Traditionelle Kreditinstitute stehen unter Druck. Veränderungen der Gesetzgebung, Konkurrenz durch FinTechs und große Technologiekonzerne und der Zwang, mit einem immer schneller werdenden Tempo des technologischen Fortschritts mitzuhalten – um die Vielzahl der Herausforderungen meistern zu können, reichen Effizienzsteigerungs- und Kostensenkungsprogramme nicht mehr aus.
Banken müssen sich den neuen Begebenheiten anpassen und ihre Geschäftsmodelle entsprechend neu aufstellen. Innovationen können in diesem Veränderungsprozess ein entscheidender Erfolgsfaktor sein, weil sie unkonventionelle Lösungen liefern und zur Transformation des Geschäftsmodells abseits bereits ausgetretener Pfade beitragen.
Maksim Hrupin spürt in dieser Publikation Faktoren und Instrumente auf, die zu einem erfolgreichen Innovationsmanagement in Banken beitragen. Mit dem Ergebnis dieser Untersuchung analysiert der Autor anschließend verschiedene Maßnahmen der einzelnen Bankengruppen anhand von veröffentlichten Daten.
Aus dem Inhalt:
- Innovation;
- Innovationsmanagement;
- Digitalisierung;
- Kreditinstitute;
- Open Innovation
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
1.2 Forschungsfrage und Ziel
1.3 Gang der Untersuchung
2 Begriffliche Abgrenzung und theoretische Grundlagen
2.1 Grundbegriffe
2.2 Innovationsprozess und Innovationsmanagement
2.3 Open Innovation als Treiber für Innovationen im digitalen Zeitalter
2.4 Innovationen im Hinblick auf das Bezugsobjekt Bank
3 Innovationsmanagement: Einordnung der Gestaltungsparameter in einen Innovationsprozess
3.1 Screening und Trendanalyse
3.2 Ideenfindungund Genese
3.3 Ideenauswahl und Bewertung
3.4 Ideenrealisierung und Umsetzung
4 Strategische Maßnahmen verschiedener Bankengruppen zur Förderung von Innovationen
4.1 Private Großbanken: Deutsche Bank
4.2 Private Großbanken: Commerzbank
4.3 Sparkassen-Finanzgruppe
4.4 Genossenschaftliche Gruppe: DZ-Bank
4.5 Direktbanken: ING-DiBa
5 Beurteilung des Innovationsmanagements der verschiedenen Bankengruppen
6 Fazit
6.1 Zusammenfassende Würdigung
6.2 Ausblick
6.3 Limitationen und weiteres Forschungsinteresse
Literaturverzeichnis
Internetquellen:
Anhang
Anhang 1: Kennzahlen und Kooperationen der Deutschen Bank
Anhang 2: Kennzahlen und Kooperationen der Commerzbank
Anhang 3: Kennzahlen und Kooperationen der Sparkassen-Finanzgruppe
Anhang 4: Kennzahlen und Kooperationen der DZ-Bank Gruppe / Genossenschaften
Anhang 5: Kennzahlen und Kooperationen der ING-Diba
Anhang 6: Kooperationen der Bankengruppen mit FinTechs von A-Z
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Grundverständnis des Innovationsbegriffs
Abbildung 2: Bestandsgeschäfte vs. Neuartige Geschäfte
Abbildung 3: Arten der Ambidextrie
Abbildung 4: Innovationbetrachtung als Ergebnis und Prozess
Abbildung 5: Innovationsprozess in vier Phasen
Abbildung 6: Bestandteile des Innovationsmanagements
Abbildung 7:Theoretische Ansätze des Innovationsmanagements
Abbildung 8: Erfolgsfaktoren des Innovationsmanagements in drei Kategorien
Abbildung 9: Open-Innovation
Abbildung 10: Gliederungsoptionen anhand von vier Innovationsleitlinien
Abbildung 11: Alternative Szenarien für die Zuordnung der Gestaltungsparameter
Abbildung 12: Gestaltungsparameter im Innovationsprozess einer Bank
Abbildung 13: Methoden des Strategic Foresight
Abbildung 14: Übersicht über die Hackathons der Deutschen Bankengruppen
Abbildung 15: Design Thinking Prozess
Abbildung 16: Analyse des digitalen Kunden
Abbildung 17: Änderung des Geschäftsmodells durch Kundenbedürfnisse
Abbildung 18: Organisationsmodelle für Produkt- und Geschäftsmodellinnovationen
Abbildung 19:Dimensionen der Agilität
Abbildung 20: Vergleich von Banken und FinTechs
Abbildung 21: Optionen der Zusammenarbeit zwischen Banken und FinTechs
Abbildung 22: Vorgehensweise im Erneuerungsprozess durch Impulse der FinTechs
Abbildung 23: Verschiedene Inkubator-Modelle in Banken
Abbildung 24: Analyseparameter der FinTech-Erhebung
Abbildung 25: Zielsetzungen im Hinblick auf die Kundensegmente
Abbildung 26: Ausrichtung der Deutschen Bank mit der Strategie 2020
Abbildung 27: Innovationsinitiativen der Deutschen Bank im Innovationsprozess
Abbildung 28: Thematische Schwerpunkte der Innovation Labs der Deutschen Bank
Abbildung 29: FinTech-Kooperationen der Deutschen Bank
Abbildung 30: Ergebnisentwicklung der Segmente der Commerzbank
Abbildung 31: Strategisches Programm Commerzbank 4.0
Abbildung 32: Ganzheitliches Innovationsmanagement der Comdirekt
Abbildung 33: Vergleich zwischen Main Incubator und CommerzVentures
Abbildung 34: FinTech-Kooperationen der Commerzbank
Abbildung 35: Veränderungen der Transaktionen in der Sparkassengruppe
Abbildung 36: Ausgewählte Innovationsmaßnahmen der Landesbanken
Abbildung 37: Innovationsvorgang im S-Hub
Abbildung 38: FinTech-Kooperationen der Sparkassen-Finanzgruppe
Abbildung 39: Prinzipien eines Innovation Lab am Beispiel der DZ-Bank
Abbildung 40: FinTech-Kooperationen der DZ-Bank
Abbildung 41: Produktangebot der ING-Diba in Segmenten
Abbildung 42: FinTech-Kooperationen der ING-Diba
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
Die Finanzindustrie bewegt sich derzeit in einer herausfordernden Umwelt, welche von unterschiedlichen Faktoren geprägt ist und eine Reaktion traditioneller Kreditinstitute erfordert. Durch die anhaltende Niedrigzinsphase verbleibt die Zinsspanne auf einem niedrigen Niveau, womit das Zinsergebnis als wichtigste Ertragskomponente deutscher Kreditinstitute[1] weiterhin unter Druck steht.[2] Zudem wurden im Nachgang zu der Finanzkrise 2008 nationale und vor allem europäische Maßnahmen zur Regulierung der Banken getroffen. Zahlreiche Veränderungen in der Gesetzgebung, z.B. auf Basis von PSD2[3], MiFID II und Basel III[4], erhöhten die Eigenkapitalanforderungen, vergrößern die Komplexität der Regulierung und führen gemeinsam mit weiteren Reformmaßnahmen[5] zu anhaltend hohen Kosten.[6] Im weltweiten Vergleich, leidet der deutsche Bankensektor an der starken Abhängigkeit vom Zinsgeschäft, einer nachhaltig hohen Cost-Income-Ratio von durchschnittlich 69% und einer unterdurchschnittlichen Eigenkapitalrentabilität von 2% in den Jahren 2012 bis 2015.[7]
Darüber hinaus stehen Banken zunehmend in Konkurrenz mit banknahen Dienstleistern[8], den FinTechs, die sich in einer Nische entlang der Wertschöpfungskette von Banken positionieren und auf Basis des Web 2.0 kundenzentrierte Serviceleistungen erbringen.[9] Zudem gewinnen Direktbanken, die sich im Retailbanking zunehmend als Universalanbieter präsentieren, immer mehr Kunden hinzu.[10] Ebenso positionieren sich große Technologiekonzerne[11] zunehmend als Spieler im Finanzdienstleistungsbereich, derzeit vor allem im Business to Customer (B2C)-Segment mit Angeboten wie Apple Pay, Google Wallet oder Amazon Lending. Dies geschieht vor dem Hintergrund einer allumfassenden Leistungserbringung der GAFA’s, die sich an den Bedürfnissen der Kunden orientieren, sodass auf Basis von Big Data Analysen Cross- und Up-Selling betrieben wird.[12]
