Studien konnten zeigen, dass Drittvariablen eine mediierende Funktion im Zusammenhang von Traumaerfahrungen und Suchterkrankungen einnehmen. Diese traumatischen Erfahrungen können sich negativ auf die Entwicklung der Emotionsregulationsfähigkeit auswirken, welche wiederum die Kernproblematik der Borderline-Persönlichkeitsstörung darstellt.
Ziel dieser Studie war es, den Trauma-Sucht-Zusammenhang dahingehend zu untersuchen, ob eine Mediation durch Borderline-Symptome vorliegen kann. Zu diesem Zweck wurden 57 Probanden verschiedener suchtspezifischer Einrichtungen bezüglich vorangegangener Traumaerfahrungen, bestehender borderline-spezifischer Symptomatik und ihrer Suchtproblematik befragt.
Die Ergebnisse konnten zeigen, dass Borderline-Symptome als Mediator im Zusammenhang von emotionalen Misshandlungserlebnissen beziehungsweise physischer Vernachlässigung während der Kindheit und darauffolgender Suchtproblematik fungieren. Damit unterstreicht die Studie die Relevanz eines integrativen Therapieansatzes in der Behandlung von Suchterkrankungen mit komorbiden Störungen bei vorangegangenen Traumaerfahrungen.
inhalt
Abstract
Einleitung
Suchterkrankungen in der Gesellschaft
Traumaerfahrungen und Suchterkrankungen
Persönlichkeitsstörungen und Suchterkrankungen als Folgen traumatischer Erfahrungen
Fragestellung und Hypothesen
Methode
Stichprobe
Material und Messinstrumente
Durchführung
Statistische Datenanalyse
Ergebnisse
Allgemeine klinische Daten
Substanzanamnese
Traumaerfahrungen
Borderline-Symptomatik
Zusammenhänge zwischen Traumaerfahrungen und Suchterkrankungen
Zusammenhänge zwischen Traumaerfahrungen und Borderline-Symptomatik
Zusammenhänge zwischen Borderline-Symptomatik und Suchterkrankungen
Mediationsmodelle
Diskussion
Relevanz der Studie
Zusammenfassung und Interpretation der Befunde im Rahmen der Hypothesen
Bewertung der Studie im Hinblick auf ihre Stärken und Schwächen
Implikationen für die Forschung und Praxis
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhang A
Information und Einverständniserklärung
Fragebogen zu soziodemographischen, klinischen und konsumspezifischen Daten
Erweiterung Paper-Pencil Fragebogen
Anhang B
Kolmogorov-Smirnov Test auf Normalverteilung
Tabellen
Nicht signifikante Mediationsmodelle
Danksagung
Anfänglich bedanke ich mich bei meinen Dozentinnen Claudia Catani und Nadine Pott-hast dafür, dass sie es mir ermöglicht haben, eine Abschlussarbeit über dieses Thema zu schreiben sowie mich dabei unterstützt haben.
Weiterhin geht ein besonderer Dank an die Einrichtungsleitung der Fachklinik Olsberg Angelika Ziegler, an die therapeutische Leitung der Fachklinik Olsberg Alice Ernst, an die therapeutische Leitung der Fachklinik Casum Vedat Karasu als auch an die Suchttherapeutin Cornelia Fricke dafür, dass sie mir die Datenerhebung ermöglicht haben.
In diesem Sinne möchte ich auch Fabiola Quirin und Stephanie Hofmann für ihre Unterstützung danken. Zudem möchte ich mich auf diesem Wege bei Jan Brinkmann, Dirk Nave als auch bei meiner Familie und Freunden bedanken, die mich nicht nur während des Schreibprozesses, sondern auch während der gesamten Studienzeit unterstützt haben. Dies beinhaltet auch den Dank an die Familie Wille für die zeitliche Entlastung im Arbeitskontext.
Abschließend noch ein passendes Zitat von Marie von Ebner-Eschenbach:
„Es schreibt keiner wie ein Gott,
der nicht gelitten hat wie ein Hund.“
abstract
Studien konnten zeigen, dass Drittvariablen eine mediierende Funktion im Zusammenhang von Traumaerfahrungen und Suchterkrankungen einnehmen. Diese traumatischen Erfahrungen können sich negativ auf die Entwicklung der Emotionsregulationsfähigkeit auswirken, welche wiederum die Kernproblematik der Borderline-Persönlichkeitsstörung darstellt. Ziel dieser Studie war es, den Trauma-Sucht-Zusammenhang dahingehend zu untersuchen, ob eine Mediation durch Borderline-Symptome vorliegen kann. Zu diesem Zweck wurden 57 Probanden verschiedener suchtspezifischer Einrichtungen bezüglich vorangegangener Traumaerfahrungen, bestehender borderline-spezifischer Symptomatik und ihrer Suchtproblematik befragt. Die Ergebnisse konnten zeigen, dass Borderline-Symptome als Mediator im Zusammenhang von emotionalen Misshandlungserlebnissen beziehungsweise physischer Vernachlässigung während der Kindheit und darauffolgender Suchtproblematik fungieren. Damit unterstreicht die Studie die Relevanz eines integrativen Therapieansatzes in der Behandlung von Suchterkrankungen mit komorbiden Störungen bei vorangegangenen Traumaerfahrungen.
