Sich in der gegenwärtigen Zeit mit dem Begriff ‚Identität’ auseinanderzusetzen, ist eine bedeutende Herausforderung, weil ‚Identität’ auf der einen Seite durch die andauernde mediale „BigBrother“-Kultur1 – wo der Zuschauer zum Voyeur transformiert und gleichzeitig als potentieller Gegenstand des öffentlichen Interesses fungiert – schon erfasst, vorgegeben und abgeschlossen scheint und sie auf der anderen Seite leicht zur Verwechslung und Irritation mit Begriffen wie ‚Individualität’, ‚Persönlichkeit’, ‚Selbst’ u.ä. führen kann. In dieser Ausarbeitung geht es mir darum, die plurale Identität der reifen Persönlichkeit darzustellen. In der Überschrift zeigt sich bereits, dass die Begriffspaare „plurale Identität“ und „reife Persönlichkeit“ präzisiert werden müssen, um sie in einen verständlichen Kontext bringen zu können. Neben diesem Vorgehen, habe ich mich auch darum bemüht, Schwierigkeiten und Widersprüche, die sich bei einer Kollision dieser Begriffsbeziehungen ergeben, zu analysieren und mit eigenen gedanklichen Ansätzen zu substituieren. Als thematische Vorlage zu dieser schriftlichen Ausarbeitung diente mir der Essay „Erziehung zur Persönlichkeit im Übergang von Toleranz zu Pluralismus“ von Walther Ch. Zimmerli (1994). Während ich bei meinem Vortrag im Seminar am 22.12.2004 auf die stringent textimmanente Zusammenfassung des Essays konzentrierte, habe ich diese schriftliche Gelegenheit dazu genutzt, einen Teilaspekt seiner Ausführung – nämlich den der pluralen Identität und der reifen Persönlichkeit – inhaltlich näher zu bestimmen (Zimmerli, 1994, S.878ff.). 1 Lothar führt aus, dass durch die Kultsendung „Big Brother“ eine Art Identitätsmarkt geschaffen wurde, wo die Kandidaten um das Zuschautragen der besseren Identität konkurrieren. Identität wird zur Ware, die durch den Zuschauer einen Marktwert erhält. Mikos, Lothar: “Big Brother“: Eine Fernsehsendung als Ausdruck der reflexiven Moderne. In: Das Magazin, Ausgabe: 4/2000. Mediale Selbstinszenierungen. Hrsg. vom Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen. [Online] URL: http://www.wz.nrw.de/magazin/artikel.asp?nr=336&ausgabe=2000/4&titel= Stand: 17.01.2005
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Hauptteil
1. Frage nach der Existenz einer pluralen Identität
1.1 Was bedeutet Identität?
1.2 Unterschied zwischen Ich-Identität und Rollenidentität
1.3 Mögliche Definition der pluralen Identität
2. Der Mensch als Persönlichkeit und seine Identität im Pluralismus
2.1 Zur Komplexität und Mehrdeutigkeit des Persönlichkeitsbegriffs
2.2 Die plurale Identität der reifen Persönlichkeit
III. Stellungnahme
IV. Quellenverzeichnis
I. Einleitung
Sich in der gegenwärtigen Zeit mit dem Begriff ‚Identität’ auseinanderzusetzen, ist eine bedeutende Herausforderung, weil ‚Identität’ auf der einen Seite durch die andauernde mediale „BigBrother“-Kultur[1] – wo der Zuschauer zum Voyeur transformiert und gleichzeitig als potentieller Gegenstand des öffentlichen Interesses fungiert – schon erfasst, vorgegeben und abgeschlossen scheint und sie auf der anderen Seite leicht zur Verwechslung und Irritation mit Begriffen wie ‚Individualität’, ‚Persönlichkeit’, ‚Selbst’ u.ä. führen kann.
In dieser Ausarbeitung geht es mir darum, die plurale Identität der reifen Persönlichkeit darzustellen. In der Überschrift zeigt sich bereits, dass die Begriffspaare „plurale Identität“ und „reife Persönlichkeit“ präzisiert werden müssen, um sie in einen verständlichen Kontext bringen zu können. Neben diesem Vorgehen, habe ich mich auch darum bemüht, Schwierigkeiten und Widersprüche, die sich bei einer Kollision dieser Begriffsbeziehungen ergeben, zu analysieren und mit eigenen gedanklichen Ansätzen zu substituieren.
Als thematische Vorlage zu dieser schriftlichen Ausarbeitung diente mir der Essay „ Erziehung zur Persönlichkeit im Übergang von Toleranz zu Pluralismus “ von Walther Ch. Zimmerli (1994). Während ich bei meinem Vortrag im Seminar am 22.12.2004 auf die stringent textimmanente Zusammenfassung des Essays konzentrierte, habe ich diese schriftliche Gelegenheit dazu genutzt, einen Teilaspekt seiner Ausführung – nämlich den der pluralen Identität und der reifen Persönlichkeit – inhaltlich näher zu bestimmen (Zimmerli, 1994, S.878ff.).
