Anthony Giddens beschreibt in seinem Werk die Notwendigkeit einer Reform der Arbeiterpartei.
Mit Tony Blair regierte nach den Jahren neolberaler Politik unter Führung der konservativen Partei, wieder ein Sozialdemokrat das Vereinigte Königreich. Giddens beschreibt die Herausforderungen, welche es nötig machen, die Labour Party neu auszurichten und schuf mit "Der dritte Weg" eine theoretische Anleitung für die Parteiführung zur Transformation zur "New Labour Party".
Anthony Giddens, geboren 1938 in Edmonton, ist ein britischer Soziologe. Er absolvierte sein
Bachelorstudium in den Fächern Soziologie und Psychologie an der Universität von Hull.
Nach seinem Master in Soziologie an der London School of Economics (LSE) und Stationen als
Dozent in Leicester, Kanada und Los Angeles, promovierte er in Cambridge zum Ph.D.. Als
Professor für Soziologie lehrte er erst an der Universität Cambridge, ab 1997 an der London
School of Economics. 2004 wurde er in den Adelsstand erhoben und ist seither Mitglied des
britischen Oberhauses.
Schon zu Beginn seines Werkes ,,Der Dritte Weg" thematisiert Giddens, warum dieses Werk
so wichtig ist. Die Parteireformen unter Tony Blair geschahen relativ schnell und ohne ein
theoretisches Fundament. Das Werk soll nun genau ein solches sein, um die allgemeinen
Ziele und Vorstellung der Politik von New Labour zu begründen. Die Politik von Tony Blair
orientierte sich am Vorbild der New Democrats in den USA unter Bill Clinton, und soll eine
Alternative zu den neoliberalen Kräften darstellen, welche in vielen Staaten die Oberhand
gewonnen hatten. Als Beispiel: Ronald Reagan in den USA und Margareth Thatcher im
Vereinigten Königreich. Aufgrund der schwachen Ergebnisse die die Labour Party in den
Unterhauswahlen erzielt hatte, war eine Reform der Partei, hin zur New Labour Party,
notwendig. ,,Der Dritte Weg" sollte nun die Problemfelder sozialdemokratischer Politik
analysieren, und einen Ausblick auf die zu erreichenden Ziele zur Umgestaltung von Staat
und Gesellschaft liefern (vgl. Giddens 1999, ff).
Während die neoliberalen Regierungen quer über den Globus sich daran machten, den Staat
zu verschlanken und die Allmacht des freien Marktes zu preisen, liegt es vor allem an der
Sozialdemokratie einen Alternativweg zu bieten. Konservative Parteien, als Hauptträger des
Neoliberalismus, lehnen einen starken Staat ab. Laut Giddens benötigt der Staat nicht eine
Reduktion, sondern einen effizienteren Aufbau. Die sozialdemokratischen Parteien Europas
gingen ab den 1980er Jahren unterschiedliche Wege, zu beobachten an den verschiedenen
Typen von Sozialstaaten (vgl. Giddens 16ff). 1989, als der Ostblock zerfiel und mit ihm die
Kommunistischen Parteien, begannen sich auch in den nun freien Staaten Osteuropas
sozialdemokratische Parteien zu konstituieren. Dies, und das Abschwören
sozialdemokratischer Parteien im ,,Westen" von Verstaatlichungsträumen, schafften eine
Vielzahl verschiedener Ideen sozialdemokratischer Politik. Tony Blair nahm ab 1987 die
Umgestaltung der Labour Party vor. Notwendig wurde dies wie oben erwähnt, durch die
schwachen Wahlergebnisse. Doch warum schwächelte die Arbeiterpartei? Ein großes
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Problem war das Verschwinden der Arbeiterklasse. Viele arbeitende Menschen stiegen sozial
auf und neigten sich nun anderen Parteien zu. Giddens sieht auch die Gleichstellung der
Geschlechter als einen Grund. Nicht nur Männer arbeiteten nun für den Unterhalt der
Familien, auch Frauen drängten nun immer mehr auf den Arbeitsmarkt (vgl. ebd.: 32f). Der
Dritte Weg sollte daher eine neue Richtung sein, weg von den starren Vorstellungen der
alten Linken und abseits der Marktverherrlichung der Neoliberalen, ein Weg der es auch
anderen WählerInnensegmenten möglich machen soll, sozialdemokratisch zu wählen.
