Diese Ausarbeitung behandelt jahrgangsübergreifendes Lernen in der Grundschule in Theorie und Praxis. Genauer beleuchtet werden die geschichtlichen Ursprünge, das theoretische Konzept sowie die praktische Umsetzung des jahrgangsübergreifenden Lernens.
Wichtig ist, dass man die Heterogenität der Kinder als Chance für deren Lernförderung und nicht als Hindernis derer sieht. Kinder, deren jeweiliger Leistungsstand sich um mehrere Jahre unterscheidet, können in einer heterogenen Lerngruppe kaum ideal zusammenarbeiten. Aus diesem Grunde haben viele Schulen bereits ihre Unterrichtsformen und -methoden geändert und dieser Situation angepasst. Jahrgangsübergreifender Unterricht in der Schuleingangsstufe stellt hier eine Weiterentwicklung dieser Ideen dar. Die Erst- und Zweitklässler können somit ein auf sie angepasstes Lernangebot erhalten.
Durch das mit der Jahrgangsmischung verbundene Lernangebot können die Schüler günstiger gefördert werden als in reinen Jahrgangsklassen. Kinder mit schneller Auffassungsgabe werden in ihrem Lernwillen nicht gebremst, da sie schon auf Aufgaben für Zweitklässler zugreifen dürfen und den langsameren Schülern ist ausreichend Material gegeben, um entsprechende Inhalte zu festigen und eventuelle Wissenslücken zu stopfen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Jahrgangsübergreifendes Lernen
2.1 Ursprünge
2.2 Theorie
2.3 Durchführung in der Praxis an der XY Schule
3. Fazit
1. Einleitung
"Viele Lehrer haben Sorge Jahrgänge in den Lerngruppen zu mischen, weil sie sich nicht vorstellen können, wie sie dabei dem offensichtlich unterschiedlichen Lernstand der Schüler gerecht werden sollen. Sie halten fest an dem Glauben, Kinder gleichen Alters befänden sich auf demselben Entwicklungsniveau."[1]
Wichtig ist, dass man die Heterogenität der Kinder als Chance für deren Lernförderung und nicht als Hindernis derer sieht. Kinder, deren jeweiliger Leistungsstand sich um mehrere Jahre unterscheidet, können in einer heterogenen Lerngruppe kaum ideal zusammenarbeiten. Aus diesem Grunde haben viele Schulen bereits ihre Unterrichtsformen und - methoden geändert und dieser Situation angepasst.[2] "Der jahrgangsübergreifende Unterricht in der Schuleingangsstufe ist die konsequente Weiterentwicklung dieser Schritte."[3] Die Erst- und Zweitklässler können somit ein auf sie angepasstes Lernangebot erhalten. "So gesehen ist die vielerorts beklagte Heterogenität unserer Klassen in Wirklichkeit eine Chance für das Leben und Lernen in der Schule."[4]
Durch das mit der Jahrgangsmischung verbundene Lernangebot können die Schüler günstiger gefördert werden, als in reinen Jahrgangsklassen. Kinder mit schneller Auffassungsgabe werden in ihrem Lernwillen nicht gebremst, da sie schon auf Aufgaben für Zweitklässler zugreifen dürfen und den langsameren Schülern ist ausreichend Material gegeben, um entsprechende Inhalte zu festigen und eventuelle Wissenslücken zu stopfen.[5]
Im Folgenden werden die geschichtlichen Ursprünge, das theoretische Konzept sowie die praktische Umsetzung des jahrgangsübergreifenden Lernens beleuchtet.
2. Jahrgangsübergreifendes Lernen
2.1 Ursprünge
"Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts propagierten namhafte Pädagogen der Reformpädagogik die Arbeit mit altersgemischten Lerngruppen."[6] Das Prinzip der Jahrgangsmischung ist somit eigentlich nichts Neues. Es "ist nahezu 100 Jahre alt"[7] und findet seine Ursprünge in der Pädagogik von Maria Montessori, Peter Petersen und Célestin Freinet.
Maria Montessori entwickelte um 1900 eine spezielle Lernmethode welcher besondere Lernmaterialien, Freiarbeit und Jahrgangsmischung zugrunde lagen. Die altersgemischten Lerngruppen sollten schon damals die Möglichkeit geben, dass "sich die Kinder durch ihren unterschiedlichen sozialen und kognitiven Entwicklungsstand gegenseitig fördern".[8]
Peter Person hegte in seinem Jena-Plan den Gedanken, dass junge Menschen zur Selbstbestimmung erzogen werden sollten. "Schule sollte ein Lebensraum sein und der Unterricht in Fächern überwunden werden."[9] Die Schüler arbeiten in Stammgruppen, die jeweils drei Schuljahrgänge beinhalten. Jedoch gibt es hier auch homogene Lerngruppen, jedoch bezieht sich die Homogenität dabei auf den Leistungsstand und nicht auf das Alter der Kinder.[10]
Die Freinet-Pädagogik legt ihr Augenmerk darauf, "die Gesellschaft zu verändern"[11]. Die Kinder sollen eigenständig und verantwortlich für sich selbst und andere leben und handeln. "Es liegt auf der Hand, dass dieser Anspruch ohne eine Altersmischung in der Lerngruppe fast nicht bzw. viel schwerer verwirklicht werden kann."[12] Freinet sah erst durch Jahrgangsmischung und der damit verbundenen Heterogenität eine intensivierte Kooperation als möglich an.