Doch Kreditinstitute stehen nicht nur in der isolierten Betrachtung der Finanzbranche vor großen Problemen. Auch der gesellschaftliche Wandel im Zuge der Globalisierung und vor allem der technologische Fortschritt mit der Digitalisierung der Prozesse versprechen disruptive Veränderungen. Durch gestiegene Transparenz, soziale Vernetzung und ständige Online-Präsenz[13] erwarten Kunden Leistungen, die ihren Bedürfnissen (oder die ihres Unternehmens) entgegenkommen.[14] Der value-to-customer, der wahrgenommene Nutzen oder Wert für den Kunden, wird für Banken mit hochgradig digitalisierbaren Bankleistungen entscheidend. In einer Zeit von Überkapazitäten mit Produkten, die technisch große Ähnlichkeiten aufweisen, entscheiden zunehmend Kommunikation, Marke und Servicequalität über den Erfolg.[15]
1.2 Forschungsfrage und Ziel
Es ist anzumerken, dass die laufende Konsolidierung[16] sowie Effizienzsteigerungs- und Kostensenkungsprogramme nur ein Baustein zur Bewältigung dieser anhaltenden Probleme sein können. Vor allem ist Anpassungsfähigkeit an die neuen Begebenheiten gefragt und damit eine zügige Neuaufstellung der Geschäftsmodelle. Die Leitung eines Kreditinstituts muss sich die Frage stellen: Was sind meine Kundensegmente? Über welche Produkte und Kanäle möchte ich die Kunden in welcher Wertschöpfungstiefe erreichen? Innovationen können in diesem Veränderungsprozess ein entscheidender Erfolgsfaktor sein. In einer globalen PwC-Studie gaben 83% der befragten Firmen an, dass Innovationen unverzichtbar respektive wichtig sind, um im weltweiten Wettbewerb zu bestehen. Zudem generierten innovative Unternehmen mehr Umsatz, stärkere Erträge und wuchsen schneller. Darüber hinaus wollen die innovativsten Unternehmen in den nächsten Jahren, im Vergleich zum Durchschnitt, doppelt so schnell wachsen.[17] Kiehling verweist ebenso darauf, dass die langfristige Überlebensfähigkeit eines Unternehmens zwar auf Vorsicht und Unternehmensidentität beruht, jedoch gleichzeitig die Sicherstellung von Flexibilität und Innovationsfähigkeit bedarf. Es muss eine Toleranz gegenüber unkonventionellen Lösungen und Experimentierfreude geben.[18] Bezogen auf die Zukunft von Banken bekräftigt Schatilow: „Der Bankvorstand formiert sich symbolisch als Innovationsteam, formuliert eine Vision für die Smart-Service-Welt und verkündet den Weg dorthin als ergebnisoffenen Suchprozess...“.[19]
Ein erfolgreiches Innovationsmanagement ist in der Lage unkonventionelle Lösungen zu liefern und zur Transformation des Geschäftsmodells abseits bereits ausgetretener Pfade beizutragen. Die vorliegende Masterarbeit verfolgt das Ziel Innovationen im bankspezifischen Kontext einzuordnen sowie Faktoren und Instrumente herauszuarbeiten, welche zu einem erfolgreichen Innovationsmanagement in Banken beitragen. Diese Ausarbeitung soll einen wissenschaftlichen Beitrag dazu leisten, wie Banken ein effektives Innovationsmanagement bei gleichzeitiger Sicherstellung von Effizienz im Tagesgeschäft in das Geschäftsmodell integrieren können.[20] Die Öffnung des Innovationsprozesses in einer Umgebung, die zunehmend von digitalen Ökosystemen geprägt ist, bildet zudem unter dem Begriff Open Innovation einen Schwerpunkt der Arbeit. Der Fokus dieser Masterarbeit zielt auf den deutschen Bankensektor sowie auf die generelle Ausrichtung hinsichtlich eines innovationsfreundlichen Geschäftsmodells ab.
1.3 Gang der Untersuchung
Vor diesem Hintergrund werden in Kapitel 2 Grundlagen gelegt, die für die weitere Bearbeitung der Fragestellung von hoher Bedeutung sind. Ein Hauptaugenmerk liegt hierbei auf der Darstellung des Innovationsprozesses und der Abgrenzung zum Innovationsmanagement. Das Konzept Open Innovation bildet einen wesentlichen Treiber für Innovationen im digitalen Zeitalter und wird daher dezidiert in einem eigenen Kapitel behandelt. Den Schlussteil der theoretischen Grundlagen umfasst die Einordnung des Innovationsbegriffs in einen bankspezifischen Kontext.
Auf Basis des eingeführten Innovationsprozesses erfolgt die Gliederung von Kapitel 3. Den einzelnen Phasen im Innovationsprozess werden die jeweiligen Gestaltungsparameter und Instrumente des Innovationsmanagements zugeordnet, sodass für jeden Prozessschritt wichtige Elemente für ein erfolgreiches Innovationsmanagement diskutiert werden. Die Öffnung des Innovationsprozesses von Banken im Sinne der Open Innovation dient hierbei als Schwerpunkt für die Auswahl der vorgestellten Innovationsmethoden, welche unter anderem Design-Thinking, Customer Co-Creation und Innovation Labs beinhalten.
Kapitel 4 analysiert daraufhin Maßnahmen der einzelnen Bankengruppen anhand von veröffentlichten Daten[21] im Hinblick auf die in Kapitel 3 erarbeiteten Innovationsparameter, wobei die Strategische Ausrichtung, aktuelle Innovationsmethoden und die Förderung von Innovationen über einen Innovationsinkubator im Mittelpunkt stehen. Im Schlussteil erfolgt eine Einordnung des Innovationsmanagements der Bankengruppen.
2 Begriffliche Abgrenzung und theoretische Grundlagen
2.1 Grundbegriffe
In der Literatur findet sich eine Bandbreite von verschiedenen Definitionen für den Innovationsbegriff. Die vorliegende Ausarbeitung beschäftigt sich mit Innovation aus der betriebswirtschaftlichen Sicht. Der Begriff stammt aus dem lateinischen innovare ab, was wörtlich übersetzt erneuern oder verändern bedeutet. Folglich geht der Begriff Innovation in den Wirtschaftswissenschaften mit technischen, wirtschaftlichen oder sozialen Erneuerungen einher. Wichtige Vertreter der Innovationsforschung haben unterschiedliche Aspekte betont. Schumpeter, als einer der Begründer des betriebswirtschaftlichen Innovationsbegriffs, sprach von der Durchsetzung einer Neukombination von Produktionsmitteln, was sich u.a. in der Herstellung eines neuen Gutes, neuer Produktionsmethoden oder neuer Absatzmärkte zeigen kann. Ebenso prägte Schumpeter in diesem Zusammenhang den Begriff der schöpferischen Zerstörung, wenn es zu einer Erfindung von neuen Gütern oder einer neuartigen Herstellung von bestehenden Gütern kam, die zu einer dynamischen und sprunghaften Entwicklung der Wirtschaft beitrugen.[22] Hauschildt liefert eine konkretere Definition, indem er formuliert: „Innovationen sind im Ergebnis qualitativ neuartige Produkte oder Verfahren, die sich gegenüber dem vorangehenden Zustand merklich [...] unterscheiden.“[23] Trommsdorff verweist in seiner Definition auf einen unternehmenssubjektiv neuartigen Gegenstand, der sich in den Ausprägungen als Produkt oder Prozess zeigen kann. Er betont die übergeordnete Problematik einer Umsetzung- bzw. Durchsetzung einer unternehmensindividuellen Innovation, dass die Erfordernis eines eigenen Innovationsmanagements nach sich zieht.[24]
Allen Definitionen ist gemein, dass diese eine wertstiftende Kombination von Ressourcen verbindet, welches dem Unternehmen neue Wachstumsmöglichkeiten durch neuartige oder verbesserte Produkte, Verfahren oder Prozesse ermöglicht. In diesem Kapitel wird ein grundlegendes Verständnis der Innovation vermittelt, indem bestimmte Abgrenzungskriterien, basierend auf folgendem Schaubild, dargestellt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Grundverständnis des Innovationsbegriffs
Hauschildt wählt zur Einordnung des Innovationsbegriffs eine Methode, welche die Innovation in fünf verschiedenen Dimensionen darstellt:[25]
- Inhaltliche Dimension
- Intensitätsdimension
- Subjektive Dimension
- Prozessuale Dimension
- Normative Dimension
