“Die Gesetze sollen die Tätigkeit der Menschen nicht beseitigen, sondern nur leiten;
so wie die Natur die Ufer der Flüsse
nicht gemacht hat, um die Flüsse aufzuhalten,
sondern um ihnen die Richtung zu geben.“
Thomas Hobbes
Entnormierung der Gesellschaft, alte und neue Werte. Dies sind nur einige Begriffe, mit denen man in jeder Zeitepoche konfrontiert wird. Aufgrund von Pluralisierung und Individualisierung, der Entstrukturierung der Lebensverhältnisse und der Zunahme unterschiedlicher Lebensstile ist eine Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und individuellen Werten und Normen unvermeidlich geworden.
Durch die aus der Pisa-Studie gewonnenen Erkenntnisse hat der Wertebegriff auf dem Gebiet von Pädagogik und Sozialpädagogik wieder an Bedeutung gewonnen. Die europaweit durchgeführte Studie hat gezeigt, dass eine Rückkehr zu alten Werten wie bspw. Höflichkeit, Pünktlichkeit und Ordnung, wichtige Bedingungsfaktoren für einen optimalen Lernerfolg sind.
Bereits in sehr frühen Lebensphasen des Menschen entwickeln sich Werte, die relativ stabil sind. Was der Mensch im Erwachsenenalter für wichtig oder unwichtig hält, hängt unter anderem vom Erziehungsstil seiner Eltern ab.
Ein niedriger sozioökonomischer Status führt zu einer geringen Selbstbestimmtheit und einer hohen Konformität. Kinder, die in einer Gefühlskalten, kontrollierten und zurückhaltenden Umwelt aufgewachsen sind, bewerteten als Erwachsene Konformität und Sicherheit am Höchsten. Um sich geachtet zu fühlen, brauchen sie Anerkennung und Bestätigung durch andere.
Im Zusammenhang mit der Pädagogik, besonders mit der Sonderpädagogik treffen wir immer dann auf den Begriff der Normen, wenn es darum geht zu beurteilen ob etwas normal oder abnormal ist. Hier dient der Normbegriff der Klassifizierung von Handlungen und Personen. Normen definieren Normalität.
Neben der Sozialen Arbeit setzen sich zahlreiche Wissenschaften, wie bspw. die Soziologie, die Politologie und die Psychologie mit der Werteproblematik auseinander.
Zwischen der Gesellschaft und deren Werten besteht ein direkter Zusammenhang. Veränderungen in der Gesellschaft haben Veränderungen von Werten und Normen zur Folge. Ebenso bedeuten Modifikationen von Werten und Normen eine Veränderung der Gesellschaft.
Inhalt
1 Einleitung
2 Begriffsbestimmung
2.1 Normen
2.2 Werte
2.3 Sozialisation
3 Wirkungsweise von Normen
3.1 Einfluss von Normen auf menschliches Handeln
3.2 Freie Anerkennung von Normen
3.3 Normenbefolgung trotz Nichtanerkennung
4 Gesellschaftliche Integration durch normative Orientierung
4.1 Talcott Parsons’ differenzierungstheoretische Überlegung
4.2 Beziehungen zwischen Gesellschaftsstruktur, Wertesystem und
Erziehungspraxis
4.3 Das Gemeinschaftsgefühl als Bestandteil des ‚normalen’ Verhaltens
5 Faktoren der Veränderung gesellschaftlicher Entwicklung
5.1 Bildung
5.2 Unbehagen am Beispiel der Bildung
5.3 Erziehungsziele
5.4 Sozialisation und Internalisierung
6 Kants Vernunftkritik
7 Werte und Normenwandel der westlichen Kultur von der Agrargesellschaft über die Industrie- bis zur postindustriellen Wohlfahrtsgesellschaft
8 Schlussbetrachtung
Anhang
“Die Gesetze sollen die Tätigkeit der Menschen nicht beseitigen, sondern nur leiten;
so wie die Natur die Ufer der Flüsse
nicht gemacht hat, um die Flüsse aufzuhalten,
sondern um ihnen die Richtung zu geben.“
Thomas Hobbes
1 Einleitung
Entnormierung der Gesellschaft, alte und neue Werte. Dies sind nur einige Begriffe, mit denen man in jeder Zeitepoche konfrontiert wird. Aufgrund von Pluralisierung und Individualisierung, der Entstrukturierung der Lebensverhältnisse und der Zunahme unterschiedlicher Lebensstile ist eine Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und individuellen Werten und Normen unvermeidlich geworden.