2.2 Theorie
" 'Ich kann es dir erklären' - Kinder sind auch 'Lehrer' "[13]
Dies ist quasi die Kernaussage jahrgangsübergreifenden Lernens. Hierbei geben die älteren Schüler ihre erworbenen Lerninhalte und -techniken an jüngere Schüler weiter. Und sie tun das gerne. Grundsätzlich muss bei einer Jahrgangsmischung erst einmal überlegt werden, welche bzw. wie viele Jahrgänge man zusammenfasst. In Bundesländern mit einer Grundschulzeit von sechs Jahren bietet es sich z.B. an, drei Jahrgänge in einer Klasse unterzubringen. Wird die Grundschule nur von der ersten bis zur vierten Klasse besucht, bieten sich drei verschiedene Optionen zur Bildung von jahrgangsgemischten Lerngruppen: "Erstens [kann man] Erst- und Zweitklässler sowie Dritt- und Viertklässler zusammenfassen."[14] Dies mag zunächst als einfachste Variante erscheinen. Jedoch hat die Erfahrung gezeigt, dass Drittklässler "aufgrund ihrer sozialen Reife entscheidend zum Gelingen des gemeinsamen Unterrichts beitragen, indem sie vielfältige Aufgaben und Verantwortungen übernehmen und Vorbild sind"[15]. Jedoch werden die Unterschiede zwischen zwei Jahrgängen oft als zu gering eingestuft. Eine zweite Möglichkeit zur Lerngruppenbildung wäre das Zusammenfügen von Jahrgang eins, zwei und drei - der vierte Jahrgang würde in dem Fall homogen geführt. Dies lässt sich teilweise mit der Vorbereitung auf die weiterführende Schule begründen. "Allerdings widerspricht diese Vorgehensweise der grundlegenden Idee der Jahrgangsmischung."[16] Daher wäre eine dritte Variante die, eine Lerngruppe aus den Jahrgängen eins bis vier zu bilden. Durch Hospitationen an diversen Schulen hat sich dieses Modell als sehr erfolgreich erwiesen.
Im Idealfall betreuen zwei Lehrpersonen auf einmal eine altersgemischte Klasse. Laut Sabine Herzig und Anke Lange "ist es so erst wirklich möglich, alle Vorteile des gemeinsamen Lernens auszuschöpfen"[17]. In einer altersgemischten Gruppe zu lehren erfordert einerseits eine konkrete Aufgabenverteilung, andererseits gegenseitige Unterstützung. Dem liegt zugrunde, dass eine Umstrukturierung der Arbeitsmethode stattfinden muss, welche zu einem offenen Unterricht führt "- und offener Unterricht verlangt individuelle Förderung des Kindes!"[18]. Durch Team-Teaching ist es also vermehrt möglich, den individuellen Bedingungen und Anforderung des jahrgangsübergreifenden Lernens gerecht zu werden.
Zwei wichtige Methoden des Unterrichts in altersgemischten Lerngruppen sind Freiarbeit und Wochenplan. "Freiarbeit ist eine Unterrichtszeit, in der das Kind die Möglichkeit hat, eine Entscheidung bzgl. seiner Arbeit zu treffen, in der Regel hinsichtlich der konkreten Aufgabe, der genutzten Hilfsmittel, der Partner und des Zeitrahmens."[19] Freiarbeit bedeutet selbstbestimmt zu lernen, die Kinder erhalten die Gelegenheit, Aktivitäten "aus einem Angebot von Lernmöglichkeiten in einer Lernlandschaft"[20] auszuwählen. Oftmals ist die Freiarbeit eine festgelegte Zeit, in der die Schüler mit dem Einsatz eines Wochenplans arbeiten. Dieser gibt einerseits Pflichtaufgaben vor und kann auch das Erreichen bestimmter Lerninhalte sicherstellen.[21]
2.3 Durchführung in der Praxis an der XY Schule
In der Grundschule der XY Schule gibt es drei gemischte Eingangsklassen - Lerngruppen genannt -, die sowohl von Erstklässlern, als auch von Zweitklässlern besucht werden. Dabei sind es jedoch in diesem Schuljahr in jeder Klasse deutlich mehr Erst- als Zweitklässler. Dies hängt schlichtweg damit zusammen, dass es im vergangenen Schuljahr weniger Erstklässler gegeben hat, als in diesem.
Durch die Tatsache, dass die Zweitklässler sich durch den einjährigen Vorsprung bereits sehr gut im Schulalltag auskennen, übernimmt jeder von ihnen eine Patenschaft für einen oder 2 Erstklässler. Im Rahmen dieser bieten sie ihre Hilfe sowohl in Bezug auf den Unterricht, als auch auf andere, das Schulleben betreffende, Dinge an.
