„Unter ’Arbeitszeit’ ist die Zahl der Stunden zu verstehen, die der Arbeitnehmer täglich bzw. wöchentlich an seiner Arbeitsstätte anwesend ist (nominale Arbeitszeit) oder die er arbeitend oder in Arbeitsbereitschaft verbringt (effektive Arbeitszeit).“1 Das Forschungsprojekt „Arbeitszeitentwicklung als Indikator der gesellschaftlichen Entwicklung“ fand im Wintersemester 2004/05 statt. Im Focus stand die Beschäftigung mit der Arbeitszeitforschung im Hinblick auf die Bedeutung der Arbeitszeit für die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland vor 1945. Das Ziel war es, Informationen über die wöchentliche bzw. monatliche Arbeitszeit der Arbeitnehmerschaft aufzuspüren und die Daten unter soziologischen Gesichtspunkten und statistisch-methodologischen Vorzeichen zu deuten. Um möglichst exakte und ausführliche Resultate, zu erreichen hat sich die Gruppe auf 14 Spezialgebiete aufgeteilt, die sich mit den fortschreitenden historischen Abschnitten genauer beschäftigt haben. Angefangen bei statistischen Daten von 1876 bis zu Erhebungen von 1943 entstanden demnach mehrere Referate und Arbeiten die als eine zusammenhängende, wissenschaftliche Reihe angesehen werden können. Die vorliegende Arbeit bezieht sich auf die Arbeitszeitentwicklung von 1934 bis 1940, die anhand von Individual- und Strukturerhebungen aus verschiedenen Wirtschaftszweigen präsentiert, erläutert und analysiert werden sollen. 1 Meinert 1958, S. 1.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Methode: Die Dokumentenanalyse
2.Datenhintergrund: Die politisch-zeitgeschichtliche Kulisse
3. Daten: Die Einzelerhebungen
3.1. Was, wie, wann, wo, und wozu erhoben wurde?
3.2. 1934 Bankenwesen
3.3. 1936 Bäckerhandwerk in Niedersachsen
3.4. 1937 Strukturerhebung der Landwirtschaft
3.4. 1938 Individuallohnerhebung in der metallverarbeitenden Industrie
3.5. 1939/40 Strukturerhebung in der Forstwirtschaft
4. Zusammenfassung: Die Auswertung der Analysen
4.2. Arbeitspolitische Realzustände Zusammenfassung Inhaltsanalyse
4.1. Statistik steht unter politischem Sachzwang Zusammenfassung
Abbildungsverzeichnis
Quellenverzeichnis:
Einleitung
„ Unter ’Arbeitszeit’ ist die Zahl der Stunden zu verstehen, die der Arbeitnehmer täglich bzw. wöchentlich an seiner Arbeitsstätte anwesend ist (nominale Arbeitszeit) oder die er arbeitend oder in Arbeitsbereitschaft verbringt (effektive Arbeitszeit).“[1]
Das Forschungsprojekt „Arbeitszeitentwicklung als Indikator der gesellschaftlichen Entwicklung“ fand im Wintersemester 2004/05 statt. Im Focus stand die Beschäftigung mit der Arbeitszeitforschung im Hinblick auf die Bedeutung der Arbeitszeit für die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland vor 1945. Das Ziel war es, Informationen über die wöchentliche bzw. monatliche Arbeitszeit der Arbeitnehmerschaft aufzuspüren und die Daten unter soziologischen Gesichtspunkten und statistisch-methodologischen Vorzeichen zu deuten. Um möglichst exakte und ausführliche Resultate, zu erreichen hat sich die Gruppe auf 14 Spezialgebiete aufgeteilt, die sich mit den fortschreitenden historischen Abschnitten genauer beschäftigt haben. Angefangen bei statistischen Daten von 1876 bis zu Erhebungen von 1943 entstanden demnach mehrere Referate und Arbeiten die als eine zusammenhängende, wissenschaftliche Reihe angesehen werden können.
Die vorliegende Arbeit bezieht sich auf die Arbeitszeitentwicklung von 1934 bis 1940, die anhand von Individual- und Strukturerhebungen aus verschiedenen Wirtschaftszweigen präsentiert, erläutert und analysiert werden sollen.
1. Methode: Die Dokumentenanalyse
Den Hauptbestandteil der Forschung bildete die Arbeit im Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfahlen (LDS) in Düsseldorf. Die Sichtung der Daten aus historischen Statistiken erforderte viel Zeit und Fingerspitzengefühl. Denn nicht nur die erhobenen Daten selbst, sondern insbesondere ihre Interpretationen in den Dokumenten, enthalten eine nationalsozialistische Färbung.[2] Das bezieht sich nicht nur auf den Inhalt der Quellen. Es war ebenfalls von Bedeutung auf die formalen Aspekte der Herkunft der Daten einzugehen, die unter besonderen historischen Umständen erhoben wurden.
