Der Prozess, im Zuge dessen Gruppen und Individuen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen aufeinandertreffen und sich gegenseitig beeinflussen, wird in der Forschung Akkulturation genannt. Akkulturationsprozesse können sowohl auf Gruppenebene als auch auf individueller Ebene stattfinden. In dieser Arbeit werden sie empirisch auf der individuellen Ebene untersucht. Ziele sind einerseits, vier verschiedene diagnostische Verfahren auf ihre Gültigkeit und Reliabilität in Deutschland zu testen, und andererseits, die Zusammenhänge zwischen der individuellen Akkulturationsstrategie, sowie der Orientierung an der Aufnahme-/Herkunftskultur und dem erlebten Akkulturationsstress sowie der Rolle verschiedener Moderatorvariablen (wie Alter, Geschlecht, Rolle der Partnerschaft, Besitz des deutschen Passes, sowie Aufenthaltsdauer und Migrationsalter) zu untersuchen. Im Rahmen dieser Arbeit kommen vier Messinstrumente zum Einsatz: die Frankfurt Acculturation Scale (FRAKK; Bongard et al., 2007), die Social, Attitudinal, Familial, and Environmental Acculturation Stress Scale (SAFE; Mena, Padilla & Maldonado, 1987), der Perceived Ethnic Discrimination Questionnaire (PEDQ; Contrada et al., 2001) und das Riverside Acculturation Stress Inventory (RASI; Miller, Kim & Benet-Martinez, 2011).
Die Umfrage wurde von 219 Probanden vollständig absolviert. Die vier benutzten diagnostischen Instrumente weisen gute Reliabilität auf. Die erhöhte Orientierung an der Aufnahmekultur, gemessen mithilfe des FRAKK, geht mit einem niedrigeren Akkulturationsstress (AKS) einher, wenn man sich an die Gesamtscores von SAFE, RASI und PEDQ orientiert. Zwischen der Orientierung an der Herkunftskultur und AKS besteht zwar eine positive Korrelation, diese ist aber deutlich niedriger als bei der Orientierung an der Aufnahmekultur. Bei allen drei AKSMessinstrumente klärt die Orientierung an der Aufnahmekultur den größten Teil der Varianz auf. Ein zusätzlicher Prädiktor bei SAFE und RASI ist die Orientierung an der Herkunftskultur. Neben der Orientierung an der Aufnahmekultur sind auch die Aufenthaltsdauer und der Besitz des deutschen Passes weitere Prädiktoren für Akkulturationsstress bei PEDQ. Die Befunde stimmen mit dem theoretischen Modell der Akkulturation von Berry (1997) überein, bestätigen frühere Studienergebnisse und heben neue wichtige Faktoren wie die Rolle der Partnerschaft hervor.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretischer Hintergrund
2.1. Definition von Akkulturation
2.2. Das Rahmenmodell der Akkulturation nach J.W. Berry
2.3 Die vier Akkulturationsstrategien
2.4 Akkulturationsstress (AKS)
2.5 Zusammenhang AKS und Akkulturationsstrategien
2.6 Wissenschaftliche Fragestellung und Hypothesen
3 Methode
3.1 Erhebungsinstrumente
3.1.1 FRAKK
3.1.2 SAFE
3.1.3 RASI
3.1.4 PEDQ
3.2 Weitere Variablen (soziodemographische Daten)
3.3 Durchführung
3.4 Teilnahmevoraussetzungen
3.5 Untersuchungsdesign
3.6 Datenaufbereitung
3.7 Beschreibung der Stichprobe
4 Ergebnisse
4.1 Deskriptive Statistik der eingesetzten diagnostischen Instrumente
4.1.1 Reliabilität
4.1.2 Prüfung auf Normalverteilung
4.1.3 Korrelationen zwischen den Subskalen der einzelnen Instrumente
4.2 Zusammenhänge zwischen den drei AKS-Messinstrumente
4.3 Zusammenhang AKS und Orientierung an der Herkunfts- und die Aufnahmekultur
4.3.1 Statistische Herangehensweise
4.3.2 Zusammenhang AKS und Orientierung an der Aufnahmekultur
4.3.3 Zusammenhang zwischen der Orientierung an der Herkunftskultur und AKS
4.3.4 Multiple Regressionsanalyse
4.4 Zusammenhang AKS und Akkulturationsstrategien
4.4.1 Errechnung der Strategien
4.4.2 Prüfung auf Normalverteilung und Varianzhomogenität
4.4.3 Ergebnisse
4.5 Hypothesenprüfung weiterer Variablen
4.5.1 Zusammenhang AKS und Geschlecht
4.5.2 Zusammenhang AKS und Besitz des deutschen Passes
4.5.3 Zusammenhang AKS und Beziehungsstatus
4.5.4 Zusammenhang AKS und Migrationsgeneration
4.5.5 Zusammenhang AKS und Alter bei der Auswanderung
5 Diskussion
5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
5.2 Interpretation und Einordnung der Ergebnisse in die theoretischen Modelle der Akkulturation
5.3 Limitationen und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhang A Gesamter Fragebogen
Anhang B FRAKK, deutsche Version
Anhang C SAFE, deutsche Version
Anhang D RASI, deutsche Version
Anhang E PEDQ, deutsche Version
Anhang F Weitere Tabellen
Anhang G Box-Plots der Ergebnisse: Strategien und AKS
Abstract
