Fast täglich sieht und hört man in den Medien Diskussionen des Bundestags in denen um Reformen oder Gesetzesvorlagen gestritten wird. Gerade bei brisanten Themen wie Einwanderung, Arbeitsmarktpolitik oder Gesundheitspolitik enden die Diskussionen oft damit, dass die vom Bundestag beschlossenen Vorhaben im Bundesrat vorerst abgelehnt werden. Dabei fällt immer wieder das Wort Blockadepolitik, das bedeutet, dass die Oppositionsparteien versuchen, mit ihren Bundesratstimmen die Vorhaben der Regierung zu stoppen. Der Bundesrat wurde 1949 durch die Verfassung gegründet, er dient als Repräsentant des föderativen Prinzips. Der Bundesrat besteht aus Vertretern der einzelnen Länderegierungen. Die Anzahl der jeweiligen Sitze und damit auch Stimmen, jeder Sitz hat eine Stimme, ist abhängig von den Einwohnerzahlen der Länder, sie beträgt zwischen 3 und 6 Stimmen pro Land. Die Hauptaufgaben des Bundesrats sind im Grundgesetz festgeschrieben. Darunter fällt zum Einen, administrative Gesichtspunkte in den Entscheidungsprozeß des Bundes einzubringen und zum Anderen, den Föderalismus gegen eine Aushöhlung durch den Bundesgesetzgeber abzuschirmen. Gesetze, welche die Verfassung ändern, oder die Länderhoheit beeinträchtigen, bedürfen der Zustimmung des Bundesrats. Der Bundesrat muss den zustimmungspflichtigen Gesetzen mit der absoluten Mehrheit seiner Stimmen zustimmen. Enthaltungen gelten somit wie Gegenstimmen. Einspruchsgesetze können vom Bundesrat faktisch nicht blockiert werden und spielen deshalb in der Thematik der Blockadepolitik keine Rolle. In den Sitzungen des Bundesrats wird über die bereits bekannten und in der Landesregierung abgesprochenen Vorlagen abgestimmt. Die Abgeordneten des Bundesrats werden von der jeweiligen Landesregierung bestimmt und sind bilden somit nicht repräsentativ die jeweiligen Machtverhältnisse des Landtags ab.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Begriff Gesetzesblockade
2.1. Blockade wegen landespolitischen Interessen
2.2. Blockade wegen parteipolitischen Interessen
3. Die statistische Blockadebilanz
4. Das Abstimmungsverhalten des Bundesrats in der politischen Praxis
4.1. 1970 bis 1982 - Blockadepolitik der CDU/CSU Opposition unter der SPD/FDP geführten Regierung Brandt und Schmidt
4.2. 1990 bis 1998 - Blockadepolitik der SPD Opposition unter der CDU/CSU/FDP geführten Regierung Kohl
4.3. 2000 bis 2004 - Blockadepolitik der CDU/CSU Opposition unter der SPD/Grüne geführten Regierung Schröder
5. Reformansätze
5.1. Bertelsmann-Kommission unter Vorsitz von Werner Weidenfeld
5.2. Experten-Kommission unter Vorsitz von Dr. Otto Graf Lambsdorf
5.3. Stoiber-Müntefering Kommission
6. Fazit
7. Literatur
1 Einleitung
Fast täglich sieht und hört man in den Medien Diskussionen des Bundestags in denen um Reformen oder Gesetzesvorlagen gestritten wird. Gerade bei brisanten Themen wie Einwanderung, Arbeitsmarktpolitik oder Gesundheitspolitik enden die Diskussionen oft damit, dass die vom Bundestag beschlossenen Vorhaben im Bundesrat vorerst abgelehnt werden. Dabei fällt immer wieder das Wort Blockadepolitik, das bedeutet, dass die Oppositionsparteien versuchen, mit ihren Bundesratstimmen die Vorhaben der Regierung zu stoppen. Der Bundesrat wurde 1949 durch die Verfassung gegründet, er dient als Repräsentant des föderativen