Die inhaltliche Dimension differenziert die historisch gewachsene Unterscheidung zwischen Produkt- und Prozessinnovation. Die Produktinnovation muss vom Markt angenommen und von Kunden nachgefragt werden, um ein bestimmtes Kundenbedürfnis zu stillen und einen Zweck zu erfüllen. Die Prozessinnovation hingegen zielt darauf ab, innerbetriebliche Abläufe zu verbessern und die Effizienz zu steigern. Kreditinstitute bewegen sich jedoch häufig im Segment der Dienstleistungsinnovationen, bei denen die Trennschärfe durch Interdependenzen nicht gegeben ist, da Eigenschaften beider Innovationsarten festgestellt werden können.[26] Trommsdorff erweitert beide Kategorien um die Lösungsinnovation, welche die Unternehmensperspektive mit den Dimensionen des Ziel- und Durchsetzungsaspekts um eine kundenzentrierte Sichtweise erweitert. Bei der Lösungsinnovation ist die Lösung eines Kundenproblems das zentrale Abgrenzungskriterium: Bestehende Faktoren wie Technik- und Marktkompetenz werden um eine Integrationskompetenz im Sinne der Bedürfnisbefriedigung des Kunden erweitert.[27] Neben der Prozessinnovation, die eher inkrementeller Natur ist und der Produkt- bzw. Dienstleistungsinnovation, die sich an einem Objekt und der Verwertung am Kunden orientiert, ist im Bankensektor vor allem die organisatorische bzw. die Geschäftsmodellinnovation von großer Bedeutung. Nach Kersting bezeichnet die Geschäftsmodellinnovation die Art und Weise eines Unternehmens, sein Geschäft zu betreiben. Die Geschäftsmodellinnovation dient strategischen Entscheidungen im Hinblick auf neue Geschäftsfelder oder der Neuerschließung von alten Geschäftsfeldern.[28] Auch nach Alt zählen Geschäftsmodellinnovationen bei Banken zu den strategischen Innovationen, die Fragen in Bezug auf Erlösmodell, Kanalstrategie und Interaktion zum Kunden beantworten.[29]
Die Intensitätsdimension fragt nach dem Neuheits- bzw. Innovationsgrad einer neuen Entwicklung. Im Regelfall wird eine Unterscheidung zwischen den Polen der inkrementellen und radikalen Innovation gewählt. Autoren wählen hierbei ähnliche Kriterien, um diesen Grad zu messen. Trommsdorff benennt die beiden Skalen Markt- und Technologieinnovationsgrad. Wenn beide in hohem Maße erfüllt sind, spricht er von einer radikalen Innovation.[30] Für Vahs bezeichnet eine neue oder neuartige Problemlösung zwingend eine bisher nicht dagewesene Stufe im Erkenntnis- und Erfahrungsstand. Die Einordnung platziert er einerseits ebenfalls in Bezug zum Markt, als zweite Skalierung wird jedoch der Neuheitsgrad für das Unternehmen definiert, womit weniger eine produktorientierte- als vielmehr eine organisationale Sichtweise eingenommen wird.[31] In einer Erhebung stellt Ili fest, dass für den Großteil der Finanzdienstleistungsunternehmen Effizienz als wichtigster Wettbewerbsfaktor der Unternehmensstrategie benannt wurde.[32] Im Sample wählten keines der Finanzdienstleistungsunternehmen eine aggressive Strategie als First Mover. Die meisten Kreditinstitute verfolgten einen Fast Follower Ansatz[33], was womöglich mit der leichten Imitierbarkeit von Bank- und Finanzdienstleistungen zusammenhängt. Auf Basis dieser Angaben schließt Ili, dass Finanzdienstleistungsunternehmen bisher eine „… eher schwach ausgeprägte Innovationsorientierung, gerade mit Blick auf Innovationen mit einem hohen Neuigkeitsgrad“[34] aufweisen.
In der Subjektiven Dimension wird die Frage beantwortet, wie einzelne Individuen oder Stakeholdergruppen die Innovation einschätzen. Die Meinung darüber, welche Bedeutung einer Innovation beigemessen wird ändert sich, je nachdem welche Perspektive eingenommen wird, z.B. Experten, Führungskräfte oder aber eine ganze Nation.[35] Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind die Unternehmensperspektive und die Sicht des ausführenden Managers maßgeblich. Eine subjektive Neuartigkeit kann z.B. in der Imitation des Wettbewerbers vorliegen, definiert als unternehmenssubjektive Innovation.[36]
Die Prozessuale Dimension setzt bei der Entstehung einer Innovation an. Zwar ist die Hervorbringung einer Innovation ein iterativer Prozess, der sich nur schwerlich messen lässt, jedoch ist es möglich, idealtypische Schritte von der ersten Idee bis zur Marktverwertung voneinander abzugrenzen. Hierbei verläuft der Prozess häufig jedoch weder linear noch in einem strategischen Top-Down Ablaufplan.[37]
Wie gut die abschließenden Schritte der Markteinführung und der Leistungsverwertung sind, die sich in Kennzahlen wie dem erzielten Umsatz, Gewinn oder Kostensenkung / Effizienzsteigerung ausdrücken lassen, misst hingegen die Normative Dimension. Das heißt, ein Unternehmen verfolgt Innovationen nicht zum Selbstzweck, sondern aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung; zur Erlangung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen oder möglichem Wachstum über neue Kunden oder Märkte. Eine besondere Herausforderung birgt dabei die Tatsache, dass der Innovationsmanager mit einem Fokus auf zukunftsbezogenes Handeln und dem erwarteten Innovationserfolg anstatt mit realisierten Erfolgen plant.[38]
Ergänzend zu den Ausführungen hinsichtlich der Dimensionen von Innovationen, können Merkmale der Innovation unterschieden werden. Am geläufigsten in der Literatur[39] sind die vier Merkmale Neuheitsgrad, Unsicherheit, Komplexität und Konfliktgehalt.[40] Vor allem die Unsicherheit ist für das Innovationsmanagement von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Eine Besonderheit der Innovation ist, dass weder auf Erfahrungswerte noch auf Wissen der Vergangenheit zurückgegriffen werden kann. Das heißt die Innovation bezieht sich auf einen zukünftigen Zustand, der aufgrund der Unsicherheit große Herausforderungen für die Planung und das Management birgt. Verfügt die Innovation zudem über einen stark ausgeprägten Neuheitsgrad, so ist die Unsicherheit hinsichtlich der Erfolgsaussichten in der Regel besonders hoch.[41] Thom fügt darüber hinaus an, dass eine wirtschaftliche Verwertung am Markt eine wichtige Zielkomponente bildet. Die Unsicherheit herrscht also nicht nur bei der Entstehung, sondern auch bei der anschließenden Platzierung der Innovation am Markt vor.[42]
Neben Arten und Merkmalen von Innovationen sind insbesondere Treiber und Quellen von Innovationen zur Einordnung von entscheidender Bedeutung. Hierbei wird meist eine Zweiteilung vorgenommen: Im Fall der Technology-Push Entwicklung wurde eine Fähigkeit oder Technologie entwickelt, während der Zweck dieser Technologie im Hinblick auf den Markt oder ein Kundenproblem noch nicht ersichtlich ist. Im Demand-Pull Ansatz hingegen entwickelt der Markt einen Innovationssog, da die bisherige Bedürfnisbefriedigung nur unzureichend erfolgt.
In beiden Fällen ist Kreativität ein zentrales Erfolgskriterium: Entweder muss eine sinnvolle Vermarktungsmöglichkeit und eine effektive Platzierung am Markt mit entsprechenden Marketingmaßnahmen erfolgen (Technology-Push). Oder es wird nach einer technischen Entwicklung und Kreativität hinsichtlich der Problemlösung der Kundenanforderungen verlangt (Market-Pull).[43] Ein typisches Beispiel für die Technology-Push Entwicklung ist die Blockchain-Technologie, die auf Basis einer Datenbank und dezentralen Datenpaketen in Zukunft womöglich effizientere Transaktionsabwicklungen, digitale Buchführung oder den massentauglichen Einsatz einer Kryptowährung ermöglicht.[44]
Neben dem Begriff der Innovation wird in diesem Abschnitt auch der Terminus Ambidextrie als Grundbegriff eingeführt, da diese eine zentrale Herausforderung für das Management von Innovationen für Banken[45] darstellt.
