Zu Beginn des Jahres 2002 erregten in Zentralamerika die Konzerte eines Orchesters Aufsehen, dass der costaricanische Pianist Manuel Obregón ins Leben gerufen hatte: „Das Orquesta de la Papaya“ bestand aus 14 Musikern, die alle Länder und viele Ethnien des Isthmus repräsentierten: „indígenas“ aus Guatemala, Schwarze aus Belize, Mestizen aus El Salvador, Garifuna aus Honduras usw. spielten eine Mischung aus Folklore, Jazz und Klassik. Dieses Ensemble unterstreicht die langsam wachsende musikalische Emanzipierung einer Weltregion, deren diesbezügliche Bedeutung international bisher gering war.
Die Region stand immer unter starkem externen Einfluss: Erst zwang die Kolonialmacht Spanien (in einigen Küstengebieten auch die Engländer), den Einheimischen ihre Kultur auf, später dann die USA und – abgeschwächt - der große Nachbar Mexiko. Belize, das sich kulturell mehr an Großbritannien und der Karibik orientiert, hebt sich besonders stark von seinen Nachbarn ab. Aber auch durch die indigenen Elemente in der Musik unterscheiden sich die Länder: So leben in Guatemala rund 60 Prozent indígenas, während es in Costa Rica nur noch etwa ein Prozent ist. Nicht ohne Grund schrieb Nicolas Slonimsky 1949 über das Land:"Costa Rican music is a white man's music, and of all Latin American countries is the least influenced by either the Indian or the Negro culture".
Ohne Kenntnis der geschichtlichen Ereignisse ist die Vielfalt der heutigen Klänge schwer nachzuvollziehen. Darum werden sie kurz erläutert werden, bevor ich mich der aktuellen Situation zuwende. Schon der Musikwissenschaftler Kurt Pahlen erkannte allerdings: "...eine äußerst bunte Musikwelt, die in ihrer Gesamtheit noch nicht studiert wurde." Darum kann es passieren, dass in den verschiedenen Abschnitten dieses Artikels nicht immer alle Länder behandelt werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Prä-Kolumbianische Musik
3. Indianische Musik heute
4. Von der Conquista bis zur Unabhängigkeit
5. Afrikanische Elemente
6. Die Marimba
7. Von der Unabhängigkeit bis zum 20. Jahrhundert
8. Musik vom 20. Jahrhundert bis heute
8.1. Externe Einflüsse: Salsa, Merengue, Country & Co.
8.2. Folkloristische und populäre Musik
8.3. Kunstmusik
8.4. Die Gitarre als Waffe - Das Neue Politische Lied
8.5. Rock, Hiphop & Co.
8.6. Jazz
8.7. Von Disco zu Techno
9. Musikindustrie und -medien
10. Ausbildung und Wissenschaft
11. Schlußfolgerungen
12. Literaturverzeichnis
1.Einleitung
Zu Beginn des Jahres 2002 erregten in Zentralamerika die Konzerte eines Orchesters aufsehen, daß der costaricanische Pianist Manuel Obregón ins Leben gerufen hatte: Das Orquesta de la Papaya bestand aus 14 Musikern, die alle Länder und viele Ethnien des Isthmus repräsentierten: indígenas aus Guatemala, Schwarze aus Belize, Mestizen aus El Salvador, Garifuna aus Honduras usw. spielten eine Mischung aus Folklore, Jazz und Klassik.[1] Dieses Ensemble unterstreicht die langsam wachsende musikalische Emanzipierung einer Weltregion, deren diesbezügliche Bedeutung international bisher gering war.