In diesem Zusammenhang spielt die Entwicklung der deutschen Gewerkschaften (bzw. ihre Ersetzung) eine Rolle. Und nicht zuletzt, wird immer wieder auf die politische Prägung des Nationalsozialismus eingegangen werden müssen.
Die verwendeten Datensätze sind Statistiken der Zeit von 1934 bis 1940. Diese Quellen sind aber, wie sich noch zeigen wird, nur als Indikatoren für die reale Arbeitszeit nutzbar. Sie können kein ausreichend gültiges Bild der damaligen Realzustände abgeben. Damit die ‘Zahlen letztendlich nicht lügen’, wird es nicht nur auf eine umfassende Inhaltsanalyse sondern gleichermaßen auf einen Quellenbewertung bezüglich der Bedingungen ankommen, unter denen die genutzten Daten ermittelt worden sind.
2.Datenhintergrund: Die politisch-zeitgeschichtliche Kulisse
Ohne an dieser Stelle der schlussendlichen Auswertung zuvorzukommen, sollen einige Sinnzusammenhänge vorangestellt werden, damit die Einzeluntersuchungen direkt beim lesen objektivierbar werden.
Die Zeit des dritten Reiches erscheint beschäftigungspolitisch und arbeitszeitgeschichtlich besonders interessant, weil sich selbst nach seinem Zusammenbruch, die propagandistischen Thesen des volkswirtschaftlichen Erfolgs der Nationalsozialistischen Regierung scheinbar immer wiederkehren. Dass die Realität keineswegs eine zufriedene Arbeiterschicht barg, ist den Statistiken nicht immer direkt zu entnehmen.
Aber mit dem Abbau der demokratischer Interessenvertretungen wurden dem Groß der Arbeiter ihre öffentlichen Stimmen genommen. Im Zuge der Machtübernahme 1933 wurden die, in der Weimarer Republik etablierten, Gewerkschaften gleichgeschaltet, genauer gesagt: verboten und ersetzt. Das Monopol für die Interessenvertretung der Arbeitnehmerschaft wurde auf die Deutsche Arbeiterfront (DAF) übertragen; diese erfüllte aber nur obligatorisch die Funktion der Arbeitervertretung bei der Regierung. Sondern die DAF sollte vielmehr den propagandistischen Volksgemeinschaftsgedanken der Regierung in die Betriebe tragen.
Das hatte schließlich auch eine Schwächung des Sozialmilieus der Arbeiter zur Folge. Nivellierungstendenzen in Richtung konsumorientierter Massengesellschaft und fortschreitender Zerfall traditioneller Sozialstrukturen standen einer allgemeinen Volksbegeisterung durch den rasanten Abbau der Arbeitslosigkeit gegenüber.[3]
Alle Anhörungsrechte der Betriebsvertretungen wurden gestrichen, weil sie Löhne in die Höhe trieben und der Industrie kein Kapital mehr entziehen sollten. Hohe Löhne hätten eine höhere Konsumkraft der Masse der Arbeitnehmer bewirkt, also den Konsum statt der Rüstungsindustrie gefördert. Und nicht zuletzt hätten Betriebsvertretungen das Meinungsmonopol der Regierungspartei gefährdet.[4]
Besonders die politische Bevorzugung kriegswichtiger Produktionssektoren (wie zum Beispiel auch Metallverarbeitung oder Holzgewinnung) vor beispielsweise der Nahrungsmittelproduktion, wird in den untersuchten Erhebungen erkennbar.
Die DAF ist an der entsprechende Gesetzgebung und den Gesetzesvollzug beteiligt gewesen. Das Gesetz vom 1. Juni 1933 zur Ordnung der nationalen Arbeit (AOG)[5] enthält das Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit. Diesem Ziel sollte alles untergeordnet werden. Das Tarifvertragssystem wurde gestrichen und durch eine feste Tarifordnung ersetzt. Ein interessanter Punkt ist hier die gesetzliche Arbeitszeitverkürzung, deren ausdrückliches Ziel Neueinstellungen zum Abbau der Arbeitslosigkeit waren. Der Betriebsführer und die Arbeitnehmergefolgschaft sollten als eine so genannte Betriebsgemeinschaft angesehen werden, die wiederum der DAF unterstellt war.
Die Arbeitszeitordnung von 1934 befugte den Reichsarbeitsminister ab 1934, die Arbeitszeitverordnung den Erfordernissen anzupassen.[6] Das Amt des Reichsarbeitsminister und die dazugehörigen Treuhänder der Arbeit wurden befug,t Überstundenzuschläge und abweichende Arbeitszeiten festzusetzen.[7] Das kollektive Arbeitsrecht und damit seine Möglichkeiten, auf die Arbeitszeitgestaltung Einfluss zu nehmen, wurde letztlich fast vollständig beseitigt. Mit der Einführung des „Arbeitsbuches“ wurde schließlich sogar die freie Wahl des Arbeitsplatzes eingeschränkt und damit die absolute staatliche Kontrolle des „Arbeitseinsatzes“ ermöglicht.[8]
Unter sehr guten Vorwänden, nämlich der Beseitigung der Arbeitslosigkeit wurde letztendlich die Möglichkeit zur Arbeitszeitverlängerung für Aufrüstung und Krieg geschaffen.
