Die Rezension beschäftigt sich mit dem Text "Die Berufsmoral der Lehrer" von W. Brezinka und diskutiert den Text unter der Verwendung weiterer Literatur.
Brezinka widmet sich in „Die Lehrer und ihre Berufsmoral“ der Thematik, ob und warum eine allgemeine Berufsmoral beziehungsweise ein Berufskodex für Lehrer_innen notwendig sei. Die Berufsmoral von Lehrerinnen und Lehrer ist im wissenschaftlichen Diskurs ein eher vernachlässigtes Thema. Zwar steht die Frage rund um die Professionalisierung der Lehrer_innen oft im Zentrum der Forschung, jedoch nicht die Frage nach einem übergreifenden Berufskodex, wie er beispielsweise in anderen Berufen vorhanden ist. Dementsprechend dienen die Ansätze Brezinkas oft als Grundlage für weitere Diskurse über die Einführung oder Notwendigkeit einer Berufsmoral.
Rezension von Chantal Dierks
Veranstaltung: Leistungskonstruktion und Schulformspezifik in der Praxis schulischer Leistungsbewertung
Brezinka, Wolfgang (1988): Die Lehrer und ihre Berufsmoral.
In: Pädagogische Rundschau, 1988, Nr. 42, S.541-563.
Brezinka widmet sich in „Die Lehrer und ihre Berufsmoral“ der Thematik, ob und warum eine allgemeine Berufsmoral beziehungsweise ein Berufskodex für Lehrer_innen notwendig sei. Die Berufsmoral von Lehrerinnen und Lehrer[1] ist im wissenschaftlichen Diskurs ein eher vernachlässigtes Thema. Zwar steht die Frage rund um die Professionalisierung der Lehrer_innen oft im Zentrum der Forschung, jedoch nicht die Frage nach einem übergreifenden Berufskodex, wie er beispielsweise in anderen Berufen vorhanden ist. Dementsprechend dienen die Ansätze Brezinkas oft als Grundlage für weitere Diskurse über die Einführung oder Notwendigkeit einer Berufsmoral. Die Strukturprobleme des Lehrerberufs sorgen unweigerlich dafür, dass eine Auseinandersetzung mit einer allgemeinen Berufsmoral, die über die rechtlichen Verordnungen hinaus geht, nötig wird. Dies führt zu fehlender Transparenz in Bezug auf den erzieherischen Auftrag der Lehrkräfte und schürt unrealistische Ansprüche der Gesellschaft, welches dafür sorgt, dass der Lehrerberuf im gesellschaftlichen Ansehen sinkt (Vgl. Criblez 1992, S.11 und Eckinger 2005, S.3).
Brezinka beschreibt in seinem Text unterschiedliche Aspekte zur Berufsmoral und legt dabei den Schwerpunkt auf Lehrer_innen, sowie deren Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern[2]. Dafür beschreibt er zunächst, weshalb aus seiner Sicht die Einführung einer Berufsmoral, wie sie in anderen Berufe vorhanden ist, nötig sei. Dabei beschreibt er die Funktion der Berufsmoral oder auch des Berufscodex als eine Sicherheit für die Berufsgruppe, welche sowohl nach innen, als auch nach außen wirke (Vgl. Brezinka 1988, S.542).
Aus den aufgezeigten Gründen für den Bedarf einer allgemeinen Berufsmoral für Lehrer_innen gehen in gleicherweise die Ansprüche hervor, die Brezinka für diese formuliert. So nennt der Autor die Freiheit der Lehre, welche Lehrkräfte innerhalb ihres Unterrichts besitzen als große Herausforderung (Vgl. Brezinka 1988, S.544), aus welcher deutlich hervorgeht, dass um diese Freiheit nutzen zu können, das Wissen um die Pflichten einer Lehrkraft essentiell ist (Vgl. Brezinka 1988, S.547). So schreibt Brezinka: „Für den sinnvollen Gebrauch der „pädagogischen Freiheit“ ist es also notwendig, daß der Lehrer seine Berufspflichten in allen Einzelheiten kennt.“ (Brezinka 1988, S.547).
