Die Erwartungen an die soziale Arbeit verändern sich ständig und diese passt sich laufend an diese Erwartungen an. Die wandelnden Normen der Gesellschaft, wie die Distanzierung des in den 1950-er Jahren noch vorherrschenden autoritären Erziehungsstils, stellen neue Herausforderungen für die soziale Arbeit dar und so erscheint es natürlich, dass sich ständig neue Ansätze und Theorien entwickeln um die Anforderungen an die soziale Arbeit bewältigen zu können.
Ein Ansatz ist der aus den systemischen Entwicklungen der 1950-er Jahre entstandene lösungsorientierte Ansatz. Als Begründer und Begründerin des lösungsorientierten Ansatzes gelten vor allem die Psychotherapeuten Steve de Shazer und Insoo Kim Berg welche 1978 das Brief Family Therapy Center in Milwaukee gründeten. In diesem beobachteten sie zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in akribischer, systematischer Analyse, dass sich die Problemlösungen ihrer Klienten und Klientinnen weit mehr glichen als die Probleme. Sie stellten fest, dass sie das Problem nicht vertieft analysieren mussten, sondern sich darauf konzentrieren konnten Ressourcen und Fähigkeiten oder auch Kompetenzen zu explorieren. Diese zu aktivieren und anzuregen, befähigten die Klienten und die Klientinnen die eigentlichen Entwicklungs- und Veränderungsprozesse selber zu vollziehen.
Der Ansatz wurde von und für Therapeuten entwickelt. Doch seit einiger Zeit, so Lilo Schmitz (2016, S. 15) und Frank Eger (2016, S. 7), findet der Ansatz auch in der sozialen Arbeit und insbesondere in der Sozialpädagogik Anklang. Im deutschsprachigen Raum und speziell in der Schweiz wurden und werden Methoden in Anlehnung an den lösungsorientierten Ansatz für die soziale Arbeit weiterentwickelt. Die Fragetechniken und Haltungen eignen sich laut den Autoren und Autorinnen hervorragend für die sozialpädagogische Arbeit im Bereich der stationären Jugendarbeit (Kaspar und Marianne Baeschlin, 2016) oder für die Beratung im Kontext der sozialen Arbeit (Schmitz, 2016). In der aktuellen Literatur wird aber auch die Frage gestellt, ob die Soziale Arbeit diesen ursprünglich therapeutischen Ansatz anwenden soll. Die verschiedenen Standpunkte werden im Absatz „Therapie oder Pädagogik?“ auf Seite 7 grob zusammengefasst.
Vorwiegend aber soll der vorliegende Literaturbericht die praxisbezogenen lösungsorientierten Methoden in der deutschsprachigen Literatur von 2016 identifizieren und die Gemeinsamkeiten dieser in der unterschiedlichen Literatur aufzeigen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Grundannahmen der Lösungsorientierung:
Zu der gewählten Literatur:
Haltung:
Förderliche Fragen:
Alternative Methoden:
Therapie oder Sozialpädagogik?
Zusammenfassung und Bewertung
Literaturverzeichnis
Einleitung
Die Erwartungen an die soziale Arbeit verändern sich ständig und diese passt sich laufend an diese Erwartungen an. Die wandelnden Normen der Gesellschaft, wie die Distanzierung des in den 1950-er Jahren noch vorherrschenden autoritären Erziehungsstils, stellen neue Herausforderungen für die soziale Arbeit dar und so erscheint es natürlich, dass sich ständig neue Ansätze und Theorien entwickeln um die Anforderungen an die soziale Arbeit bewältigen zu können.
Ein Ansatz ist der aus den systemischen Entwicklungen der 1950-er Jahre entstandene lösungsorientierte Ansatz. Als Begründer und Begründerin des lösungsorientierten Ansatzes gelten vor allem die Psychotherapeuten Steve de Shazer und Insoo Kim Berg welche 1978 das Brief Family Therapy Center in Milwaukee (Wisconsin USA) gründeten. In diesem beobachteten sie zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in akribischer, systematischer Analyse, dass sich die Problemlösungen ihrer Klienten und Klientinnen weit mehr glichen als die Probleme. Sie stellten fest, dass sie das Problem nicht vertieft analysieren mussten, sondern sich darauf konzentrieren konnten Ressourcen und Fähigkeiten oder auch Kompetenzen zu explorieren. Diese zu aktivieren und anzuregen, befähigten die Klienten und die Klientinnen die eigentlichen Entwicklungs- und Veränderungsprozesse selber zu vollziehen.