Obmann verweist darauf, dass der Begriff Ambidextrie dem lateinischen ambo (beide) und dexter (rechte Hand) entstammt und frei übersetzt für Beidhändigkeit steht. Ambidextrie bezeichnet den Dualismus aus kontinuierlichem, effizientem Leistungserstellungsprozess der bisherigen Wertschöpfungskette bei gleichzeitiger Sicherstellung von Spielräumen für Innovation und der Begehung neuer Wege zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells.[46] Bei einem Aufkauf eines agilen Start-ups oder bei dem Aufbau eines internen Inkubators stehen Banken vor dem Problem der Ambidextrie. Das Geschäft eines Kreditinstituts ist i.d.R. auf Kontinuität und Planbarkeit ausgerichtet, während innovative Projektgruppen ebenso wie FinTechs von schnellen und flexiblen Gestaltungsprozessen leben und sich durch Entwicklungssprünge auf Basis des Trial & Error Prinzips auszeichnen.[47]
In Organisationen müssen ambidextre Unternehmensstrukturen geschaffen werden, die eine Ausweitung des Kerngeschäfts ermöglichen und trotzdem ausreichend Raum für Innovationen lassen. Dabei stehen sich Effizienz und Experiment diametral gegenüber. Das Management ist gefordert widersprüchliche Anforderungen durch eine Dynamik des Verhaltens und Kompromisse zu steuern. Auf der einen Seite wird verlangt, dass die Steuerung der Mitarbeiter durch genaue und regelkonforme Arbeitsvorgänge unter Einhaltung wesentlicher Zielvorgaben aus Kosten, Zeit und Qualität erfolgt. Auf der anderen Seite wird von Mitarbeitern eine Motivation erwartet, außerhalb von bestehenden Strukturen zu denken, kreative Lösungen zu finden und mittels Innovationen, Normen sowie Prozesse zu hinterfragen und zu verbessern.[48]
Dies bedeutet, dass Bestandsgeschäfte und Produkt- bzw. Geschäftsmodellinnovationen aus neuartigen Geschäften teilweise in Konkurrenz zueinander stehen. Folgende tabellarische Abgrenzung nach Ebers grenzt Bestands- von Neuartigen Geschäften ab:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Bestandsgeschäfte vs. Neuartige Geschäfte[49]
Die Abgrenzung macht deutlich, dass beide Geschäftsarten nicht nur ambivalente Führungsgrundsätze erfordern, sondern auch in der Organisationsstruktur unterschiedlich gehandhabt werden sollten. Ein Kreditinstitut ist gefordert Marktanteile zu sichern und das Bestandsgeschäft kontinuierlich weiterzuentwickeln. Dies geschieht über Lerneffekte und Erfahrungen, die in effizienteren Prozessen und besserem Service münden. Stabile Erträge und feste Strukturen dürfen jedoch nicht dazu führen, dass der Blick über die Organisationsgrenzen und externe Einflüsse außer Acht gelassen werden.
In der Literatur werden verschiedene Arten von Ambidextrie definiert, die unterschiedliche Anforderungen an die Organisation stellen. Die drei geläufigsten Arten der Ambidextrie sollen im Folgenden voneinander abgegrenzt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Arten der Ambidextrie[50]
Die Gegenüberstellung verdeutlicht, dass sich zum Ausgleich der Tätigkeiten von Exploration und Exploitation unterschiedliche Organisationstypologien eignen. Im Kapitel zur strategischen Ausrichtung von Banken[51] werden daher Ziele, Stärken und Schwächen von innovationsfördernden Organisationsmodellen diskutiert und hinsichtlich deren Eignung für Kreditinstitute geprüft.
Um die Betrachtung von Innovation anhand von verschiedenen Faktoren, Merkmalen und Zielen sowie im Hinblick auf Ambidextrie abzuschließen, ist es möglich die eingeführten Abgrenzungskriterien in zwei verschiedene Betrachtungsweisen aufzugliedern: Einerseits beschreibt die Innovation einen Zustand in Form eines Ergebnisses. Andererseits ist die Innovation ein Prozess mit mannigfaltigen Entscheidungen und Rahmenbedingungen. Tabellarisch werden die vorab aufgelisteten Aspekte mit kurzen Erläuterungen folgendermaßen eingeordnet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Innovationbetrachtung als Ergebnis und Prozess
Diese tabellarische Gegenüberstellung verdeutlicht die umfassende Breite des Begriffs und die unterschiedlichen Betrachtungswinkel einer Innovation. Für diese Ausarbeitung ist die managementorientierte Betrachtung im Fokus. Gleichsam bedeutet dies, dass der Entstehungsprozess von Innovationen im betrieblichen Kontext den weiteren Schwerpunkt der Kapitel bildet. Aus diesem Grund soll im folgenden Kapitel der idealtypische Ablauf eines Innovationsprozesses veranschaulicht werden, um von diesem Grundkonzept ausgehend das Management von Innovationen transparent zu machen.
2.2 Innovationsprozess und Innovationsmanagement
Trommsdorff macht deutlich, dass das Phasenmodell eines Innovationsprozesses nur eine unzureichende, vereinfachte und idealisierende Abbildung einer realen Innovationsentstehung ist, um wesentliche Aspekte abseits von Komplexität zu verdeutlichen.[52] Vahs definiert die Aufgabe eines Innovationsprozesses in der zeitgerechten Vervollständigung einer Idee durch Sicherstellung von Ressourcen und Umsetzung in ein vermarktbares Produkt. Es wird eine Struktur geliefert, mit deren Hilfe ein klar geregelter Ablauf aus Prozessaufgaben, Prozessverantwortung und Prozesskompetenzen entsteht.[53] Nachfolgend wird ein Innovationsprozess skizziert, der wesentliche Erkenntnisse aus der Literatur zusammenfasst:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Innovationsprozess in vier Phasen[54]
Die Bezeichnung der einzelnen Phasen sowie der Detaillierungsgrad eines Innovationsprozesses variiert im Vergleich der einzelnen Quellen. Thom erkennt die Probleme von Phasenmodellen und betont, dass Trennlinien der einzelnen Phasen analytisch nicht ganz genau sein können, da sich Innovationen aus einer Vielzahl von untereinander verflochtenen Teilprozessen zusammensetzen. Zudem benötigen diese Modelle eine betriebsindividuelle Abwandlung, um der Unterschiedlichkeit der innovierenden Betriebe Rechnung zu tragen. Nichtsdestotrotz hebt Thom die Bedeutung eines Phasenmodells hervor: “Die verschiedenartigen Vorgänge innerhalb des Innovationsprozesses bedürfen nämlich einer jeweils andersartigen Gestaltung durch das Management”.[55] Da diese Ausarbeitung die Zielsetzung erfolgt, Handlungsempfehlungen für das Management von Innovationen abzuleiten, werden die einzelnen Prozessphasen kurz vorgestellt:
1. Screening und Trendanalyse: Granig macht darauf aufmerksam, dass in der Ausgangssituation die Identifikation eines generellen Problems, welche für das Unternehmen ein Chance sein kann, im Vordergrund steht. Dies kann durch verschiedene Auslöser geschehen, seien es Kunden, Lieferanten, Medien oder auch unternehmensinterne Quellen.[56] Anders als in der Literatur häufig dargestellt, in welcher ein dreiphasiges Konzept[57] usus ist, wird die Phase der Ideenfindung in diesem Schaubild zweigeteilt mit einem vorangestellten Prozessschritt zum Screening. Dies geschieht aus dem Grund der veränderten Rahmenbedingungen, da in Folge der Globalisierung und der Verbreitung der IKT Innovationszyklen kürzer werden und schnellere Reaktionen gefragt sind. Dieses fortlaufende Screening muss dabei nicht zwingend in direkten Produkt- oder Dienstleistungsideen münden, sondern eine Sensibilisierung für Änderungen der Rahmenbedingungen oder der Kundenbedürfnisse herstellen, um gegebenenfalls schnell reagieren zu können. Externe Auslöser, wie im vorigen Kapitel erläutert, sind von der Markt- oder der Technologieseite zu erwarten.[58]
2. Ideenfindung und Genese: In der zweiten Phase sind vor allem Kreativität und Wissensmanagement gefragt. Das heißt es müssen anfangs möglichst viele und vor allem unterschiedliche Ideen gesammelt werden, mit Hilfe der Nutzung von internen Quellen oder gemeinsam mit dem Kunden.[59] Unternehmen stehen hierbei jedoch häufig vor einem organisatorischen Dilemma. Es werden erhebliche Ressourcen bereitgestellt, um Regeln und Strukturen zu schaffen, damit das Unternehmen in Bezug auf die Ideenfindung und Innovationen wettbewerbsfähig bleibt. Jedoch ist anzumerken, dass Kreativität in einem Raum geprägt von informaler Kommunikation, Handlungsfreiheit und Autonomie am besten gedeiht. Das heißt Standardisierung und Vorgaben auf der einen und ein kreatives Umfeld auf der anderen Seiten, stehen teilweise in einem Zielkonflikt zueinander, der das Innovationsmanagement vor die Herausforderung stellt, einen optimalen Regelungsgrad aus Standardisierung und Flexibilität zu finden.[60] Nach Bierfelder sind bei der Entstehung von Ideen hohe Entscheidungsautonomie, informale Kommunikation und ein geringer Grad an Funktionsdifferenzierung und Standardisierung gefragt, um der hohen Aufgabenkomplexität der Ideengenerierung gerecht zu werden.[61] Bei der Ideengewinnung gibt es zwei Wege: Einerseits die Ideensammlung über Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, Wettbewerber etc. sowie andererseits eine aktive Ideengenerierung über Kreativitätsmethoden und entsprechende Werkzeuge. Im Anschluss daran erfolgt eine systematische Ideenerfassung und –Speicherung, wobei vor allem eine gute Übersicht und Vergleichbarkeit unterschiedlicher Problemlösungsvorschläge zu gewährleisten sind.[62]
