchisierte Rangfolge der einzelnen Teile der spartanischen Gesellschaftsordnung mit den Königen an der Spitze, gefolgt von der Gerusia und unterstrichen durch die Volksversammlung.[2] Zur Bekräftigung ihrer Spitzenposition wird die göttliche Legitimation mit aufgeführt, sodass es nicht verwundert, wenn das spartanische Königtum auch sakrale Rechte innehatte.[3] Bei der Aufzählung königlicher Rechte durch Herodot wird jedoch deutlich, dass die Könige sicherlich symbolisch an der Spitze der spartanischen Polis stehen, nicht jedoch die Gemeinschaft absolut regierten.[4] Eingebunden als Mitglieder der Gerusie, so Link, stand ihnen die Abstimmung politischer Fragen sehr wohl zu, besaßen sie aber keinerlei Veto oder sonstige Vorrechte in diesem Gremium, bis auf die Möglichkeit, sich bei Abwesenheit durch einen ihnen nächstverwandten Geronten vertreten zu lassen.[5]
Bringmann hingegen bezeichnet die politische Organisation des spartanischen Staates als ein Zusammenspiel zwischen der königlichen Gewalt, die nicht nur über die Exekutive verfügte, sondern auch in Rat und Volksversammlung den Vorsitz führte und gegenüber der Volksversammlung das Initiativrecht inne hatte; und der Apella, der Versammlung der Politen.[6] Er gesteht somit den Königen den Vorsitz über den Rat zu, was jedoch weder bei Herodot noch in der Großen Rhetra so aufgeführt wird.[7]
Neben der regelmäßigen Einberufung der Volksversammlung kamen dem Doppelkönigtum innenpolitisch noch judikative Aufgaben zu:
„Für sich allein dürfen die Könige Recht sprechen, aber nur in folgenden Fällen: Über die Wahl eines Gatten für die Erbtöchter, die der Vater nicht mehr verloben konnte, und über die öffentlichen Wege. Auch wer ein Kind adoptieren will, muß es vor den Königen tun.“[8]
Wenn auch Link diese Befugnisse zu den unbedeutendsten Rechtssachen zählt[9], geht bei Bringmann hervor, dass solche Fälle in der archaischen Geschlechterordnung von großer Bedeutung gewesen seien, da sie den genetisch ältesten Teil politischer Aufgaben darstellten.[10]
Weitaus größere Befugnis oblag dem Königtum jedoch in militärischen Fragen, nahmen sie doch, ganz in Tradition des alten Heerkönigtums, die Führung dieses ein. Wenn Herodot den Königen das Recht zusprach Krieg erklären zu können, so zweifelt dies recht durchgängig die Forschung aufgrund konkreter Ereignisse an.[11] Die zentrale Funktion blieb jedoch die Oberhoheit auf dem Feldzug.
Die gesellschaftlichen Rechte der beiden Könige, die bei Herodot in der Tat mehr Raum einnehmen, sollen hier nicht fokussiert werden. Am konkreten Beispiel soll untersucht werden, ob es zu möglichen Entwicklungen bzw. Verschiebungen der hier kurz skizzierten politischen Vorrechte zugunsten der Ephoren kam oder, wie ebenfalls in der Forschung behauptet, die bei Herodot aufgeführten königlichen Kompetenzen statisch waren.[12]
3. Kleomenes: Zenit und Wendepunkt königlicher Macht?
3.1 Anaxandrides und Ariston
Bereits im Vorfeld der Geburten der beiden Könige Kleomenes und Demaratos kommt es, zumindest bei Kleomenes Vater Anaxandrides, scheinbar zu einer Konfrontation zwischen ihm und dem Ephorat. Ursache dessen war die kinderlose Ehe des Agiadenkönigs, worauf die Ephoren vor diesem Hintergrund eingriffen und Anaxandrides aufforderten, neu zu heiraten.[13] Aufgrund seiner Verweigerung dieser Aufforderung und darauf folgender Beratung der Ephoren mit den Geronten, drohten sie ihm mit einem „harten Beschluss“, sollte er sich nicht eine zweite Frau nehmen.[14] Er willigte schließlich ein und seine zweite Frau gebar ihm einen Sohn: den späteren König Kleomenes.
Ist hier bereits von einer Dominanz des Ephorats gegenüber dem Königtum zu sprechen, scheinen die Ephoren doch letztendlich Einfluss in die dynastische Nachfolge zu nehmen und sogar in der Lage zu sein, Anaxandrides bedrohen zu können. Bei näherer Betrachtung dieses Textzeugnisses wird deutlich, dass die Ephoren allein jedoch nicht in der Lage waren, eine derartige Entscheidung herbeizurufen. Erst nach Konsultation mit den Geronten kam es zu einer tragfähigen Forderung, die dann schließlich ihre Durchsetzung fand.[15] Vielmehr handelte es sich, so Thommen, um eine Art Vorberatung zwischen Ephorat und Königtum, welcher eine Zusammenarbeit mit den Geronten vorausging und schließlich in ein Zusammenwirken der wichtigsten Organe des Staates mündete, war doch der gesicherte Fortbestand des Königtums von großem Interesse.[16]
„So führte nun Ariston die dritte Frau heim, nachdem er die zweite entlassen hatte. In allzu kurzer Zeit aber – die zehn Monate waren noch nicht um – gebar diese Frau eben diesen Demaratos. Ein Sklave meldete Ariston, während er mit den Ephoren zu Rate saß, die Geburt eines Kindes. Ariston wußte die Zeit, in der er die Frau heimgeführt hatte, zählte die Monate an den Fingern ab und schwor: ‚Das dürfte nicht mein Kind sein.’ Das hörten die Ephoren; doch beachteten sie damals sein Wort nicht.“[17]
[...]
[1] Tyrtaios 2.2.
[2] Lukas Thommen, Lakedaimonion Politeia. Die Entstehung der spartanischen Verfassung. Stuttgart 1996. S. 64.
[3] Herodot 6, 56.
[4] Herodot 6, 56-58.
[5] Stefan Link, Der Kosmos Sparta: Recht und Sitte in klassischer Zeit. Darmstadt 1994. S. 54.
[6] Klaus Bringmann, Die Große Rhetra und die Entstehung des spartanischen Kosmos. In: Historia 24 (1975). S. 521.
[7] Herodot 6, 57; Plutarch, Lykurg 6.
[8] Herodot 6, 57.
[9] Vgl. Link (Anm. 4), S. 55.
[10] Klaus Bringmann, Die soziale und politische Verfassung Spartas – ein Sonderfall der griechischen Verfassungsgeschichte. In: Gymnasium 87 (1980), S. 468.
[11] z.B. Thommen (Anm. 2), S. 87.
[12] Andreas Luther, Könige und Ephoren. Untersuchungen zur spartanischen Verfasungsgeschichte. Frankfurt am Main 2004. S. 138.
[13] Herodot 5.39-41.
[14] Herodot 5.40.
[15] Mischa Meier, Zwischen Königen und Damos. Überlegungen zur Funktion und Entwicklung des Ephorats in Sparta (7.-4. Jh. V. Chr.). In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Romanistische Abteilung. 117 (2000). S. 55.
[16] Vgl. Thommen (Anm. 2), S. 79/80.
[17] Herodot 6,63.
- Arbeit zitieren
- Marian Brys (Autor:in), 2004, Die Frage der Macht. Untersuchungen zum spartanischen Königtum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40359
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