Der Begriff "Motet" entstammt dem altfranzösischem Wort "mot" für Wort, Vers oder Strophe. Der Terminus erschien zum ersten Mal im 13. Jahrhundert als Synonym für "refrain" in volkssprachlichen Pastourellen. Dies ist ebenfalls ein Verweis auf eine Verbindung der Gattung mit volkssprachlichen Liedformen. Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts bezeichnete der Begriffe "Motette" dann letztendlich eine Gattung der Mehrstimmigkeit.
Zu einer bereits vorhandenen Stimme kam ein "motetus", also eine neu komponierte und textierte Stimme, hinzu. Ebenfalls war es möglich, dass zu diesem Stimmpaar noch eine dritte und vierte Stimme hinzugefügt wurde. Das wohl auffälligste Merkmal der Motette bildet dadurch ihre Mehrtextigkeit. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts bleibt die Gattung der Motette erhalten, wobei ihr Form im Verlaufe der Jahrhunderte einigen Veränderungen unterlag. Beispielsweise waren mit der Gattung der Motette im 14. Jahrhundert exakt umschriebene kompositorische Vorstellungen verbunden, wie Tenorgrundlage, Mehrtextigkeit, Isorhythmie und Menusralnotation, während im 15. Jahrhundert diese Konturen unscharf wurden.
So zeichnete sich die Zeit bis 1600 durch eine allgemeine Ratlosigkeit innerhalb der Gattung aus, ohne den Begriff "Motette" je wirklich anzuzweifeln. Die Motette des 15. und 16. Jahrhunderts richtete sich zum Beispiel auf der einen Seite nach traditionellen Elementen, auf der anderen Seite nach der Funktion, die sie erfüllen sollte. Sie war also abhängig von Auftraggeber und Institution, von ritueller Funktion und artifizieller Innovation oder Anlass und Aufführungsumständen.
Die Motette
Der Begriff motet entstammt dem altfranzösischem Wort mot für Wort, Vers oder Strophe. Der Terminus erschien zum ersten Mal im 13. Jahrhundert als Synonym für refrain in volkssprachlichen Pastourellen. Dies ist ebenfalls ein Verweis auf eine Verbindung der Gattung mit volkssprachlichen Liedformen. Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts bezeichnete der Begriffe „Motette“ dann letztendlich eine Gattung der Mehrstimmigkeit. Zu einer bereits vorhandenen Stimme kam ein motetus, also eine neu komponierte und textierte Stimme, hinzu. Ebenfalls war es möglich, dass zu diesem Stimmpaar noch eine dritte und vierte Stimme hinzugefügt wurde. Das wohl auffälligste Merkmal der Motette bildet dadurch ihre „Mehrtextigkeit“[1]. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts bleibt die Gattung der Motette erhalten, wobei ihr Form im Verlaufe der Jahrhunderte einigen Veränderungen unterlag. Beispielsweise waren mit der Gattung der Motette im 14. Jahrhundert exakt umschriebene kompositorische Vorstellungen verbunden[2], wie Tenorgrundlage, Mehrtextigkeit, Isorhythmie und Menusralnotation, während im 15. Jahrhundert diese Konturen unscharf wurden. So zeichnete sich die Zeit bis 1600 durch eine allgemeine Ratlosigkeit innerhalb der Gattung aus, ohne den Begriff „Motette“ je wirklich anzuzweifeln. Die Motette des 15. und 16. Jahrhunderts richtete sich zum Beispiel auf der einen Seite nach traditionellen Elementen, auf der anderen Seite nach der Funktion, die sie erfüllen sollte. Sie war also abhängig von Auftraggeber und Institution, von ritueller Funktion und artifizieller Innovation oder Anlass und Aufführungsumständen. Es bildete sich somit eine Art „künstlerisches Anspruchsniveau“[3].