Durch die aus der Pisa-Studie gewonnenen Erkenntnisse hat der Wertebegriff auf dem Gebiet von Pädagogik und Sozialpädagogik wieder an Bedeutung gewonnen. Die europaweit durchgeführte Studie hat gezeigt, dass eine Rückkehr zu alten Werten wie bspw. Höflichkeit, Pünktlichkeit und Ordnung, wichtige Bedingungsfaktoren für einen optimalen Lernerfolg sind.
Bereits in sehr frühen Lebensphasen des Menschen entwickeln sich Werte, die relativ stabil sind. Was der Mensch im Erwachsenenalter für wichtig oder unwichtig hält, hängt unter anderem vom Erziehungsstil seiner Eltern ab.
Ein niedriger sozioökonomischer Status führt zu einer geringen Selbstbestimmtheit und einer hohen Konformität. Kinder, die in einer Gefühlskalten, kontrollierten und zurückhaltenden Umwelt aufgewachsen sind, bewerteten als Erwachsene Konformität und Sicherheit am Höchsten. Um sich geachtet zu fühlen, brauchen sie Anerkennung und Bestätigung durch andere (vgl. PSYCHOLOGIE HEUTE, 11/02, S.15, „Was uns wichtig ist“).
Im Zusammenhang mit der Pädagogik, besonders mit der Sonderpädagogik treffen wir immer dann auf den Begriff der Normen, wenn es darum geht zu beurteilen ob etwas normal oder abnormal ist. Hier dient der Normbegriff der Klassifizierung von Handlungen und Personen. Normen definieren Normalität.
Neben der Sozialen Arbeit setzen sich zahlreiche Wissenschaften, wie bspw. die Soziologie, die Politologie und die Psychologie mit der Werteproblematik auseinander.
Zwischen der Gesellschaft und deren Werten besteht ein direkter Zusammenhang. Veränderungen in der Gesellschaft haben Veränderungen von Werten und Normen zur Folge. Ebenso bedeuten Modifikationen von Werten und Normen eine Veränderung der Gesellschaft.
Jedes Sozialsystem strebt nach der Erhaltung und der Integrität seines Wertesystems, um gegen ungewollte Veränderung und Zerstörung geschützt zu sein. Im Generationenwechsel wird die Stabilität des Gesellschaftssystems durch Konformität mit den dort geltenden Wertemustern gesichert und das Funktionieren durch Internalisierung der Wertmuster garantiert.
„Schon heute ist Deutschland eine multikulturelle Gesellschaft.“ (DER SPIEGEL Nr.35 vom 30.08.99, S. 42, „Der Kinder-Crash“).
In diesem Zusammenhang sind für die Inklusion und die Exklusion gesellschaftliche und subjektive, individuelle Normen von grundlegender Bedeutung.
2 Begriffsbestimmung
2.1 Normen
Normen sind allgemein geltende und in ihrer Allgemeinheit verständlich mitteilbare Vorschriften für menschliches Handeln. Sie orientieren sich direkt oder indirekt an weit verbreiteten Wertvorstellungen und beabsichtigen diese in die Realität umzusetzen.
Mittels Normen wird versucht, das menschliche Verhalten in Situationen festzulegen, in denen dieses nicht schon auf eine andere Weise genormt ist. Damit werden Erwartbarkeiten geschaffen. Diese werden durch Sanktionen abgesichert.
Vom durchschnittlichen Verhalten ausgehend, bezieht sich Norm als verpflichtende Verhaltenserwartung primär auf erwünschte Gleichförmigkeiten. Da Normen erlernt werden müssen, ist der Begriff eng mit dem der Sozialisation verbunden.
Normen verändern sich im Wandel der Zeit. Sie variieren ebenso innerhalb ein und derselben Gesellschaft. Die meisten Normen sind situationsbezogen.
