Warum will ich Journalist sein? Was will ich erreichen und bewegen? Diese Frage stellen sich nicht nur Einsteiger, sondern auch etablierte Schreiber und Hörfunk - Macher. Leitlinien gibt es genug: Information der Öffentlichkeit kann eine sein, oder eine kritische Hab-Acht-Sicht auf die Gesellschaft. Dann die ethische Perspektive: Will ich die Welt verbessern? Oder ein Anwalt der kleinen Leute sein? Oder etwa Meinung auf hohem Niveau machen? Als Journalist ist das alles möglich – sowohl als Fußball-Experte im Sportressort der Bild als auch als Bundestags-Korrespondent in der Hauptstadtredaktion der FAZ. Diese Arbeit soll aufzeigen, wie unterschiedlich die verschiedenen Arten des Journalismus sind und wie wenig treffend es ist, von „dem Journalismus“ zu reden. Außerdem soll sie auf zwei starke Trends der letzten Jahre eingehen: Einerseits den auflebenden Patriotismus nach den Anschlägen des 11. September auch in deutschen Redaktionen. Andererseits die Strömung des Public oder Civic Journalism. Darunter versteht man eine Journalismusform, die versucht, sich deutlich auf die Seite der Leser zu stellen und aus ihrer Sicht heraus zu argumentieren. Zuerst soll eine kurze historische Abhandlung den Weg zum modernen Journalismus aufzeigen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung – das berufliche Selbstverständnis
2. Vor der Mediengesellschaft: Journalismus seit dem 17. Jahrhundert
3. Formen des Journalismus:
3.1. Sensationsjournalismus
3.2. Parteibuch-Journalismus
3.3. Termin-Journalismus
3.4. Verlautbarungs-Journalismus
3.5. Vermittlungsjournalismus:
3.6. Kritischer Journalismus:
3.7. Investigativer Journalismus:
3.8. Service-/Ratgeber-Journalismus:
3.9. Unterhaltungs-Journalismus:
4. Der Wandel des Nachrichten-Journalismus nach dem 11. September
5. Public Journalism:
6. Fazit:
7. Literatur:
1. Einleitung – das berufliche Selbstverständnis
Warum will ich Journalist sein? Was will ich erreichen und bewegen? Diese Frage stellen sich nicht nur Einsteiger, sondern auch etablierte Schreiber und Hörfunk-Macher. Leitlinien gibt es genug: Information der Öffentlichkeit kann eine sein, oder eine kritische Hab-Acht-Sicht auf die Gesellschaft. Dann die ethische Perspektive: Will ich die Welt verbessern? Oder ein Anwalt der kleinen Leute sein? Oder etwa Meinung auf hohem Niveau machen? Als Journalist ist das alles möglich – sowohl als Fußball-Experte im Sportressort der Bild als auch als Bundestags-Korrespondent in der Hauptstadtredaktion der FAZ. Diese Arbeit soll aufzeigen, wie unterschiedlich die verschiedenen Arten des Journalismus sind und wie wenig treffend es ist, von „dem Journalismus“ zu reden.
Außerdem soll sie auf zwei starke Trends der letzten Jahre eingehen: Einerseits den auflebenden Patriotismus nach den Anschlägen des 11. September auch in deutschen Redaktionen. Andererseits die Strömung des Public oder Civic Journalism. Darunter versteht man eine Journalismusform, die versucht, sich deutlich auf die Seite der Leser zu stellen und aus ihrer Sicht heraus zu argumentieren. Zuerst soll eine kurze historische Abhandlung den Weg zum modernen Journalismus aufzeigen.
2. Vor der Mediengesellschaft: Journalismus seit dem 17. Jahrhundert
In den frühen Zeitungen des 17. Jahrhunderts fand eine reine Berichterstattung von Fakten statt – harter Nachrichten-Journalismus. Kommentare oder Glossen waren Stilformen, die man noch gar nicht kannte. Die Zeitungsmacher verstanden sich auch eher als Chronisten denn als Journalisten. Daher wurden Zeitungen meist auch von Druckern hergestellt, die Nachrichten anfangs einfach so hintereinander weg veröffentlichten, wie sie sie in die Hände bekamen
Bezeichnend war, dass in politischen Liedern und Flugblättern mehr Meinungsmache stattfand als in den Zeitungen
Die Abkehr vom reinen Verbreiten von Nachrichten fand in der Aufklärung des 18. Jahrhunderts statt. Es entwickelte sich eine Strömung des Unterhaltungs-Journalismus, der auch kommentierte. Das einzige Problem war, dass Meinung nur in Übereinstimmung mit der Linie der Obrigkeit erlaubt war, denn die Zensur schwebte noch allmächtig über den Zeitungsmachern. Das änderte sich erst mit dem Zensur-Verbot nach der März-Revolution 1848/49 und blieb dann auch so – abgesehen von der Phase des Nazi-Regimes.