Einleitung
Suchterkrankungen in der Gesellschaft
Gemäß dem „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders IV, Textrevision” (DSM-IV-TR; Saß, Wittchen, Zaudig & Houben, 2003) wird zwischen Substanzmissbrauch und Substanzabhängigkeit (synonym: Sucht) differenziert. Der Missbrauch von Substanzen ist definiert als „ein unangepasstes Muster von Substanzkonsum, der häufig mit einer Vernachlässigung von Pflichten, körperlicher Gefährdung, Gesetzeskonflikten sowie mit sozialen oder zwischenmenschlichen Problemen einhergeht“. Davon abzugrenzen ist die Substanzabhängigkeit, welche vor allem durch das Vorliegen von Toleranz und Entzugssymptomen in Erscheinung tritt. Typisch für eine Abhängigkeit ist, dass die Substanz in größeren Mengen oder über einen längeren Zeitraum eingenommen wird, als ursprünglich beabsichtigt war. Als Folgen dieses Konsummusters werden die zeitaufwendige Substanzbeschaffung, die Aufgabe wichtiger Aktivitäten als auch die Fortsetzung des Konsums trotz daraus resultierender anhaltender oder wiederkehrender Probleme körperlicher oder psychischer Art beschrieben. Unter dem Begriff „Suchterkrankungen“ werden Abhängigkeiten von verschiedenen Substanzen subsummiert, die wiederum unterschiedliche Auswirkungen auf den Konsumenten implizieren. Dennoch liegen allen Abhängigkeitsformen die oben genannten gemeinsamen Merkmale zugrunde (Vgl. DSM-IV-TR Kriterien; Saß et al., 2003).
Die Relevanz von Suchterkrankungen und ihren Folgen für die Gesellschaft verdeutlicht sich im Rahmen langjähriger Suchtforschung. Nach einer epidemiologischen Studie (Kessler, Berglund, Demler, Jin, Merikangas & Walters, 2005) beträgt die Lebenszeitprävalenz (LZP) von Suchterkrankungen in der Population 14.6%. Ein Vergleich von älteren mit jüngeren Kohorten zeigte, dass mit 16.7 % die LZP in jüngeren Kohorten höher ist. Ergänzend wurde eine Verringerung geschlechtsspezifischer Unterschiede in jüngeren Kohorten identifiziert. Mittels Schätzungen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS, 2010) konnte für Deutschland gezeigt werden, dass psychotrope Substanzstörungen eine der häufigsten psychiatrischen Erkrankungen darstellen. Es liegt somit nahe, dass Suchterkrankungen immens hohe Kosten verursachen, vor allem wenn sie komorbid zu anderen psychiatrischen Erkrankungen auftreten. Weltweit werden die Kosten von psychiatrischen Erkrankungen für die Gesellschaft höher geschätzt als jene durch Krebs-, kardiovaskuläre, chronische Atemwegs- oder Diabetes Erkrankungen verursachte Kosten (Bloom, Cafiero, Jané-Llopis, Abrahams-Gessel, Bloom, Fathima et al., 2011). Einzelne Studien informieren über suchtbedingte wirtschaftliche Kosten und geben einen Einblick in das potentielles Schadensausmaß von
Suchterkrankungen (Baumberg, 2006; Deutsche Rentenversicherung, 2011; DHS, 2014; Harwood, Fountain & Livermore, 1999; Thavorncharoensap, Teerawattananon, Yothasamut, Lertpitakpong & Chaikledkaew, 2009). Dabei sind neben den Kosten im Gesundheitswesen vor allem krankheitsbedingte Produktivitätsverluste, verfrühte Mortalität und Kriminalität Begleiterscheinungen von Suchterkrankungen, die sowohl der Wirtschaft als auch der Gesellschaft schaden (Wickizer, 2013). In diesem Sinne belegte eine Serie ökonomischer Studien die Kostenfaktoren Kriminalität (Olsson & Fridell, 2013), Produktivitätsverlust in Assoziation mit kriminellem Verhalten (Olsson, 2014) und langfristige Inanspruchnahme von Gesundheitseinrichtungen in Verbindung mit Produktivitätsverlusten (Olsson & Fridell, 2015). Letztere argumentierte zudem für einen größeren Nutzen effektiver Prävention gegenüber Interventionsmaßnahmen für manifestierte Suchtproblematiken. Dass sowohl frühzeitige Behandlungs- als auch Präventionsmaßnahmen deutlich das Entstehungsrisiko einer sekundären Suchterkrankung verringern, stützen weitere Studien (Frisher, Crome, Macleod, Millson & Croft, 2005; Glantz, Anthony, Berglund, Degenhardt, Dierker, Kalaydjian et al., 2009).
Mit Rückblick auf das bereits angesprochene komorbide Vorliegen psychiatrischer und Suchterkrankungen ist anzumerken, dass komorbide Störungen und ihre Interaktion die Komplexität von Suchterkrankungen oft noch untermauern sowie ein Verständnis der Suchtdynamik erschweren. Aus diesem Anlass wurde die 10-year Follow-up of the National Comorbidity Survey (Swendsen, Conway, Degenhardt, Glantz, Jin, Merikangas et al., 2010) durchgeführt, welche sich mit dem Zusammenhang vorangegangener Störungsbilder und darauffolgendem Substanzkonsum, -missbrauch sowie Substanzabhängigkeit befasste. Laut dieser Studie entstehen Suchterkrankungen häufig innerhalb von zehn Jahren nach dem Auftreten von affektiven oder Angststörungen. Dennoch besteht Unklarheit über die genaue Beschaffenheit dieses Zusammenhangs und darüber, inwieweit vorangegangene Störungsbilder die Suchtentstehung erklären können.
