Das nationale Recht und damit auch das nationale Steuerrecht ist von einem immer größer werdenden Einfluss des Europäischen Gemeinschaftsrechts gekennzeichnet. Insbesondere die im EG-Vertrag verankerten Grundfreiheiten schränken den Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers ein, da nationale Regelungen nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen dürfen. Die hier vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit einer dieser Grundfreiheiten, nämlich der Kapitalverkehrsfreiheit.
Nach einem kurzen Überblick über die Entwicklung der Kapitalverkehrsfreiheit und einer Abgrenzung zu den anderen Grundfreiheiten wird das (für alle Grundfreiheiten wichtige) Beschränkungs- und Diskriminierungsverbot erläutert. Anschließend erfolgt eine Analyse der für das Steuerrecht wohl interessantesten und bedeutendsten Bestimmung im EG-Vertrag, der Steuerklausel. Diese erlaubt den Mitgliedstaaten der EU unter gewissen Voraussetzungen, die Kapitalverkehrsfreiheit zu beschränken. Am Ende des ersten Teils dieser Arbeit werden kurz die für Österreich wichtigsten Entscheidungen des EuGH zum Thema Kapitalverkehrsfreiheit und Steuerrecht dargestellt.
Der zweite Teil (Kapitel IV) beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Kapitalverkehrsfreiheit auf das österreichische Steuerrecht. Anhand einiger ausgewählter Bereiche des Steuerrechts wird überprüft, ob nationale Vorschriften gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen. Unter anderem werden hier die Besteuerung von Zinsen und Dividenden, die Wegzugsbesteuerung, das Erbschaftssteuergesetz und die Besteuerung von Investmentfonds behandelt. Des Weiteren wird dargelegt, welche Änderungen bereits vorgenommen wurden, um eine Gemeinschaftsrechtskonformität der nationalen Vorschriften zu erreichen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Allgemeine Bedeutung des EG-Rechts für das nationale Steuerrecht
- 1. Die Harmonisierung der Steuern in der EU
- 2. Rahmenbedingungen des Gemeinschaftsrechts
- III. Kapitalverkehrsfreiheit
- 1. Rechtsentwicklung
- 1.1. Rechtslage gem Art 67ff EWGV
- 1.2. Kapitalverkehrs-Richtlinie 88/361/EWG
- 1.3. Änderungen durch den Vertrag von Maastricht
- 2. Der Umfang der Kapitalverkehrsfreiheit
- 2.1. Kapitalverkehr und Zahlungsverkehr
- 2.2. Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit
- 2.3. Abgrenzung zur Warenverkehrsfreiheit
- 2.4. Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit
- 3. Beschränkungs- und Diskriminierungsverbot
- 3.1. Unterscheidung zwischen Diskriminierung und Beschränkung
- 3.2. Die Reichweite der Verbote
- 3.3. Rechtfertigung von Beschränkungen
- 3.3.1. Die „Cassis“-Doktrin
- 3.3.2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
- 4. Steuerrechtliche Aspekte in der Kapitalverkehrsfreiheit
- 4.1. Die Steuerklausel
- 4.1.1. Steuerklausel gem Art 58 Abs 1 lit a EG
- 4.1.2. Steuerklausel gem Art 58 Abs 1 lit b EG
- 4.1.3. Die Subsidiaritätsklausel
- 4.1.4. Einschränkung der Steuerklausel
- 4.2. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses als Rechtfertigung für steuerliche Diskriminierung
- 4.2.1. Steuerliche Kohärenz
- 4.2.2. Gefahr der Steuerflucht
- 4.2.3. Herstellung der Wettbewerbsneutralität
- 4.2.4. Wirksame Steueraufsicht
- 4.1. Die Steuerklausel
- 5. Die EUGH – Rechtsprechung zum Konfliktfeld zwischen der Kapitalverkehrs- bzw Niederlassungsfreiheit und dem nationalen Steuerrecht
- 5.1. „Kommission/Frankreich“ („avoir fiscal“)
- 5.2. „Royal Bank of Scotland“
- 5.3. „Verkooijen“
- 5.4. „Schmid“
- 5.5. „Weidert und Paulus“
- 5.6. „Lenz“
- 1. Rechtsentwicklung
- IV. Auswirkungen der Kapitalverkehrsfreiheit auf das österreichische Steuerrecht
- 1. Endbesteuerung von Zinsen
- 1.1. Ursprüngliche Rechtslage
- 1.2. Prüfung der Endbesteuerung von Zinsen am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit
- 1.3. Änderungen durch das BBG 2003
- 2. Besteuerung von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen
- 2.1. Natürliche Personen als Gesellschafter
- 2.1.1. Rechtslage vor dem BBG 2003
- 2.1.2. Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit
- 2.1.3. Rechtfertigungsgründe
