Der Räuberhauptmann Hannikel, mit bürgerlichem Namen Jakob Reinhard, ist eine schillernde, wenn auch heute fast in Vergessenheit geratene Gestalt der Geschichte des 18. Jahrhunderts. Mehr als 20 Jahre lang stahl und raubte er in der Gegend um Pirmasens und versetzte mit seiner Bande die Bevölkerung in Angst und Schrecken.
Als Zigeuner und Vaganten standen Hannikel und seine Leute außerhalb der frühneuzeitlichen Gesellschaft und lebten in ihrer eigenen Kultur mit ihren eigenen Regeln und Gesetzen und mussten jederzeit mit Verfolgung rechnen. Als berüchtigten Räubern drohte ihnen die Verhaftung durch die Behörden, und der Tod stand ihnen ständig vor Augen.
In dieser Hausarbeit möchte ich einen Blick auf das Leben unter solchen Voraussetzungen werfen. Nicht die spektakulären Raubüberfälle und Einbrüche des berüchtigten Hannikel sollen hierbei im Mittelpunkt stehen – obwohl auch sie selbstverständlich Eingang finden werden –, sondern der Alltag der Menschen in der Zigeuner-Gemeinschaft um Hannikel, soweit Zeitzeugen-Berichte und Literatur darüber Auskunft geben. Besonderes Augenmerk möchte ich auf die Rolle der Frauen legen und – so weit wie möglich – herausfinden, welchen Einfluss und welche Aufgaben sie in der Räuberbande übernommen und wie sie zum Überleben der Gemeinschaft beigetragen haben.
Beginnen möchte ich diese Arbeit jedoch mit einer kurzen Zusammenfassung der Geschichte des Hannikel und seiner Taten, um vorerst einen Überblick über die Rahmenhandlung zu gewährleisten.
Inhalt
I. Einleitung
II. Die Räuberbande des Hannikel
1. Die Geschichte des Hannikel und seiner Bande
2. Räuber-Alltag
3. Die Rolle der Frauen in der Hannikel-Bande
III. Fazit
Anhang: Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Der Räuberhauptmann Hannikel, mit bürgerlichem Namen Jakob Reinhard, ist eine schillernde, wenn auch heute fast in Vergessenheit geratene, Gestalt der Geschichte des 18. Jahrhunderts. Mehr als 20 Jahre lang stahl und raubte er in der Gegend um Pirmasens und versetzte mit seiner Bande die Bevölkerung in Angst und Schrecken.
Als Zigeuner und Vaganten standen Hannikel und seine Leute außerhalb der frühneuzeitlichen Gesellschaft und lebten in ihrer eigenen Kultur mit ihren eigenen Regeln und Gesetzen und mussten jederzeit mit Verfolgung rechnen. Als berüchtigten Räubern drohte ihnen die Verhaftung durch die Behörden, und der Tod stand ihnen ständig vor Augen.
In dieser Hausarbeit möchte ich einen Blick auf das Leben unter solchen Voraussetzungen werfen. Nicht die spektakulären Raubüberfälle und Einbrüche des berüchtigten Hannikel sollen hierbei im Mittelpunkt stehen – obwohl auch sie selbstverständlich Eingang finden werden –, sondern der Alltag der Menschen in der Zigeuner-Gemeinschaft um Hannikel, soweit Zeitzeugen-Berichte und Literatur darüber Auskunft geben. Besonderes Augenmerk möchte ich auf die Rolle der Frauen legen und – so weit wie möglich – herausfinden, welchen Einfluss und welche Aufgaben sie in der Räuberbande übernommen und wie sie zum Überleben der Gemeinschaft beigetragen haben.
Beginnen möchte ich diese Arbeit jedoch mit einer kurzen Zusammenfassung der Geschichte des Hannikel und seiner Taten, um vorerst einen Überblick über die Rahmenhandlung zu gewährleisten.