Der Prozess, im Zuge dessen Gruppen und Individuen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen aufeinandertreffen und sich gegenseitig beeinflussen, wird in der Forschung Akkulturation genannt (Redfield, Linton & Herskovitz, 1936; Bierbrauer & Pedersen, 1996). Akkulturationsprozesse können sowohl auf Gruppenebene als auch auf individueller Ebene stattfinden (Graves, 1967). In dieser Arbeit werden sie empirisch auf der individuellen Ebene untersucht. Ziele sind einerseits, vier verschiedene diagnostische Verfahren auf ihre Gültigkeit und Reliabilität in Deutschland zu testen, und andererseits, die Zusammenhänge zwischen der individuellen Akkulturationsstrategie, sowie der Orientierung an der Aufnahme- sowie Herkunftskultur und dem erlebten Akkulturationsstress sowie der Rolle verschiedener Moderatorvariablen (wie Alter, Geschlecht, Rolle der Partnerschaft, Besitz des deutschen Passes, sowie Aufenthaltsdauer und Migrationsalter) zu untersuchen. Im Rahmen dieser Arbeit kommen vier Messinstrumente zum Einsatz: die Frankfurt Acculturation Scale (FRAKK; Bongard et al., 2007), die Social, Attitudinal, Familial, and Environmental Acculturation Stress Scale (SAFE; Mena, Padilla & Maldonado, 1987), der Perceived Ethnic Discrimination Questionnaire (PEDQ; Contrada et al., 2001) und das Riverside Acculturation Stress Inventory (RASI; Miller, Kim & Benet-Martinez, 2011). Die Umfrage wurde von 219 Probanden vollständig absolviert. Die vier benutzten diagnostischen Instrumente weisen gute Reliabilität auf. Die Frankfurter Akkulturationsskala hat ein Cronbachs Alpha von .89, die zwei Akkulturationsstress-Fragebögen SAFE und RASI haben jeweils .89 und .88 und der Fragebogen zur Erfassung der wahrgenommenen Diskriminierung PEDQ .95. Die erhöhte Orientierung an der Aufnahmekultur, gemessen mithilfe des FRAKK, geht mit einem niedrigeren Akkulturationsstress (AKS) einher, wenn man sich an die Gesamtscores von SAFE, RASI und PEDQ orientiert. Zwischen der Orientierung an der Herkunftskultur und AKS besteht zwar eine positive Korrelation, diese ist aber deutlich niedriger als bei der Orientierung an der Aufnahmekultur. Bei allen drei AKS- Messinstrumente klärt die Orientierung an der Aufnahmekultur den größten Teil der Varianz auf. Ein zusätzlicher Prädiktor bei SAFE und RASI ist die Orientierung an der Herkunftskultur. Bei RASI klärt der Beziehungsstatus auch einen Teil der Varianz auf. Neben der Orientierung an der Aufnahmekultur sind auch die Aufenthaltsdauer und der Besitz des deutschen Passes weitere Prädiktoren für Akkulturationsstress bei PEDQ. Die Befunde stimmen mit dem theoretischen Modell der Akkulturation von Berry (1997) überein, bestätigen frühere Studienergebnisse und heben neue wichtige Faktoren wie die Rolle der Partnerschaft hervor.
1. Einleitung
Nach Angaben des statistischen Bundesamtes (2016) lebten im Jahr 2014 rund etwa 16.4 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Diese Zahl entspricht einem Fünftel der Gesamtbevölkerung von ca. 80.9 Millionen. Das Konzept „Migrationshintergrund“ wird seit 2005 in der amtlichen Statistik benutzt. Es umfasst „Menschen, die nicht als deutsche Staatsbürger in Deutschland geboren sind, oder bei denen mindestens ein Elternteil nicht als deutscher Staatsbürger in Deutschland geboren ist“ (Bundeszentrale für politische Bildung, Statistisches Bundesamt und Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, 2016, S. 218). Somit werden sowohl Einwanderung als auch Staatsangehörigkeit bei der statistischen Zählung berücksichtigt, was zu einer stärkeren Differenzierung zwischen der deutschen und ausländischen Bevölkerung beiträgt. Der hohe Anteil an nichtdeutscher Bevölkerung macht Deutschland zu einem Zuwanderungsland und somit zu einem interessanten Ziel für die Akkulturationsforschung.
Der Prozess, im Zuge dessen Gruppen und Individuen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen aufeinandertreffen und sich gegenseitig beeinflussen, wird Akkulturation genannt (Bierbrauer & Pedersen, 1996; Redfield, Linton & Herskovitz, 1936). Akkulturationsprozesse können sowohl auf Gruppenebene als auch auf individueller Ebene verlaufen (Graves, 1967). Letztere lassen sich als psychische Akkulturation bezeichnen. Die Akkulturationsforschung wird der kulturvergleichenden Psychologie zugeordnet, die die Auffassung vertritt, dass psychische Prozesse zwar universal sind, aber in der Manifestation im individuellen Verhalten unterschiedlich ausgeprägt sein können (Berry, Poortinga, Segal & Dansen, 2002). Die Anpassung an ein neues Land und eine neue Kultur stellt eine gewisse psychische Belastung dar, welche als Akkulturationsstress (AKS) bezeichnet wird. Um diesen zu messen, wurden verschiedenste diagnostische Instrumente entwickelt. Diese Arbeit konzentriert sich auf folgende drei: Die Social, Attitudinal, Familial, and Environmental Acculturation Stress Scale (SAFE; Mena, Padilla & Maldonado, 1987), den Perceived Ethnic Discrimination Questionnaire (PEDQ; Contrada, Ashmore, Gary, Coups, Egeth, Sewell et al., 2001) und das Riverside Acculturation Stress Inventory (RASI; Miller, Kim & Benet- Martinez, 2011). Von diesen drei wurde nur der PEDQ schon aktiv in Deutschland eingesetzt. Zwecks dieser Arbeit musste die SAFE ins Deutsche übersetzt werden.
