Möchte man einen steinzeitlichen Fundplatz in seiner Gesamtheit verstehen, die Vorgänge, die zu seiner überlieferten Form führten, begreifen und nachvollziehen, so bedarf es einer Vielzahl von Untersuchungen. Eine Form dieser Untersuchungen ist das Zusammenpassen von Steinartefakten. Die Methode des Zusammenpassens (Refitting) von Silexinventaren wird seit einigen Jahren vielfach praktiziert (Cziesla 1986, 251), um verschiedene Fragen zu Fundplätzen zu beantworten. Es ist hiermit möglich, die Be- und Verarbeitung von Silices und anderen „Steinen“ nachzuvollziehen. Ausserdem ermöglicht das Refitting, neben der Überprüfung der Stratigraphie, die interne Dynamik eines Siedlungsplatzes kenntlich zu machen (Kieselbach et al. 2000, 169). In der vorliegenden Arbeit soll die Herangehensweise beim Zusammenpassen und dessen Rolle bei der wissenschaftlichen Auswertung von Fundplätzen dargestellt werden. Hierzu werden die Ergebnisse der archäologischen Arbeit an drei mesolithischen Stationen herangezogen. Diese Stationen sind das baden- württembergische Rottenburg- Siebenlinden 2 (im Folgenden RoSi), Ettlingen und Vænget Nord in Dänemark. Nach einführenden Bemerkungen (Lage, Funde, Befunde, zeitliche Stellung) zu den einzelnen Fundorten erfolgen die Untersuchung der Zusammenpassungen anhand der einzelnen Fundstellen sowie die Darstellung der Ergebnisse. Im letzten Teil der Arbeit werden die Ergebnisse zusammenfassend verglichen und die gewonnen Erkenntnisse ausgewertet. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Fundstellen
2.1. Rottenburg- Siebenlinden
2.1.1. Forschungsgeschichte
2.1.2. Literaturstand
2.1.3. Lage, Funde, Befunde, Datierung
2.2. Ettlingen
2.2.1. Forschungsgeschichte
2.2.2. Literaturstand
2.2.3. Lage, Funde, Befunde, Datierung
2.3. Vænget Nord
2.3.1. Forschungsgeschichte
2.3.2. Literaturstand
2.3.2. Lage, Funde, Befunde, Datierung
3. Methodischer Teil
3.1. Motivation oder Warum Zusammenpassungen?
3.2. Herangehensweise
3.3. Auswertung der Zusammenpassungen
3.3.1. RoSi 2
3.3.2. Ettlingen
3.3.3. Vænget Nord
4. Ergebnisse der Zusammenpassungen
4.1. RoSi 2
4.2. Ettlingen
4.3. Vænget Nord
5. Zusammenfassung
6. Literatur- und Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
Möchte man einen steinzeitlichen Fundplatz in seiner Gesamtheit verstehen, die Vorgänge, die zu seiner überlieferten Form führten, begreifen und nachvollziehen, so bedarf es einer Vielzahl von Untersuchungen. Eine Form dieser Untersuchungen ist das Zusammenpassen von Steinartefakten.
Die Methode des Zusammenpassens (Refitting) von Silexinventaren wird seit einigen Jahren vielfach praktiziert (Cziesla 1986, 251), um verschiedene Fragen zu Fundplätzen zu beantworten. Es ist hiermit möglich, die Be- und Verarbeitung von Silices und anderen „Steinen“ nachzuvollziehen. Ausserdem ermöglicht das Refitting, neben der Überprüfung der Stratigraphie, die interne Dynamik eines Siedlungsplatzes kenntlich zu machen (Kieselbach et al. 2000, 169).
In der vorliegenden Arbeit soll die Herangehensweise beim Zusammenpassen und dessen Rolle bei der wissenschaftlichen Auswertung von Fundplätzen dargestellt werden. Hierzu werden die Ergebnisse der archäologischen Arbeit an drei mesolithischen Stationen herangezogen. Diese Stationen sind das baden- württembergische Rottenburg- Siebenlinden 2 (im Folgenden RoSi), Ettlingen und Vænget Nord in Dänemark.