Ideenauswahl und Bewertung: Die Ideenauswahl ist ein Selektionsprozess, bei welchem der gesamte Ideenkatalog auf potentiell erfolgreiche Ideen reduziert wird. Dies geschieht häufig über technisch-wirtschaftliche Machbarkeitsstudien. Innovationen mit besonders hohem Neuigkeitsgrad sind in der Akzeptanzabschätzung besonders schwierig. Gefahren bestehen in der Förderung einer schlechten Innovationsidee; noch schwerwiegender ist jedoch die Eliminierung einer guten Innovationsidee.[63] Konstruktive Konflikte und Partizipation der Betroffenen sind für die Auswahl der richtigen Ideen bedeutend. Letztlich ist an dem Punkt der endgültigen Auswahl jedoch ein hoher Grad der Entscheidungszentralisierung gefragt.[64] Pepels trennt dabei innerhalb der Ideenauswertung eine vorgelagerte Ideensichtung von dem tatsächlichen Auswahlverfahren mit einem Scoring, der Ideenbewertung. Die Ideensichtung ist für ihn eine erste Analyse der Ergebnisse, bei denen Ideen im Schnelldurchlauf auf die Realisierbarkeit hin überprüft werden. Nur wenige Ideen gelangen in die zweite Phase, der Ideenbewertung. In dieser werden wenige vorausgewählte Ideen anhand von Punktwerten, Skalen oder Nutzwertanalysen in eine Reihenfolge gebracht. Entscheidend ist dabei, dass alle Ideen mittels einer einheitlichen Skala beurteilt werden, um Vergleichbarkeit zu gewährleisten.[65] In diesem Abschnitt sind nach Haller insbesondere ausreichende Informationen über die Innovationsidee, analytische Fähigkeiten hinsichtlich von Planungsinstrumenten sowie ein Mindestmaß an Kreativität gefragt, um Alternativszenarien zur Realisierung eines Innovationsprojekts aufzustellen. Vor allem in dieser Phase steht ein Unternehmen vor der kritischen Entscheidung zwischen Offenheit gegenüber Neuem bei gleichzeitiger Risikoaversion und Beibehaltung des Status Quo. Der Umgang mit heterogenen Informationsbausteinen sowie eine passgenaue Interpretation von Instrumenten des strategischen Controllings stellen hohe Anforderungen an das Innovationsmanagement, Innovationsprojekte im Spannungsfeld zwischen strategischem Erfolgspotential auf der einen und hoher Realisierungseffizienz auf der anderen Seite auszuwählen.[66]
Ideenrealisierung und Umsetzung: Trommsdorff hebt hervor, dass neben technischen Funktionstests auch Markttests durchgeführt werden müssen, um den Kundenbedarf kurz vor Eintritt bestmöglich einzuschätzen und Akzeptanzbarrieren zu minimieren.[67] Die Beherrschung von Projektmanagementtools und eine ausreichende Basis an technisch-wirtschaftlichen Kompetenzen und Wissen sind in dieser Phase entscheidend, um eine Realisierung zu gewährleisten. Haller ist zuzustimmen, dass in dieser Phase zwar Kreativität und ein angemessenes Maß an Offenheit gegenüber Neuem wichtig sind, diese jedoch dem Effizienzziel untergeordnet werden.[68] Die Stoßrichtung der Effizienz führt zu einer Dominanz der Prozessorganisation. Das bedeutet, dass ein hoher Standardisierungs- und Formalisierungsgrad sowie ein hoher Grad an Funktionsdifferenzierung und Kommunikationsgebundenheit vorliegen.[69]
Generell ist anzumerken, dass Innovationsprozesse durch eine schlecht strukturierbare Prozesslogik gekennzeichnet sind. Dies bedeutet, dass im Vergleich zu Routineprozessen, wie der Lohnbuchhaltung oder der Erstellung von Jahresabschlüssen, die Prozessdurchführung jedes Mal andersartig verläuft und nur unter hohem Abstraktionsniveau standardisiert werden kann. Haller ist zuzustimmen, dass Innovationsprozesse “…i.d.R. schwer strukturierbare, kreative Denk- und Entscheidungsprozesse [zugrunde liegen], deren Abfolge nicht immer logisch rational nachvollziehbar ist.”[70] Geschka formuliert hierbei unterschiedliche Anforderungen an das Management. In der Eingangsphase, die vor allem mit der Planung und Konzeptentwicklung beschäftigt ist, sind eine offene Informationspolitik, kreativitätsfördernde Atmosphäre und eine strategische Anbindung erforderlich. Er empfiehlt einen intensive Kontakt zu Kunden[71] als wichtigen Baustein für das Finden von Innovationsideen.[72] Dagegen sind während der Realisierung die Konzentration auf Projektziele, Durchsetzungsfähigkeit und ein laufendes Controlling von Zeit und Kosten gefragt. In der letzten Phase, der Einführung, sind eine Kommunikationsfähigkeit mit Anwendern (Kunden) und schnelle Reaktionen im Hinblick auf aktuelle Informationen relevant.[73] Diese prozessorientierte Sichtweise von Geschka offenbart die vielfältigen Anforderungen an das Innovationsmanagement, welches im Zeitverlauf unterschiedliche Prioritäten erfüllen müssen. Ergänzend hierzu stellt Haller richtig fest, dass es im Anfangsstadium auf die Stoßrichtung der Effektivität (die richtige Auswahl von Ideen) und in der Endphase des Innovationsprozesses auf Effizienz (möglichst schnelle Marktreife mit gegebenem Ressourcen- und Personaleinsatz) ankommt.[74]
Ausgehend vom Innovationsprozess wird im zweiten Abschnitt die Innovation als Managementaufgabe verstanden. Das bedeutet, dass das Innovationsmanagement zunächst aus verschiedenen Perspektiven eingeordnet wird, um im Anschluss wichtige Kriterien, Kompetenzen und Anforderungen, die an Innovationsmanager gestellt werden, zu erörtern. Nach Hauschildt muss bei dem Begriff Innovationsmanagement zwischen einer institutionellen und funktionalen Perspektive unterschieden werden. Während die Institutionsbetrachtung auf die organisatorische Einbindung und die formale Macht abzielt, stellt die funktionale Sichtweise Tätigkeiten der Strategie und Zielfestlegung, der Informationspolitik und der Entscheidungsdurchsetzung im sozialen Kontext in den Mittelpunkt. Das heißt in der systemtheoretischen Sicht ist Innovationsmanagement eine bewusste Gestaltung des Innovationssystems, während die funktionale Perspektive einen Fokus die dispositive Gestaltung von Innovationsprozessen legt.[75]
Vahs hingegen wählt eine breitere Perspektive, indem er Innovationsmanagement wie folgt definiert: “Innovationsmanagement umfasst alle Planungs-, Entscheidungs-, Organisation- und Kontrollaufgaben im Hinblick auf die Generierung und die Umsetzung von neuen Ideen in marktfähige Leistungen”.[76] Das Innovationsmanagement umfasst alle Schritte von der Grundlagenforschung bis zur Markteinführung, während F&E und Technologiemanagement nur sequentiell einen Teil des Prozesses abbilden. Folgendes Schaubild grenzt die relevanten Begriffe voneinander ab:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Bestandteile des Innovationsmanagements[77]
Abgeleitet aus dem Oberziel, langfristige Wettbewerbsvorteile gegenüber den Wettbewerbern zu erzielen und durch ökonomischen Erfolg den langfristigen Erhalt der Unternehmung zu sichern, formuliert Vahs wesentliche Aufgaben des Innovationsmanagements:[78]
- Innovationsziele und Innovationsstrategie festlegen
- Innovationsprozesse planen, steuern und kontrollieren
- Wirtschaftlichkeit von Innovationen sicherstellen
- Innovationsfördernde Organisationsstruktur, Kultur und Informationssystem
Hauschildt macht darüber hinaus deutlich, dass Innovationsmanagement nur erfolgreich sein kann, wenn sowohl Führungs-, als auch die Ressourcen- sowie die Diffusionsperspektive integriert werden, da diese in Wechselbeziehungen zueinander stehen und deshalb alle bedient werden müssen. Folgendes Schaubild skizziert die wichtigsten Kriterien und Faktoren der drei Perspektiven auf Basis der Ausführungen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7:Theoretische Ansätze des Innovationsmanagements[79]
Aus der Literatur lassen sich verschiedene Einflussfaktoren für ein erfolgreiches Innovationsmanagement extrahieren. Diese wurden in drei Kategorien eingeteilt, um relevante Stellschrauben für eine Erhöhung der Innovationsfähigkeit zu benennen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Erfolgsfaktoren des Innovationsmanagements in drei Kategorien
Die Kategorie der sozialen Gestaltungselemente beinhaltet vor allem Elemente der führungsbezogenen und ressourcenorientierten Sichtweise, da der Schwerpunkt einerseits auf der Durchsetzung der Innovationen durch die Führung liegt, andererseits aber auch Potentiale und Fähigkeiten der Mitarbeiter gehoben werden sollen. Die zweite Kategorie – Struktur und Organisation – umfasst vor allem die ressourcenorientierte Sichtweise, da Innovationen durch die Allokation von Personal-, Sach- und Finanzmitteln ermöglicht und durch Koordination und Vernetzung innerhalb der Organisation bestmöglich gefördert werden können. Schlussendlich ist die Prozessebene dem führungsbezogenen Ansatz (Prozess-Steuerung in der Durchsetzung der Innovation) als auch der diffusionsbezogenen Sichtweise zurechenbar, da der Innovationsprozess und agile Methoden zwingend eine Orientierung am Markt bzw. Kunden verlangen. Folgende Erfolgsfaktoren wurden anhand einer Literaturanalyse festgestellt:[80]
Soziale Gestaltungselemente
- Führung: Offener Umgang mit Fehlern, Motivation erzeugen, Moderation, Führung über Ziele- und Wertestrukturen, Transparenz und Nachvollziehbarkeit.
