Im Zuge der Europäisierung des Rechts und dem europaweiten Schutz von Minderheiten beschließt der Europa-Rat am 29. Juni 2000 die „Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungs-Grundsatzes ohne Unterschied der Rasse und der ethnischen Herkunft“. Alle Menschen sollen ohne Ansehen der Person Zugang haben zu Beschäftigungsverhältnissen, Berufsausbildung und –beratung, Weiterbildungsmaßnahmen und Umschulungen; Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, Mitgliedschaft und Mitwirkung in Organisationen der Arbeitnehmer oder Arbeitgeber sollen ermöglicht bzw. erleichtert sowie der Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, gewährleistet werden. 1 Fünf Monate später, am 27. November 2000, verabschiedet der Rat eine weitere Richtlinie, die „Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“, welche die allgemeine Diskriminierung wegen der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität in der Berufswelt beseitigen bzw. sanktionieren soll. Beide Richtlinien müssen in jedem der damals 25 EU-Mitgliedstaaten durch ein Antidiskriminierungsgesetz in nationales Recht umgesetzt werden. Hierfür wird eine dreijährige Frist gewährt. Am 3. September 2002 beschließt der europäische Rat die „Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf Arbeitsbedingungen“, welche die Gleichstellung der Geschlechter thematisiert. Auch sie soll von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Was eigentlich recht einfach klingt – die Umsetzung dreier inhaltlich nahe liegender Richtlinien – nimmt in Deutschland sehr viel Zeit in Anspruch und dauert bis auf den heutigen Tag an. 1 vgl. Mühlenbruch 144
Inhalt
I. Das Antidiskriminierungsgesetz (ADG) – Was ist das?
a. Der Auftrag: Umsetzung der EU-Richtlinien
b. Zeitliche Entwicklung des ADG
II. Gesetzentwurf 2002
a. Wesentliche Inhalte
b. Reaktionen
c. Kirchenkonflikt
III. Gesetzentwurf 2005
a. Wesentliche Änderungen des Inhalts
b. Reaktionen
c. Ausblick
IV. Kommentar zum ADG, dessen Einführung und den Reaktionen darauf
Anhang: Literaturverzeichnis
I. Das Antidiskriminierungsgesetz (ADG) – Was ist das?
a. Der Auftrag: Umsetzung der EU-Richtlinien
Im Zuge der Europäisierung des Rechts und dem europaweiten Schutz von Minderheiten beschließt der Europa-Rat am 29. Juni 2000 die „Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungs-Grundsatzes ohne Unterschied der Rasse und der ethnischen Herkunft“. Alle Menschen sollen ohne Ansehen der Person Zugang haben zu Beschäftigungsverhältnissen, Berufsausbildung und –beratung, Weiterbildungsmaßnahmen und Umschulungen; Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, Mitgliedschaft und Mitwirkung in Organisationen der Arbeitnehmer oder Arbeitgeber sollen ermöglicht bzw. erleichtert sowie der Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, gewährleistet werden.[1]
Fünf Monate später, am 27. November 2000, verabschiedet der Rat eine weitere Richtlinie, die „Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“, welche die allgemeine Diskriminierung wegen der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität in der Berufswelt beseitigen bzw. sanktionieren soll.
Beide Richtlinien müssen in jedem der damals 25 EU-Mitgliedstaaten durch ein Antidiskriminierungsgesetz in nationales Recht umgesetzt werden. Hierfür wird eine dreijährige Frist gewährt.
Am 3. September 2002 beschließt der europäische Rat die „Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf Arbeitsbedingungen“, welche die Gleichstellung der Geschlechter thematisiert. Auch sie soll von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.
Was eigentlich recht einfach klingt – die Umsetzung dreier inhaltlich nahe liegender Richtlinien – nimmt in Deutschland sehr viel Zeit in Anspruch und dauert bis auf den heutigen Tag an.
b. Zeitliche Entwicklung des ADG
Zur besseren Einordnung der Abläufe ist hier eine tabellarische Übersicht über die zeitliche Entwicklung der Entstehung des deutschen ADG gegeben.