Johnson, Cohen, Chen, Kasen und Brook (2006) veranschaulichten, dass das Vorliegen einer familiären Psychopathologie einen nicht zu unterschätzenden Risikofaktor für die kindliche (Persönlichkeits-)Entwicklung darstellt. Diverse weitere Studien zeigten, dass vor allem Suchterkrankungen von Eltern nachhaltig die Entwicklung der Kinder beeinträchtigen, und verdeutlichten das damit verbundene Gefährdungspotential (Cohen, Chen, Crawford, Brook & Gordon, 2007; Conners, Bradley, Mansell, Liu, Roberts, Burgdorf et al., 2004; Dore, Doris & Wright, 1995; Simpson & Miller, 2002; Walsh, MacMillan & Jamieson, 2003). Die unvorhersehbare Umwelt, fehlende elterliche Struktur, erhöhte Wahrscheinlichkeit von Gewalt- oder Misshandlungserfahrungen sowie eine niedrige elterliche Impulskontrolle sind Risikofaktoren für die kindliche Entwicklung. Als Folge solcher andauernder Stressexposition beschreiben Kim und Cicchetti (2010) unter anderem die Gefahr einer beeinträchtigten Emotionsregulationskompetenz. In Anlehnung daran wird deutlich, dass der Grundstein für die
Entwicklung von Suchterkrankungen bereits im Jugendalter gelegt wird. Daher ist wichtig, sämtliche zeitlich vorausgehende Bedingungen von Suchterkrankungen zu identifizieren.
Einer besonderen Rolle im Kontext von Suchterkrankungen kommen Traumaerfahrungen zu, wie die steigende Anzahl an Publikationen nahelegt (zum Beispiel Potthast, Neuner & Catani, 2014). In Abhängigkeitspopulationen sind Traumaerfahrungen signifikant häufiger aufzufinden als in Populationen ohne Abhängigkeitssyndrom (Clark, Lesnick & Hegedus, 1997; Medrano, Zule, Hatch & Desmond, 1999; Simpson et al., 2002). In Anlehnung daran zeigten Studien, dass die Exposition mit einem traumatischen Erlebnis eine mögliche Bedingung für eine Suchtentstehung darstellt (Krausz, Schäfer, Lucht & Freyberger, 2005; Schäfer, Schulze & Stubenvoll, 2011). Daher thematisiert der folgende Abschnitt, welche Rolle Traumaerfahrungen im Prozess der Suchtentstehung spielen, und ob bezüglich Traumaerfahrungen und Suchterkrankungen ein Zusammenhang bestehen kann.
Traumaerfahrungen und Suchterkrankungen
Der Begriff Erfahrung ist hier bewusst gewählt, weil diese das menschliche Gehirn bereits in seiner Entwicklung im Hinblick auf die Entstehung von neuronalen Netzwerken und Nervenzellenverschaltungen am nachhaltigsten wirksam beeinflusst. Erfahrungen können als subjektive Bewertungen der eigenen Reaktionen auf Umweltreize zusammengefasst werden. Auf der Grundlage dieser gemachten Erfahrungen, welche im Gedächtnis eingespeichert sind, entstehen Strategien des Denkens und Handelns (Gebauer & Hüther, 2001).
In dieser Studie liegt der Fokus auf Erfahrungen traumatischer Art, daher ist zunächst einmal zu konkretisieren, was unter einem Trauma verstanden werden kann. In diesem Sinne wird im DSM-IV-TR (Saß et al., 2003) ein Ereignis dann als potentiell traumatisch bezeichnet, wenn aufgrund dieses Ereignisses eine tatsächliche oder drohende Konfrontation mit dem Tod oder eine Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit besteht. Das jeweilige Situationserleben wird bestimmt durch intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen. Die während der Exposition gemachten Traumaerfahrungen können Betroffene nachhaltig somatisch, emotional, kognitiv, behavioral oder charakterologisch beeinträchtigen (Cole & Putnam, 1992; Herman, 1992). Einige Studien beschäftigten sich bereits mit den Auswirkungen von erlebten Traumata und zeigten das Spektrum vieler damit assoziierter psychischen Störungen auf (Flatten, 2004; Herman, Perry & van der Kolk, 1989; van der Kolk, McFarlane & Weisaeth, 2000). Darüber hinaus beschrieben van der Kolk et al. (2000) traumatische Lebenserfahrungen als erheblichen Einflussfaktor auf die Persönlichkeitsentwicklung. Auch im Kontext des Integrativen Therapieansatzes (Petzold, Schay & Scheiblich, 2006) wird über das Einflusspotential traumatischer Erfahrungen spekuliert. Diesem Therapieansatz liegt die Annahme zugrunde, dass Stabilität sowie Lebens- und Überlebensprozesse des Menschen durch Regulationskompetenzen und -performanzen in Form von Anpassungsleistungen gesichert werden. Im Falle traumatischer Erfahrungen können diese Regulationsprozesse erheblich gestört werden. Schäfer et al. (2011) zeigten, dass die damit oft einhergehende emotionale Dysregulation[1] die Entstehung von Suchterkrankungen begünstigen kann. Diese Dysregulation wird auch innerhalb der Selbstmedikationshypothese (Khantzian, 1997) aufgegriffen, welche den Substanzmissbrauch in der Absicht begründet, Symptome zu lindern. Dies geschieht in Form einer Abschwächung unerwünschter Emotionen samt einhergehender physiologischer Prozesse sowie einer Steigerung positiver Emotionen (Waldrop, Back, Verduin & Brady, 2007). Dabei üben bestimmte Substanzen wie Cannabis und Heroin wegen ihrer sedativen Wirkung die Funktion einer Selbstmedikation aus (Haen & Wodarz, 1999).