3. Formen des Journalismus:
Journalismus ist nicht gleich Journalismus. Er lässt sich vielfach klassifizieren: Nach der Art des Mediums, durch das er sich ausdrückt, nach der Zielgruppe oder nach der Aktualität. Und eben auch nach dem journalistischen Anspruch, denn „das Berufsverständnis von Journalisten in der Medienszene ist divergierend“[1]
3.1. Sensationsjournalismus
Besonders bekannt ist die Bezeichnung des Sensationsjournalisten. Der „den Rohstoff ,Nachricht’ so lange manipuliert, bis er seinem Sensationsbedürfnis oder seinem missionarischen Drang oder beidem entspricht“.[2] Das berühmteste Beispiel in der Geschichte der Bundesrepublik sind wohl die gefälschten Hitler-Tagebücher, die das Nachrichtenmagazin stern 1983 veröffentlichte. Dass der Militaria-Händler Konrad Kujau sie komplett gefälscht hatte, kam erst später heraus.
Allgemein verbindet man mit Sensationsjournalismus jedoch nicht die Nachrichten-Zeitschriften, sondern eher Klatsch-Magazine im Fernsehen und die Boulevardpresse – allen voran die Bild-Zeitung, die regelmäßig mit sensationsheischenden Titeln aufmacht. So veröffentlichte das Blatt am Montag, dem 29. Januar 2001, ein Foto von Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Dieses Bild war manipuliert und mit Schriftzügen (Bolzenschneider und Schlagstock) versehen, sodass es aussah, als befinde sich Trittin inmitten randalierender, gewaltbereiter Vermummter. Betitelt war es mit „Was macht Trittin auf dieser Gewalt-Demo?“[3] Als der Spiegel das verfälschte Foto eine Woche später dem richtigen gegenüberstellte, auf dem klar erkennbar war, dass der „Bolzenschneider“ der Träger eines Autodachgepäckträgers war und der „Schlagstock“ ein einfaches Seil, musste sich Bild -Chefredakteur Kai Diekmann offiziell entschuldigen. In anderen Fällen blieben mehr oder weniger unsinnige Bild -Titel ohne Folgen. So als die Boulevard-Zeitung im Oktober 2001 fragte: „War Hitler schwul?“[4] Oder – um im Thema zu bleiben: „Enthüllt! Hitler war Multimillionär!“[5] Was so völlig unsachlich ist, da der Ober-Nazi bei der feindlichen Okkupation großer Teile Europas sich natürlich auch selbst bereichert hatte, vor seiner Terror-Herrschaft jedoch in recht ärmlichen Verhältnissen lebte.
Jedoch ist diese Art des Journalismus trotz der Konzentration auf aktuelle Beispiele kein Kind unserer Zeit: Die „Bluthunde der Presse“ gab es schon in der Geburtsstunde der Moderne, der Französischen Revolution, als die ersten Vorformen der bürgerlichen Presse Todesurteile verkündeten, bevor sie von den Revolutionsräten ausgesprochen wurden. „Schon hier bestand kein Unterschied zwischen der Guillotine des Wortes und den wenig später erfolgenden tatsächlichen Enthauptungen.“[6]
Und selbst in Heinrich Bölls 1974 veröffentlichen Buch „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ waren Sensationsjournalismus und dessen Folgen der Hauptbestandteil: Der Sensationsreporter Tötges steht im Zentrum der Kriminalerzählung, die damit endet, dass Tötges nach mehreren aus der Luft gegriffenen Berichten über Katharina Blum von dieser ermordet wird.