Während des Unterrichts erkennt man auf den ersten Blick nicht direkt, dass es sich um eine jahrgangsübergreifende Lerngruppe handelt. Oftmals finden gemeinsame Inputs statt, die für alle geeignet und wichtig sind. Auch in Fächern wie Religion oder MeNuK haben oftmals alle Schüler die gleichen Aufgaben. Besonders während der Unterrichtsstunden in den Hauptfächern werden jedoch Unterschiede deutlich. Obgleich die Einführung häufig für die gesamte Lerngruppe stattfindet, gibt es anschließend verschiedene Aufgaben für Klasse eins und zwei. Hierbei arbeiten dann, wenn es zu einer Partner- oder Gruppenarbeit kommt, nur die Kinder aus der jeweils gleichen Klassenstufe gemeinsam. Somit ist niemand unter- oder überfordert. Wenn Erklärungsbedarf besteht, ist jedoch stets ein älterer Schüler - zusätzlich zur Lehrperson - parat. Dies ist für jeden Beteiligten von Vorteil: die jüngeren Schüler bekommen es in den eigenen Worten eines anderen erklärt und die älteren können auf diese Art ihr Wissen festigen, indem sie jemand anderem etwas erklären.
In einer der Klassen -Elefantenklasse genannt- werden die Unterschiede bezüglich der zu bearbeitenden Aufgabe visuell untermalt. Es gibt in der Klasse 'grüne' (Erstklässler) und 'blaue' (Zweitklässler) Elefanten. An der Tafel sind somit eine Bildkarte, die einen grünen Elefanten abbildet, und eine Bildkarte, die einen blauen Elefanten abbildet befestigt. Unter diesen Karten werden jeweils die zu erledigenden Aufgaben in den entsprechenden Farben niedergeschrieben. Auch hat jedes Kind einen eigenen Elefanten mit seinem Namen und Foto im Lerngruppenraum hängen. Auch hier kommen wieder die unterschiedlichen Farben vor.
Da für die zweite Klasse bereits zwei Wochenstunden Unterricht mehr, als für die erste vorgesehen ist, kommen die Zweitklässler donnerstags und freitags bereits zur ersten Unterrichtsstunde des Tages. In diesen Stunden erhalten sie Mathematik- und Deutschunterricht. Hier besteht die Möglichkeit auch eher komplexe Thematiken zu behandeln und zu besprechen, da die Erstklässler nicht anwesend sind. Dies soll aber nicht bedeuten, dass während der regulären Unterrichtsstunden keine getrennten Inputs oder dergleichen möglich wären. Im Gegenteil: die Schülerinnen und Schüler arbeiten bereits so selbstständig, dass während der Arbeitsphasen problemlos kleinere Inputs für die jeweils andere Klassenstufe oder auch innerhalb derselben Klassenstufe gegeben werden können.
Des Weiteren findet einmal pro Woche eine Stunde Förderunterricht mit verschiedenen Kindern statt. Die Lehrperson wählt hierbei einige Schülerinnen und Schüler aus, von denen sie den Eindruck hat, dass diese in bestimmten Bereichen etwas zusätzliche Unterstützung benötigen. Die Zusammensetzung dieser Lernenden kann von Woche zu Woche variieren.
Team-Teaching findet in der Eingangsstufe der XY Schule lediglich in zwei Schulstunden pro Woche statt. Hierbei kann der Einsatz der zusätzlichen Lehrkraft variieren. Diese Team-Teaching-Stunden geben die Möglichkeit, innerhalb der Klasse getrennt zu arbeiten. Sprich, die eine Lehrperson betreut die Erstklässler und die andere Lehrperson kümmert sich um die Zweitklässler. So können die Kinder optimal betreut und gefördert werden.
[...]
[1] Herzig, A.; Lange, A. (2006): So funktioniert jahrgangsübergreifendes Lernen. Verlag an der Ruhr, S. 10
[2] Vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport: Jahrgangsübergreifendes Lernen in der Grundschule, S. 6
[3] Ebd.
[4] Ebd.
[5] Vgl. ebd.
[6] EZ - Die Elternzeitschrift des bayrischen Kultusministeriums Nr. 2/06, S. 7
[7] Herzig, A.; Lange, A. (2006): So funktioniert jahrgangsübergreifendes Lernen. Verlag an der Ruhr, S. 19
[8] Ebd.
[9] Ebd., S. 20
[10] Vgl. ebd.
[11] Ebd.
[12] Ebd.
[13] Herzig, A.; Lange, A. (2006): So funktioniert jahrgangsübergreifendes Lernen. Verlag an der Ruhr, S. 11
[14] Ebd., S. 27
[15] Ebd.
[16] Ebd.
[17] Ebd., S. 23
[18] Herzig, A.; Lange, A. (2006): So funktioniert jahrgangsübergreifendes Lernen. Verlag an der Ruhr, S. 24
[19] Ebd., S. 33
[20] Ebd.
[21] Vgl. ebd.
- Arbeit zitieren
- Luisa Prawirakoesoemah (Autor:in), 2015, Jahrgangsübergreifendes Lernen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/385935
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