Krausz et al. (2005) skizzierten nach Auswertung vieler Studien zu Trauma und Sucht einen möglichen kausalen Zusammenhang von Traumaerfahrungen und Substanzkonsum: Traumaerfahrungen aufgrund von Sucht in der Herkunftsfamilie dienen als Prädiktor für die Entstehung einer Suchtproblematik. Der Konsumbeginn ist gekennzeichnet von vielen kurzfristigen positiven Konsequenzen wie der Reduktion von Spannung, Schmerz und Angst sowie der Distanzierung von Traumaerfahrungen und damit einhergehenden Verletzungen. Im Verlauf der Konsumgeschichte erhält sich die Abhängigkeit selbst aufrecht und der Konsum dient lediglich der Leidreduktion (ebenda).
Dementgegen zeigte van der Kolk et al. (2000), dass der Trauma-Sucht-Zusammenhang eine differenziertere Betrachtung erforderlich macht, da die Bedingungsfaktoren nicht nur sehr komplex, sondern auch vielzählig sind. Monokausale Zusammenhänge würden nach ihm die Komplexität und Fülle möglicher Einflussgrößen nicht erfassen können. Das Fundament des oben genannten Zusammenhangs bildet der Mangel oder Verlust von Fähigkeiten zur Selbstregulation, dessen Ausmaß wesentlich von der Dauer des Traumas und vom Alter, in dem es erlebt wurde, abhängt. Als Folge davon ist das Stresserleben deutlich verändert; nach Schay und Liefke (2009) betrifft dies sowohl Traumatisierte als auch Suchtkranke. Beide Populationen praktizieren im Sinne der Selbstmedikation selbstzerstörerisches Verhalten, dem der Wunsch nach Kontrolle über Emotionen zugrundeliegt.
Da der Zusammenhang zwischen Traumatisierung und Substanzkonsum bereits Gegenstand vieler verschiedener Untersuchungen ist, wird häufig von möglichen pathologischen Drittvariablen gesprochen, die eine mediierende Funktion einnehmen sollen (Danielson, Amstadter, Dangelmaier, Resnick, Saunders & Kilpatrick, 2009; Potthast et al., 2014; Watt, Ranby, Meade, Sikkema, MacFarlane, Skinner et al., 2012). In einem Übersichtsartikel von
Potthast und Catani (2012) wird die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als Mediator im Trauma-Sucht-Zusammenhang vorgestellt. Nach diesem Modell ist PTBS eine Folge von Traumaerfahrungen in der Vergangenheit und zugleich Ursache für die Entstehung einer darauffolgenden mit PTBS assoziierten Suchterkrankung. Dieses stützte auch die Studie von Walsh, Elliott, Shmulewitz, Aharonovich, Strous, Frisch et al. (2014). Doch zeigt die Befundlage, dass Traumaerfahrungen nicht nur der PTBS, sondern auch vielen anderen psychischen Störungen vorausgehen (beispielsweise Krausz et al., 2005). Die Wirkungen traumatischer Erfahrungen sind vielseitig und können sich auf unterschiedliche Stufen der Persönlichkeitsentwicklung beziehen. Studien belegten, dass sich die Auswirkungen von Traumata während der Persönlichkeitsentwicklung in Störungen der Selbstwahrnehmung, der Körperwahrnehmung sowie in Schwierigkeiten mit Vertrauen, Intimität und Selbstbehauptung manifestieren können (Cole et al., 1992; Herman, 1992; van der Kolk, 1987a; van der Kolk, Hostetler, Herron & Fisler, 1994). Diese tiefgreifenden Auswirkungen können zu überdauerndem dysfunktionalen Erleben und Verhalten führen. Es zeigte sich auch, dass in der Kindheit erlebte Traumata mit Störungen der Emotionsregulation und der Anpassungsfähigkeit einhergehen können (Alink, Cicchetti, Kim & Rogosch, 2009; Kim et al., 2010). Die Relevanz dysfunktionaler Emotionsregulation für eine psychopathologische Entwicklung untermauert eine Studie von Harned et al., welche sich mit dem Ertrag von Interventionsmaßnahmen zu Emotionsregulationsfertigkeiten auseinandersetzte (Harned, Chapman, Dexter-Mazza, Murray, Comtois & Linehan, 2008). In welcher Beziehung letztendlich Persönlichkeitsstörungen mit vorangegangenen Traumaerfahrungen und sukzessiver Entstehung einer Suchterkrankung stehen, wird im folgenden Abschnitt verdeutlicht.