Der Ansatz wurde von und für Therapeuten entwickelt. Doch seit einiger Zeit, so Lilo Schmitz (2016, S. 15) und Frank Eger (2016, S. 7), findet der Ansatz auch in der sozialen Arbeit und insbesondere in der Sozialpädagogik Anklang. Im deutschsprachigen Raum und speziell in der Schweiz wurden und werden Methoden[1] in Anlehnung an den lösungsorientierten Ansatz für die soziale Arbeit weiterentwickelt. Die Fragetechniken und Haltungen eignen sich laut den Autoren und Autorinnen hervorragend für die sozialpädagogische Arbeit im Bereich der stationären Jugendarbeit (Kaspar und Marianne Baeschlin, 2016) oder für die Beratung im Kontext der sozialen Arbeit (Schmitz, 2016). In der aktuellen Literatur wird aber auch die Frage gestellt, ob die Soziale Arbeit diesen ursprünglich therapeutischen Ansatz anwenden soll. Die verschiedenen Standpunkte werden im Absatz „Therapie oder Pädagogik?“ auf Seite 7 grob zusammengefasst.
Vorwiegend aber soll der vorliegende Literaturbericht die praxisbezogenen lösungsorientierten Methoden in der deutschsprachigen Literatur von 2016 identifizieren und die Gemeinsamkeiten dieser in der unterschiedlichen Literatur aufzeigen.
Grundannahmen der Lösungsorientierung:
Der Lösungsorientierte Ansatz hat, wie einleitend erwähnt, seinen Ursprung in der psychotherapeutischen Beratung. Entsprechend wichtig ist die Sprache. Eine Vielzahl der Methoden wird in erster Hand über Sprache umgesetzt.
Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang, wie Menschen ihre Welt sprachlich fassen. Ich weiss erst das, was ich sage! Ist vielleicht die wichtigste lerntheoretische Grundannahmen [sic!] der Lösungsorientierung. (. . .) Aus Sicht der Lösungsorientierung ist Veränderung unumgänglich (. . .) Voraussetzung für eine solche Veränderung ist meist auch eine Veränderung der inneren Bilder, Konstrukte und „Landkarten“. Eine solche Veränderung geschieht aus Sicht der Lösungsorientierung durch verändertes Sprechen. (Schmitz, 2016, S. 17)
Wenn also Ressourcen, welche zur Lösungsfindung beitragen, aktiviert werden sollen, geschieht dies konkret über eine Veränderung im Sprechen. Die Beraterin oder der Berater regen das Gegenüber dazu an über Stärken, positive Erfahrungen, Ziele und Lösungsansätze zu sprechen. Es wird auf das Gelingende fokussiert. Statt Strategien die nicht funktioniert haben zu diskutieren wird etwas „Anderes“ exploriert. Anderes, was vielleicht früher einmal geholfen hat, oder Anderes – wenn die als problematisch erlebte Situation mal anders war, also unproblematisch. Dieses Anders wird auf möglichst vielen Sinnesebenen wieder- oder neuentdeckt. Um dieses Umdenken zu fördern, wurden Haltungen, Fragen und alternative Methoden entwickelt.
Zu der gewählten Literatur:
Vorweg zu den drei für diesen Bericht relevanten Büchern gilt anzumerken um sie einordnen zu können, dass Eger (2016) vor allem den Diskurs um die Zukunft der sozialen Arbeit skizziert. Er fordert, dass Lösungsorientierung über die soziale Arbeit mit dem Individuum hinaus auf ganze soziale Systeme angewandt wird. Während sein Werk hauptsächlich auf diese, wie er es nennt, grundlegende Neuorientierung der sozialen Arbeit eingeht, vertieft er auch einige Methoden. Schmitz (2016) definiert ihr Werk als einen Studienband zum einüben lösungsorientierter Gesprächsführung (S. 9). „Dieses Buch ist kein Lehrbuch der Lösungsorientierung, sondern ein Trainingsbuch. Es muss ergänzt werden durch begleitende Seminare und Lektüre“ (Schmitz, 2016, S. 191). Sie macht keine Abgrenzung der möglichen Klientele. Sie listet eine Auswahl ihrer eigenständig entwickelten, sich bewährenden Übungen dazu auf. Dabei beachtet sie Anregungen, die ihr von de Shazer und Berg sowie anderen gemacht wurden (S. 9). In Wundersame Wandlungen zu Selbstwirksamkeit findet sich, wie es Ben Furman (2016) beschreibt, ein ganzer Schatz an alltagsnahen Methoden aus dem Lösungsorientierten Ansatz (S. 9). Das als Fachbuch deklarierte Werk ist eine Sammlung vieler Praxisbeispiele lösungsfokussierten Arbeitens vorwiegend im Umgang mit Kindern und Jugendlichen. Diese Fokussierung auf Individuen färbt sich denn auch auf diesen Literaturbericht ab. Die Lösungsorientierung in der Sozialen Arbeit begrenzt sich aber im Grunde nicht auf jüngeres Klientel oder Einzelpersonen.