Die Region stand immer unter starkem externen Einfluß: Erst zwang die Kolonialmacht Spanien (in einigen Küstengebieten auch die Engländer), den Einheimischen ihre Kultur auf, später dann die USA und – abgeschwächt - der große Nachbar Mexiko. Belize, das sich kulturell mehr an Großbritannien und der Karibik orientiert, hebt sich besonders stark von seinen Nachbarn ab. Aber auch durch die indigenen Elemente in der Musik unterscheiden sich die Länder: So leben in Guatemala rund 60 Prozent indígenas, während es in Costa Rica nur noch etwa ein Prozent ist. Nicht ohne Grund schrieb Nicolas Slonimsky 1949 über das Land: "Costa Rican music is a white man's music, and of all Latin American countries is the least influenced by either the Indian or the Negro culture".[2]
Ohne Kenntnis der geschichtlichen Ereignisse ist die Vielfalt der heutigen Klänge schwer nachzuvollziehen. Darum werden sie kurz erläutert werden, bevor ich mich der aktuellen Situation zuwende. Schon der Musikwissenschaftler Kurt Pahlen erkannte allerdings: "...eine äußerst bunte Musikwelt, die in ihrer Gesamtheit noch nicht studiert wurde."[3] Darum kann es passieren, daß in den verschiedenen Abschnitten dieses Artikels nicht immer alle Länder behandelt werden.
2. Prä-Kolumbianische Musik
Schon im Jahre 200 nach Christus entwickelten die Maya im Gebiet des heutigen Yucatan, Guatemala und Honduras ihre Hochkultur. Musik, Gesang und Tänze waren essenzielle Bestandteile ihrer religiösen Zeremonien und weltlichen Feste. Die Kenntnis über die musikalischen Praktiken der Maya rührt aus Beschreibungen der spanischen Chronisten aus dem 15. und 16. Jahrhundert sowie aus zwei Schriften her, die kurz nach dem Kontakt mit den Spaniern niedergeschrieben wurden: den „Annalen der Cakchiqueles“ und dem „Popol Vuh“. Dort sind zum Beispiel Flöten aus Ton (ocarina) oder Knochen (zubac), Muscheln, die man wie eine Trompete verwendete (t’ot‘), Rasseln (sonaja) und Trommeln (k’ojom) beschrieben.[4] Viele dieser Instrumente aus der prä-kolumbianischen Zeit werden noch heute benutzt, so zum Beispiel das tun, ein Idiophon[5], gefertigt aus einem Baumstumpf, oder bei den Lacandonen in Chiapas die heiligen Trommeln (k’ayum, gleichzeitig der Name des Gottes der Musik).[6] Weitere Indianerstämme, die Zentralamerika bevölkerten, besaßen im Prinzip die gleichen Instrumente wie die Maya.
3. Indianische Musik heute
Die heutigen Maya in Belize und Guatemala sowie in Teilen von El Salvador und Honduras[7] benutzen zusätzlich Instrumente, die von den Kolonialherren und Sklaven stammen: So spielen bei vielen christlichen Festen inzwischen große Bands, die aus Blechbläsern, Trommlern und manchmal Geigern bestehen oder Marimba-Combos mit Saxophon und Bass. Doch die Bedrohung der traditionellen Musik kommt von einer anderen Seite: Fanatische evangelische Freikirchen bzw. Sekten aus den USA, bekehren die Maya und sehen in ihrer Musik und ihren Ritualen die Kräfte des Bösen. Um diese Traditionen zu zerstören, spielen die Evangelisten in vielen Gemeinden ihre Hymnen über Lautsprecher ab.[8] Negativ wirkt sich auch die Überflutung mit westlichen Klängen und fremden Rhythmen aus, per Radio, Fernsehen und bei Volksfesten.[9]