Viele Normen sind als Gesetze oder Verordnungen formalisiert und ihre Durchsetzung wird mit staatlicher Sanktionsmacht garantiert (vgl. Hans Joas, „Lehrbuch der Soziologie“, 2001 Campus Verlag GmbH, Frankfurt/ Main, S. 74-76)
2.2 Werte
Werte sind eine von der Mehrheit einer Gruppe geteilte allgemeine Vorstellungen darüber, was gut oder schlecht, was wünschenswert oder nicht wünschenswert ist. Werte sind daher bestimmend für Lebensstile (vgl. Hans Joas, „Lehrbuch der Soziologie“, 2001 Campus Verlag GmbH, Frankfurt/ Main, S. 72).
Werte sind zudem die "ethischen Imperative", die das Handeln von Menschen leiten. Das bedeutet, dass sie die allgemeingültigsten Grundprinzipien, kultureller, religiöser und ethischer Natur sind, als auch die sozialen Leitbilder darstellen, die für die Handlungsorientierung und die Ausführung bestimmter Handlungen verantwortlich sind.
Die in einer Gesellschaft vorherrschenden Wertorientierungen bilden somit das Grundgerüst der Kultur.
2.3 Sozialisation
Als Sozialisation bezeichnet man einen Prozess, bei dem über Interaktionsbezüge bestimmte, für das soziale Handeln notwendig erforderliche Verhaltensweisen bzw. Einstellungen erworben werden. Das Individuum wird durch sie geformt. Die Sozialisation findet immer in sozialen Beziehungen statt.
„Jede Gesellschaft formt ihre Kinder nach dem Bild ihrer eigenen Kultur.“ (vgl. Hans Joas, „Lehrbuch der Soziologie“, 2001 Campus Verlag GmbH, Frankfurt/ Main, S.124)
Menschen entwickeln spezifische Einstellungen zum sozialen Handeln. Dies geschieht mittels Sozialisation in der Gesellschaft. Die Gesellschaftsstruktur, wie bspw. der Zugang zur Bildung und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, beeinflusst die Sozialisation. Die Strukturierung der Gesellschaft legt auch die benötigten Fertigkeiten und Motivationen der Menschen fest.
Kinder aus unterschiedlichen sozialen Schichten werden unterschiedlich sozialisiert.
3 Wirkungsweise von Normen
3.1 Einfluss von Normen auf menschliches Handeln
Normen regulieren menschliche Verhaltensweisen und bewirken somit ein normkonformes Handeln. Normen können verstanden oder missverstanden, anerkannt oder nicht anerkannt werden. Man kann Normen bestreiten, problematisieren rechtfertigen, begründen oder infrage stellen.
Zu Normen gehören immer Geltungsansprüche. Da Normen Richtlinien sind, die etwas vorschreiben, kann man sie befolgen oder nicht befolgen, anwenden oder nicht anwenden. Verstehen, Anerkennen und Befolgen sind demzufolge Reaktionsweisen auf Normen.
Von ihrer Strukturierung sind Normen so konzipiert, dass sie ein normgerechtes Verhalten auf eine komplizierte, indirekte Weise zu bewirken suchen. Normen wirken über das Verständnis der Adressaten und über deren Geltungsanspruchsanerkennung.
Eine Norm wird bspw. von einer Person befolgt, weil sie von ihr anerkannt und akzeptiert wird. Anerkannt kann die Norm folglich nur dann werden, weil sie verstanden wird. Das Befolgen einer Regel setzt also deren Anerkennung und Verstehen voraus. Ob sie anerkannt wird, zeigt sich in ihrem Befolgen oder nicht befolgen.
Allerdings kann eine Norm auch anerkannt aber nicht befolgt werden. Ebenso ist es auch möglich, eine Norm zu befolgen, ohne sie anzuerkennen. Die Anerkennung von Normen kann sehr unterschiedlich sein:
- Normen werden befolgt - weil sie uneingeschränkt anerkannt werden
- weil sie anerkannt werden
- obwohl sie nur eingeschränkt anerkannt werden
- obwohl sie überhaupt anerkannt werden
Es variiert nicht nur der Grad der Anerkennung, sondern auch das charakteristische Merkmal der Nötigung. Je weniger eine Norm, die ja befolgt werden soll, anerkannt ist, desto mehr wird sie als Bedrückung und Nötigung empfunden.
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- Sylvana Mengel (Author), 2004, Wie können Normen menschliches Handeln regulieren?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38326
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