Basierend auf der unterschiedlich ausgeprägten Orientierung an der Herkunfts- oder Aufnahmekultur des Individuums beobachtet Berry (1997) vier verschiedene Strategien der Anpassung - Integration, Assimilation, Separation und Marginalisierung. Diese Orientierung sowie die Strategien, die ein Individuum verfolgt, lassen sich mithilfe des diagnostischen Instruments der Frankfurter Akkulturationsskala (FRAKK; Bongard, Kelava, Gilan, Kim & Sabic, 2007) messen.
Der Zusammenhang von Akkulturationsstrategien und Stress wird in der Psychologie aktiv erforscht. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die oben erwähnten vier diagnostischen Instrumente (SAFE, RASI, PEDQ und FRAKK) zum ersten Mal gemeinsam in einer nicht- repräsentativen Stichprobe an Migranten mit aus verschiedenen Herkunftsländern in Deutschland einzusetzen, um ihre Reliabilität zu überprüfen. Zusätzlich wird der Einfluss weiterer Variablen, wie beispielsweise Alter, Geschlecht, Rolle der Partnerschaft, Besitz des deutschen Passes, auf die Höhe des erlebten Akkulturationsstresses gemessen.
2. Theoretischer Hintergrund
2.1.Definition von Akkulturation
Der Begriff Akkulturation ist auf Redfield, Linton und Herskovits (1936) zurückzuführen, die Akkulturation in den Vereinigten Staaten anthropologisch erforschten. Mit der Gründung eines Ausschusses, der sich dem Forschungsgebiet widmete, definierten die drei Wissenschaftler Akkulturation als „die Phänomena, die daraus resultieren, wenn Gruppen von Individuen aus verschiedenen Kulturen in fortdauernden Kontakt aus erster Hand kommen, mit daraus folgenden Veränderungen in den kulturellen Mustern der einen oder beiden Gruppen“ (ebd., 1936, S. 149). 60 Jahre später wird die Akkulturationsforschung der kulturvergleichenden Psychologie zugeordnet (Berry, 1997). Diese vertritt die Auffassung, dass psychische Prozesse universal sind, sich jedoch in der Manifestation im Verhalten des einzelnen Individuums unterscheiden (Berry et al., 2002). Noch Graves (1967) erkannte die Notwendigkeit einer Unterscheidung des Begriffes der Akkulturation. Er differenziert zwischen der Akkulturation als ein Gruppenphänomen, welches sich in der Veränderung der kulturellen Paradigmen innerhalb der Gruppe äußert, und der psychologischen Akkulturation, welche die intraindividuellen psychischen Veränderungen beschreibt. Diese Unterscheidung ist nach Berry (1997) aus zwei Gründen wichtig. Zum einen, um die systematische Beziehung der beiden Variablen zueinander zu untersuchen, und zum anderen, weil nicht jedes Individuum im selben Ausmaß an dem Akkulturationsprozess der Gruppe teilnimmt. Die daraus folgenden Veränderungen äußern sich in dem Verhalten, zum Beispiel in der Art, wie man spricht, wie man sich kleidet, was man isst, oder auch in das psychische Erleben mit erhöhter Ängstlichkeit und sogar Depression (Berry et al., 2002). In der vorliegenden Arbeit wird Bezug auf die psychologische Akkulturation auf individueller Ebene genommen.
2.2.Das Rahmenmodell der Akkulturation nach J.W. Berry
Berry (1997) postuliert ein theoretisches Rahmenmodell, das den Mechanismus und die Einflussfaktoren auf den Akkulturationsprozess in ihrer Komplexität zusammenfasst.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Akkulturationsmodell nach Berry (1997).
Dieses Model umfasst mehrere Variablen sowohl auf der Gruppen- als auch auf der individuellen Ebene auf. Das Model berücksichtig auch die Zeitdimension, aufgeteilt in "Zeit vor der Akkulturation" und "Während der Akkulturation". Die Gruppenebene betrifft sowohl die Herkunftsgesellschaft ("society of origin") als auch die Aufnahmegesellschaft ("society of settlement"). Bevor die Akkulturation stattfindet, sind es die Merkmale der Herkunftskultur, wie der politische Kontext sowie die ökonomische und demographische Situation im Heimatsland, die eine Rolle für das Auswandern spielen. Im Verlauf der Akkulturation ist die Einstellung der Individuen der Aufnahmegesellschaft ein wichtiger Situationsfaktor. Die herrschende Überzeugung gegenüber multikultureller Vielfalt sowie die soziale Unterstützung, die das Individuum erfährt, zählen dazu. Persönlichkeitsfaktoren üben einen moderierenden Einfluss auf den Akkulturationsprozess aus. Vor der Akkulturation sind es das Alter, das Geschlecht, der Ausbildungsgrad, die frühere Akkulturationserfahrung, sozioökonomischer Status, Motivation für sowie die Erwartungen an die Migration, die kulturelle Entfernung von der Aufnahmekultur wie Sprachkenntnisse oder Religion, die berücksichtigt werden. Während der Akkulturation sind die Migrationsdauer, die Akkulturationsstrategien, die Coping-Strategien und Ressourcen, die soziale Unterstützung und persönliche Einstellung prägende Faktoren der individuellen Akkulturationserfahrung. Das Hauptziel dieses Rahmenmodells ist es, die vielfältigen Variablen zusammenzufassen, die bei empirischen Untersuchungen zum Thema Akkulturation berücksichtigt werden müssen.
Berry (1997) fasst die Ergebnisse mehrerer Studien bezüglich der Rolle dieser Variablen zusammen. Migration im Vorschulalter führt zu einem reibungsloseren Akkulturationsprozess im Vergleich zu Migration während der Adoleszenz oder im Rentenalter (ebd.). Mena et al. (1987) nennen diesbezüglich das zwölfte Jahr als ein kritisches Alter für Migration. Ab diesem Alter seien die subjektiven Anpassungsschwierigkeiten für das Individuum signifikant größer.