Prinzips. Der Bundesrat besteht aus Vertretern der einzelnen Länderegierungen. Die Anzahl der jeweiligen Sitze und damit auch Stimmen, jeder Sitz hat eine Stimme, ist abhängig von den Einwohnerzahlen der Länder, sie beträgt zwischen 3 und 6 Stimmen pro Land. Die Hauptaufgaben des Bundesrats sind im Grundgesetz festgeschrieben. Darunter fällt zum Einen, administrative Gesichtspunkte in den Entscheidungsprozeß des Bundes einzubringen und zum Anderen, den Föderalismus gegen eine Aushöhlung durch den Bundesgesetzgeber abzuschirmen. Gesetze, welche die Verfassung ändern, oder die Länderhoheit beeinträchtigen, bedürfen der Zustimmung des Bundesrats. Der Bundesrat muss den zustimmungspflichtigen Gesetzen mit der absoluten Mehrheit seiner Stimmen zustimmen. Enthaltungen gelten somit wie Gegenstimmen. Einspruchsgesetze können vom Bundesrat faktisch nicht blockiert werden und spielen deshalb in der Thematik der Blockadepolitik keine Rolle. In den Sitzungen des Bundesrats wird über die bereits bekannten und in der Landesregierung abgesprochenen Vorlagen abgestimmt. Die Abgeordneten des Bundesrats werden von der jeweiligen Landesregierung bestimmt und sind bilden somit nicht repräsentativ die jeweiligen Machtverhältnisse des Landtags ab. Die Abstimmungsentscheidung der einzelnen Ländervertreter ist bereits vorher klar. Die entsandten Landesvertreter sind den Länderregierung weisungsgebunden. Da es im Bundesrat scheinbar sehr häufig zur Ablehnung von Gesetzesvorhaben kommt wenn die Opposition die Stimmenmehrheit hat, liegt der Verdacht nahe, dass der Bundesrat über den Schutz der Länderinteressen hinaus auch ein allgemeines politisches Mitwirkungsrecht in Anspruch nimmt. Im Folgenden wird untersucht, wie sich das Abstimmungsverhalten des Bundesrats seit seiner Gründung entwickelt hat und ob der Bundesrat in Zeiten der Stimmenmehrheit der Oppositionsparteien als parteipolitisches Blockadeinstrument genutzt wird.
2 Der Begriff Gesetzesblockade
Von einer Gesetzesblockade spricht man, wenn Vorlagen zustimmungspflichtiger Gesetze oder Vorlagen von Rechtsverordnungen des Bundestags die Zustimmung durch den Bundesrat versagt wird und diese auch nach dem darauf folgenden Vermittlungsverfahren im Vermittlungsausschuss nicht verkündet werden. Vorraussetzung für eine Blockadepolitik ist die fehlende absolute Mehrheit der Regierungskoalition im Bundesrat (vgl. Sturm 2001: 62). Im Folgenden wird darauf eingegangen, welche Gründe zu einer Blockade führen können.
2.1 Blockade wegen landespolitischen Interessen
Zustimmungspflichtige Gesetze haben in Ihrer Umsetzung immer Einfluss auf die Kompetenzausübung oder die Finanzen der Länder. Es gibt klassische Bund-Länder-Konflikte, wie zum Beispiel Ausgabenerhöhungen oder Steuerumverteilungen zu Lasten der Länder, die auch parteiübergreifend zu einer Ablehnung dieser Gesetzesvorhaben des Bundes führen können. Auch haben die Länder spezifische Interessen, wie zum Beispiel bezüglich der Wirtschaftsordnung oder dem Umweltschutz, die im Konflikt mit der Bundesgesetzgebung stehen können. Diese Interessendifferenzen zeigen sich ganz deutlich beim Vergleich von Küstenländern, und Stadtstaaten die komplett gegensätzliche Anforderungen an die Bundespolitik stellen oder zwischen den ost- und west- deutschen Bundesländern.