Heinrich Isaac und die Motette
Wenngleich Heinrich Isaac wohl gerade wegen seiner Messekompositionen bekannt ist, ist der Fundus seiner Motetten nicht unerheblich. Es versteht sich, dass der Bestand der Messeproprien und -ordinarien wesentlich größer ist, dennoch wurden auch ein paar seiner Motetten überliefert. So vertonte Isaac vielfältig Texte, ihre Großzahl ist dabei liturgisch, aber auch allgemein geistliche, Gelegenheitstexte oder Textkompilationen sind vorhanden. Die Funktion der Motetten war dabei sowohl liturgisch dienend, als auch „unspezifische geistlich“[4] in Form einer Art „Andachtsmusik“[5]. Beispiele wären wohl seine Mottete „Palle, palle“ auf das Hause Medici oder „Quis dabit capiti meo aquam?“ als Klage auf den Tod Lorenzo di Medicis. Von Bedeutung sind ebenfalls seine Staatsmotette „Virgo prudentissima“ aus Anlass zum Konstanzer Reichstag im Jahre 1507 und „Optime…pastor“ zur Krönung des Papstes Leo X aus dem Jahre 1514. Es zeigt sich, dass Heinrich Isaac „eine reiche Zahl von Motettentypen kompositorisch zu gestalten [vermochte]“[6]. Insgesamt sind 50 „freie“ Motetten, also jene, die nicht zu Messeteilen oder Propriumskompositionen zugehörig sind, hinterlassen. Das Spektrum reicht dabei von Cantus firmus-Motetten bis hin zu isorhythmischen Motetten. Als Vorlage dienen sowohl geistliche, also auch weltliche Texte.
Heinrich Isaacs Virgo prudentissima
Die sechsstimmige Motette Virgo prudentissima dient als Huldigung sowohl der Jungfrau Maria, als auch des damaligen Arbeitgebers Heinrich Isaacs, Maximilian I. von Habsburg. Isaac komponierte sie während des Konstanzer Reichstages im Jahre 1507. Maximilian I. hatte diesen einberufen, um seine Krönung zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches zu planen. Der Text der Motette stammt von dem damaligen kaiserlichen Hofkapellmeister der Wiener Hofkapelle, welcher später Bischof von Wien wurde, Georg Slatkonia. Der „gebildete Stil“[7] der Musik und der Text zusammen hätten wunderbar zu der aufwendigen Krönungszeremonie gepasst, welche König Maximilian I. geplant hatte. Sie hätte in Rom stattgefunden und damit geendet, dass Papst Julius II. ihn zum Kaiser gekrönt hätte. Nachdem er jedoch Konstanz verlassen hatte, wurde er von venezianischen Truppen aufgehalten und erreichte dadurch niemals sein Ziel. Maximilian I. wurde stattdessen im Februar 1508 in Trent von einem Papstlegaten gekrönt, mit einer kleinen Fanfare und wahrscheinliche ohne die Motette Isaacs. Nichtsdestotrotz gilt Virgo prudentissima als „musikalisches Monument der kaiserlichen Ambitionen Maximilians“[8], so repräsentieren ihre Größe und ihr Scheitern ihre ursprüngliche Funktion zu erfüllen, das künstlerische und musikalische Erbe des Kaisers.
So plante der Kaiser oft große Projekte, war aber nicht selten aufgrund persönlicher oder finanzieller Gründe nicht in der Lage diese umzusetzen, er besaß demnach eine „extrem wagemutige Kunstvorstellung“[9]. Er war ein „sehr charismatischer Herrscher“[10] und legte daher viel Wert auf dein öffentliches Erscheinungsbild, insbesondere wenn seine diplomatischen oder militärischen Bemühungen scheiterten, was häufig geschah. Maximilian I. ließ seine kaiserliche Ideologie über Musik projizieren, wobei Heinrich Isaac mit der Mehrheit dieser Werke beauftrag wurde. Er wollte sich selbst als „edlen und aufgeklärten Herrscher, als furchterregenden Krieger und als Mann der Literatur“[11] darstellen. Seine Berufungen auf religiöse Worte und Bilder wurden oft durch seinen Glauben gestützt, er habe die Pflicht als Kaiser „der weltliche Kopf des Christentums“[12] zu wirken. Somit erscheint es nicht als weiter verwunderlich, dass gerade die Musik, die die Kaiserliche Hofkapelle sang, eine besondere Hingabe zu der Jungfrau Maria zeigte. Besonders drei Werke, die Isaac für die Kaiserliche Hofkapelle geschrieben hatte, setzen den Kaiser Maximilian I. von Habsburg mit der Heiligen Jungfrau Maria in Verbindung. In ihnen wird betont, dass beide hoheitliche Herrscher waren, Maria über den Himmel, Maximilian I. über das Heilige Römische Reich. Die Antiphon Virgo prudentissima wird in allen drei Werken zitiert. Sie ist ein Gesang über die Himmelfahrt der Jungfrau Maria, welcher auf eine Weise auf die Himmlische Krönung hindeutet, die wohl von großes symbolisches Potential für den damals zukünftigen Kaiser hatte. Durch die symbolische Nutzung des Virgo prudentissima Gesangs wird Maximilian I. in die Liturgie und Theologie der Himmelfahrt Marias eingraviert. So entsteht eine Gleichsetzung zwischen seiner Krönung zum Kaiser und ihrer Krönung zur Herrscherin des Himmels, was wiederum seine Herrschaft, durch die Ähnlichkeit zur Jungfrau Maria, legitimiert.
