Die Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund in das Bildungssystem und in den Arbeitsmarkt ist eine der größten Herausforderungen der deutschen Gesellschaft. Damit diese gelingt, sind der Zugang zum Bildungssystem und dessen Erträge unabdingbar. Aufgrund der demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangels, der in einigen Branchen bereits zu spüren ist, sollte es im Interesse der allgemeinen Gesellschaft liegen, dass Menschen mit Migrationshintergrund dieselben Chancen auf Bildung wie Einheimische bekommen, denn nur als beschäftigte Beitragszahler können sie für ein funktionierendes Sozialversicherungssystem mitsorgen. Dennoch gelten Menschen mit Migrationshintergrund oft immer noch als Bildungsverlierer. Zwar haben sich die Kompetenzen von Schülern mit Migrationshintergrund sowohl im Grundschul- als auch im Sekundärbereich verbessert, dennoch münden sie immer noch viel häufiger in Haupt- oder Förderschulen ein und verlassen die Schule immer noch mehr als doppelt so häufig ohne Schulabschluss als Einheimische und weniger als die Hälfte mit der Hochschulreife.
Diese Arbeit versucht herauszufinden, wie sich Bildungsbenachteiligungen erklären lässt und welche Rolle dabei Selektionsmechanismen spielen. Außerdem wird der Frage nachgegangen, welche Rolle die institutionelle Diskriminierung spielt und welche bildungspolitischen Maßnahmen bisher ergriffen wurden, um die Bildungschancen von Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern.
2.1 Migration/Migrationshintergrund
3 Institutionelle Diskriminierung
4 Aktuelle Situation junger Migranten im Bildungssystem
4.1 Frühkindliche Bildung
4.2 Situation in der Grundschule
4.3 Übergang an weiterführende Schulen
4.4 Berufliche Ausbildung
4.5 Hochschule
4.6 Erwerbstätigkeit
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Erklärung
1 Einleitung
Die Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund in das Bildungssystem und in den Arbeitsmarkt ist eine der größten Herausforderungen der deutschen Gesellschaft. Damit diese gelingt, sind der Zugang zum Bildungssystem und dessen Erträge unabdingbar. Aufgrund der demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangels, der in einigen Branchen bereits zu spüren ist, sollte es im Interesse der allgemeinen Gesellschaft liegen, dass Menschen mit Migrationshintergrund dieselben Chancen auf Bildung, wie Einheimische bekommen, denn nur als beschäftigte Beitragszahler können sie für ein funktionierendes Sozialversicherungssystem mitsorgen (Becker, 2011, S. 11)
Dennoch gelten Menschen mit Migrationshintergrund oft immer noch als Bildungsverlierer. Dies bestätigen viele Studien, indem sie oftmals als Ursache den sozioökonomischen Status oder die Kapitalausstattung im Sinne von Bourdieu sehen (Ditton & Aulinger, 2011, S. 98). Auch im aktuellen Bildungsbericht wird angegeben, dass der Bildungserfolg immer noch zu oft von der sozialen Herkunft abhängt. Zwar haben sich die Kompetenzen von Schülern mit Migrationshintergrund sowohl im Grundschul- als auch im Sekundärbereich verbessert, dennoch münden sie immer noch viel häufiger in Haupt- oder Förderschulen ein und verlassen die Schule immer noch mehr als doppelt so häufig ohne Schulabschluss als Einheimische und weniger als die Hälfte mit der Hochschulreife. Ebenso überdurchschnittlich häufig bleiben sie ohne Berufsabschluss (Baethge, Brugger, Füssel, Rauschenbach, Rockmann, Seeber & Wolter, 2016). Der Migrationsstatus alleine oder sozioökonomische Faktoren reichen jedoch nicht aus um unterschiedliche Lernerfolge und Bildungsbeteiligung zu erklären (Ditton & Aulinger, 2011, S. 98).
Aus diesem Zusammenhang ergeben sich folgende Fragen:
Wie lässt sich diese Bildungsbenachteiligung bzw. Ungleichheit erklären?
Inwiefern spielen Selektionsmechanismen eine Rolle?
Inwieweit spielt institutionelle Diskriminierung eine Rolle?
Welche bildungspolitischen Maßnahmen wurden bisher ergriffen um die Bildungschancen von Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern?