Als weiteren Punkt für die Einführung einer Berufsmoral für Lehrkräfte nennt der Autor die Vorbildfunktion der Lehrperson. So sei nicht nur das geplante Verhalten innerhalb des Unterrichts für diese Aufgabe von Bedeutung, sondern prinzipiell alle Handlungs- und Verhaltensweisen, welche die Lehrkraft den Schüler_innen präsentiert (Vgl. Brezinka 1988, S.544). Um diesem Anspruch genüge zu tun, gibt der Autor unterschiedliche berufsmoralische Normen an, die er an die Lehrer_innen stellt. Dies ist zum einen die „volle Hingabe“ für den Beruf, welches beinhaltet, dass Ablenkungen vom Beruf, wie beispielsweise familiäre, politische oder kulturelle Pflichten dieser abträglich sein könnten (Vgl. Brezinka 1988, S.548). Ebenso bezieht sie sich aber auch auf den nächsten Punkt der Berufstüchtigkeit, wie sie von Brezinka bezeichnet wird, welche beschreibt, dass Fort- und Weiterbildungen der Lehrkraft notwendig sind, um den Schüler_innen einen qualitativ hochwertigen Unterricht bieten zu können (Vgl. Brezinka 1988, S.548). Diesen Teil der Berufsmoral unterteilt der Autor zudem in drei Unterpunkte. Demnach sollen „[D]ie Lehrer [sollen] mindestens jenes Wissen und Können erwerben und erhalten, das sie ihren Schülern vermitteln sollen.“ (Brezinka 1988, S.549). Dies bedeutet, dass die Schwächen, welche aus Brezinkas Sicht natürlicherweise bestehen, von den Lehrer_innenn eigenständig verbessert werden müssen (Vgl. Brezinka 1988, S.549). Dies hängt auch mit dem zweiten Unterpunkt zusammen, in dem Brezinka die Auseinandersetzung mit Methoden und wissenschaftlichen Erkenntnissen fordert, um die Lehre zu verbessern, welches direkt mit dem vorherigen Punkt zusammenhängt. Gleichermaßen genügen diese moralischen Normen auch dem Anspruch der Selbstkontrolle der Lehrkräfte, die aus Brezinkas Sicht ebenfalls ein Anlass für eine allgemeine Berufsmoral darstellt (Vgl. Brezinka 1988, S. 545).
Der dritte Unterpunkt hängt unweigerlich mit einer weiteren Begründung für eine allgemeine Berufsmoral zusammen. So schreibt Brezinka, dass die Lehrperson sich selbst als wichtigstes Werkzeug für seinen Unterricht verstehen müsse, welches durch seine Persönlichkeit und damit auch seine eigenen moralischen Vorstellungen die Fähig- und Fertigkeiten an die Schüler vermittle (Vgl. Brezinka 1988, S.544-545). Dementsprechend sei also die Arbeit am eigenen Charakter, um diesen Anforderungen gerecht zu werden, unvermeidlich. Brezinka stellt dabei folgende Eigenschaften in den Mittelpunkt: Wohlwollen für die Schüler, Selbstdisziplin, Geduld, geistige Wachheit, Einfühlungsvermögen (Vgl. Brezinka 1988, S.550). Der Autor hebt dabei hervor, dass diese Eigenschaften nicht vorhanden sind, sondern sie von jeder Lehrerin und jedem Lehrer eigenständig ausgebaut werden müssen.
Als fünften Punkt für die Notwendigkeit einer Berufsmoral nennt Brezinka den Schutz der Lehrkräften vor „[...]übertriebene[n] und unrealistische^] Ansprüche[n].“ (Brezinka 1988, S.546). Diese ergeben sich aus Brezinkas Sicht aus dem Problem des Erziehungsauftrags.
[...]
[1] Im folgenden nur noch mit Lehrer_innen bezeichnet und schließt alle sozialen Geschlechter mit ein.
[2] Im folgenden nur noch als Schüler_innen bezeichnet und schließt alle sozialen Geschlechter mit ein.
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- Chantal Dierks (Author), 2017, Eine Rezension zu "Die Lehrer und ihre Berufsmoral" von Wolfgang Brezinka, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/384475