Im Zentrum seiner Analyse spricht Giddens von fünf Dilemmata, nämlich der Globalisierung,
der Individualisierung, der Unterscheidung Links von Rechts, vom politisches Handeln und
von der Notwendigkeit ökologischer Politik. Die Globalisierung, eine Thematik die für
Sozialdemokraten des alten Stils lange eine bloße Erfindung von neoliberalen Ideologen, um
den freien Markt durchzusetzen, war, gelangte in den späten 1990er Jahren zunehmend in
das Zentrum der meisten politischen Debatten (vgl. ebd.: 41f). Die Globalisierung ,,tangiert
den Nationalstaat von oben" (Giddens 1999, 44), somit scheint auch die keynesianische
Wirtschaftssteuerung schwierig, da die Nationalstaaten ihre Wirtschaftspolitik zunehmend
an größere Wirtschaftsblöcke anpassen müssen. Die Globalisierung gestaltet sowohl den
Staat, wie auch die Lebensgewohnheiten der Einzelnen, was somit auch ein Grund der
zunehmenden Individualisierung ist (vgl. ebd.: 45).
Die Individualisierung der Gesellschaft rüttelt an den Grundfesten sozialdemokratischer
Politik, denn während die ArbeiterInnenparteien stets auf kollektive, größere Gruppen
umspannende Politrezepte setzten, fördert die stetig pluraler werdende Gesellschaft den
Mut unterschiedliche Lebenswege, abseits der traditionellen Vorstellungen, zu gehen. Die
,,Erst komm ich Gesellschaft" (Giddens 1999, 47) stellt gemeinsame Werte infrage, und
fordert mehr Freiheit. Dies gerät schnell in Konflikt mit der sozialdemokratischen Maxime
von mehr Gleichheit. Diese Entwicklung fordert laut Giddens, eine Neubetrachtung der
wechselseitigen Verpflichtungen zwischen Staat und Individuum (vgl. ebd.: 47f).
Schon in den 1890er Jahren wurde eine Unterscheidung von Links und Rechts infrage
gestellt. Dennoch ist sie immer noch aktuell. Diese hatte jedoch ihre Bedeutung im Laufe der
Zeit geändert, denn während Markttheoretiker ursprünglich dem linken Spektrum zugezählt
wurden, sind sie nun der Inbegriff rechter Politik (vgl. Giddens 1999, 51). Während nun neue
rechte Politik, im Lichte des als Patriotismus ummantelten Nationalismus und Chauvinismus,
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den Aufstieg versucht, bleibt für alle dem linken Spektrum zuzuordnenden Kräften, das
Streben nach Gleichheit für alle sozialen Schichten im Mittelpunkt des Interesses (vgl. ebd.
55ff).
Laut Giddens haben sich auch die politischen Akteure geändert. Durch den
Bedeutungszugewinn von NGOs und Initiativen vonseiten der Zivilgesellschaft werden
politische Inhalte der Parteien erweitert, oder umformuliert. Aber auch auf private Akteure
wird Druck ausgeübt, als Beispiel nennt Giddens den Widerstand von Greenpeace gegen
Shell, als diese eine Bohrstation einfach im Meer versenken wollten. Aber auch neue
parteipolitische Bewegung haben sich gegründet, wie etwa die Grünen. Diese Parteien
haben jedoch wenig Chance eine bedeutende Rolle zu spielen, abseits von Kritik und
Mehrheitsbeschaffung (vgl. ebd.: 66f). Jedoch lässt sich anhand der Grünen das fünfte
Dilemma, die ökologische Notwendigkeit, gut beobachten. Durch den Aufschwung der
grünen Bewegung gelangte das ökologische Bewusstsein auch in die Parteiprogramme
anderer Parteien. Neben den Auswirkungen dieser neuen Parteien wurde auch die
Wissenschaft zunehmend auf dieses Thema aufmerksam. Der Klimawandel gilt heute als
eindeutig bewiesen, wenn auch eine bedeutende Minderheit dies nicht akzeptieren will, da
dies dem neoliberalen Konzept des alles selbstregelnden Marktes, widerspricht (vgl. ebd.:
75ff).