- 2.1.4. Änderungen durch das BBG 2003
- 2.2. Juristische Personen als Gesellschafter
- 2.2.1. Rechtslage vor dem BBG 2003
- 2.2.2. Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit
- 2.2.3. Rechtfertigungsgründe
- 2.2.4. Änderungen durch das BBG 2003
- 2.2.5. Prüfung der Gemeinschaftsrechtskonformität der geltenden Rechtslage
- 2.1. Natürliche Personen als Gesellschafter
- 3. Investmentfonds
- 3.1. Die Besteuerung österreichischer Investmentfonds
- 3.2. Die Besteuerung „weißer“ ausländischer Investmentfonds
- 3.3. Die Besteuerung „schwarzer“ ausländischer Investmentfonds
- 3.3.1. Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit
- 3.3.2. Rechtfertigungsgründe
- 4. Gebühren für Rechtsgeschäfte
- 5. Das Erbschaftssteuergesetz
- 5.1. Rechtslage vor dem AbgÄG 2004
- 5.2. Änderungen durch das AbgÄG 2004
- 6. Genussscheine und junge Aktien
- 7. Die Wegzugsbesteuerung
- 7.1. Rechtslage vor dem AbgÄG 2004
- 7.2. Prüfung der Wegzugsbesteuerung am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit
- 7.3. Änderungen durch das AbgÄG 2004
- 1. Endbesteuerung von Zinsen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Wechselwirkungen zwischen der gemeinschaftsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit und dem österreichischen Steuerrecht. Ziel ist es, die Auswirkungen der EU-Rechtsprechung auf die nationale Steuergesetzgebung zu analysieren und bestehende Konflikte aufzuzeigen.
- Gemeinschaftsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit
- Auswirkungen auf das österreichische Steuerrecht
- Analyse von Rechtsprechung des EuGH
- Steuerliche Diskriminierung und Rechtfertigungsgründe
- Entwicklung der österreichischen Steuergesetzgebung im Kontext der EU-Rechtsprechung
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Diese Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und skizziert den Forschungsansatz. Sie beschreibt den Kontext der Untersuchung und die Relevanz der Thematik. Die Einleitung dient als Grundlage für das Verständnis des Gesamtkontextes der Arbeit und verdeutlicht den methodischen Ansatz, der bei der Bearbeitung der Thematik verfolgt wird.
II. Allgemeine Bedeutung des EG-Rechts für das nationale Steuerrecht: Dieses Kapitel beleuchtet den Einfluss des europäischen Rechts auf nationale Steuersysteme. Es analysiert die Harmonisierung von Steuern innerhalb der EU und die Rahmenbedingungen, die das Gemeinschaftsrecht für das nationale Steuerrecht setzt. Der Fokus liegt auf der grundsätzlichen Interaktion zwischen nationalem und europäischem Recht in diesem Bereich und auf den Herausforderungen, die sich daraus ergeben. Der Kontext wird geschaffen, um die spätere detailliertere Analyse der Kapitalverkehrsfreiheit zu ermöglichen.
III. Kapitalverkehrsfreiheit: Dieses Kapitel bildet den Kern der Arbeit und untersucht die Kapitalverkehrsfreiheit im Detail. Es analysiert die Rechtsentwicklung, den Umfang der Freiheit, das Beschränkungs- und Diskriminierungsverbot und die steuerrechtlichen Aspekte. Es werden wichtige Rechtsprechungsentscheidungen des EuGH eingehend besprochen. Das Kapitel bietet eine umfassende Darstellung der rechtlichen Grundlagen und deren Interpretation durch den EuGH. Es beleuchtet die verschiedenen Facetten der Kapitalverkehrsfreiheit und deren Abgrenzung zu anderen Grundfreiheiten.
IV. Auswirkungen der Kapitalverkehrsfreiheit auf das österreichische Steuerrecht: Dieses Kapitel analysiert die konkreten Auswirkungen der Kapitalverkehrsfreiheit auf verschiedene Bereiche des österreichischen Steuerrechts. Es untersucht die Besteuerung von Zinsen, Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, Investmentfonds, Gebühren für Rechtsgeschäfte, das Erbschaftssteuergesetz, Genussscheine und junge Aktien sowie die Wegzugsbesteuerung. Für jeden Bereich werden die Rechtslage vor und nach relevanten Gesetzesänderungen sowie die Prüfung der Gemeinschaftsrechtskonformität dargestellt. Das Kapitel bietet einen tiefgehenden Einblick in die praktische Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit in Österreich und zeigt die Herausforderungen und Anpassungen im nationalen Steuerrecht auf.