Die beiden größten indigenen Völker Costa Ricas - Bribri (~11.800) und Cabécar (~8.300) - leben in Reservaten im Südosten des Landes.[10] Für ihre religiösen wie weltlichen Feste und Zeremonien benutzen sie nach wie vor ihre traditionellen Instrumente und singen dazu.[11] Auch die Musik der rund 30.000 Kuna, die im Osten und an der Karibikküste Panamas sowie auf den San Blas-Inseln leben, ist in ihrer Ursprünglichkeit erhalten. Obwohl sie modernen Medien gegenüber aufgeschloßen sind, drangen bisher keine fremden Klänge in ihre Gesänge und ihr Spiel ein. Und auf traditionellen Instrumenten wird auch keine moderne Musik gespielt.[12] Rund 150.000 Miskitu-Indianer leben heute noch in Nicaragua (120.000) und Honduras (30.000) sowie eine Handvoll im Nordosten Costa Ricas.[13] Sie benutzen Rasseln (insuba), Schildkrötenpanzer (kuswa taya), Flöten (bra-tara), Trommeln (kungbi) und eine Mini-Trommel (turu-turu), deren Bespannung aus einem Fledermausflügel besteht.[14] In Belize spielen die K’ekchi-Harfenensembles bei Dorffesten auf. Neben der 30saitigen Harfe bringen Geige und Gitarre die Menschen zum Tanzen. Der bekannteste Maya-Harfenist, Florencio Mess, baut seine Instrumente selbst und repräsentierte sein Land schon auf vielen internationalen Festivals.[15]
4. Von der Conquista bis zur Unabhängigkeit
Seit Kolumbus 1502 vor Honduras geankert hatte und die Spanier ab 1513 begannen, Zentralamerika zu erobern, wurde die indigene Kultur systematisch vernichtet: „Die Bevormundung durch die Kolonialmächte und die katholische Kirche war bis zur politischen Befreiung tiefgreifend und kompromißlos.“ [16] Die Übernahme spanischer Musikpraktiken und Kompositionstechniken, einhergehend mit dem Verbot indigener Musik, Gesänge und Tänze, führten zu einem Niedergang derselben.
Während der kolonialen Periode hing die Intensität der musikalischen Aktivitäten sehr stark damit zusammen, ob eine Region wirtschaftlichen Aufschwung erlebte oder nicht. Dort wo man im großen Maßstab Edelmetalle gewann – in Mexiko oder Peru - entstanden sehr schnell Theater und Opernhäuser, in denen internationale Stars gastierten und so lokale Komponisten inspirierten. Zentralamerika gehörte nicht zu diesen Regionen. Dort bestimmten bis ins 19. Jahrhundert größtenteils die katholische Kirche und ihre Feiertage das musikalische Leben. Liturgische Gesänge und Orgelwerke waren die ersten europäischen Klänge in der Neuen Welt. Sowohl der Kapellmeister der Kathedrale als auch der Organist hatten eine herausragende Stellung im Musikleben jener Zeit.
Guatemala, seit 1542 Sitz des spanischen Generalkapitanats, war zumindest ein regional bedeutendes Zentrum. Im heutigen Antigua stand eine der ersten Orgeln, die es in Lateinamerika gab. Schon 1540 gab es dort einen Organisten und einen Cantor. Mitte des 17. Jahrhunderts umfaßte das Orchester der Kathedrale 15 Musiker, unter anderen einen Harpsichord-Spieler. Benedicto Sáenz schrieb um 1802 die ersten Walzer und Polkas für Klavier.[17] Im 18. Jahrhundert entdeckte die Elite ihre Vorliebe für traditionelle und populäre Musik: Man tanzte lokale Formen des corrido, des pasillo, des son und des Walzers, die sich nach und nach von ihren ausländischen Vorbildern emanzipierten.[18]