- Vision: Eine Vision, die ein Zugehörigkeitsgefühl vermittelt und aus der Werte wie Vertrauen, Austausch, Teamarbeit und Zuversicht ableitbar sind.
- Unternehmenskultur: Offener Umgang mit Informationen, Fehlertoleranz, Ideenbörsen mit Auflistung und Visualisierung der Ideen,
- Individuelle Aspekte: Hohe emotionale Bindung zum Unternehmen, Kreativität, Selbstbewusstsein, unternehmerisches Denken, das Eingehen von Risiken, Vertrauen, Eigenverantwortlichkeit
- Gruppenbezogene Aspekte: Direkte und offene Kommunikation, positiver Umgang im Hinblick auf abweichenden Meinungen, Interdisziplinarität, Kooperationsfähigkeit, Konfliktmanagement
Struktur und Organisation
- Aufbauorganisation: Flache Hierarchien, geringe Standardisierung und Formalisierung, geringe Zentralisierung, Netzwerke
- Innovationsfunktion: Zentraler Ansprechpartner als Chief Digital Officer oder Chief Innovation Officer, Fähigkeiten und Ausstattung der F&E
- Wissensmanagement: Lernfähigkeit der Organisation, Wissensspeicherung, Best-Practice Orientierung, Beschaffung und Kombination von Informationen, technologisches und marktbezogenes Wissen, Job-Rotation
- Organisationsmodelle: Nutzung von Closed und Open Innovation, Management der Ambidextrie, Innovationsfähigkeit bei gleichzeitiger Sicherstellung von Effizienz, adaptive Organisationsformen
- Innovationsstrategie: Innovationen aus Kernkompetenzen und Umweltfaktoren ableiten, Innovationsziele festlegen, Risikoakzeptanz, Wachstumsorientierung
Prozessebene
- Kundenorientierte Entscheidungsprozesse: Kundenzentrierung, Servicegedanke, Verbesserung der Dienstleistung am Kunden durch Innovationen
- Methoden: Kreativitätstechniken, Agile Managementmethoden, Trial & Error als anerkanntes Vorgehen
- Ablauforganisation im Innovationsprozess: Planungs-, Strukturierungs- und Kontrollzyklen im Ablauf aus Produktidee, Produkt- bzw. Verfahrensentstehung und Leistungsverwertung, Meilensteinkonzepte
2.3 Open Innovation als Treiber für Innovationen im digitalen Zeitalter
Vor allem die letzten zwei Jahrzehnte war ein Zeitraum des ständigen Wandels mit einer rasanten Entwicklung der IKT, der zunehmenden Globalisierung und Vernetzung der Gesellschaft via Internet, den stationären Rechnern und Smartphones. Daraus folgen neue Anforderungen an Leiter von Kreditinstituten und Großkonzernen, eine zunehmende Transparenz und Nähe zu den unmittelbaren Stakeholdern, vor allem den Kunden, die ein neues Denken im digitalen Zeitalter und hinsichtlich des Verständnisses von Innovation beanspruchen.
Das traditionelle Paradigma, u.a. von Schumpeter begründet, verfolgt das Denkmuster der Closed Innovation. Vahs betont dabei vor allem den Aspekt, dass Innovationen ausschließlich unternehmensintern entwickelt werden, im Regelfall von der F&E Abteilung des Betriebs.[81] Dies bedeutet, dass die F&E Abteilung als Think-Tank des Unternehmens arbeitet, während Kunden als Inputfaktor der Bedürfnisinformation und Hersteller als Teil der Lösungsinformation fungieren. Chesbrough war einer der ersten Autoren, welcher das Paradigma der Closed Innovation dem Ansatz der Open Innovation gegenübergestellt hat. In der Zeit der Closed Innovation war das Unternehmen selbst im kompletten Prozess involviert. Das heißt die Genese neuer Ideen, deren Entwicklung und letztendlich die Kommerzialisierung erfolgte innerhalb der Unternehmensgrenzen.[82]
Erfolgsfaktoren und implizite Regeln dieser Denkschule war ein hohes Investitionsvolumen in die F&E und ein Kampf um die besonders fähigen Mitarbeiter, die von der Konkurrenz abgeworben oder aus den Kaderschmieden (Universitäten) des Landes gewonnen wurden. Die aggressive finanzielle Kontrolle der Fähigkeiten und Intelligenz der besten Leute bewahrten große Unternehmen vor der Konkurrenz durch andere Wettbewerber und sicherten diesen den first-mover Vorteil.[83]
Doch neue Entwicklungen erfordern ein Umdenken: Der Wettbewerbsdruck steigt durch Globalisierung und neue Konkurrenz aus teilweise fremden Branchen. Kürzere Produktionszyklen erhöhen den Innovationsdruck bei gleichzeitig steigenden F&E-Kosten trotz gleichbleibender oder sinkender Budgets für die Forschung.[84] Chesbrough benennt vor allem vier Erosionsfaktoren, welche diese Entwicklung beschleunigten:[85]
1. Zunehmende Verfügbarkeit und Flexibilität von Wissensarbeitern
2. Wagniskapitalfinanzierung (Venture Capital)
3. Externe Optionen zur Verwirklichung von Ideen
4. Zunehmendes Potential von externen Zulieferern
Eine Folge dieser Faktoren war das zunehmende Aufbrechen der vormals engen Verbindung zwischen Forschung und Entwicklung. Ideen werden in einer breiteren Umwelt entwickelt, es entstehen Wissensinseln bei Kunden, Zulieferern, Universitäten, Forschungsinstituten und konkurrierenden Start-Up’s.[86] Lochmaier bestätigt diese These und sagt, dass Organisationen in einer diversifizierten Welt mit weiter verteilten Wissensreservoirs gefordert sind, externe Informationen und Kompetenzen zu nutzen, anstatt ausschließlich auf die eigene Innovationskraft zu bauen.[87]
Entsprechend folgte die Entwicklung zur Open Innovation. Der Grundgedanke ist, dass externes Wissen von Kunden, Wettbewerbern und übrigen Stakeholdern nutzbar gemacht wird. Es werden externe Ideen und Technologien genutzt, womit die Innovationsbasis erweitert und Entwicklungskosten gespart werden. Der Kunde partizipiert hierbei sowohl auf Seite der Ideengenerierung als auch bei der Produktentwicklung. Das heißt, das Verschwimmen der Grenzen von einem Unternehmen zu seiner Umwelt ermöglicht die Kommerzialisierung von eigenen und fremden Ideen auf bestehenden und neuen Märkten.[88] Eine grafische Darstellung verdeutlicht das Modell der Open Innovation:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Open-Innovation[89]
Gassmann benennt dabei drei Kernprozesse, die im Open Innovation Ansatz am häufigsten eingesetzt werden: Outside-In Prozess, Inside-Out Prozess und Coupled Prozess. Im Outside-In Prozess werden einerseits Kunden und Lieferanten mittels Kooperation in den Ideenfindungsprozess eingebunden, andererseits ist auch der Transfer von Wissen und Technologien aus dem Einkauf externer Quellen, wie z.B. Universitäten, Konkurrenten oder Start-Up’s, möglich. Im Inside-Out Prozess werden gewonnene Ideen eines Unternehmens außerhalb der Unternehmensgrenzen vermarktet. Das heißt es findet eine externe Kommerzialisierung mittels Lizensierung oder durch Multiplikation von Technologien statt, welche die interne Ausbeutung in der Wertschöpfung überragt. Im Coupled Prozess werden die beiden vorigen Prozesse miteinander kombiniert. Unternehmen bilden strategische Allianzen respektive Innovationsnetzwerke mit dem Ziel Standards zu setzten und ein Dominant Design am Markt zu etablieren.[90]
Insgesamt wird durch gezielte und strukturierte Öffnung des Innovationsprozesses nach außen das eigene Innovationspotential vergrößert. Der offen gestaltete Designansatz ermöglicht die Erschließung von neuen Geschäftsfeldern und trägt zur Transformation einer vormals hierarchisch geprägten Unternehmenskultur bei.[91]
Bei Banken sind verschiedene Ansätze der Open Innovation zu beobachten. Der Outside-In Prozess zeigt sich in der Einbindung des Kunden in Customer Co-Creation Projekten und im Hinblick auf Kooperationen mit FinTechs.[92] Über eine Community erfährt die Bank aus erster Hand die wichtigsten Kundenbedürfnisse, sodass die Crowd als externer Ideengeber fungiert.[93] Der Inside-Out Prozess ist eine mögliche Ausprägung, wenn im Rahmen einer Zusammenarbeit von Bank und FinTech in einem Innovationsinkubator eine Geschäftsidee entwickelt und marktfähig gemacht wird, die nicht dem Geschäftsmodell der Bank entspricht und entsprechend als eigenes Unternehmen ausgegründet wird. Für den Coupled Prozess eignet sich die Betrachtung der gemeinsamen Zahlungsplattform PayDirekt, die auf Basis einer Kooperation mehrerer Bankengruppen zu einem Standard innerhalb der Online-Bezahldienste werden soll.[94]
2.4 Innovationen im Hinblick auf das Bezugsobjekt Bank
Banken weisen als Finanzdienstleistungsunternehmen eine Vielzahl an Besonderheiten auf, die im Management von Innovationen berücksichtigt werden müssen. Aus diesem Grund beleuchtet dieses Kapitel wesentliche Aspekte eines Kreditinstituts und die jeweilige Wechselwirkung in Bezug auf die Innovationsfähigkeit.