Das Risiko für spätere Probleme sei bei Frauen generell höher als bei Männern, wobei auch die Übernahme neuer Rollen, die in Konflikt mit den traditionellen Frauenrollen ihrer Heimat stehen, als Stressfaktor berücksichtig werden muss (Berry, 1997).
Richmond (1993) sowie Kim (1988) untersuchen den Zusammenhang zwischen der Motivation zu emigrieren und späteren Problemen, verbunden mit der Adaptation im neuen Land. Die Gründe für Auswanderung können laut diesen reaktiv und proaktiv sein, wobei reaktive Gründe, auch „push motivation“ genannt, gezwungene Migration oder negative Erwartungen an die Auswanderung umfassen, während proaktive, auch „pull motivation“, mit einer freiwilligen Migration und positiven Erwartungen verbunden sind. Kim (1988) findet, dass sowhl „push“- als auch „pull“-Motivierte Probleme beim Einleben im neuen Land haben können, jedoch erleben die „push“-Motivierten und diejenigen „pull“-Motivierten, die extrem hohe Erwartungen an die Migration haben, mehr psychologische Probleme bei der Adaptation. Des Weiteren spielt die Ähnlichkeit zwischen der Herkunfts- und Aufnahmekultur eine Rolle: je ähnlicher die Kulturen, desto leichter die Adaptation, so Berry (1997).
Charakteristiken der Persönlichkeit wie Kontrollüberzeugung („locus of control“) und Flexibilität spielen auch eine Rolle, auch wenn laut Berry (1997) keine eindeutigen Ergebnisse dazu vorliegen. In Bezug auf die Dauer des Aufenthalts und ihre Rolle auf das Wohlbefinden spricht er von einer umgedrehten U-Kurve - einige Probleme am Anfang, gefolgt von ernsthaften Problemen später und eine positive Adaption langfristig. Diese Hypothese wird aber kaum von empirischen Beweisen unterstützt. Es gibt einige Längsschnittstudien, die auf Veränderungen im Akkulturationsstress „im Verlaufe der Zeit“ hinweisen, vermerkt Berry (ebd., S. 24).
2.3Die vier Akkulturationsstrategien
Berry (1997) postuliert zwei Aspekte, die individuell bei dem Umgang mit einer neuen Kultur berücksichtigt werden: kulturelle Aufrechterhaltung („cultural maintenance“ (ebd., S.9) sowie Kontakt und Beteiligung („contact and participation“, ebd.). Das heißt, dass das Individuum einerseits überlegt, in wie weit die herkünftliche kulturelle Identifikation als wichtig erachtet wird, und andererseits, in wie weit der Kontakt zur anderen Kultur gesucht wird. Wenn diese zwei Aspekte gleichzeitig beachtet werden, lassen sich vier mögliche Strategien für Akkulturation entwickeln, die in folgender Abbildung zusammengefasst sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Zweidimensionales Akkulturationsmodell nach Berry (1997).
Die Integrationsstrategie definiert sich als das Behalten der eigenen kulturellen Identifikation bei gleichzeitiger täglicher Interaktion mit der neuen Kultur. Die Assimilationsstrategie zeichnet sich dadurch aus, dass die ursprüngliche Kultur nach und nach vernachlässigt wird und der tägliche Austausch mit der neuen Kultur aktiv gesucht wird. Die Separationsstrategie ist das Gegenteil davon: die ursprüngliche Kultur wird beibehalten und der Kontakt mit der neuen - vermieden. Marginalisierungsstrategie bezeichnet der individuelle Mangel an Interesse für beide Kulturen.
Berry unterstreicht, dass diese Strategien nur dann angewendet können, wenn die Individuen überhaupt die Freiheit besitzen, sich zu entscheiden, wie sie sich anpassen wollen. Am Beispiel der Separationsstrategie: wenn sie von der neuen Kultur erzwungen wird, dann findet eigentlich eine Segregation statt. Berry bedient sich auch der Metapher eines Schmelzkessels („melting pot)“, die für die Assimilationsstrategie benutzt wird, und unterstreicht, dass wenn Assimilation von außen erzwungen wird, das Wort „Drucktopf“ („pressure cooker“, Berry, 1997, S. 10) eher angebracht sei. Die Marginalisierungsstrategie wird auch von wenigen freiwillig gewählt, sie ist vielmehr das Ergebnis von Segregation- und „Drucktopf“-Prozessen. Integration kann auch nur dann stattfinden, wenn die Aufnahmekultur offen gegenüber Diversität ist (ebd.).
2.4Akkulturationsstress (AKS)
Über die Ursprünge und Theorien, die das Thema „Stress“ behandeln, gibt Krohne (2001) eine Übersicht. Aus psychologischer Sicht wird unter „Stress“ ein physiologischer und psychischer Zustand verstanden, der durch Stressoren in der Umgebung, also als bedrohlich wahrgenommene Reize, hervorgerufen wird.
Lazarus (1980) stellt eine Theorie vor, die grundlegend für die psychologische Stressforschung ist. Schlüsselkonzepte dieser Theorie sind appraisal und coping. Appraisal bezeichnet die Einschätzung des Individuums, wie gefährlich eine Situation ist, während coping die Einschätzung der verfügbaren Ressourcen für erfolgreiche Bewältigung einer Situation darstellt. Diese zwei Prozesse sind zentrale Mediatoren in der Beziehung Individuum-Umgebung (Lazarus & Folkman, 1984).