Persönlichkeitsstörungen und Suchterkrankungen als Folgen traumatischer Erfahrungen
Eine allgemeine Definition von Persönlichkeitsstörungen liefert das DSM-IV-TR (Saß et al., 2003), die Persönlichkeitsstörungen zusammenfasst als „ein überdauerndes Muster von innerem Erleben und Verhalten, das merklich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweicht, tiefgreifend und unflexibel ist, seinen Beginn in der Adoleszenz oder frühen Erwachsenenalter hat, im Zeitverlauf stabil ist und zu Leid oder Beeinträchtigungen führt“. Obwohl allen Persönlichkeitsstörungen diese Gemeinsamkeiten zugrundeliegen, bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Persönlichkeitsstörungen. Aus diesem Grund werden die verschiedenen Persönlichkeitsstörungen im DSM-IV-TR (Saß et al., 2003) in die Cluster A, B und C unterteilt. Bereits Vergleiche zwischen Achse-I und Achse-II Störungen (Oldham, Skodol, Kellman, Hyler, Doidge, Rosnick et al., 1995) rechtfertigen im Kontext der Suchtforschung die einseitige Fokussierung auf das Cluster B. Daher beschäftigt sich diese Studie ausschließlich mit diesem Cluster, welches Persönlichkeitsstörungen vom dramatischen und emotionalen Typ umfasst wie die narzisstische, histrionische, antisoziale sowie die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS). Allen Persönlichkeitsstörungen dieses Clusters liegt eine emotionale Instabilität unterschiedlichen Ausmaßes zugrunde. Ein weiterer Vergleich der Komorbiditätsraten von Persönlichkeitsstörungen[2] mit Achse-I-Störungen (Zanarini, Frankenburg, Dubo, Sickel, Trikha, Levin et al., 1998) ergab für die BPS deutlich höhere Komorbiditätsraten mit Suchterkrankungen als für andere Persönlichkeitsstörungen. Da Suchterkrankungen auf der Achse-I im DSM-IV-TR (Saß et al., 2003) kodiert werden, ist auf Basis dieser Studienbefunde anzunehmen, dass sich für die BPS am ehesten Zusammenhänge mit Suchterkrankungen finden lassen. In Anlehnung daran wiesen Chabrol, Melioli und Goutaudier (2015) den überproportionalen Anteil von BPS-Betroffenen in einer Stichprobe mit Cannabisabhängigen nach. Weitere stützende Befunde liefern Studien, indem sie in der BPS-Population eine signifikant höhere Prävalenz für einen Substanzmissbrauch mit 64 - 66% (Lieb, Zanarini, Schmahl, Linehan & Bohus, 2004) oder eine Suchtproblematik mit 57.4% (Trull, Sher, Minks-Brown, Durbin & Burr, 2000) aufzeigten. Gleiches belegte auch eine Studie, die sich mit dem zu BPS komorbiden Vorliegen sämtlicher Achse-I Störungen beschäftigte und damit argumentierte, dass BPS-Betroffene mit höherer Wahrscheinlichkeit multiple Achse-I Störungen aufweisen als Nicht-Betroffene (Zimmermann & Mattia, 1999). Ergänzend erfassten sie eine zweifach so hohe Wahrscheinlichkeit für Borderliner, irgendeine Substanzproblematik zu entwickeln. Dagegen ergab eine andere Studie bei BPS-Betroffenen eine mehr als vier Mal so hohe Wahrscheinlichkeit für eine Alkoholproblematik und eine mehr als acht Mal so hohe Wahrscheinlichkeit für eine andere Substanzproblematik wie bei Nicht-Betroffenen (Skodol, Oldham & Gallaher, 1999).
Die charakteristischen Merkmale einer BPS werden im DSM-IV-TR (Saß et al., 2003) zusammengefasst als „ein tiefgreifendes Muster von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten sowie von deutlicher Impulsivität“. Das klinische Erscheinungsbild dieser Persönlichkeitsstörung umfasst Emotionsregulationsdefizite, impulsive Aggression, wiederholte Selbstverletzung und chronische suizidale Tendenzen (Lieb et al., 2004). Gerade diese borderlinetypischen überdauernden Schwierigkeiten der Impulskontrolle und des Selbstbildes resultieren häufig in destruktiven Verhaltensweisen sich selbst und anderen gegenüber, wo sich auch der Substanzgebrauch einordnen lässt (St. Germain & Hooley, 2012). Van der Kolk, Perry und Herman (1991) argumentierten, dass das Alter zum Zeitpunkt der Misshandlung als Prädiktor für Form und Schwere selbstzerstörerischen
Verhaltens fungiert: Je früher das Trauma stattfindet, desto stärkere Autoaggression kann die Folge sein. Somit tragen Missbrauchserfahrungen im Rahmen der Kindheit erheblich zur Entstehung von destruktivem Verhalten bei. Eine vorangegangene Studie (van der Kolk, 1987b) zeigte bereits, dass schwere Traumaerfahrungen innerhalb der Kindheit in die Persönlichkeitsstruktur eingebettet werden und so die Entstehung einer BPS begünstigen können. Ähnliche Ergebnisse lieferte auch die Borderline-Studie von Herman et al. (1989), die zwischen Misshandlungserfahrungen und BPS-Diagnose einen starken Zusammenhang identifizierte. In dieser Studie berichtete die Mehrheit der Probanden von physischen und sexuellen Missbrauchserfahrungen sowie von der Konfrontation mit häuslicher Gewalt. Davon bestätigte mehr als die Hälfte der Probanden, traumatische Erfahrungen im familiären Rahmen bereits vor Beginn des 7. Lebensjahres gemacht zu haben. Eine Studie, die eine deutliche Häufung sexuellen Missbrauchs vor dem 17. Lebensjahr bei hospitalisierten BPS-Betroffenen aufdeckte, belegte Ähnliches (Bryer, Nelson, Miller & Krol, 1987). Trotz der Kontrolle von Einflüssen einer möglichen PTBS innerhalb der Borderline-Studie (Herman et al., 1989) zeigte sich bei Borderline-Patienten eine größere Anzahl unterschiedlicher Ereignistypen, einen früheren Beginn in der Kindheit als auch multiple Traumaerfahrungen über einen längeren Zeitraum. Daher kann in der BPS-Population von einer höheren Trauma-Last ausgegangen werden als bei Probanden ohne vorliegende BPS. Ähnliches bestätigte die Studie von Kim et al. (2010), in der von einem kumulativen Effekt multipler Traumaerfahrungen auf die Entwicklung der Emotionsregulation gesprochen wird, die als Kernproblem der BPS gilt (Sanislow, Grilo & McGlashan, 2000; Glenn & Klonsky, 2009).