“Es existiert kaum ein Wirtschaftszweig, dessen Produkt- bzw. Dienstleistungsspektrum ähnlich vielfältig ist, wie das der Bankbranche. Damit verbunden ist eine breite Palette möglicher Geschäftsmodelle im Bankgeschäft, die zu ganz unterschiedlichen Wachstumserwartungen, Risikoprofilen, Kapitalintensitäten und Geschäftszyklen führt. Des Weiteren wirtschaften Banken in der Regel mit dem Geld Dritter, was Bankgeschäfte per se mit einer besonderen Sensibilität und Vertrauensempfindlichkeit verbindet und zu einer besonders intensiven Regulierung führt. Abhängig von ihrem strategischen Schwerpunkt im Bankgeschäft sind die Häuser ganz unterschiedlich positioniert.”[95] Dieser Aussage von Brunner ist grundsätzlich zuzustimmen. Dies bedeutet, dass es nicht ein Kreditinstitut gibt, sondern viele verschiedene Ausprägungen. Das impliziert, dass die Ausführungen dieses Kapitels stellen eine modellhafte Vereinfachung dar, um Wesensmerkmale herauszuarbeiten. Im Mittelpunkt stehen traditionelle Institute in Deutschland aus den jeweiligen Bankengruppen.
Innovationen in der Finanzdienstleistungsbranche
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hat im Jahr 2015 eine Innovationsstudie für die Finanzdienstleistungsbranche durchgeführt. Während der Fahrzeugbau und die Elektroindustrie als Spitzenreiter der Innovationsintensität knapp 10% des Umsatzes für Innovationen ausgegeben haben, waren es im Finanzdienstleistungsbereich nur 0,76%. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Innovationsintensität damit um 0,2% gestiegen, ist jedoch im Branchenvergleich unterdurchschnittlich ausgefallen.[96] Banken konzentrieren sich dabei vor allem auf Produkt- und Prozessinnovationen, während Marktneuheiten mit einem Anteil von nur 7% eher die Ausnahme bilden.[97] Dies liegt möglicherweise an der leichten Imitierbarkeit der Finanzprodukte, weshalb die meisten Banken im Hinblick auf Innovationen eher den fast-follower und nicht den first-mover Ansatz wählen. Alles in allem ist ersichtlich, dass Innovationen in der Finanzdienstleistungsbranche bisher nur eine untergeordnete Rolle spielten. Insgesamt 87% der Finanzdienstleistungsunternehmen haben im Jahr 2014 keine systematische schöpferische Arbeit im Bereich F&E verrichtet.[98] Jedoch werden die Innovationen durch die Digitalisierung bedeutender, sodass von einem niedrigen Ausgangsniveau ein insgesamt positiver Trend zu verzeichnen ist.
Innovationen im regulatorischen Umfeld von Banken
Bereits die Bankenaufsicht legt für das Management von Finanzinstituten wichtige Rahmenbedingungen fest. Dazu gehört die Berücksichtigung relevanter interner und externer Einflussfaktoren. Darüber hinaus sind Marktentwicklung, Wettbewerbssituation, regulatorisches Umfeld der Geschäftsfelder, Ertragslage sowie die Ressourcenverfügbarkeit zu berücksichtigen.[99] Finanzinnovationen gehen häufig mit Komplexität und damit mit Unsicherheit für den Verbraucher einher. Vor allem bei neuartigen Produktgattungen ist es möglich, dass über Hebeleffekte oder falsche Anreizwirkungen zunächst eine Überperformance erreicht wird, bis über einen externen Schock hohe Preiskorrekturen und mangelnde Marktliquidität auftreten. Die Besonderheit bei neu entwickelten Finanzprodukten ist ebenso, dass Produktfehler erst spät in einem Krisenszenario, wie bei der Subprime-Krise, sichtbar werden. Das heißt die Aufsicht steht Innovationen offen gegenüber, so lange diese der Effizienz des Finanzsystems dienen und makroökonomisch eine Wohlstandserhöhung leisten. Finanzinnovationen stehen gleichzeitig jedoch unter besonderer Beobachtung der Aufsicht, sofern diese neue Risiken bergen. Mit der Digitalisierung rücken zudem die Sicherstellung des Datenschutzes und der Datenauswertung des Kunden sowie die IT-Sicherheit zunehmend in den Mittelpunkt.[100]
Produkte und Dienstleistungen in der Finanzwirtschaft
Eine Finanzinnovation bezeichnet die Gestaltung, Entwicklung und Vermarktung von neuen Finanzdienstleistungen und -produkten.[101] Chard wählt dabei eine Kategorisierung in drei Gruppen: Produkt- und Dienstleistungsinnovationen, Prozessinnovationen und organisatorische Innovationen. Insgesamt zeichnet sich die Bankenbranche seiner Ansicht nach durch lange Innovationszyklen und eher über inkrementelle, denn disruptive Innovationen aus. Dies liegt vor allem daran, dass Dienstleistungen im Vergleich zu physischen Gütern weniger durch technologischen Einfluss beeinflusst werden sowie in der Tatsache, dass Dienstleistungen vor einer Markteinführung nicht getestet werden können und hohe Anreize zur Imitation bestehen.[102]
Fastnacht fügt hinzu, dass sich das Bankgeschäft traditionell durch fixe Grenzen, markante Wettbewerber und klare Industriestrukturen sowie Geschäftsmodelle auszeichnet.[103] Diese festen Strukturen werden jedoch durch technologische Innovationen, regulatorische Änderungen, Wettbewerbsdruck und eine
[...]
[1] Kreditinstitute und Banken werden in dieser Ausarbeitung synonym verwendet.
[2] Vgl. Deutsche Bundesbank (2016a): S. 64ff.
[3] Banken müssen anhand dieser Richtlinie Drittanbietern eine dezidierte Schnittstelle im Online-Banking kostenlos zur Verfügung stellen. Dies birgt für Banken die Gefahr, in die Rolle des Zahlungsabwicklers degradiert zu werden, vgl. Hönisch (2017): S. 60ff.
[4] Deren europäische Umsetzung über die Capital Requirements Directive (CRD) und die Capital Requirements Regulation (CRR) erfolgte.
[5] Vgl. Oering (2015): S. 1.
[6] Dombret als Mitglied des Vorstands der Bundesbank verteidigt diesen Zustand als angemessen, da einmalige Übergangskosten der Reguierung im Vergleich zum öffentlichen Gut der Finanzstabilität angemessen sind. Vgl. Dombret (2016): S. 1.
[7] Vgl. Sinn & Schmundt (2016): S.4ff.