Im heutigen Costa Rica siedelten Mitte des 15. Jahrhunderts die ersten Spanier auf dem zentralen Hochplateau und gründeten die Stadt Cartago. 1785 erwähnt ein Chronist neben europäischen Instrumenten auch das Spiel einer Marimba während der Messe.[19] Auch in Nicaragua fanden die musikalischen Aktivitäten größtenteils im religiösen Zusammenhang statt. Der spanische Einfluß betraf jedoch vor allem die Pazifikküste, denn an der Atlantikküste siedelten viele Engländer, die sich u.a. als Freibeuter betätigten und spanische Schiffe und Siedlungen ausraubten. Nach dem Friedensvertrag von Versailles (1783) mußten zwar die meisten von ihnen das Land verlassen, aber ihre Wirkung auf die Musik blieb groß, denn die Siedler hatten u.a. Quadrille und Polka sowie ihre Instrumente mitgebracht.[20] In Honduras, Panama und El Salvador entwickelte sich eine eigenständige Musikkultur erst im 19. Jahrhundert. Stellvertretend für alle drei Länder sei der Musikwissenschaftler Manuel de Adalid y Gamero zitiert, der 1938 über seine Heimat schrieb: "La música en Honduras ha tenido un pobre desarrollo, como consecuencia del atraso económico, político y cutural del país." [21]
5. Afrikanische Elemente
Engländer und Spanier brachten Millionen schwarzer Sklaven in die Karibik und nach Zentralamerika. Ihr Einfluß auf Kultur und Musik war je nach Region verschieden stark: So ist die afrikanische Rasse an der Pazifikküste Nikaraguas faktisch assimiliert und kulturell kaum noch spürbar, während sie in Belize sehr präsent ist. Unterschieden werden muß in Mittelamerika zwischen negros antillanos, mehrheitlich englischsprachig und protestantisch, und negros coloniales, die spanischsprachig und katholisch sind. Letztere kamen als Sklaven in die Kolonien, während Erstere vor allem als Kontraktarbeiter im 19. und 20. Jahrhundert den Isthmus erreichten.[22]
Innerhalb der schwarzen Bevölkerung bilden die Garifuna („Menschen, die Yucca essen“) die kulturell bedeutendste Gruppe. Ihre Geschichte läßt sich bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen: Ab 1625 gelangten Afrikaner von gekenterten Sklavenschiffen oder von anderen Inseln auf die von den Kariben beherrschte Insel St. Vincent. Durch ihren gemeinsamen Kampf gegen den „weißen Mann“ vermischten sie sich nach und nach. 1783 erklärten die Engländer St. Vincent zur Kronkolonie und das Leben für die (nun) schwarzen Kariben wurde härter. 14 Jahre später ließen sich nach zähen Verhandlungen rund 5.000 Garifuna von den Engländern auf die Insel Roatán vor der Küste von Honduras umsiedeln. Von dort aus besiedelten sie in den folgenden Jahren mit Einverständnis der Spanier den schmalen Küstenstreifen und dehnten sich später nach Norden und Süden aus, so daß heute zwischen Dangriga (Belize) und Laguna de Perlas (Nicaragua) etwa 120.000 Garifuna leben. Guillermo Anderson, honduranischer Liedermacher, sagt, daß ihre Kultur „ignoriert, absorbiert und vergessen“ werde. Viele Tausend leben in den USA, hauptsächlich in New York und Los Angeles, weil sie in ihrer Heimat keine Perspektiven haben. Dort vermischen die Musiker ihre traditionellen Rhythmen mit vielen anderen Stilen, die sie in diesen Schmelztiegeln hören.[23] Schon von Kindesbeinen an, in so genannten combos infantiles werden die Garifuna mit Musik vertraut gemacht. Als traditionelle Instrumente verwenden sie Trommeln aus Mahagoniholz (garawon), Sisira-Rasseln, Trompeten aus Schnecken und Muscheln sowie Schildkrötenpanzer. Interpreten wie Lánigiü Müa, Lita Arian (Honduras), Suamen (Guatemala) und Chatuye (Belize/USA) halten die traditionellen Rhythmen und Gesänge am Leben. Moderne Ensembles benutzen auch Blechblasinstrumente, elektrische Gitarren und Synthesizer.[24]