[...]
[1] Karl Kügle/Laurenz Lütteken/Arno Forcherrt/Ludwig Finscher, Art. Motette, in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York: 2016ff., zuerst veröffentlicht 1997, online veröffentlicht 2016, https://mgg-online.com/article?id=mgg15740&v=1.0&rs=mgg15740
[2] Laurenz Lütteken, Art. Motette, B.IV.1., in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York: 2016ff., zuerst veröffentlicht 1997, online veröffentlicht 2016, https://mgg-online.com/article?id=mgg15740&v=1.0&rs=id-e092d68a-9506-7a08-5c6c-c5e6b77b9e2c
[3] Laurenz Lütteken, Art. Motette, B.IV.1., in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York: 2016ff., zuerst veröffentlicht 1997, online veröffentlicht 2016, https://mgg-online.com/article?id=mgg15740&v=1.0&rs=id-e092d68a-9506-7a08-5c6c-c5e6b77b9e2c
[4] Martin Staehelin, Art. Isaac, Heinrich, WÜRDIGUNG, 4., in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York: 2016ff., zuerst veröffentlicht 2003, online veröffentlicht 2016, https://mgg-online.com/article?id=mgg06689&v=1.0&rs=id-c1522672-b42f-b0ca-47ef-c8dd1de5bb46
[5] Martin Staehelin, Art. Isaac, Heinrich, WÜRDIGUNG, 4., in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York: 2016ff., zuerst veröffentlicht 2003, online veröffentlicht 2016, https://mgg-online.com/article?id=mgg06689&v=1.0&rs=id-c1522672-b42f-b0ca-47ef-c8dd1de5bb46
[6] Martin Staehelin, Art. Isaac, Heinrich, WÜRDIGUNG, 4., in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York: 2016ff., zuerst veröffentlicht 2003, online veröffentlicht 2016, https://mgg-online.com/article?id=mgg06689&v=1.0&rs=id-c1522672-b42f-b0ca-47ef-c8dd1de5bb46
[7] „[…] learned style […]“ in David J. Rothenberg: „The Most Prudent Virgin and the Wise King: Isaac’s Virgo prudentissima Compositions in the Imperial Ideology of Maximilian I.“ in The Journal of Musicology Vol. 28, No.1 (Winter 2011), S.35
[8] „[…] musical monument to Maximilian’s imperial ambition […]“ in David J. Rothenberg: „The Most Prudent Virgin and the Wise King: Isaac’s Virgo prudentissima Compositions in the Imperial Ideology of Maximilian I.“ in The Journal of Musicology Vol. 28, No.1 (Winter 2011), S. 36
[9] „[…] an extremely bold artistic vision […]“ in David J. Rothenberg: „The Most Prudent Virgin and the Wise King: Isaac’s Virgo prudentissima Compositions in the Imperial Ideology of Maximilian I.“ in The Journal of Musicology Vol. 28, No.1 (Winter 2011), S. 36
[10] „[…] very charismatic ruler […]“ in David J. Rothenberg: „The Most Prudent Virgin and the Wise King: Isaac’s Virgo prudentissima Compositions in the Imperial Ideology of Maximilian I.“ in The Journal of Musicology Vol. 28, No.1 (Winter 2011), S. 36
[11] „[…] a noble and enlightened ruler, a fierce warrior, and a man of letters […]“ in David J. Rothenberg: „The Most Prudent Virgin and the Wise King: Isaac’s Virgo prudentissima Compositions in the Imperial Ideology of Maximilian I.“ in The Journal of Musicology Vol. 28, No.1 (Winter 2011), S. 36
[12] „[…] worldly leader of Christendom […]“ in David J. Rothenberg: „The Most Prudent Virgin and the Wise King: Isaac’s Virgo prudentissima Compositions in the Imperial Ideology of Maximilian I.“ in The Journal of Musicology Vol. 28, No.1 (Winter 2011), S.39
- Quote paper
- Jodie Huang (Author), 2017, Heinrich Isaac und die Motette, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/379841
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