[8] In der Regel sind dies Non-Banks, da eine Banklizenz nicht vorhanden ist. Für eine Kategorisierung der Konkurrenz anhand der Stoßrichtungen entlang von Porter’s Five Forces – Buyers, Suppliers, Substitutes, New Entrants – siehe Shüffel & Herrmann (2013): 45ff.
[9] Vgl. Fridgen et al. (2012): S. 49 / o.V. (2017a).
[10] Der Kundenstamm hat sich innherhalb von 10 Jahren auf inzwischen 18 Millionen Kunden in Deutschland mehr als verdoppelt. Siehe Statista (2017a).
[11] Vor allem die weltweit führenden Technologieunternehmen Google, Apple, Facebook und Amazon, die nachfolgende unter dem Akronym GAFA versammelt werden.
[12] Vgl. Accenture (2016): S. 3ff.
[13] Auch die Nutztung des Internet-Bankings steigt beständig. Vgl. Eurostat (2016).
[14] Vgl. Rensch (2012): S. 66ff.
[15] Vgl. Simon (2014): S. 39f.
[16] Sowohl die Anzahl der Zweigstellen als auch die der Beschäftigten sinkt fortlaufend. Vgl. Deutsche Bundesbank (2016b): S. 8 / Statista (2017b).
[17] Vgl. Gackstatter (2015): S. 4ff.
[18] Vgl. Kiehling (2012): 57ff.
[19] Schatilow (2015): 57.
[20] Diese Ambiguität der unterschiedlichen Anforderungen aus Bestands- und Neugeschäft wird unter dem Begriff Ambidextrie im Kapitel 2.1. näher erläutert.
[21] Insbesonderer Geschäftsberichte und Beiträge der jeweiligen Institute in Fachzeitschriften sowie eine Analyse über die Kooperationen mit FinTechs.
[22] Vgl. Schumpeter (1961): S. 91ff.
[23] Hauschildt & Salomo (2011): 4.
[24] Vgl. Trommsodrff & Steinhoff (2007): S. 4.
[25] Nachfolgende Ausführungen zu den Dimensionen einer Innovationen beruhen, sofern nicht anders gekennzeichnet, auf den Angaben von Hauschidt & Salomo (2011): S. 5ff.
[26] Vgl. Hauschildt & Salomo (2011): S. 5ff.
[27] Vgl. Trommsdorff & Steinhoff (2007): S. 28.
[28] Vgl. Kesting (2017): S. 6f.
[29] Vgl. Alt & Puschmann (2016): S. 49f.
[30] Vgl. Trommsdorff & Steinhoff (2007): S. 34.
[31] Vgl. Vahs & Brem (2015): 29f.
[32] Vgl. Ili & Lichtenthaler (2017): S. 26.
[33] Vgl. Ili & Lichtenthaler (2017): S. 27.
[34] Ili & Lichtenthaler (2017): S. 28.
[35] Vgl. Hauschildt & Salomo (2011): S. 18f.
[36] Vgl. Trommsdorff & Steinhoff (2007): S. 27.
[37] Für die Beschreibung der einzelnen Prozessschritte siehe Kapitel 2.2.
[38] Vgl. Hauschildt & Salomo (2011): 20ff.
[39] Vgl. Vahs & Burmester (2005): S. 51ff. / Granig & Perusch (2012): S. 22f. / Thom (1983): S. 6f.
[40] Hauschildt hat innerhalb der Intensitäts- respektive der Normativen Dimensionen die Merkmale Neuheitsgrad und Unsicherheit zum Teil bereits erläutert.
[41] Vgl. Vahs & Burmester (2005): S. 52.
[42] Vgl. Thom (1983): S. 6ff.
[43] Vgl. Trommsdorff & Steinhoff (2007): 30ff.
[44] Vgl. Dixon (2017): S. 216ff.
[45] Sowie allgemein für gewachsene Organisationen mit einem hohen Reifegrad.
[46] Vgl. Obmann (2017a): S. 59.
[47] Vgl. Lochmaier (2014a): S. 69.
[48] Vgl. Obmann (2017a): S. 58.
[49] Quelle: Auf der Grundlage von Ebers & Becker (2015): S. 11
[50] Quelle: In Anlehnung an Lavie et al. (2010): S. 129ff. / O’Reilly & Tushman (2013): S. 7ff.
[51] Siehe Kapitel 3.3.
[52] Vgl. Trommsdorff & Steinhoff (2007): S. 38f.
[53] Vgl. Vahs & Brem (2015): 229.
[54] Quelle: In Anlehnung an Haller (2003): S. 85ff. / Kleinschmidt et al. (1996): 51ff. / Trommsdorff & Steinhoff (2007): S. 39 / Vahs & Brem (2015): 230 / Granig & Perusch (2012): 31.
[55] Thom (1980): 45.
[56] Vgl. Granig & Perusch (2012): 32.
[57] I.d.R. findet eine Unterteilung in Ideengenerierung, Ideenakzeptierung (-auswahl) und Ideenrealisierung statt, vgl. Thom (1980): 53 / Haller (2003): 88 / Bierfelder (1994): S. 187.
[58] Vgl. Vahs & Burmester (2005): 136.
[59] siehe hierzu die Ausführungen zu Open-Innovation-Ansatz in Kapitel 2.3.
[60] Vgl. Vahs & Burmester (2005): 142f.
[61] Vgl. Bierfelder (1994): S. 187.
[62] Vgl. Vahs & Brem (2015): 232.
[63] Vgl. Trommsdorff & Steinhoff (2007): S. 39.
[64] Vgl. Bierfelder (1994): S. 187.
[65] Vgl. Pepels (2006): S. 36.
[66] Vgl. Haller (2003): S. 95.
[67] Vgl. Trommsdorff & Steinhoff (2007): S. 39f.
[68] Vgl. Haller (2003): S. 97.
[69] Vgl. Bierfelder (1994): S. 187.
[70] Haller (2003): 81.
[71] Sowie das Erkennen von Kundenbedürfnissen
[72] Vgl. Geschka (1989): 59.
[73] Vgl. Geschka (1989): 66.
[74] Vgl. Haller (2003): 86.
[75] Vgl. Hauschildt & Salomo (2011): 29.
[76] Vgl. Vahs & Brem (2015): 28.
[77] Quelle: In Anlehnung an Vahs & Burmester (2005): S. 50 / Granig & Perusch (2012): S. 56.
[78] Vgl. Vahs & Burmester (2005): 50f.
[79] Quelle: In Anlehnung an Hauschildt & Salomo (2011): S. 34ff.
[80] Vgl. Arndt et al. (2017): S. 64. / Gassmann & Sutter (2013): S. 7ff. / Nink (2013): 75f. / Bierfelder (1994): S. 180ff. / Leitl (2010): 64f. / Hauschildt & Salomo (2011): S. 31ff. / Meyer & Davidson (2001): S. 425 / Richter (2008): S. 28ff. / Plattner et al. (2009): S. 38ff. / Trinkfass (1997): S. 44ff. / Morris (2006): S. 67ff. / Trott (2008): S. 81ff. / Trommsdorff & Steinhoff (2007): S. 66ff.
[81] Vgl. Vahs & Brem (2015): S. 245.
[82] Vgl. Chesbrough (2003a): S. 36.
[83] Vgl. Chesbrough (2003a): S. 36.
[84] Vgl. Gassmann & Enkel (2006): S. 132.
[85] Vgl. Chesbrough (2003b): S. 34ff.
[86] Vgl. Chesbrough (2003b): S. 37ff.
[87] Vgl. Lochmaier (2014b): S. 50.
[88] Vgl. Chesbrough (2003a): S. 37.
[89] Quelle: Entnommen aus Chesbrough (2003a): S. 37
[90] Vgl. Gassmann & Enkel (2006): S. 134ff.
[91] Vgl. Lochmaier (2014a): S. 50.
[92] Siehe hierzu Kapitel 3.2.1. und Kapitel 3.4.3.
[93] Vgl. Herrmann & Schüffel (2012): S. 57.
[94] Vgl. Bartelt & Finken (2017): S. 283ff.
[95] Vgl. Brunner (2009): S. 49.
[96] Vgl. ZEW (2016): S. 1ff.
[97] Vgl. ZEW (2016): S. 2.
[98] Vgl. ZEW (2016): S. 4.
[99] Vgl. BaFin (2012): MaRisk AT 4.2.
[100] Vgl. Ettl (2016): S. 737ff.
[101] Vgl. Fasnacht (2009): S. 45.
[102] Vgl. Chard et al. (2010): S. 64f.
[103] Vgl. Fasnacht (2009): 45ff.
- Arbeit zitieren
- Maksim Hrupin (Autor:in), 2017, Open Innovation im Bankensektor. Instrumente des Innovationsmanagements in Kreditinstituten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/385491
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