Den Stress, bei dem die Stressoren ihren Ursprung in den Akkulturationsprozess haben, bezeichnet Berry (1992) als Akkulturationsstress. Dieser manifestiert sich oft in Symptomen wie Angstzuständen, Depression, Gefühlen der Entfremdung und Marginalisierung sowie psychosomatische und psychologische Symptome. Dem Akkulturationsstress können ungenügende Adaptation, Identitätsprobleme sowie Alltagsprobleme mit der Familie, Arbeit und Schule zugrunde liegen, die mit dem Akkulturationsprozess zusammenhängen. Berry (1997) erklärt, warum er den Begriff „Akkulturationsstress“ passender als „Kulturschock“ findet: der Begriff basiert theoretisch auf den psychologischen Modellen von Stress wie bei Lazarus und Folkman (1984) als Reaktion auf Stressoren aus der Umgebung. Im Unterschied zu „Kulturschock“ wird nicht nur die negative Erfahrung des interkulturellen Kontakts hervorgehoben, da während Akkulturation eher moderate Schwierigkeiten wie psychosomatische Probleme erlebt werden, während andere psychologische Prozesse wie Problemeinschätzung („ problem appraisal “) und Coping immer noch stattfinden können. Der dritte Grund, der gegen den Begriff „Kulturschock“ spricht, ist der interkulturelle und nicht nur kulturelle Hintergrund der aufkommenden Probleme.
2.5 Zusammenhang AKS und Akkulturationsstrategien
Berry (1997) nimmt an, dass die Integrationsstrategie mit dem geringsten Stressempfinden verbunden sei, und dass die Kombination von Orientierung an der Aufnahmekultur und dem Streben nach Aufrechterhalten der Herkunftskultur gut das psychische Wohlbefinden sei. Die Einbindung in zwei kulturellen Gruppen mit ihren verschiedenen Kompetenzen verbessere die Chancen für das Individuum erfolgreich in einer multikulturellen Gesellschaft zu leben, so Berry (2012).
In den letzten Jahren wird der Zusammenhang zwischen Akkulturationsstress und den Akkulturationsstrategien in Deutschland aktiv untersucht. Bongard et al. (2002) beobachteten schwach und fortgeschritten akkulturierte türkische Migranten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe bezüglich ihrer kardiovaskulären Reaktivität bei herausfordernden mentalen Aufgaben. Es zeigte sich, dass fortgeschritten akkulturierte, also assimilierte, Personen eine deutlich ausgeprägte Stressreaktion aufweisen, die eine Gefahr für ihre kardiovaskuläre Gesundheit darstellt. Schmitz und Berry (2009) untersuchen Migranten in Deutschland in Bezug auf ihre Akkulturationsstrategien und ihre Lebenszufriedenheit, Persönlichkeitseigenschaften sowie Depression. Sie finden, dass Integration negativ mit Ängstlichkeit und Depression sowie mit Ärger korreliert und positiv mit Lebenszufriedenheit und Neugier zusammenhängt. Die Marginalisierungsstrategie sowie die Assimilationsstrategie führen zur erhöhten Ängstlichkeit, Depression und Ärger. Während Marginalisierung auch mit niedriger Lebenszufriedenheit einhergeht, zeigt sich keine solche signifikante Korrelation bei der Assimilationsstrategie. Separation führt auch zu höherer Ängstlichkeit und Ärger und zu niedrigerer Lebenszufriedenheit. Die Studie bestätigt frühere Befunde und zeigt neue Faktoren für Integration, nämlich Neugier als fördernder Faktor und Ärger als limitierenden. Behrens et al. (2015) untersuchen auch den Zusammenhang zwischen den Strategien und klinischer Depression und kommen zu dem Schluss, dass Individuen, die die Integrationsstrategie verfolgen, weniger depressive Symptome haben als diese, die die Assimilationsstrategie verfolgen. Petersen, Dünnbier und Morgenorth (2012) untersuchen begleitete und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowie eine Kontrollgruppe aus deutschen Schülern bezüglich der Rolle der Familie. Diese stellt sich als wichtige soziale Ressource heraus, die als Puffer für den erlebten Stress dient. Shim, Freund, Stopsack, Kämmerer und Barnow (2014) untersuchen Studenten aus Ostasien in Deutschland und finden, dass die Orientierung an der Herkunftskultur eine positive Korrelation mit depressiven Symptomen aufweist und die Orientierung an der Aufnahmekultur negativ mit depressiven Symptomen korreliert. Shim et al. (2014) unterstreichen die Bedeutung der Kongruenz der Akkulturationsstrategien von Immigranten mit der Einstellung der Aufnahmegesellschaft gegenüber Migration. Diese Kongruenz wird auch von Jasinskaja-Lahti, Liebkind, Horenczyk und Schmitz (2003) untersucht. Dafür wurden Immigranten aus der Russischen Föderation, die nach Finnland, Deutschland und Israel zurückgekehrt waren, befragt. Immigranten, dessen Akkulturationsstrategien in Konflikt mit den Akkulturationseinstellungen der Aufnahmegesellschaft standen, berichten von mehr Stress als die Immigranten, dessen Strategien kongruent mit den herrschenden gesellschaftlichen Überzeugungen waren. Jasinskaja-Lahti et al. (2003) finden, dass in Deutschland die Integrationsstrategie die von der Aufnahmegesellschaft bevorzugte Strategie ist.
Der wahrgenommene Akkulturationsstress hängt mit der individuellen Akkulturationsstrategie zusammen - dies wird von mehreren Studien belegt. Die Integrationsstrategie wird generell mit weniger Stress assoziiert als die Assimilation, die Separation und die Marginalisierung.
2.6Wissenschaftliche Fragestellung und Hypothesen
Basierend auf dem Akkulturationsmodell von Berry hat die vorliegende Arbeit das Ziel, an einer gemischten Stichprobe zu untersuchen, welche Zusammenhänge zwischen Akkulturationsstress und der Orientierung an der Herkunfts- und Aufnahmekultur, der Akkulturationsstrategie und weiteren Faktoren bestehen.