Haltung:
Um das Gegenüber anzuregen, förderliche Dinge zu identifizieren und den Blick auf das Gelingende zu richten, wird in der behandelten Literatur beschrieben, dass die lösungsorientierte Haltung der Beraterinnen und Berater eine grundlegende Voraussetzung darstellt. Ob etwas wahr oder unwahr ist, ist im lösungsorientierten Ansatz als irrelevant anzusehen, da alles ein Produkt der menschlichen Wahrnehmung und somit bloss Konstruktion der Wirklichkeit ist (Joachim Welter, 2016, S. 30). Der Ansatz orientiert sich vielmehr daran, ob etwas hilfreich oder nicht hilfreich ist (ebd.). Es geht also darum Entwicklungsförderndes zu verstärken. Dabei nimmt „der Mediator (. . .) eine nichtwissende Haltung im Hinblick auf Lösungsinhalte ein“ (Eger, 2016, S. 65). Damit das Gegenüber nachhaltig erreicht werden kann haben die Beratenden eine ehrlich anerkennende Haltung einzunehmen. Dies wird unter anderem, so Welter (2016), durch einen interessiert-neugierigen Erkundungsgeist (S. 48) und auch über ein Reframing erreicht.
Das Reframing setzt Dinge in einen neuen Rahmen. Formulierungen wie „Die andere Seite der Münze und „Das gute [sic!] im Schlechten“ geben der systemischen Überzeugung Ausdruck, dass Einstellungen und Verhalten aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden können und zumindest in der Vergangenheit einmal „aus gutem Grund“ aufgenommen wurden. (Schmitz, 2016, S. 29)
Welter beschreibt das Reframing folgendermassen: „Hinter jeder Klage steht ein Wunsch!“ (S. 46) Die lösungsorientiert Sozialarbeitenden wandeln ihren Blick und setzen sich immer wieder damit auseinander wie das Erlebte auch noch gedeutet oder gesehen werden kann, so, dass „die Person [also die Beraterin oder der Berater] einen neuen Zugang findet, eine Öffnung, die mich/oder mein Gegenüber handlungsfähiger macht“ (Schmitz, 2016, S. 47).
Es gilt demnach alles, was von der Klientin oder dem Klienten als Hilfreich eingestuft wird, nichtwissend und neugierig zu explorieren und neue Zugänge zu unterstützen.
Förderliche Fragen:
Lösungsorientierte Fragen regen die Befragten optimal dazu an, „neu und anders nachzudenken über sich, ihre Ziele und ihre individuellen Wege dorthin“ (Schmitz, 2016, S. 23). Folgende Fragen werden sowohl in der lösungsorientierten Gesprächsführung (Schmitz, 2016), in lösungsorientierter Arbeit (Eger, 2016) als auch in Wundersame Wandlungen zur Selbstwirksamkeit (2016) wiederholt behandelt:
Die folgenden Fragen bilden die zentralen Elemente der lösungsorientierten Arbeit. Erst durch sie können die dem Ansatz zu Grunde liegenden oben beschriebenen Haltungen umgesetzt werden.
Die Frage nach den guten Gründen wird als Einstiegsfrage beschrieben um mit dem Gegenüber ins Gespräch zu kommen. Du hattest bestimmt einen guten Grund für dein Verhalten? Welter (2016) betont, dass auch auffälliges nicht angemessenes Verhalten immer seine „guten Gründe“ hat (S. 52). Das unangemessene Verhalten hat seine guten Gründe, es ist eine Strategie mit der Situation umzugehen. Mit dieser Frage wird das oben beschriebene Reframing in der Praxis umgesetzt. Die Beteiligten kommen über einen neuen Blickwinkel ins Gespräch.
Die in etwas unterschiedlicher Form beschriebenen nachfolgenden Fragen haben gemeinsam, dass sie allesamt ermuntern neue Blickwinkel einzunehmen und andere Zustände zu erkennen, zu ertasten und auszuprobieren.