- 29.06.2000: EU-Rat beschließt „Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungs-Grundsatzes ohne Unterschied der Rasse und der ethnischen Herkunft“
- 27.11.2000: EU-Rat beschließt „Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“.
- 10.12.2001: Vorstellung des deutschen Gesetzentwurfes
- 19.02.2002: Anhörung des Gesetzentwurfes im Bundestag, massive Kritik von Wirtschaft, Kirchen und Opposition. Daraufhin entfernt die Regierung zunächst die Kriterien Alter, Religion und Weltanschauung aus dem Gesetzentwurf, stellt dann im Zuge des Wahlkampfes das Thema vorerst ganz ein.
- 03.09.2002: EU-Rat beschließt „Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf Arbeitsbedingungen“
- 19.07.2003: Ablauf der EU-Umsetzungsfrist der ersten beiden Richtlinien
- 19.07.2004: EU-Kommission kündigt rechtliche Schritte wegen Nichtumsetzung der Richtlinien in Deutschland und fünf weiteren Staaten an
- 15.12.2004: Vorstellung des neuen Gesetzentwurfs
- 20.01.2005: Erste Lesung des neuen Gesetzentwurfs im Bundestag, erneut massive Kritik von Wirtschaft, Kirchen und Opposition.
II. Erster Gesetzentwurf des AKD im Jahr 2002
a. Wesentliche Inhalte
Das ADG widmet sich vor allem Diskriminierungen im privatrechtlichen Bereich.
Als Beispiele gängiger Diskriminierungssituationen werden immer wieder die Verwehrung des Eintritts in Diskotheken für Ausländer oder ältere Menschen genannt, sowie die Verweigerung der Vermietung von Wohnungen an Ausländer oder Moslems. Solche und ähnliche Situationen soll das ADG verhindern. Namentlich soll das Gesetz Minderheiten aufgrund der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität sowie der Ethnie oder Volkszugehörigkeit schützen.
Die Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, die vorgegebenen Maßnahmen der EU-Richtlinien nicht nur eins zu eins umzusetzen, sondern im deutschen ADG noch zu übertreffen. So ist im Entwurf eine Umkehr der Beweislast vorgesehen.[2] Fühlt sich ein Arbeitnehmer oder Bewerber um eine Arbeitsstelle ungleich behandelt und kann dies „glaubhaft“[3] machen, ist es also Sache des beschuldigten Arbeitgebers, zu beweisen, dass seine Handlungen und Entscheidungen nicht in diskriminierender Absicht geschahen.
Alle Menschen sollen Zugang zu Dienstleistungen und Angeboten aller Art haben (z.B. im handwerklichen oder gastronomischen Bereich). Besonders deutlich wird diese Regelung vermutlich bei der Vermietung von Wohnungen und bei Versicherungsabschlüssen zu Tage treten. Pauschale Ablehnung von Ausländern, Behinderten etc. sind demnach nach Inkrafttreten des ADG nicht mehr möglich.
b. Reaktionen
Der Gesetzentwurf des ADG erntete überwiegend negative Kritik aus den Reihen der Opposition, der Arbeitgeberverbände, der Wirtschaft und weiterer Organisationen.
Sehr krass formulierte Dieter Hundt, Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände: „Das Gesetz ist ein Projekt von weltfremden, missionarischen und ideologischen Bürokraten. (...) Was scheinbar harmlos daher schleicht, ist in Wirklichkeit ein Haufen neuer Bürokratie und Sprengstoff für unsere Wirtschaftsordnung.“[4] Die Umsetzung der EU-Richtlinien zur Antidiskriminierung dürfe nicht dazu führen, dass die Bundesregierung weit über deren Ziele hinausgehe. Den Richtlinien könne im Hinblick auf das deutsche Arbeitsrecht durch „geringfügige Ergänzungen bestehender Regelungen“ entsprochen werden.[5]
[...]
[1] vgl. Mühlenbruch 144
[2] Vgl. § 23 im „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Antidiskriminierungsrichtlinien“ von 2005 (bzw. Art. 1, Abs. 1 im „Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Verhinderung von Diskriminierungen im Zivilrecht“ von 2002)
[3] ebd.
[4] Die Welt, 19.03.2002
[5] Die Welt, 28.12.2002
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