Die Texte des Paranda, eines Garifuna-Rhythmus und Lied-Genres, haben informativen Charakter. Sie erzählen von aktuellen oder historischen Ereignissen oder sie formulieren Sozialkritik. Viele Sänger dieser Musik sind schon sehr alt und erst das Engagement des belizischen Produzenten Ivan Duran brachte sie auf internationale Bühnen. Er fand Mitte der 90er Jahre einige alte paranderos – u.a. Paul Nabor und Junie Arranda - und lud sie zu Aufnahmen ins Studio ein: "Es war teilweise sehr schwierig die Aufnahmen zu machen, weil diese Leute noch nie ein Studio betreten hatten", erklärt er.[25] Daraus entstand auf dem einzigen Label Belizes, Duran's Stonetree Records, die erste Paranda -CD, der weitere folgen sollen. Noch beliebter ist die punta: Die Tänzer - meistens Frauen - bewegen nur die Füße und die Hüften, gesungen wird nach der call-and-response -Technik: Ein Hauptsänger singt einen halben Satz, den der Chor vervollständigt. Der Pflege der Garifuna-Tänze und –Musik widmen sich die Belize National Folklore Company, gegründet 1996, und die Ugundani Dance Company.[26]
Das populärste Genre in Belize ist momentan jedoch der punta-rock, der auch viele Anhänger in Guatemala und Honduras hat. Trotz seines Namens hat er mit Rockmusik nur wenig gemein. Traditionelle Trommeln werden zwar mit modernen Instrumenten kombiniert, aber die rhythmischen Muster stammen von der punta und dem paranda: "Punta Rock ist die belizische Version der afrokaribischen Tanzmusik" erklärt Andy Palacio, der Star des punta-rock. "Es gibt eine spezielle Art ihn zu tanzen, mit sehr viel Becken- und Hüftschwung. Das geht viel weiter als die traditionelle punta, ist viel freier im Ausdruck."[27] Seine Erfindung Ende der 70er Jahre wird Pen Cayetano zugeschrieben, der mit seiner Band Pen Cayetano and the Turtles als erster der traditionellen punta Perkussion und elektrische Instrumente hinzufügte.[28] Heute bringen Interpreten wie Garifuna Boys (Guatemala), Mohobob oder eben Andy Palacio die Tanzsäle zum Kochen. Der punta-rock profitierte von der 1981 gewonnen Unabhängigkeit von Großbritannien, die den Bedarf nach nationalen Musiken stärkte. Da der einheimische Markt jedoch winzig ist, leben viele Musiker in den USA, produzieren und verkaufen dort ihre Alben und schicken sie zusätzlich in die Heimat wie zum Beispiel Aziatic oder die Garifuna Kids.[29]
Zwischen 1870 und 1920 kamen viele englischsprachige Jamaikaner und andere Bewohner karibischer Inseln – heute als antillanos bezeichnet - als Kontraktarbeiter auf die Bananenplantagen oder Großbaustellen (Eisenbahn, Kanal) nach Costa Rica, Honduras, Nicaragua oder Panama. Die Jamaikaner brachten als säkulare Musik den englischen square dance (cuadrille) und ab Mitte des 20. Jahrhunderts den Reggae mit.[30] Als eine der besten Reggae-Bands gilt Soul Vibrations aus Nicaragua.