Um diese Fragen beantworten zu können, ist zunächst eine Definition und Abgrenzung der Begriffe Migration bzw. Migrationshintergrund, sowie Integration erforderlich. Um das Thema der Arbeit angemessen bearbeiten zu können, werden der aktuelle Bildungsbericht, sowie weitere erforderliche Literatur und Studien zu den Themen Migration und Diskriminierung in den Bereichen Schule, Ausbildung und Erwerbstätigkeit, sowie die Theorie der Schule nach Fend und die institutionelle Diskriminierung von Gomolla hinzugezogen. In Kapitel 3 werden die institutionelle Diskriminierung nach Gomolla und die Theorie der Schule nach Fend beschrieben. Kapitel 4 bildet den Schwerpunkt dieser Arbeit, indem die aktuelle Situation von Menschen mit Migrationshintergrund im Bildungssystem, anhand des aktuellen Bildungsberichts dargestellt und hinsichtlich vorhandener Selektionsmechanismen und Diskriminierung untersucht wird. Im letzten Kapitel sollen alle wichtigen Ergebnisse zusammengefasst werden, sowie ein möglicher Ausblick erfolgen.
2 Begriffserklärungen
Für ein besseres Verständnis werden zunächst, die für diese Arbeit relevanten Begriffe definiert und voneinander abgegrenzt.
2.1 Migration/Migrationshintergrund
Laut dem statistischen Bundesamt hat eine Person einen Migrationshintergrund, sobald sie selbst oder mindestens ein Elternteil mit einer nicht-deutschen Staatsangehörigkeit in Deutschland geboren ist. Zu den Menschen mit Migrationshintergrund zählen somit die ausländische Bevölkerung, die im Inland oder im Ausland geboren wurde, sowie alle Zugewanderten unabhängig von ihrer Nationalität. Dazu gehören ebenfalls Personen, die in Deutschland geboren wurden und eingebürgert sind, sowie Menschen, die von Geburt an die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und deren Eltern einen Migrationshintergrund aufweisen. Deutsche Kinder von Spätaussiedlern und Eingebürgerten, sowie Kinder, die ab dem Jahr 2000 geboren sind und die deutsche sowie eine andere Staatsbürgerschaft besitzen, werden ebenfalls zu den Personen mit Migrationshintergrund gezählt. Zusätzlich wird zwischen Migrationshintergrund im engeren und weiteren Sinne unterschieden (Statistisches Bundesamt, 2016). Zu den Menschen mit Migrationshintergrund „im engeren Sinne“ zählen alle Zugewanderte und alle Ausländer, die in Deutschland geboren wurden. Personen, die die deutsche Staatsbürgerschaft seit Geburt an besitzen, haben einen Migrationshintergrund „im engeren Sinne“, wenn sie mit ihren Eltern oder zumindest einem Elternteil im selben Haushalt leben (Özoğuz, 2014). Zu den Personen mit Migrationshintergrund „im weiteren Sinne“ zählen auch in Deutschland geborene Deutsche mit Migrationshintergrund, die nicht mehr mit ihren Eltern zusammen leben (bpb, 2015).
2.2 Integration
Unter Integration wird die Eingliederung von Migranten in der Gesellschaft in der sie leben verstanden. Dies entspricht den Bereichen Sprache und Kultur, dem Arbeitsmarkt sowie sozialen Beziehungen zu anderen Menschen. Zu unterscheiden ist Integration von Assimilation, worin in Letzterer Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund abgebaut werden. Ältere Integrationstheorien gehen davon aus, dass Migranten am besten integriert werden, indem sie an die ethnische Mehrheit der Einwanderungsgesellschaften angeglichen werden, während neuere Theorien ein offeneres Verständnis von Integration und Assimilation aufweisen (Hans, 2016, S. 44).
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sieht Integration als einen nachhaltigen Prozess, mit dem Ziel alle Menschen, die langfristig in Deutschland leben und über eine Aufenthaltsgenehmigung verfügen, in die Gesellschaft aufzunehmen. Dafür werden sie verpflichtet Deutsch zu lernen, sowie die „Verfassung und die Gesetze zu kennen, zu respektieren und zu befolgen“ (BAMF, 2016).