Diese fünf Dilemmata fordern eine Neugestaltung sozialdemokratischer Politik. Giddens
sieht durch die Verwirklichung des ,,Dritten Weges" weiterhin die Möglichkeit eines Abbaus
von Ungleichheit, bei gleichzeitiger Erhöhung der Freiheit des Individuums. Den Schwachen
der Gesellschaft soll weiterhin geholfen werden, jedoch nach dem Grundsatz ,,Keine Rechte
ohne Verpflichtungen" (Giddens 1999, 81). Diese Gleichheit soll sich jedoch nicht nur auf die
ökonomische Situation der BürgerInnen auswirken, sondern auch auf Mitbestimmung. Im
instituierten Gemeinsamen, von den Gemeinden, über den Staat, bis hin zu den
supranationalen Vereinigungen soll der Grundsatz ,,Keine Entscheidungsmacht ohne
demokratisches Verfahren" (Giddens 1999, 82) gelten.
Eine Demokratisierung in alle Bereiche schwebt ihm vor. Durch die Globalisierung entsteht
der Drang zur Dezentralisierung, aber nicht nur vom Staat abwärts, sondern auch die
Bedeutung des Nationalstaates selbst ändert sich. Er wird flexibler und auch auf EU-Ebene
stellt sich die Frage der Subsidiarität (vgl. ebd.: 88f). Für Giddens bedeutet mehr Demokratie
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jedoch nicht automatisch die Ersetzung der repräsentativen, hin zur direkten Demokratie.
Die direkte Demokratie kann, je nach Notwendigkeit, ergänzend eingesetzt werden. Für
diese Demokratisierung der Demokratie benötigt es Verfassungsreformen, um mehr
Offenheit und Transparenz sicherzustellen. Ebenso wichtig für dieses Anliegen scheinen ihm
stärkere Maßnahmen gegen Korruption. Die Beurteilung von Risiken in Wissenschaft und
Technik sollte nicht von Experten erledigt werden, sondern auch durch den Staat entstehen.
Ein ethischer Rahmen und Regeln für die Forschung sollte immerhin von einer breiten Basis
getragen werden, und nicht von der subjektiven Meinung von Experten abhängen (vgl.
Giddens 1999, 91f). Diese Maßnahmen sollen die BürgerInnen zu mehr Engagement und
mehr Teilhabe an der Gesellschaft ermutigen. Generell befindet der Autor, dass
gesellschaftliche Gleichheit nicht als Chancengleichheit verstanden werden darf, sondern vor
allem über die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verwirklicht werden kann. Eine Politik
der Inklusion, mit Investitionen in Arbeitsplätze und Bildung, über der Ausbildung hinaus, soll
zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, mit seinen Rechten und Pflichten, verhelfen.
Inklusion und Exklusion wurden durch die veränderte Klassenstruktur zu den zentralen
Begriffen in der Frage der Ungleichheit (vgl. ebd.: 120ff).
Zur Weiterentwicklung der Zivilgesellschaft soll der Staat beitragen, indem speziell lokale
Gruppierungen unterstützt werden sollten. Speziell Selbsthilfe- und karikative Gruppen
betrachtet Giddens förderungswert, traditionelle Gruppen verlieren ohnehin stark an
Bedeutung. Diese Maßnahme soll speziell jenen Regionen und Stadtvierteln zu Gute
kommen, welche von bildungsfernen Schichten bewohnt werden, denn so soll sich auch ein
System der Wiedereingliederung von Abgehängten in die Gesellschaft etablieren, was sich
speziell in diesen Regionen und ,,Arbeiterviertel" als große Herausforderung darstellt, da bis
dato nur wenig soziales Engagement dort stattfindet (vgl. Giddens 1999, 97ff). Eine Form der
möglichen Förderung sozialen Engagements ist die Belohnung von Ehrenamtlichen und
jenen, die sich für die Gesellschaft einsetzen, sowohl Einzelpersonen, als auch Unternehmen,
welche mit Erleichterung bei der KEST belohnt werden könnten, sollten sie sich positiv an
der Gesellschaftsentwicklung beteiligen. Eine weitere Möglichkeit ist die Bereitstellung
finanzieller Mittel für die Vergabe von Kleinstkrediten, damit sich ärmere Menschen für eine
unternehmerische Tätigkeit notwendige Mittel erstehen können. Durch Strategien dieser Art
sieht Giddens die Möglichkeit hartnäckige Verfallsprozesse umkehren zu können und die
sinkende gesellschaftliche Solidarität wieder zu stärken (vgl. Giddens 1999, 96, 100).
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Fin de l'extrait de 8 pages
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- Citation du texte
- René Schwung (Auteur), 2016, Rezension zu "Der dritte Weg. Die Erneuerung der sozialen Demokratie" von Anthony Giddens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/386602
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