Folgende Hypothesen werden postuliert:
H1: Es wird erwartet, dass die verwendeten Skalen eine gute interne Konsistenz aufweisen, also ein Cronbachs Alpha >.80.
H2: Es wird erwartet, dass die drei Instrumente zur Messung von Akkulturationsstress SAFE, RASI und PEDQ hoch positiv miteinander korrelieren.
H3: Es wird untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen Akkulturationsstress und der Orientierung an der Aufnahmekultur gibt.
H4: Es wird untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen Akkulturationsstress und der Orientierung an der Herkunftskultur gibt.
H5: Es wird untersucht, ob sich Probanden hinsichtlich ihrer Akkulturationsstresserfahrung je nach Akkulturationsstrategien unterscheiden.
H6: Es wird untersucht, ob Frauen von einem h ö heren Akkulturationsstress berichten als M ä nner.
H7: Es wird untersucht, ob Probanden im Besitz des deutschen Passes von einem niedrigeren Akkulturationsstress berichten als Probanden ohne deutschen Pass.
H8: Es wird untersucht, ob Probanden in einer Beziehung von einem niedrigeren Akkulturationsstress berichten als Probanden, die Single sind. Des Weiteren wird untersucht, ob Migranten mit einem deutschen Partner von weniger Akkulturationsstress berichten als Migranten mit einem nichtdeutschen Partner.
H9: Es wird untersucht, ob Probanden der ersten Generation von einem h ö heren Akkulturationsstress berichten als Probanden der zweiten Generation.
H10: Es wird untersucht, ob Probanden der ersten Generation, die vor ihrem siebten Lebensjahr nach Deutschland emigriert sind, von einem niedrigeren Akkulturationsstress berichten als Probanden, die sp ä ter nach Deutschland gekommen sind.
H11: Es wird untersucht, ob sich Probanden der ersten Generation, die vor ihrem zw ö lften Lebensjahr nach Deutschland emigriert sind, von einem niedrigeren Akkulturationsstress berichten als Probanden, die sp ä ter nach Deutschland gekommen sind.
3 Methode
3.1Erhebungsinstrumente
Im Rahmen dieser Arbeit kamen vier Messinstrumente zum Einsatz: der Frankfurt Acculturation Scale (FRAKK; Bongard et al., 2002), der Social, Attitudinal, Familial, and Environmental Acculturation Stress Scale (SAFE; Mena et al., 1987), der Perceived Ethnic Discrimination Questionnaire (PEDQ; Contrada et al., 2001) und das Riverside Acculturation Stress Inventory (RASI; Miller et al., 2011). Zusätzlich wurden soziodemografische Daten erhoben. Der komplette Fragebogen kann im Anhang A eingesehen werden.
3.1.1 FRAKK
Die Frankfurter Akkulturationsskala (FRAKK; Bongard et al., 2002), ein standardisiertes Fragebogenverfahren, wurde zur Einschätzung der Akkulturisationsstrategie verwendet (siehe Anhang B). Die FRAKK besteht aus 20 Items, woraus zwei Subskalen gebildet werden können: Orientierung an der Herkunftskultur (HK) und Orientierung an der Aufnahmekultur (AK). Die Items 2, 3, 5, 7, 9, 14, 15, 17, 18, 20 bilden den Faktor HK, der
Faktor AK wurde erfasst über die Items 1, 4, 6, 8, 10, 11, 12, 13, 16, 19. Als
Antwortmöglichkeiten bietet FRAKK eine sieben-stufige Likert-Skala von 0 = „trifft überhaupt nicht zu" bis 6 = „trifft vollständig zu" an. Im Fragebogen sind 7 invertierte Items (6, 9, 10, 11, 15, 18, 19).
Die Frankfurter Akkulturationsskala gilt als geeignetes Verfahren, um zwei Dimensionen der Akkulturation oder auch ein Akkulturationsindex bei Migranten in Deutschland zu erfassen. Sie weist eine gute interne Konsistenz auf (Gesamtskala: a = .89, HK bzw. AK je .85, Bongard et al., 2007).
3.1.2 SAFE
Das Messinstrument Social, Attitudinal, Familial, and Environmental (SAFE) Acculturation Stress Scale (Mena et al., 1987) dient der Erfassung von Akkulturationsstress. Mit 60 Items ist die englischsprachige Originalversion allerdings nicht sehr ökonomisch, deshalb wurden weitere Versionen durch Extraktion entwickelt. Es existieren auch Versionen für Jugendliche mit 17 Items und mit 24 Items. Für diese Arbeit wurde die Version mit 24 Items aus der Studie von Fuertes und Westbrook (1996) angewandt, die aus dem Englischen ins Deutsche von der Studienautorin übersetzt wurde (siehe Anhang C). Die 24 Items bilden folgende Subskalen: social (Zum Beispiel „Ich habe keine engen Freunde“), environmental (z.B. „Es ist mir unangenehm, wenn andere Scherze über Menschen aus meiner ethnischen Herkunft machen oder diese herabsetzen“), familial („Es stört mich, dass mir nahestehende Familienmitglieder meine neuen Werte nicht verstehen“) und attitudinal stress („Es ist schwierig, meinen Freunden mitzuteilen, wie ich mich wirklich fühle“). Es wurde eine fünfstufige Likert-Skala verwendet, welche die Antwortmöglichkeiten „trifft nicht zu“, „trifft zu“, „neutral“, „trifft zu“ und „trifft voll und ganz zu“ bietet. In Tabelle 1 sind die Zuordnung der Items und die internen Konsistenzen der Skalen zu sehen.