3 Institutionelle Diskriminierung
Diskriminierung bedeutet zunächst Ungleichbehandlung, aber nicht jede Ungleichbehandlung bedeutet Diskriminierung. Unterschieden wird zwischen legitimer, zum Beispiel wenn eine Arbeitsstelle mit einer Person besetzt wird, die über eine formal höhere Qualifikation verfügt und illegitimer Ungleichbehandlung, welche hinsichtlich nicht legitimer Kriterien erfolgt, wozu Diskriminierung gehört. Zu den Merkmalen der illegitimen Ungleichbehandlung zählen die ethnische und nationale Herkunft, Hautfarbe, Kultur und Sprache, Religion, Ideologie, Geschlecht, Alter, sexuelle Ausrichtung und Behinderung. Diskriminierung geschieht nicht aufgrund dieser Merkmale, sondern diese werden als Ursache gesehen (Heckmann, 2015, S. 232).
Institutionelle Diskriminierung bezieht sich auf Regeln und Behandlungsweisen in Institutionen, die Ungleichheit erzeugen. Dabei folgen Menschen, die in einer bestimmten Position tätig sind Regeln, die diskriminierend sind und dadurch andere Menschen diskriminieren (Heckmann, 2015, S. 233). Institutionelle Diskriminierung ist ein weit verbreitetes Phänomen, welches in der Öffentlichkeit wenig Resonanz bekommt, solange es keine Mehrheiten betrifft. Die Behauptung Migranten und ihre Kinder würden etwa durch Organisationen, begonnen vom Kindergarten bis hin zu Schulen, Betrieben, Krankenhäusern und Polizei diskriminiert, steht kaum zur Diskussion. Auch statistische Ergebnisse über Ungleichheit beim Schulerfolg, Beschäftigung und Vergütung werden einfach akzeptiert oder als nicht vorhanden angesehen. Oft wird den Migranten individuelles Versagen oder mangelnde Integrationsbereitschaft vorgeworfen. Im besten Fall wird erwartet, dass sich das Problem nach drei oder vier Generationen von selbst wieder auswächst (Gomolla & Radtke, 2009, S. 13).
3.1 Theorie nach Gomolla
Gemäß Gomolla geschieht institutionelle Diskriminierung bei Migranten in zweifacher Weise. Einerseits durch gesetzliche Vorschriften, wie zum Beispiel Aufenthalts-, Arbeits,-Steuer- und Sozialversicherungsrecht, Bestimmungen über das Kindergeld oder der Sozialhilfe, die von dem Niederlassungsrecht abhängig sind, welche nicht nur Deutsche von Ausländern unterscheiden, sondern auch Migranten nach ihrem Aufenthaltsstatus. Durch diese rechtliche Ungleichstellung werden die Zugewanderten direkt und legal benachteiligt. Als zweites nennt Gomolla die alltägliche Diskriminierung in Organisationen, wie zum Beispiel die ungleiche Verteilung beliebter Berufspositionen, im privaten und öffentlichen Sektor nach Geschlecht. Gomolla beruft sich auf Feagin und Boher Feagin (1986), die zwischen direkter und indirekter institutioneller Diskriminierung unterscheiden. Unter direkter institutioneller Diskriminierung werden Handlungen verstanden, die sich in einer organisatorischen oder lokalen Situation ergeben und zum Nachteil für Mitglieder bestimmter Gruppen führen soll. Solche Handlungen erfolgen typischer Weise regelmäßig, wie zum Beispiel die Bevorzugung von Innländern bei der Arbeitsvermittlung. Im Gegensatz dazu, wird von indirekter institutioneller Diskriminierung gesprochen, wenn Handlungen negative und ungleiche Wirkungen für ethnische Minderheiten oder Frauen aufweisen, obwohl Gesetze und Regeln ohne Vorurteile und Schadensabsichten angeordnet und durchgeführt wurden. Auf dem ersten Blick erscheinen solche Handlungen gerecht, angemessen oder neutral. Dabei gibt es unterschiedliche Ursachen indirekter Diskriminerung. Zum einen können Handlungen diskriminierende Wirkung aufweisen, weil sie mit Strategien direkter Diskriminierung in einem anderen organisationalen Bereich in Verbindung stehen, Beispielsweise Nachteile bei der Wohnungssuche, wegen Diskriminierung bei der Entlohnung im Betrieb. Zum anderen kann sich Benachteiligung