II. Hauptteil
1. Frage nach der Existenz einer pluralen Identität
Bei der Betrachtung der Identität stellt sich primär die definitorische Frage. Es gibt verschiedene hypothetische Ansätze, die versuchen, Identität als Wesensmerkmal zu beschreiben, wodurch grundlegende Unterschiede selbstverständlich begründet sind, die wiederum eine analoge Vorstellung der einzelnen Theorien fordern. Die Verdeutlichung des Begriffs von Identität, um anschließend eine mögliche Verknüpfung an die plurale Identität vorzunehmen, ist Ziel dieses Themenabschnitts. Um ferner einen Überblick in der Vielzahl der Identitätstheorien zu geben, ist mithilfe Levitas Ausführung (1971, S.22ff.) eine grafische Zusammenfassung der wichtigen Denkansätze und ihrer Begründer abgebildet. Es soll schon darauf hingewiesen sein, dass dem Begriff viele gedankliche Vorstellungen angeeignet sind, so dass Gefahr zur ‚Begriffsverwirrung’ besteht (ebd. S.9).
1.1 Was bedeutet Identität?
Identität bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch ‚vollkommene Gleichheit’, ‚Wesenseinheit’ oder ‚Übereinstimmung’ (Duden). Ursprünglich stammt der Begriff aus dem spätlateinischen ‚identitas’, einem Abstraktum zu ‚idem’ übersetzt ‚derselbe’ (Kluge, 1999, S.393). Identität bezeichnet die „vollkommene Übereinstimmung zweier Dinge oder Personen“ und wird auch als „Echtheit“ verstanden (vgl. Herkunftswörterbuch Duden, 1999). Das dazugehörige gebräuchliche Verb lautet ‚identifizieren’, was mit den Ausdrücken „etwas genau wieder erkennen; die Identität einer Person feststellen“ erklärt werden kann (ebd.). In der Pädagogik wird Identität im psychosozialen Terminus verwendet. Das Pädagogik-Lexikon (1999) definiert Identität als eine Art Erscheinung, in der das Individuum „Akteur in vielfältigen Situationen und unterschiedlichsten sozialen Rollen“ ist, gleichzeitig aber „sich selbst als ein und dasselbe bewusst ist“ (vgl. S.268f.). Das (Selbst)Bewusstsein drückt sich in der Selbstwahrnehmung des Ichs aus. Der Mensch erkennt sich und ist sich seines Wesens, seiner Einheit und Einzigartigkeit bewusst. Die Identität gibt folglich eine Antwort auf die Frage „Wer bin ich?“ und verlangt ferner das „Streben des Menschen nach Einheitlichkeit und Unverwechselbarkeit der eigenen Person (Individualität)“ (ebd.). Durch die Wer-Frage wird gleichzeitig auch die individuelle Unterscheidung des Fragenden von anderen Personen impliziert. Insofern ist es auch nachvollziehbar, wenn die Einzigartigkeit und Unterschiedlichkeit eines Menschen als Identität bezeichnet wird. Soziologische Eigenschaften wie Name, Konfession, Beruf etc. und biologische Merkmale wie Geschlecht, Alter, Größe, Haarfarbe etc. sind Identitätsmerkmale. Der Wille des Menschen, mit der Gesellschaft identisch zu sein oder mit seinem Verhalten, seiner Person, eben seiner Identität den gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen, und dennoch eine Eigenheit darzustellen, kommt ergo in seiner Identität zum Ausdruck.
Auch Freud benützt den Begriff der Identität zur Veranschaulichung der Gleichheit und Gemeinsamkeit, als er Stellung zu seiner persönlichen Beziehung zum Judentum nimmt. Er begründet seine Zugehörigkeit zum Judentum nicht in der Religion oder Rasse, sondern in der „gemeinsamen Bereitschaft, in der Opposition zu leben“ (vgl. Erikson, 1966, S.124). Erikson greift Freuds Auslegung auf und hält den Gruppencharakter des Begriffs fest, in dem die Identität im Kern des Individuums verankert und als Gemeinschaftsphänomen in der Gruppe vorgegeben ist (ebd.). Das Selbst ist Kern des Individuums und dient als solcher zur Verarbeitung aller Erfahrungen und Steuerung seiner Handlungen.
Deswegen ist es wichtig, Identität der Gruppe (Gruppenidentität) und die des Individuums (Ich-Identität; individuelle Identität) jeweils differenziert zu betrachten und zu benennen. Der Unterschied der Ich-Identität zur Gruppen- bzw. Rollenidentität wird im nächsten Abschnitt ausführlicher erläutert.
[...]
[1] Lothar führt aus, dass durch die Kultsendung „Big Brother“ eine Art Identitätsmarkt geschaffen wurde, wo die Kandidaten um das Zuschautragen der besseren Identität konkurrieren. Identität wird zur Ware, die durch den Zuschauer einen Marktwert erhält. Mikos, Lothar: “Big Brother“: Eine Fernsehsendung als Ausdruck der reflexiven Moderne. In: Das Magazin, Ausgabe: 4/2000. Mediale Selbstinszenierungen. Hrsg. vom Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen. [Online] URL: http://www.wz.nrw.de/magazin/artikel.asp?nr=336&ausgabe=2000/4&titel= Stand: 17.01.2005
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- Esra Onus (Autor), 2004, Plurale Identität der reifen Persönlichkeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40248
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