Bereits Herman et al. (1989) vermuteten einen möglichen Zusammenhang zwischen dem für Frauen höheren Risiko, Opfer sexuellen Missbrauchs zu sein, und den signifikant häufiger in der BPS-Population berichteten sexuellen Missbrauchserfahrungen; dies begründet gegebenenfalls die höhere BPS-Prävalenz in der weiblichen Population. Eine Möglichkeit, wie das häufige komorbide Vorliegen von BPS und Suchterkrankung unter der Bedingung vorangegangener Traumaerfahrungen erklärt werden könnte, konkretisiert der folgende Abschnitt näher.
Fragestellung und Hypothesen
Auch wenn der Zusammenhang zwischen Traumaerfahrungen und Suchterkrankungen mittlerweile unbestritten ist, gibt es dennoch Unklarheit über die genaue Beschaffenheit dieses Zusammenhangs. Erwähnung fanden bereits Studienbefunde, die bestätigten, dass Traumaerfahrungen einem großen Spektrum psychischer Störungen vorausgehen. Somit können neben der PTBS (Vgl. Potthast et al., 2012) gegebenenfalls auch noch andere Störungsbilder als mediierender Faktor im Trauma-Sucht-Zusammenhang in Frage kommen (Potthast et al., 2014). Darüber hinaus ist neben der möglichen Existenz eines Mediators zu klären, ob die Suchterkrankung als Ursache oder Wirkung fungiert. Besonders bedeutend für die Interpretation der kausalen Zusammenhangsrichtung ist die von Khantzian (1997) postulierte Selbstmedikationshypothese. Studien, die sich mit Konsummotiven auseinandersetzten, konnten nachweisen, dass zu diesem Zweck sowohl viele PTBS-Patienten (Ouimette, Read, Wade & Tirone, 2010; Read, Merrill, Griffin, Bachrach & Khan, 2014) als auch viele BPS-Patienten (Tragesser, Solhan, Schwartz-Mette & Trull, 2007) diese dämpfende Wirkung der Substanzen auf das zentrale Nervensystem einsetzen. Insgesamt stützen eine Reihe von Studien die Gültigkeit der Selbstmedikationshypothese, welche die Suchterkrankung als Wirkung beschreibt (Berking, Margraf, Ebert, Wupperman, Hofmann & Junghanns, 2011; Ouimette, Coolhart, Funderburk, Wade & Brown, 2007; Wolitzky-Taylor, Bobova, Zinbarg, Mineka & Craske, 2012).
In Anlehnung an die bereits empirisch belegten Zusammenhänge zwischen Traumaerfahrungen und BPS (Bornovalova, Huibregtse, Hicks, Keyes, McGue & Iacono, 2013; Herman et al., 1989; Johnson et al., 2006; Lieb et al., 2004; Van der Kolk, 1987b) sowie zwischen BPS und Suchterkrankungen (Chabrol et al., 2015; Cohen et al., 2007; Harned et al., 2008; Oldham et al., 1995; Trull et al., 2000; Zanarini et al., 1998) wird in dieser Studie der Trauma-Sucht-Zusammenhang dahingehend untersucht, ob eine Mediation durch die Borderline-Symptomatik vorliegt. Inwieweit die drei Konstrukte Traumaerfahrungen, Borderline-Symptomatik und Suchterkrankung tatsächlich zusammenhängen und ob der Borderline-Symptomatik eine Mediatorrolle zugewiesen werden kann, wird in einer klinischen Stichprobe anhand folgender Hypothesen überprüft:
1. Traumatisierungen hängen mit stärkerem Craving, stärkerem Substanzkonsum, und früherem Eintrittsalter zusammen.
2. Traumatisierungen hängen mit stärkerer Borderline-Symptomatik zusammen.
3. Borderline-Symptome hängen mit stärkerem Craving, stärkerem Substanzkonsum und früherem Eintrittsalter zusammen.
4. Die Zusammenhänge aus Hypothese 1 werden durch die Borderline-Symptomatik mediiert (siehe Abbildung 1).
Des Weiteren soll in der vorliegenden Stichprobe mittels der Anzahl erlebter Ereignistypen die Trauma-Last erfasst werden. Daher wird neben den vier Haupthypothesen auch überprüft, ob das Erleben einer höheren Anzahl verschiedener Traumata
1 (a) mit stärkerem Craving und / oder
2 (a) mit stärkerer Borderline-Symptomatik einhergeht.