Die Wunderfrage stammt direkt aus der lösungsorientierten Therapie und wirkt unabhängig vom Problem, so Therese Steiner und Berg (2005, zit. in Welter 2016 S.53) als Problemüberwindung. Die Frage lautet zum Beispiel: Stell dir vor es geschieht ein Wunder, und die Schwierigkeiten sind einfach weg, haben sich in Luft aufgelöst, woran wirst du dann denken? Wie wird es sich anfühlen?
Die Frage nach der Ausnahme wird beschrieben als Methode den Unterschied zu erkunden, wenn eine schwierige Situation aus irgendeinem Grund früher einmal anders erlebt wurde. Dazu trägt die neugierige, explorierende Haltung der professionellen Unterstützerin, des Unterstützers wesentlich dazu bei, die Ausnahme genau zu erfassen. Die Frage zielt darauf ab, das Vertrauen in eigenen Gestaltungsmöglichkeiten, zu stärken und die Übermacht des Problems zu schwächen (Welter, 2016, S. 54). Schmitz (2016) beschreibt zudem noch kreative Methoden mit welchen die Ausnahmen anhand von zum Beispiel einer Lebenslinie wiederentdeckt werden können.
Die Frage nach dem Unterschied: „Was wäre denn anders, wenn wir regelmässig einen Rückblick machen würden?“ (Welter, 2016, S. 56) Dies kann als Anstoss, über den Unterschied nachzudenken und in der Folge zu sprechen, gesehen werden. Es wird ersichtlich, wie die Klientel selber zu Entwicklungs- und Veränderungsprozessen angeregt wird. Ein zusätzlicher Effekt ist, dass der Berater und die Beraterin förderliche Fragen stellen, und die Lösungen nicht bewerten müssen. Dadurch wird die Arbeit den Adressaten überlassen, was sich auch entlastend für die Sozialarbeitenden auswirkt (Baeschlin, 2016, S. 23 oder auch Schmitz, 2016, S. 46).
Dem widerspricht das verführerische Fragen etwas, da diese Frage Vorschläge der Beratenden enthält. Die verführerischen Fragen dienen dazu Vorschläge der Hilfestellung Leistenden für sich zu überprüfen und animieren dazu sich mit neuen Blickwinkeln in eine Auseinandersetzung zu begeben (Welter, 2016, S. 56).
Wie bereits erwähnt, gilt es laut dem lösungsorientierten Ansatz, die Lösungsansätze möglichst genau zu explorieren. Dies wird unter anderem erreicht durch zirkuläres Fragen (Eger, 2016, S. 60) und den sogenannten offenen Fragen welche zu möglichst langen Antworten motivieren (Schmitz, 2016, S. 45) oder den W-Fragen nach Welter (2016). Es sind dies Fragen nach dem wie, wann, wo, was und wer? Die Fragen sind dazu da die Situation differenziert durchzudenken. Sie eignen sich zur Reflexion von Erfolgen und der Planung von weiterführenden Schritten (S. 48).
Weiter in allen Werken umschrieben werden die Skalierungsfragen. Es gibt in der behandelten Literatur eine Fülle an Varianten dieser Frage. Mit Skalierungsfragen werden Fortschritte greifbar. Die Klientin oder der Klient schätzen ihren Fortschritt in Richtung dem gewünschten Zustand selber ein. Es folgt eine klare Definition (über z.B. die W-Fragen), was jede Stufe genau ausmacht. „Was macht es aus, das du dich auf einer z.B. drei befindest. Wo möchtest du morgen, heute Abend, in ein paar Stunden, in Zukunft stehen? Was müsste passieren damit du dies schaffen könntest?“ (Welter, 2016, S. 50) Es wird auf die Gefahr hingewiesen, dass die Beratenden gerne korrigieren möchten, dabei ist die Einstufung, die das Klientel zu der Fragestellung macht, ein subjektives Erleben und somit für ihn oder sie stimmig und bedarf keiner Korrektur (Welter, 2016, S. 51). Das Ziel soll sein sich dem gewünschten Zustand in kleinen Schritten zu nähern.
[...]
[1] Mit Methoden sind Verfahren im Sinn von Eger (2016) gemeint, welche ressourcen- und zielorientierte Perspektiven anregen, um so Individuen zur Entwicklung anzuregen (S. 60). Somit sind auch Fragetechniken als Methoden zu verstehen.
- Citar trabajo
- Bernhard Graber (Autor), 2016, Lösungsorientierte Methoden der Sozialen Arbeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/381032
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