Tabelle 1
Zuordnung der Items und interne Konsistenzen der Subskalen des SAFE nach Fuertes und Westbrook (1996)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.1.3 RASI
Ein weiteres Instrument zur Erhebung von Akkulturationsstress stellt der englischsprachige Fragebogen Riverside Acculturation Stress Inventory dar (RASI; Miller et al., 2011) vor. Für die vorliegende Befragung wurde die deutschsprachige Version verwendet, welche von einer Bachelorstudentin im Rahmen ihrer Abschlussarbeit übersetzt wurde (siehe Anhang D). Der RASI hat 15 Items, wobei jeweils drei Items zu einer Subskala zusammengefasst werden. Die erste Skala Arbeitsherausforderungen beinhaltet Fragen nach den Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche und am Arbeitsplatz aufgrund des Migrationshintergrundes. Die zweite Skala Sprachschwierigkeiten misst das Erleben von Schwierigkeiten durch Sprachverständnisprobleme. Die dritte Skala Interkulturelle Beziehung misst, in wie weit zwischenmenschliche Konflikte mit der Herkunfts- und der Aufnahmekultur aufgrund kultureller Angelegenheiten vorhanden sind. Die vierte Skala Diskriminierung misst Diskriminierung- und Ausgrenzungserfahrung der Probanden. Die fünfte Skala Kulturelle Isolation misst die Stärke der Einsamkeits- oder Isolationsgefühle aufgrund des kulturellen Andersseins. In der ursprünglichen Version des RASI wurden alle Items einer Skala jeweils hintereinander abgefragt, in der hier verwendeten Version war die Reihenfolge der Items verändert. Es wurde eine fünfstufige Likert-Skala verwendet, welche die Antwortmöglichkeiten „trifft nicht zu“, „trifft zu“, „neutral“, „trifft zu“ und „trifft voll und ganz zu“ bietet.
Miller et al. (2011) führten drei unabhängige Studien mit insgesamt 793 Probanden durch, um RASI zu validieren. In Tabelle 2 sind die Zuordnung der Items und die internen Konsistenzen der Skalen aus ihren Untersuchungen zu sehen.
Tabelle 2
Zuordnung der Items und interne Konsistenzen der Subskalen des RASI nach Miller et al. (2011)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.1.4 PEDQ
Der Perceived Ethnic Discrimination Questionnaire (PEDQ; Contrada et al., 2001) stellt ein Instrument zur Messung von Stress dar, der durch wahrgenommene ethnische Diskriminierung verursacht wird. Im Gegensatz zu SAFE und RASI, die bis jetzt überwiegend in anglophonen Ländern eingesetzt wurden, wurde PEDQ schon ins Deutsche übersetzt und angewendet (siehe Petersen et al., 2012). Für diese Arbeit wurden einige Fragen modifiziert, so dass sie auch Studenten und Berufstätige ansprechen. Die Formulierung der Fragen wurde von „Du“ auf „Sie“ verändert (siehe Anhang E). Diese Version besteht aus 22 Items, die nach Brondolo (2005) vier Subskalen der Diskriminierung umfassen: Ausschluss (6 Items), Diskriminierung (5 Items), Stigmatisierung (6 Items) und Aggressivit ä t/Bedrohen (4 Items). Petersen et al. (2012) unterscheiden sieben Unterskalen, nämlich verbale Ablehnung, Vermeidung, Ausschluss, Verweigerung der Gleichbehandlung, Entwertung, Drohung mit Aggression und Aggression. Das Cronbach’s Alpha des gesamten Fragebogens beträgt .95 (Petersen et al., 2012, S. 373). Zur Beantwortung der Fragen steht eine sechsstufige Lickert- Skala zur Verfügung, die von 1 „nie“ bis 6 „sehr oft“ reicht.
3.2 Weitere Variablen (soziodemographische Daten)
Zusätzlich zu den vier diagnostischen Instrumenten wurden weitere soziodemographischen Daten über die Probanden erhoben: das Alter, das Geschlecht, der Bildungsstand, der Berufsstand und die Position in der Hierarchie des Unternehmens, falls der Proband angestellt ist, das eigene Herkunftsland sowie die Herkunftsländer der Eltern, wie lange der Proband schon in Deutschland ist, das Bundesland, in dem er/sie lebt, sowie die Größe der Stadt. Ferner wurde gefragt, ob die Probanden den deutschen Pass besitzen, ob sie sich in einer Beziehung befinden und welche Nationalität der Partner bzw. die Partnerin hat.
3.3 Durchführung
Die Rekrutierung der Teilnehmer erfolgte zunächst durch persönliche Ansprache im Freundes und Bekanntenkreis der Studienautorin. Im nächsten Schritt wurden Fachschaften unterschiedlicher Disziplinen bundesweit per E-Mail angeschrieben, mit der Bitte die Umfrage an ihre Studierende weiterzuleiten. Ferner wurden die Leiter von diversen International Office Einrichtungen an Universitäten elektronisch kontaktiert, um die Umfrage zu verbreiten. Des Weiteren wurde die Umfrage auch auf Social Media Plattformen veröffentlicht, wie zum Beispiel Facebook Gruppen von internationalen Studierenden, Wohnheimen, Gruppen für allgemeine Umfragen sowie regionale Gruppen nach Herkunft wie zum Beispiel „Bulgaren in Hessen“ oder „Ungaren in Deutschland“. Die Erhebung der Daten fand zwischen dem 4. und dem 27. April 2016 statt. Die Probanden bekamen keine Aufwandsentschädigung für die Teilnahme an der vorliegenden Untersuchung.