Aus diesem Anlass bot es sich an, Probanden[3] in suchtmedizinischen Einrichtungen zu rekrutieren, um eine suchtkranke Stichprobe untersuchen zu können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 . Theoretisches Mediationsmodell: Der Zusammenhang zwischen Traumaerfahrungen und Suchterkrankungen wird durch das Vorliegen einer Borderline-Symptomatik mediiert.
methode
Im folgenden Abschnitt soll das methodische Vorgehen dieser Studie vorgestellt werden, welches eine Beschreibung der Stichprobe, der Materialien und Messinstrumente, des Designs und der Durchführung sowie der statistischen Datenanalyse umfasst:
Stichprobe
Im Rahmen der Studie wurden 57 Probanden befragt. Davon waren 36 Probanden Patienten in der Fachklinik Olsberg (FKO)[4], zwölf Probanden Patienten in der Fachklinik Casum[5] und neun Probanden Patienten in der Psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) Bielefeld. Die Fachkliniken Olsberg und Casum sind stationäre medizinische Rehabilitationsanstalten für Suchterkrankte, wobei die Fachklinik Casum lediglich Männer aufnimmt.
Da Probanden entsprechend der Fragestellung dieser Studie danach ausgewählt wurden, ob sie die Diagnosekriterien für Substanzmissbrauch beziehungsweise Abhängigkeit im DSM-IV-TR (Saß et al., 2003) erfüllten, erfolgte die Rekrutierung durch die Untersucherin ausschließlich in suchtspezifischen Institutionen. Jeder Patient, der sich bereit erklärte, erhielt einen Fragebogen zum Auszufüllen. Aufschluss über die Erfüllung dieser Kriterien gaben darüber hinaus 23 Fragebogenitems zum Substanzkonsum. Von der Untersuchung ausgeschlossen wurden Probanden mit gravierenden Sprachdefiziten, akutem Konsum oder akuter Psychose. Der Ausschluss solcher Probanden diente zur Vermeidung möglicher Stör- oder Drittvariablen, welche die Ergebnisse verzerren könnten.
Die Probanden waren zum Erhebungszeitpunkt zwischen 20 und 54 Jahren alt (M = 31.19, SD = 7.22), wobei die detaillierte Altersverteilung in der Abbildung 2 abzulesen ist. 73.7% (n = 42) waren männlichen Geschlechts. Der überwiegende Teil gab mit 71.9% (n = 41) Deutschland als Herkunftsland an.
Material und Messinstrumente
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 . Nach Dekaden gruppiertes Alter der Probanden angegeben in Prozent
Einführend erhielten alle Probanden eine DIN A4 Seite zur Information und Einverständniserklärung, bevor ihnen das Fragebogenpaket im Paper-Pencil-Format vorgelegt wurde. Auf acht beidseitig bedruckten DIN A4 Seiten wurden den Probanden verschiedene Fragebögen im Selbstbeurteilungsformat vorgelegt, durch welche die Ausprägung eines jeden Probanden auf den drei zentralen Konstrukte Traumaerfahrungen, Suchterkrankung und Borderline-Symptomatik eingeschätzt werden konnte. Das Fragenbogenpaket war folgendermaßen aufgebaut:
Soziodemographische, klinische und konsumspezifische Daten Der Fragebogen (siehe Anhang A) wurde anhand einer Vorlage von der Arbeitseinheit Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Bielefeld generiert und auf die beabsichtigte Stichprobe abgestimmt. Insgesamt umfasst der dreigeteilte Fragebogen 39 Items. Im ersten Teil wurden neben den Daten zur Person der Bildungsstand, Anzahl beendeter Schuljahre und die berufliche Situation vor dem Klinikaufenthalt erfasst. Im mittleren Teil wurden relevante klinische Daten erhoben, wie die Medikamenteneinnahme, Zigarettenkonsum, in der Kindheit oder Jugend diagnostizierte psychiatrische Erkrankungen, Anzahl stationärer Therapieaufenthalte, bekannte Familienpsychopathologie und das aktuelle Vorliegen von chronischen Erkrankungen. Der letzte Teil über den Substanzkonsum wurde in
Anlehnung an die DSM-IV-TR (Saß et al., 2003) Kriterien für Missbrauch beziehungsweise für Abhängigkeit erstellt. So wurde beispielsweise das Konstrukt Sucht mithilfe des Kriteriums „Toleranzentwicklung“ operationalisiert. In diesem Teil wurden die Probanden dazu angehalten von ihrer persönlichen Konsumgeschichte zu berichten, die unter anderem Substanzart, -anzahl und -erfahrungen sowie damit zusammenhängende Straffälligkeit umfasst.