Schlüsselwörter
Kapitalverkehrsfreiheit, Gemeinschaftsrecht, Österreichisches Steuerrecht, EuGH-Rechtsprechung, Steuerharmonisierung, Steuerdiskriminierung, Rechtfertigungsgründe, Zinsen, Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, Investmentfonds, Wegzugsbesteuerung, BBG 2003, AbgÄG 2004.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Dokument: Wechselwirkungen zwischen Gemeinschaftsrechtlicher Kapitalverkehrsfreiheit und Österreichischem Steuerrecht
Was ist der Gegenstand dieses Dokuments?
Das Dokument analysiert die Wechselwirkungen zwischen der gemeinschaftsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit und dem österreichischen Steuerrecht. Es untersucht die Auswirkungen der EU-Rechtsprechung auf die nationale Steuergesetzgebung und zeigt bestehende Konflikte auf.
Welche Themen werden im Dokument behandelt?
Das Dokument behandelt die gemeinschaftsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit, ihre Auswirkungen auf das österreichische Steuerrecht, die Analyse von Rechtsprechung des EuGH, steuerliche Diskriminierung und deren Rechtfertigungsgründe sowie die Entwicklung der österreichischen Steuergesetzgebung im Kontext der EU-Rechtsprechung. Konkrete Beispiele beinhalten die Besteuerung von Zinsen, Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, Investmentfonds, Gebühren für Rechtsgeschäfte, Erbschaftssteuer, Genussscheine, junge Aktien und die Wegzugsbesteuerung.
Welche Struktur hat das Dokument?
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Wie wird die Kapitalverkehrsfreiheit im Dokument behandelt?
Die Kapitalverkehrsfreiheit wird umfassend behandelt, inklusive Rechtsentwicklung, Umfang der Freiheit, Beschränkungs- und Diskriminierungsverbot und steuerrechtlichen Aspekten. Es werden wichtige Rechtsprechungsentscheidungen des EuGH (z.B. „Kommission/Frankreich“, „Royal Bank of Scotland“, „Verkooijen“, „Schmid“, „Weidert und Paulus“, „Lenz“) eingehend besprochen und analysiert.
Welche konkreten Bereiche des österreichischen Steuerrechts werden untersucht?
Das Dokument untersucht die Auswirkungen der Kapitalverkehrsfreiheit auf die Besteuerung von Zinsen, Kapitalgesellschaftsbeteiligungen (bei natürlichen und juristischen Personen), Investmentfonds (österreichische und ausländische), Gebühren für Rechtsgeschäfte, das Erbschaftssteuergesetz, Genussscheine und junge Aktien sowie die Wegzugsbesteuerung.
Welche Rolle spielt die Rechtsprechung des EuGH?
Die Rechtsprechung des EuGH spielt eine zentrale Rolle. Das Dokument analysiert verschiedene Urteile des EuGH, um die Interpretation und Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit im Kontext des österreichischen Steuerrechts zu beleuchten und zu bewerten.
Welche Gesetzesänderungen werden im Dokument berücksichtigt?
Das Dokument berücksichtigt die Änderungen durch das Bundesabgabenordnung (BAO) 2003 (BBG 2003) und das Abgabenänderungsgesetz 2004 (AbgÄG 2004) und analysiert deren Auswirkungen auf die Gemeinschaftsrechtskonformität des österreichischen Steuerrechts.
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Schlüsselwörter sind: Kapitalverkehrsfreiheit, Gemeinschaftsrecht, Österreichisches Steuerrecht, EuGH-Rechtsprechung, Steuerharmonisierung, Steuerdiskriminierung, Rechtfertigungsgründe, Zinsen, Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, Investmentfonds, Wegzugsbesteuerung, BBG 2003, AbgÄG 2004.
Für wen ist dieses Dokument bestimmt?
Das Dokument ist für Personen bestimmt, die sich akademisch mit dem Thema der Wechselwirkungen zwischen EU-Recht und nationalem Steuerrecht, insbesondere im österreichischen Kontext, befassen. Es eignet sich für Studierende, Wissenschaftler und Praktiker im Bereich des Steuerrechts.
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- Philipp Pölzl (Author), 2005, Gemeinschaftsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit und österreichisches Steuerrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38663