durch Diskriminierung in der Vergangenheit, wie zum Beispiel in der Ausbildung, zum Nachteil bei der Entlohnung führen (past-in-present-discrimination). Rassische Ungleichheitsmuster lassen sich durch Wechselwirkungen von direkter und indirekter Diskriminierung erklären, wie zum Beispiel einerseits die Beseitigung formaler Zugangsbarrieren für Migranten, andererseits die gleichzeitige Screening-Prozedur oder neue Gesetze, um ethnische Minderheiten fernzuhalten und zu entmutigen (Feagin & Bohen Feagin, 1986; Gomolla & Radtke, 2009, S. 50-51). Gomolla unterscheidet weiterhin zwischen positiver und negativer Diskriminierung. In staatlichen Schulen ist institutionelle Diskriminierung nur noch als positive Diskriminierung zu erkennen, indem Nachteile kompensiert werden oder Chancengerechtigkeit hergestellt werden soll (Gomolla & Radtke, 2009, S. 84). Eine zeitweise eingeführte Vorbereitungsklasse, die dem Spracherwerb dienen soll und mit dem Ziel der baldmöglichsten Integration in den Regelunterricht begründet wird, ist als positive Diskriminierung zu verstehen. Wenn diese Segregation ein Dauerzustand wäre und dadurch keine Chance besteht einen Schulabschluss zu erreichen, lässt sich von negativer Diskriminierung sprechen (Gomolla & Radtke, 2009, S. 278).
3.2 Theorie nach Fend
Fend analysiert die Chancengleichheit und Bildungsbeteiligung des deutschen Bildungssystems der letzten sechzig Jahre und verweist auf den zunehmenden Einfluss der Wirtschaft sowie die ansteigende ökonomische Auffassung von Bildung. Er geht zuerst auf die Theorie der Gesellschaft ein und bezeichnet die Rolle der Schule als für das Überleben notwendig. Dabei zeigt er den Zusammenhang zwischen dem Humankapital und der Schule auf und verweist auf den möglichen Einfluss der Schule auf die Politik und die soziale Struktur der Gesellschaft. Anhand empirischen Befunden, die bis in die 1960er Jahre reichen, erläutert er die Veränderungen und die gleichzeitige Inflexibilität der Gesellschaft. Er betont, dass das Bildungssystem eine Instanz ist, welche die tiefgreifende Funktion hat, die wesentlichen Kulturen und Denkweisen sowie die Identität von Gesellschaftsmitgliedern zu bilden, um auf diese Weise den Zusammenhalt des Gemeinwesens zu wahren. Dies soll dazu dienen, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl sowie das Gefühl der gerechten Teilhabe gestärkt werden. Fend bezieht sich besonders auf Talcott Parsons, der Gesellschaften als ein komplexes Gefüge von Subsystemen versteht, die bestimmte Aufgaben zu erfüllen haben um zu funktionieren. Ohne eine demokratisch legitimierte Herrschaft, eine Bürokratie, die auf Gesetze basiert und eine wissenschaftlich fundierte Rationalität, kann eine Gesellschaft nicht fungieren. Dahingehend dient das Bildungswesen der Integration in die Gesellschaft, indem es Qualifikationen sowie Normen und Werte vermittelt, die wesentlich für die individuelle und gesellschaftliche Existenzbewältigung sind und auf die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung basieren. Diese positive Darstellung des Bildungssystems wurde in den 1960er und 1970er Jahren massiv beanstandet. Kritisiert wurde vor allem, dass Schulsysteme Qualifikationen produzieren, die für das kapitalistische Wirtschaftssystem notwendig sind. Weiterhin werden Schüler dazu veranlasst, die Herrschafts- und Produktionsverhältnisse des Kapitalismus zu akzeptieren. Auf diese Weise dienen Schulsysteme der Reproduktion der Klassengesellschaft (Fend, 2009, S. 33-34).
- Citation du texte
- Konstantina Roussi (Auteur), 2016, Institutionelle Diskriminierung. Benachteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund im Bildungssystem, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/387378
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