Nach einführenden Bemerkungen (Lage, Funde, Befunde, zeitliche Stellung) zu den einzelnen Fundorten erfolgen die Untersuchung der Zusammenpassungen anhand der einzelnen Fundstellen sowie die Darstellung der Ergebnisse.
Im letzten Teil der Arbeit werden die Ergebnisse zusammenfassend verglichen und die gewonnen Erkenntnisse ausgewertet.
2. Die Fundstellen
2.1. Rottenburg- Siebenlinden 2
2.1.1. Forschungsgeschichte
Bei der Ausgrabung einer Siedlung der Hallstatt- und Frühlaténezeit, wurden im Jahr 1990 beim Ausheben einer Siedlungsgrube mikrolithische Silexartefakte und Reste einer Feuerstelle entdeckt. Die Fundstelle wurde als Rottenburg- Siebenlinden 1 bezeichnet. Eine Sondage gegen Ende der Kampagne von 1990 bildete die Grundlage für die 1991 erfolgte Ausgrabung von RoSi 2 (Kieselbach et al. 2000, 12f.). In den Jahren 1993 und 1995 folgten Ausgrabung der Station RoSi 3 (Richter 1998, 258) und 2001 schließlich Grabungsarbeiten an der Station RoSi 4.
2.1.2. Literatur
Die Ergebnisse und die Auswertung der archäologischen Arbeiten an der Fundstelle RoSi 2 wurden in drei Magisterarbeiten festgehalten, deren Autoren sich speziell zu den Geröllen und Befunden (Richter 1992), den Silices (Kieselbach 1993) und der Fauna (Miller 1996) äußern. Diesen Magisterarbeiten, die an der Universität Tübingen entstanden, sind unpubliziert. Eine Kurzfassung der Magisterarbeit von Kieselbach findet sich in den Archäologischen Informationen (Kieselbach 1995).Es folgten eine Reihe weiterer Untersuchungen über die Lagerplatzdynamik (Kieselbach 1998), über Feuereinwirkung an Geröllen und Auelehmen (Richter 1998), sowie eine Untersuchung der pflanzlichen Reste (Rösch, Goppelröder 2000), die teilweise in Einzelaufsätzen oder in Kieselbach (et al. 2000) publiziert wurden.
Im Vergleich mit den anderen, in dieser Arbeit genannten Fundstellen, findet sich für RoSi 2 deutlich mehr Literatur. Neben der ausführlichen Monographie von Kieselbach (et al. 2000) liegen kleinere Berichte in den „Archäologischen Ausgrabungen in Baden- Württemberg“ (Hahn 1990 und Kieselbach, Richter 1991) vor. In den „Aktuellen Forschungen zum Mesolithikum“(Conard, Kind 1998) sind die weiter oben genannten Untersuchungen zu RoSi 2 publiziert. Ebenso finden sich einige Aufsätze in der Festschrift für Hansjürgen Müller-Beck (Campen, Hahn u. Uerpmann 1996). Von Kieselbach (1996) sind in diesem Werk Überlegungen zum Ökonomieverhalten im Mesolithikum veröffentlicht worden. Von Richter (1996) liegt im genannten Band eine kurze Einführung über den Lagerplatz vor.
Nicht zu vergessen sei der von Miller (1998) publizierte Aufsatz über die Verbreitung der faunistischen Reste in RoSi 2.
Damit erschöpft sich die maßgebliche Literatur zu Siebenlinden 2. Es gibt weitere Erwähnungen von RoSi 2 (teilweise in Verbindung mit den anderen Fundplätzen RoSi 1, 3 und 4) in einigen Übersichtsdarstellungen über das Mesolithikum. So z.B. im Begleitband zur Ausstellung „Menschen – Zeiten- Räume“, in dem Siebenlinden als eine der wichtigsten mesolithischen Fundstellen Deutschlands genannt wird (Kind 2002, 125).