3.4 Teilnahmevoraussetzungen
Die Teilnahmevoraussetzungen wurden wie folgt in dem Begrüßungstext formuliert: „Wenn Sie selbst oder Ihre Eltern dauerhaft nach Deutschland immigriert sind, würde ich mich freuen, wenn Sie einige Fragen zu Ihrer Person und zu Ihrem Erleben und Verhalten in Deutschland beantworten würden.“. Zusätzlich wurde dies durch das Einbauen folgender Fragen überprüft: „In welchem Land sind Sie geboren?“, „In welchem Land ist Ihre Mutter geboren?“ und „In welchem Land ist Ihr Vater geboren?“. Die Probanden konnten das jeweilige Land aus einer Drop-Down-Liste auswählen, die 195 Länder enthält.
3.5 Untersuchungsdesign
Abbildung 3 skizziert den Versuchsplan der vorliegenden Studie. Unabhängige Variablen bilden die Orientierung an der Herkunfts- bzw. Aufnahmekultur, die anhand von FRAKK gemessen werden, während Akkulturationsstress die abhängige Variable ist. Dieser wird anhand der Fragebögen SAFE, RASI und PEDQ gemessen. Des Weiteren werden mehrere Moderatorvariablen berücksichtigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Versuchsplan der vorliegenden Studie.
3.6 Datenaufbereitung
Die Datenaufbereitung und Auswertung erfolgte mithilfe der Statistik Software SPSS. Der ursprüngliche Datensatz wurde von unvollständigen Daten bereinigt. Die Variablen wurden entsprechend umbenannt. Einige Variablen wurden in neue transformiert, darunter zum Beispiel das Migrationsalter als der Unterschied zwischen Alter und Aufenthaltsdauer. Herkunftsregionen wurden aus den verschiedenen Herkunftsländern gebildet. Die Variable „Generation“ bezeichnet Probanden aus anderen Herkunftsländern als „erste“ und Probanden aus dem Herkunftsland Deutschland als „zweite“. Die Variable „Single_Non“ bezeichnet als „Single“ die Personen, die dies angegeben haben, und als „Nicht-Single“ alle anderen Antworten auf die Frage nach dem Beziehugsstatus. Die Variable „Partner_Deutsch“ wurde hinzugefügt, um zwischen deutschen und nichtdeutschen Partner zu unterscheiden. Deskriptivstatistisch wurden die Häufigkeiten der Daten ermittelt über Herkunftsland sowie Herkunftsländer jeweils der Mutter und des Vaters, des Bundeslandes, in dem der Proband lebt, der Berufsstand, der Bildungsstand, die Beziehungssituation sowie ob der Partner deutsch ist oder nicht. Diese Daten waren nominalskaliert. Bei den intervalskalierten Daten Alter, Migrationsalter und Aufenthaltsdauer in Deutschland wurden Mittelwerte und Standardabweichung berechnet.
Im Anschluss wurden die Reliabilitätswerte der vier diagnostischen Instrumente anhand von Cronbachs Alpha ermittelt. Die Gesamtscores sowie die Unterskalen der einzelnen Instrumente wurden miteinander korreliert. Die Testungen erfolgten aufgrund der formulierten Hypothesen zweiseitig. Im Anschluss wurden die Korrelationen zwischen den verschiedenen Instrumentenskalen berechnet.
Für die im Untersuchungsdesign erwähnten Störvariablen lassen sich folgende nominalskalierte Datengruppen kodieren: Geschlecht (1 - männlich, 2 - weiblich), Besitz des deutschen Passes (1 - ja, 2 - nein), Single oder nicht (inkl. Verheiratet, Affäre, Offene Beziehung) (1- ja, 2- nein), Partnernationalität (1 - Deutsch, 2 - Nichtdeutsch), Generation (1 - erste, 2 - zweite). Die Art der Befragung nach dem Berufsstand lässt keine eindeutige Zuordnung zu „berufstätig“ oder „arbeitslos“ zu. Zusätzlich ist die Anzahl an arbeitslosen Probanden in dieser Stichprobe viel zu klein, um in den späteren Berechnungen miteinbezogen zu werden. Einen Vergleich zwischen in West- und Ostdeutschland Lebenden, ist aufgrund der kleinen Stichprobe aus Ostdeutschland nicht möglich.
Weitere Moderatorvariablen lassen sich ordinal zusammenfassen: Bildungsabschluss (1 - „Hauptschulabschluss“ bis 6 - „Promotion“), Stadtgröße (1 - „unter 20 000 Einwohner“ bis 4 - „über 500 000 Einwohner“).
Folgende Daten sind verhältnisskaliert: Alter, Migrationsalter, Aufenthaltsdauer.
3.7 Beschreibung der Stichprobe
An der Untersuchung nahmen insgesamt 854 Personen teil. Nachdem die unvollständig ausgefüllten Fragebögen entfernt wurden, wurde die Stichprobe nach Probanden durchsucht, die in Deutschland geboren sind und deutsche Eltern haben. Es wurden sechs solche Teilnehmer gefunden und entfernt. Die Umfrage wurde von insgesamt 219 Probanden vollständig ausgefüllt, 159 davon waren weiblich.
Das Alter der Probanden variierte zwischen 18 und 65 Jahren, wobei das durchschnittliche Alter bei 29.06 Jahre (SD = 9.33) und das häufigst angegebene Alter bei 23 lag. Gut ein Viertel der Probanden ist in Deutschland geboren und hier aufgewachsen (56 Personen oder 25,6%). Sie stellen die zweite Generation Immigranten dar. Berechnet man das Migrationsalter der Probanden, die nicht in Deutschland geboren sind, ergibt sich ein Mittelwert von 17.39 Jahren (SD = 10). Das Mittelwert der Aufenthaltsdauer dieser Probanden, als der Unterschied von Alter und Migrationsalter, beträgt 12.81 (SD = 9.95).
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- Citation du texte
- Margarita Mishinova (Auteur), 2017, Vergleich unterschiedlicher Skalen zur Erfassung von Akkulturationsstress anhand einer Befragung von Migranten in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/379406
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