Die DAF sollte ein Gemeinschaftsbewusstsein schaffen, das gleichermaßen eine vertrauensbildende Wirkung auf die Arbeiterschaft haben sollte, die staatliche Kontrolle fördern und die Erfüllung der wirtschaftlichen Pläne ermöglichen.[9]
Mit der Erhöhung der gesetzlichen Urlaubszeiten von drei auf sechs bis zwölf Tage im Jahr, kam man den Arbeitern und Arbeiterinnen entgegen. Die besondere Besorgnis um die Standards des Arbeitsschutzes und der Arbeitsmedizin kam freilich nicht nur der Verminderung krankheitsbedingter Arbeitsausfälle zu Gute: Die bessere Versorgung durch Arbeitshygienemaßnahmen und die Bereitstellung firmeneigener Sportanlagen, Aufenthaltsräume und Werkskantinen bedeuteten deutschlandweit eine Erhöhung der Lebens- bzw. Arbeitsqualität. Die Ausweitung der staatlichen Einflüsse auf die Freizeit und die Freizeitgestaltung (durch die Arbeit der DAF) zeigte sich besonders anschaulich bei der Freizeitorganisation „Kraft durch Freude“.
Diese Sozialpolitik zielte im makroökonomischen Rahmen auf eine Produktionssteigerung ab und verwirkte auf mikroökonomischer Ebene nicht ihre Wirkung der Kontrollsteigerung. Durch betriebsinterne Informationen konnte man gezielt Einfluss ausüben.
3. Daten: Die Einzelerhebungen
3.1. Was, wie, wann, wo, und wozu erhoben wurde?
„Vor 125 Jahren, am 23. Juli 1872, hat das Kaiserliche Statistische Amt" seine Tätigkeit in Berlin aufgenommen. […]Die anfänglich zehn Statistiken wurden in den drei Abteilungen für Bevölkerungsstatistiken, für Statistiken der Landwirtschaft und des Gewerbes und für Statistiken des Verkehrs, der gemeinschaftlichen Einnahmen sowie der Steuer- und Zollverwaltung bearbeitet. Bis zum Ende des ersten Weltkriegs wurde das Grundprogramm auf rund 100 Statistiken erweitert und methodisch wesentlich verbessert. Das ständig beschäftigte Personal stieg während dieses Zeitraums von ursprünglich 12 auf über 600 Personen an.“[10]
Die amtliche Statistik stand unmittelbar im Dienste der staatlichen Verwaltung der Nation. Für die Regierung und die Verwaltung war das Erforschen der Bevölkerung und der Wirtschaft eine wichtige Aufgabe, um innenpolitische Zustände ermitteln zu können. Mit dieser Grundlage war die Statistik ein wichtiges staatliches Instrument. Die Befragten hatten gesetzlich die Verpflichtung zu antworten. Das Kaiserliche Statistische Amt, das seit 1871 bestand, ging mit der Machtübernahme Hitlers in das Statistische Reichsamt über. Es blieb weiterhin eine staatliche Institution und wurde zu verwaltungspolitischen Zwecken gebraucht und benutzt.
Im folgenden Abschnitt werden fünf Erhebungen aus den Jahren 1934 bis 1940 beschrieben. Es wird zwischen Strukturerhebungen und Individualerhebungen unterschieden. Das bedeutet nichts anderes, als dass sich Erstere auf eine möglichst großflächig angelegte Untersuchung stützt, um die Grundformation eines Forschungsgebietes feststellen zu können. Dazu gehören insbesondere regionale Unterschiedlichkeiten. Individualerhebungen dagegen benötigen weniger ein großes Forschungsfeld als eine intensive Detailerfassung; hier werden insbesondere die inneren Regeln und speziellen Eigenarten eines Forschungsgegenstandes fokussiert.
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[1] Meinert 1958, S. 1.
[2] Diekmann 1998, S. 481.
[3] Frei, Norbert: Der Führerstaat. Nationalsozialistische Herrschaft 1933 bis 1945. Nördlingen 1987, S. 94.
[4] Tietje, Teemu: Grundfragen des Arbeitszeitrechts. In Schriften zum Sozial- und Arbeitsrechts, Band 190. Berlin 2001, S. 44.
[5] RGB1.1934I, S.45.
[6] §68 Abs.3 AOG
[7] § 68 Abs.1 AOG. Siehe: Tietje 2001, S. 43.
[8] Frei, 1987, S.93.
[9] Frei, 1987, S.95.
[10] Statistisches Bundesamt, 1997.
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