II. Die Räuberbande des Hannikel
1. Die Geschichte des Hannikel und seiner Bande
Jakob Reinhardt, später genannt Hannikel, wurde um das Jahr 1742 bei Kleinschieberstadt nahe Mannheim geboren. Beide Eltern waren Zigeuner; sein Großvater hatte unter dem Namen der kleine Conrad seine Räuberkarriere bereits am Rad beendet. Sein Vater Friedrich Reinhardt war ein Deserteur des Regiments zu Hessen-Darmstadt und starb, als Hannikel vier Jahre alt war. Seine Mutter Catharina Reinhardt, genannt Geißin, zog mit ihren drei Söhnen Geuder, Hannikel und Wenzel zunächst allein umher. Nach einer kurzen Periode der Sesshaftigkeit als Gänse- und Schweinehirten im Breisgau schloss sich die kleine Familie einer verwandten Zigeunersippe an. Hier bekamen die Jungen ihre Zigeuner-Namen, und aus Jakob Reinhardt wurde Hannikel, der „Ochse“[1].
Die Zigeunergemeinschaft ernährte sich durch Betteln und kleinere Diebstähle, mitunter jedoch auch durch legale Arbeit. Drei Jahre lang verdiente Hannikel seinen Lebensunterhalt als Wildhüter, später mehrere Jahre als Holzarbeiter bei verschiedenen Glashütten. Später wurde er Hausierer und handelte mit gestohlener Ware.[2]
Mit seiner ersten Frau[3] namens Christine oder Galimensch lebte Hannikel neun Jahre zusammen, bevor sie im Zuchthaus von Mannheim verstarb. Aus dieser Verbindung hatte er eine Tochter mit dem Zigeuner-Namen Dennelen, die geistig behindert war, und einen Sohn, der Bastardi genannt wurde. Von seiner zweiten Frau Fredricho trennte Hannikel sich nach nur vier Jahren. Mit ihr bekam er eine weitere Tochter, Felix. Schließlich tat er sich mit Katharina Frank, genannt die Frankenhannesen Käter, zusammen. Diese brachte vier Kinder in die Ehe ein, ein weiterer Sohn (Dieterlen) wurde geboren.
Acht größere Raubüberfälle gestand Hannikel nach seiner Verhaftung dem Oberamtmann von Sulz, Georg Jacob Schäffer, welcher Beteiligte, Schaden und die näheren Umstände genauestens dokumentierte.[4] Demnach überfielen die Räuber reiche Juden nachts in ihren Häusern, zwangen sie auf brutale Weise, Geld und Wertgegenstände herauszugeben und trugen zuletzt alles, was sie irgendwie transportieren konnten, davon (Kleider, Bettzeug,…). An den Unternehmen beteiligten sich zwischen 16 und 29 Männer. Hannikel selbst scheint nur bei fünf davon anwesend gewesen zu sein.[5] Die Beute betrug zwischen 1070 Florin, 40 Kreuzer und 18.333 Florin.
Möglicherweise aufgrund einer Drohung des Grafen von Hessen-Darmstadt[6] verlegten sich Hannikel und seine Bande dann jedoch auf stille Einbrüche, bei denen die Bewohner des Hauses – nach wie vor reiche Juden vor allem, aber auch evangelische Geistliche – nicht geweckt wurden. Auf diese sehr viel weniger brutale Weise waren jedoch nur viel geringere Beträge zu bekommen.[7] Die genaue Zahl der Diebstähle ist nicht überliefert. Hannikel wurde für 40 Straftaten, bei denen er insgesamt 41.614 fl., 4 kr. entwendet hatte, verurteilt; sein Biograf Witlich jedoch schätzt, dass das nicht mehr als ein Drittel der tatsächlich begangenen Delikte waren.[8]
Für das Ende dieser erfolgreichen Räuber-Karriere sorgte Hannikel in seiner Unvorsichtigkeit mehr oder weniger selbst. Eine leidenschaftliche Privat-Fehde verband ihn mit dem Zigeuner Christoph Pfister, genannt Toni, der seinem Schwager Wenzel dessen Frau Mantua ausgespannt hatte. Hannikel schwor Rache, und seither kam es bei jeder Begegnung zu Auseinandersetzungen. Bei einer solchen Gelegenheit soll Hannikel von Toni und seiner Sippe „so zusammengeschlagen“ worden sein, „daß er mehr als ein Vierteljahr bettlägrig war“[9]. Als Toni dann mit Hannikels Stieftochter Urschel in Kontakt kam[10], verriet diese ihn, und Hannikel, Wenzel und einige andere lauerten ihm auf und misshandelten ihn so, dass er an seinen Verletzungen starb. Vorher allerdings konnte er die Namen seiner Mörder den Behörden nennen. Diese wiederum arbeiteten nun mit der Sippe des Ermordeten zusammen, woraufhin zunächst die Verhaftung der Fankenhannesen Käter und ihrer drei Töchter, später die Festnahme des in die Schweiz geflüchteten Hannikel und der Mehrzahl seiner Männer gelang. 32 Männer, Frauen und Kinder nahm Oberamtmann Schäffer von Sulz in dieser Angelegenheit in Haft.