Dennoch ist ein klarer Trend zu erkennen: Der Sensationsjournalismus erlebte mit dem Aufkommen des Fernsehens –vor allem des Privatfernsehens – einen starken Aufschwung. Denn die meisten Skandale und Schrecklichkeiten lassen sich besser über Bilder transportieren als über Text. Beispielhaft ist der Golfkrieg, wo die Bilderjagd mit menschenverachtender Gier ausgelebt wurde: „Das ideale ,Medienbild’ war in diesem Fall die Aufnahme einer irakischen Fabrikanlage aus der Perspektive einer fallenden und mit einer Kamera bestückten (...) Bombe.“[7]
Im gleichen Atemzug zu nennen sind die ICE-Katastrophe in Eschede, wo gierige Fotografen sogar Platzverbot erhielten oder die Paparazzi-Jagd auf die englische Prinzessin Diana. Gehetzt von sensationssüchtigen Fotografen, die Fotos von Di und ihrem arabischen Liebhaber Dodi schießen wollten, starben beide am 31. August 1997 bei einer Kollision ihres Wagens mit einem Tunnelpfeiler in Paris.
Nie hat sich seitdem ein Medium dazu bekannt, die Fotografen engagiert zu haben, dazu war die Kritik an ihrer tödlichen „Arbeitsweise“ zu heftig: „Medien sind Mörder. Sie berichten nicht nur von Ereignissen, sie tragen oft auch zu ihrem Zustandekommen bei. (...) Deshalb war den Paparazzi, die Lady Di und Dodi (...) auf Motorrädern verfolgten, kein Risiko zu groß, keine Indiskretion zu abscheulich, um einen Schnappschuss von den beiden einzufangen. Die sich anbahnende Liebesaffäre zwischen Di und Dodi hatte in der Sauregurkenzeit dieses Sommers die Kassen der Boulevardzeitungen und Zeitschriften klingeln lassen.“[8]
Auflagen, Aufmerksamkeit und Aufsehen – das sind die Antriebsfedern des Sensationsjournalismus. Genauso war es beim Geiseldrama von Gladbeck, wo sich Journalisten ins Entführer-Auto setzten, Fotos schossen und Interviews führten. Darüber schreibt der Schwalmtaler Medienexperte Rene Jansen auf seiner Homepage: „Ich fragte mich, warum die Journalisten nicht der Polizei halfen. Es war Irrsinn, dass die Presse in einem langen Pulk dem Bus folgte, alles im Namen der Bürgerinformation, in Wirklichkeit nur zur Befriedigung unserer grenzenlosen, schamlosen Neugier.“[9]
Jansen weißt auf einen wichtigen Aspekt hin – auf das Interesse der Medienkonsumenten. Denn die Journalisten betreiben die Sensationssuche nicht vorrangig zur persönlichen Befriedigung. Zwar gibt es „das Jagdfieber, einen vermeintlichen Skandal als erster zu entdecken, oder die Hoffnung auf die große Karriere“[10], Doch vor allem sprechen die Journalisten „die Sensationslust des Publikums an und versuchen ein eventuelles Aufkommen von Langeweile zu verhindern“.[11] Bestünde nicht ein Interesse an Schicksalen, Tragödien oder Skandalen, fände er auch deutlich weniger Platz in den Medien. In Verbindung mit der immer größeren Konkurrenz auf dem Medienmarkt erklärt das, warum sich Sensationsjournalismus stetig ausbreitet. Und die Tendenz wird nicht nachlassen, bevor das Interesse an solchen Geschichten sinkt. Also nie.
[...]
[1] Mast, Claudia: Handbuch der Journalistenausbildung. S.32, Essen, o.J.
[2] Schneider, Wolf und Raue, Paul-Josef: Handbuch des Journalismus. S. 91, Hamburg, 1998.
[3] Diekmann, Kai (Hrsg.): Was macht Trittin auf dieser Gewalt-Demo? In: Bild-Zeitung vom 29. Januar 2001, S.1.
[4] Diekmann, Kai (Hrsg.): War Hitler schwul? In: Bild-Zeitung vom 6. Oktober 2001, S.1.
[5] Diekmann, Kai (Hrsg.): Enthüllt: Hitler war Multi-Millionär In: Bild-Zeitung vom 6. August 2002, S.1.
[6] Medosch, Armin: Medien sind Mörder. In: Telepolis – Magazin der Netzkultur vom 31. August 1997. (abrufbar unter www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/glosse/1274/1.html)
[7] ebd.
[8] ebd.
[9] http://www.jansen-schwalmtal.de/gladbeck.html
[10] Schneider, Wolf und Raue, Paul-Josef: Handbuch des Journalismus. S. 240, Hamburg, 1998.
[11] Mast, Claudia: S.32.
- Quote paper
- Timm Rotter (Author), 2002, Formen des Journalismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38012
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