Ein Aufsatz von Kind (1998) beschäftigt sich mit der Ausbreitung der Linearbandkeramik im südlichen Europa. Die Rolle, die RoSi in dieser Darlegung von Kind spielt, beruht auf der guten Dokumentation als Fundplatz, der alle Phasen des süddeutschen Mesolithikums umfasst. Aufgrund dieser Tatsache konnte Kind am Beispiel von RoSi zeigen, dass vom Früh- zum Spätmesolithikum keine Veränderung von generalisierten zu komplexen Jägern und Sammlern stattfand (Kind 1998, 6f).
2.1.3. Lage, Funde, Befunde, Datierung
Die Fundplatz Rottenburg- Siebenlinden 2 liegt ca. 500 m nördlich des heutigen Neckarlaufes, 341 m üNN, auf einer Niederterrasse des Neckars. In der Nähe befinden sich die Fundstellen RoSi 1, 3 und 4.
Es wurden insgesamt 47 m2 aufgedeckt, gesiebt und geschlämmt. Dabei kamen als Befunde vier Feuerstellen und eine Grube zum Vorschein (Abb. 1). Neben einer, massiv mit Geröllen gepackten Feuerstelle, waren die anderen nur durch Zonen gebrannten Auelehms zu erkennen. Bei der Grube handelt es sich um eine durch Baumwurf entstandene natürliche Vertiefung, die zur Beseitigung von Abfall diente (Richter 1996, 343).
Neben zahlreichen faunistischen Resten (etwa 350) und einigen Resten von Pflanzen wurden 2226 Silexartefakte geborgen. Von diesen sind 102 modifiziert. Darunter finden sich Kratzer, Stichel, Lateralretuschen, Kerbreste und Mikrospitzen. Neben diesen zahlreichen Silices konnten etwa ebenso viele Gerölle geborgen werden. Bemerkenswert ist das Vorkommen von zwei Chopping- Tools und in vier Fällen die Nutzung von Muschelkalkgeröllen als Werkzeuge (Kieselbach et al. 2000, 203).
Die Funde streuen über die gesamte Grabungsfläche (Abb. 1), wobei sich eine leicht bogenförmige Konzentration im Zentrum der Grabungsfläche sowie eine Artefaktansammlung um die Feuerstelle 4 ausmachen lassen. Es war innerhalb der Grabungsfläche kein Ende der Fundstreuung erkennbar, so dass man davon ausgehen muss, nur einen Teil eines intensiv genutzten Areals im ausgehenden Präboreal erfasst zu haben (Kieselbach u. Richter, 1991, 37).
Die Tatsache, dass sich die Artefakte in einem guten Erhaltungszustand befinden, lässt auf eine geringe Umlagerung innerhalb des Sedimentes schliessen. Sie fanden sich im frühholozänen, tonigen und sehr kalkhaltigen Auelehm, etwa einen Meter unter der heutigen Oberfläche.
Die Vertikalstreuung beträgt circa 40 cm- sie ist auf Mikrorelief und Bioturbation zurückzuführen- mit einer deutlichen Konzentration von 15 cm. Hierbei war eine Trennung in verschiedene archäologische Horizonte nicht gegeben (Kieselbach et al. 2000, 202; im Gegensatz dazu Richter (1996, 348), der zwei Begehungen anhand der Zusammenpassungen erkennen möchte).
Radiokarbondaten und die typologische Einordnung der Silices datieren die Fundstelle RoSi 2 in das süddt. Beuronien C, ein spätes Frühmesolithikum.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2. Ettlingen
2.2.1. Forschungsgeschichte
Die mesolithische Station in Ettlingen ist 1990 im Zuge der seit etwa 20 Jahren laufenden Stadtsanierung entdeckt worden.
Unter neuzeitlichen und mittelalterlichen Fundschichten wurde eine Schicht mit angeschwemmtem Sandmaterial beobachtet, die mesolithische Steinartefakte lieferte (Schallmayer 1990, 22f.).