Traumatische Lebensereignisse
Zur Erfassung traumatischer Kindheitserlebnisse wurde der Childhood Trauma Questionnaire (CTQ; Driessen, Gast, Hill & Wulff, 2000) in der deutschen Version verwendet. Die Probanden sollten sich im CTQ retrospektiv zu eigenen Misshandlungserfahrungen äußern, welche sowohl Missbrauchs- (emotional, körperlich und sexuell) als auch Vernachlässigungserlebnisse (emotional und körperlich) umfassen. Der Fragebogen umfasst insgesamt 28 Items der Originalversion sowie sechs weitere Items zu Inkonsistenzerlebnissen. Jedes Item der fünf Subskalen (oben genannte Missbrauchs- oder Vernachlässigungsformen) sollte von den Probanden auf einer fünfstufigen Antwortskala von 1 = „überhaupt nicht“
bis 5 = „sehr häufig“ hinsichtlich der eigenen Erfahrungen eingeschätzt werden. Walker, Gelfand, Katon, Koss, Korff, Bernstein et al. (1999) schlugen für die fünf Skalen Cut-Off Werte vor, ab denen die Kriterien für die einzelnen Subskalen erfüllt sind. Zeitlich vorausgehende Untersuchungen zeigen für den CTQ gute psychometrische Indizes (Bernstein, Ahluvalia, Pogge & Handelsman, 1997; Bernstein, Fink, Handelsman & Foote, 1994; Wingenfeld, Spitzer, Mensebach, Grabe, Hill, Gast et al., 2010).
Um traumatische Lebensereignisse weitgehender zu erfassen, wurde ergänzend zum CTQ die Erweiterte Liste potentiell traumatischer Lebensereignisse im Fragebogenformat eingesetzt, die aus dem Strukturiertem Klinischen Interview für DSM-IV Achse-I Störungen (SKID-I; Wittchen, Zaudig & Fydrich, 1997) und aus der Clinician-Administrated PTSD Scale for DSM-IV (CAPS; Blake, Weathers, Nagy, Kaloupek, Gusman, Charney et al., 1995) adaptiert wurde. Insgesamt besteht diese aus 23 Items, in denen traumarelevante Ereignisse dargestellt werden, deren eigenes Erleben die Probanden im dichotomen Antwortmuster mit 0 = „nein“ oder 1 = „ja“ beantworten sollten.
Borderline-Persönlichkeitsstörung
Das Vorliegen und die Ausprägung borderline-typischer Symptome wurde mit der Borderline Symptom Liste: Kurz-Version (BSL-23; Wolf, Limberger, Kleindienst, Stieglitz, Domsalla, Philipsen et al., 2009) überprüft. Dieses Selbstbeurteilungsverfahren beinhaltet 23 Items zur Erfassung individueller Ausprägungen in den Bereichen Emotionsregulation, Dysphorie, Einsamkeit, Feindseligkeit, Selbstwahrnehmung Selbstzerstörung und Intrusionen. Die Itembeantwortung erfolgt auf einer fünfstufigen Likert-Skala von 0 = „überhaupt nicht“ bis 4 = „sehr stark“ und bezieht sich auf den Zeitraum der letzten sieben Tage. Sofern ein durchschnittlicher Skalen-Mittelwert über 1 errechnet wird, gilt die Ausprägung der borderline-typischen Symptome als klinisch relevant (Vgl. Potthast et al., 2014). Im Vergleich dazu gilt der Skalen-Mittelwert einer Person, der im Durchschnitt mindestens 2.05 erreicht, als Indikator für eine BPS (Vgl. Wolf et al., 2009). Im Anschluss daran soll die Befindlichkeit während der letzten Woche auf einer visuellen Analogskala von 0% = „ganz schlecht“ bis 100% = „ausgezeichnet“ eingeschätzt werden. Der letzte Fragebogenteil besteht aus elf zusätzlichen Items, die Informationen über die Häufigkeit gezeigter dysfunktionaler Verhaltensweisen in- nerhalb der letzten Woche liefern. Auch die Beantwortung der Zusatzitems erfolgt im Rahmen einer Ratingskala von 0 = „gar nicht“ bis 4 = „mehrmals täglich“. Studien (Bohus et al., 2009; Wolf et al., 2009) ergaben für die BSL-23 insgesamt sehr gute psychometrische Werte im Bereich der Reliabilität und Validität.
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[1] Unfähigkeit zur Emotionsregulation (synonym: Emotionsregulationsdefizit)
[2] Persönlichkeitsstörungen werden neben geistigen Behinderungen auf der Achse-II nach dem DSM-IV-TR (Saß et al., 2003) kodiert.
[3] Aus Platzgründen wird auf die weibliche Form „Probandin/nen“ verzichtet und nur die männliche Form „Proband/en“ ausgeschrieben.
[4] Fachklinik Olsberg: Niethaken 10, 59939 Olsberg, Telefon: +49 (0) 2962 8980
[5] Fachklinik Casum: Casumerstraße 2, 33829 Casum, Telefon: +49 (0) 5425 354090
- Arbeit zitieren
- Alexandra Petschnik (Autor:in), 2015, Die Borderline-Symptomatik als mediierender Faktor im Zusammenhang von Traumaerfahrungen und Suchterkrankungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/383086
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