2.2 Blockade wegen parteipolitischen Interessen
Von einer parteipolitischen Blockade spricht man, wenn die Zustimmung zu einer Vorlage des Bundes im Bundesrat durch die Oppositionsgeführten Bundesländer versagt wird, ohne das objektiv erkennbare Länderinteressen erkennbar sind, die eine solche Ablehnung rechtfertigen. Solche Blockaden sind nur möglich, wenn die Opposition im Bundesrat entweder über eine absolute Stimmenmehrheit verfügt, oder wenn die Opposition zusammen mit Koalitionsgeführten Ländern, die sich aufgrund ihrer Bundesratsklauseln im Koalitionsvertrag bei strittigen Entscheidungen ihrer Stimme enthalten eine absolute Stimmenmehrheit hat. Parteipolitische Interessen lassen sich nur schwer differenzieren, da die Landesregierungen in den meisten Fällen versuchen diese beim Wähler unbeliebte Blockadetaktik mit landespolitischen Interessen zu begründen.
3 Die Statistische Blockadebilanz
Im folgenden Abschnitt wird untersucht, ob man in der Geschichte des Bundesrats seit 1949 ein gewisses Schema von parteipolitisch geprägtem Blockadeverhalten erkennen kann. Die Untersuchung beschränkt sich auf Blockaden von zustimmungspflichtigen Gesetzesvorlagen. Erhobene Einsprüche des Bundesrats bei Einspruchgesetzen konnten in der Geschichte der Bundesrepublik aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag immer wieder aufgehoben werden und spielen in der Blockadepolitik keine elementare Rolle. Rechtsvorlagen und Verwaltungsvorschriften passieren den Bundesrat in der Regel ohne Konflikte. Von insgesamt 8248 Rechtsvorlagen und Verwaltungsvorschriften zwischen 1949 und 2002 wurden 61 blockiert, was einer Quote von etwa 0,7 Prozent entspricht, wobei 49 Prozent der Blockaden in den ersten drei Legislaturperioden von 1949-161 erfolgte (vgl. Lhotta 2003: 21). Zu dieser Zeit hatte die Regierung noch die Stimmenmehrheit im Bundesrat und man kann nicht von einer parteipolitischen Blockade sprechen.
In den Jahren 1949 bis 2002 wurden dem Bundesrat insgesamt 3163 zustimmungspflichtige Gesetzesbeschlüsse vorgelegt. Davon wurde in 839 Fällen der Vermittlungsausschuss angerufen, dies entspricht einem Anteil von etwa 25 Prozent. In 66 Fällen wurde ein zustimmungspflichtiges Gesetz auch nach anschließendem Vermittlungsverfahren nicht verkündet (vgl. Bundesrat 2005: 1-2). Dies entspricht einem Anteil von 2,1 Prozent. Statistisch gesehen ist die Blockadebilanz also relativ gering. Allerdings wurde durchschnittlich bei jedem vierten Gesetzesbeschluss der Vermittlungsausschuss angerufen. Es gilt zu untersuchen, welchen Einfluss diese Blockaden auf die Regierungstätigkeit hatten und welche Beweggründe hinter den Abstimmungsentscheidungen standen.
4 Das Abstimmungsverhalten des Bundesrats in der politischen Praxis
Bis 1969 gab es im Bundesrat nur wenige Blockaden. Etwa 3,7 Prozent der Gesetzesvorlagen des Bundestags wurde die Zustimmung versagt. Nur 19 Gesetzesvorlagen wurden nicht verkündet, dies entspricht einem Anteil von knapp unter 2 Prozent. Diese Blockaden lassen sich auf Länderinteressen begründen, da die Mehrheiten im Bundestag und Bundesrat ähnlich waren. Auch in der 10. und 11. Bundestagsperiode gab es keine Mehrheit der Opposition im Bundesrat. In dieser Zeit gab es bei 394 zustimmungspflichtigen Gesetzesvorschlägen des Bundestags nur ein Gesetz, das nicht verkündet wurde. Der Vermittlungsausschuss wurde während dieser Zeit nur 19-mal angerufen (vgl. Ziller 1993: 130-133).
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- Citation du texte
- Johannes Leusch (Auteur), 2005, Der Bundesrat - nur noch ein Blockadeinstrument der Opposition?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39869
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