An der Atlantikküste Nicaraguas adaptierten die Kreolen den von den Jamaikanern mitgebrachten mento. In den 1970er Jahren integrierten sie in den mento Elemente des soca.[31] Diese neue Tanzmusik war schneller, Banjo und Waschzuber ersetzte man durch E-Bass und Synthesizer. Gleichzeitig modernisierte die Jugend den maypole, einen traditionellen Tanz der kreolischen Bevölkerung. Unter der Bezeichnung palo de mayo hatte diese neue Mischung aus den drei Rhythmen im ganzen Land Erfolg, obwohl das Musik von der Atlantikküste sonst nicht vergönnt ist. Während der 70er Jahre hieß die erfolgreichste palo de mayo -Band Los Bárbaros del Ritmo, in den 80ern Dimensión Costeña.[32]
Auch der Calypso brachte karibische Musik-Kultur auf den Isthmus. Seine Texte sind deftig und sozialkritisch. In der englischsprachigen Gemeinschaft Costa Ricas in der Gegend um Puerto Limón interpretieren die meist alten Sänger den Calypso noch in seiner ursprünglichen Weise mit Perkussion, Gitarre und Gesang, so z.B. Edgar "Pitún" Hutchinson oder Walter "Mr. Gavitt" Ferguson. In Panama existiert eine spanischsprachige Variante des Calypso, die Ende der 1970er Jahre dazu dienen sollte, die antillanos besser in die Gesellschaft zu integrieren. Der afrikanische Einfluß ist dort jedoch in der congo -Tradition am stärksten: Gruppen aus Trommlern und Tänzern, die hauptsächlich im Karneval auftreten.[33]
6. Die Marimba
Das verbreitetste Instrument in Zentralamerika (bis auf Panama) ist die Marimba und der baile de marimba der Nationaltanz Nicaraguas.[34] Über ihre Herkunft bestehen viele Theorien und heftige Auseinandersetzungen. Heute scheint festzustehen, daß sie afrikanischen Ursprungs ist, ebenso wie ihr Name. Eine Marimba besteht aus verschieden langen Brettchen, die auf einem Rahmen befestigt sind. Darunter befinden sich Resonanzkörper aus Holz oder Kalebassen. Die Brettchen werden von einem oder mehreren Musikern (marimberos) mit je zwei Klöppeln gespielt.[35] Der Guatemalteke Sebastián Hurtado erfand 1894 die marimba doble, bei der eine zweite Reihe Brettchen die chromatische Spielweise (mit Halbtönen) ermöglichte. In Guatemala ist die Marimba - zum ersten Mal vom Chronisten Domingo Juarros 1680 erwähnt - das Nationalinstrument und wird dort vor allem auf dem Land von der indianischen Bevölkerung benutzt..[36]
7. Von der Unabhängigkeit bis zum 20. Jahrhundert
1821 lösten sich die zentralamerikanischen Staaten aus der spanischen Bevormundung. Der erstarkte Nationalismus führte auch in der Musik zu neuer Schaffenskraft. Kurz vor und während der Unabhängigkeitskriege rief man in allen Ländern Militärkapellen ins Leben, die häufig abends und an den Wochenenden auf städtischen Plätzen Konzerte gaben, bei denen auch nicht-militärische Titel gespielt wurden, u.a. Opernwerke von Verdi. Sie nahmen somit die Funktion der nicht vorhandenen professionellen Orchester wahr. Dieser Boom führte in Costa Rica 1845 zur Gründung der Dirección General de Bandas unter der Leitung des Guatemalteken José Martínez, der sich um die Ausbildung der Musiker und die Beschaffung der Instrumente kümmerte. In Honduras hatten diese Kapellen ebenfalls ein großes Publikum. Um diesen Erfolg auszudehnen, förderte die Regierung gegen Ende des Jahrhunderts die Gründung ziviler Blaskapellen im ganzen Land. 1877 holte sie den deutschen Gustav Stamm ins Land und gab ihm den Auftrag, eine Blaskapelle der Spitzenklasse zu formieren: Die Banda de los Supremos Poderes wurde in Zentralamerika sehr berühmt, nicht zuletzt ein Erfolg ihres späteren Direktors Manuel Adalid y Gamero, der für sie unzählige Polkas, Walzer, Mazurkas und Märsche schrieb.[37] 1841 rief der Italiener Juan Guido die erste Militärkapelle El Salvadors ins Leben. Auch das einfache Volk Nicaraguas liebte seine Blaskapellen, die so genannten bandas de chichero, die im 19. Jahrhundert in Mode kamen und es bis heute blieben.
[...]
[1] vgl. La Nacion (www.nacion.co.cr) und Belize Times (www.belizetimes.bz).
[2] zitiert bei Flores, S. 262.
[3] Pahlen, S. 419.
[4] vgl. Martí, S. 231/ O’Brien-Rothe 1998a, S. 721-722.
[5] Idiophon = Selbstklinger.
[6] vgl. O’Brien-Rothe 1998b, S. 655-657.
[7] Der weitaus größere Teil lebt in Mexiko in den Bundesstaaten Campeche, Chiapas, Quintana Roo, Tabasco und Yucatán.