[...]
[1] Viehöfer, Erich: „Der Schrecken seiner Zeit und die Bewunderung aller Jauner und Zigeuner“: Jakob Reinhardt, genannt Hannikel. In: Siebenmorgen, Harald (Hrsg.): Schurke oder Held? Historische Räuber und Räuberbanden. Jan Thorbecke Verlag GmbH & Co., Sigmaringen 1995. S. 68
[2] vgl. ebenda, S. 69
[3] Da Zigeuner-Ehen selten kirchlich und/oder nach offiziellen Gesetzen geschlossen wurden, werden die Frauen in den Aufzeichnungen meist als „Beischläferinnen“ oder „Concubinen“ bezeichnet. Der Einfachheit halber nenne ich sie jedoch (Ehe-)Frauen, die sie de facto auch waren.
[4] Schäffer, Georg Jacob: Sulz. Zigeuner-Liste und genaue Beschreibung des zum Schaden und Gefahr des Gemeinen Wesens meistens in Schwaben, auch in Böhmen, Ungarn, so dann in denen Hessen Haunau-Lichtenbergischen Landen, und besonders bey Pirmases herum sich aufhaltenden – und herum vagirenden Räuber- und Zigeuner-Gesindels (…). Christoph Friedrich Cotta Hof- und Canzlei-Buchdruckerei, Stuttgart 1787. Die Überfälle werden auf den Seiten 64 – 66 beschrieben.
[5] In den Berichten zu den Einbrüchen von Dettweiler, Niederbronn und Obermöhlingen wird er nicht erwähnt. Vgl. Schäffer S. 64 – 66.
[6] Offenbar gab der Graf auf Drängen eines der bestohlenen Juden hin die Weisung aus, dass alle Zigeuner aus seinem Gebiet vertrieben werden sollen, sofern nicht alles Diebesgut, das noch vorhanden sei, wieder auftauche (vgl. Viehöfer S. 70). Viehöfer sieht darin den Grund für Hannikels plötzlichen Metier-Wechsel, was ich jedoch nicht ganz nachvollziehen kann.
[7] In der unvollständigen Liste in Witlichs Bericht tauchen Beträge zwischen 2 fl. 10 kr. und 339 fl. auf. Vgl. Wittlich, Christian Friedrich: Hannikel und seine Bande. In: Boehncke, Heiner und Sarkowisz, Hans (Hrsgs.): Die deutschen Räuberbanden in Originaldokumenten. Band I: Die Großen Räuber. Eichborn Verlag, Frankfurt (M.) 1991². S. 124
[8] vgl. Witlich S. 125
[9] Viehöfer S. 71. In Witlichs (sonst sehr ausführlichem) Bericht wird dieser Vorfall übrigens nicht erwähnt. Im Gegenteil behauptet jener, Toni sei in sechseinhalb Jahren nicht „ein Haar gekrümmt worden“. (Witlich S. 126)
[10] Viehöfer zufolge hatten die beiden ein Verhältnis (vgl. S 73), Singers Meinung nach handelte Urschel nur als Lockvogel (vgl. Singer, Hans: Portrait of a Robber Chief. In: Journal of the Gypsy Lore Society. Third Series, Vol. XVI. 1937, Heft 4. S. 10 [des Aufsatzes]).
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- Lena Marie Hahn (Autor), 2003, Die Räuberbande des Hannikel, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39297
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