2.2.2. Literaturstand
Neben der einzigen größeren Arbeit von Pasda (1994) liegen keine weiteren ausführlichen Untersuchungen zu Ettlingen vor. Von Schallmayer (1990) ist in den „Archäologischen Ausgrabungen in Baden- Württemberg“ ein - mehr das Forscherglück betonender- kurzer Beitrag veröffentlicht.
Zu diesen beiden gesellt sich ein Artikel im „Journal Of Worldprehistory“ über spätpaläolithische und mesolithische Forschung im wiedervereinigten Deutschland (Street et al. 2001), in dem die Fundstelle Erwähnung fand.
2.2.3. Lage, Funde, Befunde, Datierung
Ettlingen liegt auf einer schmalen geologischen Randscholle zwischen Oberrheinebene und Schwarzwald. Es handelt sich um eine Freilandstation auf dem, von der Alb gebildeten 20- 30 m hohen, Schwemmfächer.
Ausgegraben wurden in der Färbergasse 13 (so die genauere Lokalisierung) etwa 25-30 m2 auf insgesamt drei Flächen.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Ausgrabung nur mit der, für frühgeschichtliche Fundstellen üblichen Methode durchgeführt wurde; d. h., es wurde weder gesiebt noch geschlämmt und nur mit groben Werkzeugen gearbeitet.
Die Funde kamen im geologischen Horizont 3 vor, vereinzelt fanden sich Steinartefakte auch bereits in GH 1-2 (Pasda 1994, 148).
Die Flächen I und II lieferten 287 Silexartefakte, die Fläche III enthielt 30. Von diesen weisen 14,5% thermische Veränderungen auf (Pasda 1994, 161). Unter den modifizierten Artefakten befinden sich Bohrer, Mikrolithen, Stichel, Kantenretuschen und ein Kerbrest.
Neben den Silexartefakten kamen ein Haselnusskern, mehrere kleinere Knochenstücke, sowie Holzkohle zum Vorschein (Schallmayer 1990, 24).
Eine Trennung in verschiedene archäologische Horizonte ist nicht gegeben. Obwohl die Vertikalstreuung der Funde mit 50cm recht hoch erscheint, ist sie doch auf eine beträchtliche Bioturbation und pedologische Prozesse zurückzuführen (Pasda 1994, 148).
Im Gegensatz zu RoSi 2 konnten in Ettlingen keine eindeutig evidenten Strukturen nachgewiesen werden. Erkannt wurde hier lediglich eine Fundkonzentration im Süden der Grabungsfläche mit einer Ausdehnung von 2-3 m, die vermutlich weiter nach Südosten streut und aufgrund der Grabungsgrenzen nicht ganz erfasst werden konnte (Abb. 2). Diese Fundkonzentration nimmt in nördliche Richtung ab (Pasda 1994, 161).
Eine Feuerstelle lässt sich insofern vermuten, da alle Silices mit thermischen Veränderungen aus dem Bereich der hohen Fundkonzentration stammen, welcher außerdem mit Holzkohlestücken durchsetzt ist. In diesem Areal, im Süden der Grabungsfläche, oder auch südlich davon, dürfte man das Zentrum der Station vermuten (Pasda 1994, 168).
Die Datierung dieser Station gestaltet sich ebenfalls nicht einfach, da die 14C-datierten Holzkohlen natürliche Bestandteile von GH 3 sein können. Jedoch weisen sie die Station in ein unkalibriertes 14C- Alter von 9950± 170 BP (Pasda 1994, 150). Nach Pasda (1994, 154) kann das 14C- Alter der Station aufgrund der Mikrolithenformen nicht abgelehnt werden. Es handelt sich aber nicht um eine Station des späten Frühmesolithikums. Um die Freilandfundstelle von Ettlingen genauer datieren zu können, wären weitere Grabungen nötig (Pasda 1994, 154).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
- Citar trabajo
- Pierre Fütterer (Autor), 2004, Auswertung von Zusammenpassungen am Beispiel mesolithischer Fundplätze, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38699
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.