[8] Zum Thema "Freikirchen" siehe z.B.: Torsten Eßer. "Auf dem Kreuzweg der Befreiung. Vormarsch der Evangelisten in Lateinamerika", in: Matices Nr. 9/ 1996, S. 10-12.
[9] vgl. O’Brien-Rothe 1998a, S. 722-731/ O’Brien-Rothe 1998b, S. 653.
[10] Prä-Kolumbianisch als Talamanca bekannt.
[11] z.B. tönö (Rasseln), talacabe und ocarina (Flöten), sabak (kleine Trommel). Vgl. Fernández 1998b, S. 631-635/ FUNCOOPA, S. 30ff.
[12] vgl. Smith, S., S. 637-648.
[13] Für alle Zahlenangaben bezüglich Bevölkerungsgruppen in diesem Text gilt, daß es viele widersprüchliche Angaben gibt. Ausgewählt wurde die am häufigsten genannte.
[14] Die Miskitu sprechen mehrheitlich Englisch als erste Sprache, sind eher protestantisch und haben einen starken afrikanischen Einschlag, da viele geflohene Sklaven sich mit ihnen vermischten. Vgl. Scruggs 1998c, S. 659-663.
[15] vgl. Greene, S. 667-668.
[16] Günther.
[17] vgl. Lehnhoff, S. 161-165.
[18] vgl. O’Brien-Rothe 1998a; S. 735-736.
[19] vgl. Fernández 1998a, S. 693.
[20] vgl. Scruggs 1998a, S. 748-749.
[21] zitiert bei Ramos, S. 15.
[22] vgl. Smith, R. 1994, S. 245.
[23] vgl. Arivillaga Cortés, S. 252/ Czarkowski S. 6.
[24] vgl. Arivillaga Cortés, S. 253-255.
[25] vgl. Interview des Verfassers mit Ivan Duran, 09/ 2002.
[26] vgl. Graham, S. 327/ Arivillaga Cortés, S. 263/ Greene, S. 675-676.
[27] Interview des Verfassers mit Andy Palacio 09/ 2002.
[28] vgl. Greene, S. 677.
[29] vgl. Eßer 2003, S. 60.
[30] vgl. Fernández 1998a, S. 688-691.
[31] Mento ist eine jamaikanische Volksmusik mit traditioneller Instrumentierung, die als Vorläufer des Rocksteady bzw. Reggae gilt. Soca bezeichnet eine karibische Karnevalsmusik, ursprünglich aus Trinidad und Tobago.
[32] vgl. Scruggs 1998a, S. 754-755.
[33] vgl. Smith, R. 1998, S. 773/ Smith, R. 1994, S. 246-252/ Gallop, S. 478.
[34] vgl. Scruggs 1998d, S. 10ff. Der Ausdruck Marimba bezeichnet in Zentralamerika nicht nur das Instrument, sondern ebenfalls ein mit einer oder mehreren Marimbas ausgerüstetes Orchester.
[35] Die älteste Form, die marimba de arco, ist eine Ein-Mann-Marimba mit einem großen „Henkel“ aus Holz, der zum Transport diente und beim Spielen - wie der Riemen eines Bauchladens - als Halbbogen um den Spieler geschwungen ist. Sie hat keine Beine, die erst später bei der marimba de mesa hinzukamen. Diese konnte von mehreren marimberos bedient werden. Es handelt sich bei beiden Modellen um "einfache" Marimbas (marimba sencilla), auf denen nur diatonisch gespielt werden konnte. Diese Art der Marimba findet sich heute nur noch vereinzelt in ländlichen Gegenden oder im Museum.
[36] vgl. Ludwig, S. 416-417/ O’Brien-Rothe 1998a, S. 725-726.
[37] vgl. Scruggs 1998b, S. 745/ Segura Chaves, S. 16-17.
- Citation du texte
- Torsten Eßer (Auteur), 2008, Der Klang von Schildkrötenpanzer und Synthesizer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/380754
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