Einleitung
„Ein Gespenst geht um in Europa - es ist die gute
alte Eisenbahn, die sich rasant erneuert.“
Dieses Zitat, welches dem ehemaligen Deutsche Bahn Vorstand Dr. Pällmann zugeschrieben wird, trifft die derzeitige Entwicklung der Eisenbahn vollkommen. Vor allem vor dem Hintergrund der immensen Verkehrsprobleme, denen sich viele Länder gegenüber sehen, lohnt es sich den Eisenbahnmarkt näher zu betrachten. Besonders für Transitländer, welchen ein Kollaps des Straßenverkehrs droht, könnte die Eisenbahn eine Lösung bieten. Betrachtet man jedoch die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, so verlor die Eisenbahn eher noch an Bedeutung, als dass sie hinzugewann. Vor diesem Hintergrund wird diese Arbeit zwar keine Patentrezepte anbieten können, jedoch durch Analyse des Sektors und möglicher Ansätze das Verständnis für diesen Markt fördern und potentielle Lösungswege aufzeigen.
Als die erste Eisenbahn im Jahr 1825 in England ihren Siegeszug durch die Welt antrat, dachte noch keiner an die Probleme, mit der die damals so revolutionäre Technik heute kämpfen muss. Gebaut und betrieben wurden diese frühen Eisenbahnlinien von privaten Unternehmungen, welche den Pioniergeist der Zeit viel mehr repräsentierten, als der Staat. Inspiriert von Denkern wie David Ricardo oder John Stuart Mill betrieben zu dieser Zeit die meisten Staaten, im Vertrauen auf die Mechanismen des Marktes, eine „laissez-faire-Wirtschaftspolitik“. In der Tat erlaubte es die, mangels Alternativen, dominante Position der Eisenbahn ihr immenses Wachstum selbstständig zu finanzieren und einen Betrieb auch ohne jeglichen staatlichen Eingriff sicher zu stellen.
Die ab 1870 in den Industrieländern beginnende Periode des Staatsinterventionismus besann sich zunehmend darauf durch gezielte Staatseingriffe Marktversagen zu korrigieren. Allerdings wurde noch weitgehend auf Verstaatlichungen verzichtet. Vielmehr versuchte der Staat die Ausnutzung von Marktmacht zu begrenzen. Anfang des 20. Jahrhunderts führten Theorien, wie die des natürlichen Monopols und zunehmender Skalenerträge, immer mehr zu der Einsicht, dass manche Branchen in die Hand des Staates gehörten. Unterstützt wurde dies von den positiven Erfahrungen, welche man während der Weltkriege mit staatlicher Koordination des Sektors gemacht hatte.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Teil 1:
- Der Eisenbahnmarkt – Analyse eines besonderen Marktes
- Multiproduktmarkt und Kosten
- Natürliches Monopol
- Betrachtung der Preise vom Gesichtspunkt des sozialen Planers
- Politische Einflussfaktoren
- Intermodaler Wettbewerb
- Unteilbarkeit der Betriebsanlagen
- Standards und Wiederverkaufswert
- Teil 2:
- Regulierung des Marktes
- Motivation und Durchführung der Privatisierungen
- Rechtfertigung für Regulierung
- Politikansätze
- Ausgestaltung der Preisregulierung
- Ausgestaltung der Qualitätsregulierung
- Bedeutung der Ausgestaltung der Regulierungsbehörde
- Teil 3:
- Ausgewählte Länderbeispiele
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Herausforderungen des Eisenbahnmarktes im Kontext internationaler Bahnreformen. Sie untersucht die spezifischen Eigenschaften dieses Sektors und die Auswirkungen der Privatisierung sowie die damit verbundenen Regulierungsmaßnahmen. Die Arbeit zielt darauf ab, die Erfahrungen und Ergebnisse verschiedener Bahnreformen zu beleuchten und potentielle Lösungswege für die Verbesserung der Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit des Eisenbahnsektors aufzuzeigen.
- Analyse des Eisenbahnmarktes als Netzwerkgut und Multiproduktmarkt
- Untersuchung des natürlichen Monopols und seiner Implikationen für die Regulierung
- Bewertung verschiedener Regulierungsansätze und -modelle
- Experimentelle Untersuchung von Regulierungsmodellen im Laborexperiment
- Fallstudien von Bahnreformen in Großbritannien und Argentinien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer ausführlichen Analyse des Eisenbahnmarktes und seiner Besonderheiten. Sie beleuchtet die spezifischen Merkmale dieses Sektors, die ihn von anderen Wirtschaftszweigen unterscheiden. Im zweiten Teil befasst sich die Arbeit mit der Regulierung des Eisenbahnmarktes und den unterschiedlichen Ansätzen zur Gestaltung der Privatisierung. Die Analyse beinhaltet die Rechtfertigung für Regulierung sowie verschiedene Politikansätze. Abschließend werden zwei Fallstudien aus Großbritannien und Argentinien präsentiert, die die Erfahrungen und Ergebnisse von Bahnreformen in verschiedenen Ländern verdeutlichen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen des Eisenbahnsektors, wie Netzwerkgut, natürliches Monopol, Privatisierung, Regulierung, Wettbewerb im Markt, Wettbewerb um den Markt, Preisregulierung, Qualitätsregulierung, Laborexperimente, Fallstudien, Großbritannien, Argentinien.
- Quote paper
- Siegfried Müller (Author), 2005, Internationale Bahnreformen - Erfahrungen und Analyse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39644